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SSRQ SG III/4 105-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 105-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Schiedsspruch um die hohen und niederen Gerichtsgrenzen zwischen Gams und Wildhaus bzw. den Herrschaften Hohensax-Gams und dem Toggenburg

1517 Juni 30.

Ulrich VIII. von Sax-Hohensax schlichtet den Streit zwischen Franz, Abt von St. Gallen, zusammen mit seinem bevollmächtigten Anwalt Hans Giger, Landvogt der Grafschaft Toggenburg, auch Ammann und Gemeinde der Landleute von Wildhaus einerseits sowie Schwyz und Glarus und der Gemeinde der Landleute von Gams andererseits um die Grenzen der Hoch- und Niedergerichte.

Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: OGA Gams Nr. 37
  • Originaldatierung: 1517 Juni 30 (dinstag nachst nach sant Johanß baptisten tag)
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 53.5 × 23.5 (Plica: 7.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Ulrich VIII. von Sax-HohensaxPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: OGA Gams Nr. 38
  • Originaldatierung: 1745
  • Überlieferung: Abschrift (Einzelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 35 × 43
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: StiASG Rubr. 121, Fasz. 1, Nr. 23, S. 1–3
  • Originaldatierung: 18. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 23 × 34
  • Sprache: Deutsch

  1. In diesem Schiedsspruch werden die Herrschaftsgrenzen bzw. die Grenzen des Hoch-Begriff: und NiedergerichtsBegriff: zwischen den Herrschaften Hohensax-GamsOrt: und ToggenburgOrt: festgelegt, die zugleich die GrenzenBegriff: zwischen GamsOrt: und WildhausOrt: bilden. Es geht besonders um die untere Grenze im Gebiet von WalenbrandOrt: . Erwähnt als untere Grenze ist Bätzlers Badbrunnen, heute BätzlersOrt: genannt, ein BadBegriff: unterhalb der TobelsägeOrt: an der SimmiOrt: . Vom Badbrunnen (eingefasste Quelle, die zu Heilbädern dient) geht die Grenze geradewegs in das LügentobelOrt: . Der Name des TobelsBegriff: ist heute nicht mehr bekannt: Nach ortsnamen.ch ist es identisch mit dem heutigen LetzitobelOrt: des LetzibachsOrt: . Die Grenze verläuft in der Mitte des Tobels hinauf bis an dessen Ende, wo sie direkt hinauf in den GätterifirstOrt: als oberste Grenze geht. Nach den Grenzbriefen sowie der Beschreibung im Vergleich von 1644Datum: 1644 (StiASG Rubr. 121, Fasz. 1, Nr. 23, S. 4–6) ist es ziemlich eindeutig, dass das Lügentobel mit dem Letzitobel gleichzusetzen ist. Heute verläuft die Gemeindegrenze nicht von der Simmi her das Letzitobel hinauf, sondern ein Tobel weiter östlich zwischen Walenbrand und GästelenOrt: bis an dessen Ende bei der SummerigweidOrt: . Von dort geht die Grenze scharf nach Westen in das Tobel des LetzibachsOrt: .

  2. Es stellt sich die Frage, ob BätzlersOrt: Badbrunnen mit dem BätzlibadOrt: gleichzusetzen ist: Laut ortsnamen.ch liegt das Bätzlibad am hinteren Grabser BergOrt: , offenbar am gleichen Ort wie das heutige Bädli vor der BätzlereggOrt: . Das Bätzlibad wird jedoch 1765Datum: 1765 (OGA Grabs O 1765-1) und 1783Datum: 1783 etwas genauer in den Grenzbriefen zwischen den Herrschaften WerdenbergOrt: und Hohensax-GamsOrt: beschrieben, wo «die marchungBegriff: von oben herab ihren anfang bei dem BätzlibadOrt: nimt, von da aber in das SimmitobelOrt: und durch dieseres tobellBegriff: beständig hinaus sich ziehet bis anfangs der ebneBegriff: » (OGA Grabs O 1783-1). Laut dieser Beschreibung kann das Bätzlibad nicht beim heutigen Bädli gelegen haben, das viel weiter östlich und weit entfernt vom Simmitobel am BruggbachOrt: am Grabser BergOrt: liegt. Das Bätzlibad ist die oberste Grenze zwischen den Herrschaften Werdenberg und Hohensax-Gams und muss im Simmitobel viel weiter oben am hinteren Grabser Berg gelegen haben. Wahrscheinlich ist es bei der heutigen Badweid oder etwas unterhalb der Badweid im Simmitobel zu lokalisieren. Es muss in der Nähe von Bätzlers Badbrunnen, der bei der Tobelsäge liegt und die unterste Grenze zwischen Hohensax-Gams und dem Toggenburg (bzw. Gams und Wildhaus) bildet, sein. Im gleichen Gebiet liegt nämlich die ZapfenmüliOrt: , die 1497Datum: 1497 und 1501Datum: 1501 als Grenzpunkt der drei Gerichte Hohensax-Gams, Toggenburg und WerdenbergOrt: beschrieben wird. D. h. die Grenze der Grafschaft Werdenberg bzw. der Gemeinde Grabs stösst dort auf die Grenze zwischen dem Toggenburg und Hohensax-Gams. Aufgrund der Ähnlichkeit von Name und Lage könnte man davon ausgehen, dass Bätzlibad und Bätzlers Badbrunnen identisch sind. Ersteres wird jedoch nur als Grenzbezeichnung zwischen Werdenberg und Hohensax-Gams gebraucht, während letzters nur als Grenzbezeichnung zwischen Hohensax-Gams und dem Toggenburg genannt wird. Es ist durchaus möglich, dass auf beiden Seiten der Simmi ein Bad bzw. ein Badbrunnen ist, Bätzlibad auf der Grabser Seite der Simmi und Bätzlers Badbrunnen in der Nähe des Lügentobels auf der Gamser Seite der Simmi. Die Ähnlichkeit des Namens könnte auf einen ehemaligen Besitzer beider Bäder zurückzuführen sein. Der Name könnte jedoch auch identisch sein. In einer Quelle 1761Datum: 1761 heisst es «an dem Grabs Berg bey dem Bäzler badhauß» (StiASG Rubr. 85, Fasz. 31).

    Zu den unteren Grenzen zwischen Grabs und Gams bzw. Werdenberg und Hohensax-Gams vgl. auch SSRQ SG III/4 91-1; SSRQ SG III/4 117-1. Zu den Grenzen zwischen Grabs und Wildhaus vgl. SSRQ SG III/4 85-1.

  3. Zu den Grenzen von Hohensax-Gams siehe auch die Übereinkunft von Schwyz und Glarus mit Gams 1497Datum: 1497 (SSRQ SG III/4 94-1).

  4. Erst 1640 entstehen Unsicherheiten über die 1517Datum: 1517 bestimmten Grenzen, da die dort beschriebenen Grenzpunkte zu weit auseinander liegen. Darauf werden 1644 neue Grenzsteine gesetzt und beschrieben. Wildhaus beschwert sich über die Grenzen, weshalb der Abt von St. Gallen die Grenzsetzung nicht bestätigt. Der Konflikt schwelt weiter und bricht 1669Datum: 1669 wieder aus, als der Abt beschliesst, den 1644Datum: 1644 gesetzten und umstrittenen Grenzstein zu entfernen. Im gleichen Jahr jedoch einigen sich die Abgeordneten von SchwyzOrganisation: und GlarusOrganisation: sowie dem Kloster St. GallenOrganisation: über die Grenzen: 1. Es bleibt beim Schiedsspruch von 1517 und laut dessen Inhalt soll 2. «deß Bätzlers BaadtbrunenBegriff: Ort: die erste markBegriff: gelten, 3. welche dem steinBegriff: , so mit ihr hochfürstlAbkürzung gnaden und der herschafft GambsOrt: wappenBegriff: bezeichnet, in der wiß oberhalb der straßBegriff: sitzet, entsprächen. 4. Dahero es in die tieffe des LügentoblelsAuffällige Schreibung, alda an beeden portenBegriff: 2 stein zue sehen, die hinunder in die tieffe deüten. [S. 9]Seitenumbruch 5. So danne dem LügentobelOrt: nach hinuf bis an dessen endt, alda abermahlen ein marksteinBegriff: zue setzen. 6. Und von dannen der grede in ein creützzeichenBegriff: , so uf den fürstBegriff: deß bergBegriff: s genandt GätteriOrt: zue machen gehen» (StiASG Rubr. 121, Fasz. 1, Nr. 23, S. 8–9; vgl. dazu auch die verschiedenen Akten und Pläne im StiASG Rubr. 85, Fasz. 31).

  5. 1725Datum: 1725 werden die beiden Vergleiche von 1517Datum: 1517 und 1669Datum: 1669 bestätigt und die GrenzenBegriff: der Herrschaften erneuert. Es wird ein neuer Grenzstein «mit einem bährenBegriff: gegen ToggenburgOrt: und einem gambsBegriff: gesezet bey endt des LugentobelsOrt: nechst einem weegBegriff: , dienent den graden weeg an die first und blangBegriff: genant GättereyOrt: und gleich da mann daruber steigen kann, selbigen auch alß ein marckhstein gelten solle». Diese Neuerung wird am 19. März 1726Datum: 19.3.1726 vom Kloster St. GallenOrganisation: bestätigt (LAGL AG III.25, Bündel 101).

  6. Eine umstrittene GrenzeBegriff: zwischen den beiden Gemeinden GamsOrt: und WildhausOrt: ist besonders der GulmenOrt: : 1495Datum: 1495 wird erstmals ein Zeuge um den Gulmen befragt (PA Hilty S 006/006). 1658Datum: 1658, 1741Datum: 1741 und 1781Datum: 1781 werden die Grenzen am BergBegriff: Gulmen erneuert. Als Grenzpunkte werden WisschnorrenOrt: und das WannenbordOrt: genannt (OGA Gams Nr. 115; Nr. 165). Beide Namen sind abgegangen. Sie liegen wohl im Gebiet unterhalb des GätterifirstOrt: beim WannenchopfOrt: , auch Wannenturm genannt. Das Wannenbord liegt nicht wie von ortsnamen.ch angenommen im Gebiet von WanneOrt: (4058702), sondern von WanneOrt: (4058701) bzw. der heutigen Gemeindegrenze.

  7. Zu Konflikten zwischen Gams und Wildhaus um AlpenBegriff: , Alpwege oder Alpgrenzen vgl. StASZ HA.II.407 (17.06.1437); OGA Gams Nr. 103 (01.12.1633); Nr. 153 (22.08.1651); StASZ HA.IV.404, o. Nr. (08.01.1776).

Editionstext


Ich, Uoͤllrich, friger her von Hochen SaxPerson: , her zu BurglenOrt: und ForstegOrt: , bekenn und thuͤn kundt mit dem brieff, daß sich etwaß irtumigBegriff: und spenn erhabenn entzwuschenn dem hochwirdigen fursten und minem genadigen hernn FrancysennPerson: ,
aptte deß gotzhuß Sannt GallenOrt: , und siner genadnn landvogt der graͤfschaft LiechttenstaigOrt: , Hansen GigerPerson: n alß volmechtiger angewaͤlltBegriff: , och amman und gantzer gemaind der lantliüttenBegriff: zü dem WildennhußOrt: Organisation: ann ainem und ander siten
miner fruͤntlichen und liebenn hernn SchwitzOrganisation: und GlarrißOrganisation: , amman und gantzer gemainde der landtliuͤtten zuͤ GamptzOrt: Organisation: , minen liebnn nachpurennBegriff: , antreffend denn hochnnBegriff: und nydern gerichtzzwanngBegriff: , so dann jeder taill zuͤ haben vermaint uf dem bergBegriff: inn WallenprandOrt: und daselbß umb. Und alß sy zuͤ baider sittenn sollichß irß spann mich ernnstlich gebettenn und bitten lasenn, tagsatzungBegriff: darann zuͤ machenn und uf dem stoß sy zuͤ verhorn,
also hab ich ir bitt angesechnn und userr sunderbarenn guͤtterr nachpurschaft, die ich zuͤ inenn hab, baider sittenn witter kouͤstBegriff: und schadnn gegenn ainandern ze ferhuitten, ann dem ennd uf dem berg WallenprandOrt: , guͤtlich tag
gehalltenn. Alß och baider sitten mit vogtenn, angewallten, ammannBegriff: und gemaindenBegriff: mit vollem gewallt vor mir erschinen und jeder taille sin anfordrung der gericht halberr, wie die usgangen, annzogtt und daruff
kuntschaftBegriff: durch liuͤtt und brieff zuͤ verhoren begertt, und die ich also schriftlich und muͤntlich gehort habenn.
Unnd nach langem deß heuͤtigenn tagß, alß dattumm wist, abermallnn tagsatzung den baiden partigen verkuͤnden lasenn und uf dem stoß widerumb zesamen komenn. Diewill dann die gemellten partigenn sich deß spannß halberr guͤttlich zuͤ allem ustraͤg uf mich veranlasett, hab ich sollich miner altfordernnBegriff: vonn
SaxOrganisation: koufbrieffBegriff: , och urberrBegriff: und sust durch frum personnen gloplich kuntschaft verhoͤrtt und daruf zwüschnn baiden taillnn denn spann also usgesprochnn. Und sprich mit wussenn und inn kranft diß
brieffs:
Deß erstenn, ob sich etwaß onnwillen zwuschnn inn erhabnn, daß der gentzlich tod und absin sollnn und ainandern deß zuͤ argenn nit mer gedancknn. Zuͤ dem anderm umb gerichtBegriff: , zwing und pennenBegriff: ,
daß sollicherr gerichtzwanngBegriff: der baidnn herschaften GamptzOrt: und zum WildenhuͤßOrt: gann soll zwuschnn innen namlich, daß deß Petzlerß BadpruͤnOrt: ain under marchBegriff: der gerichtn sin sollnn. Von demselbenn
pruͤnenBegriff: inn die gredy inn daß LuͤgentobellOrt: , jetweder sitten inn die duffyBegriff: deß toͤbellßBegriff: . Und daßselbig thobellBegriff: uff denn gradnn weg ann den firstBegriff: und pirgBegriff: genant im GatterrOrt: und witer nit. Daß sol also die
under lachnnTextvariante in OGA Gams Nr. 38: marchena1 der baidenn gericht, hoch und nydern, sin und plibnn, jetz und ewig, sich der also hallten, jetz und hernach bei verlopptem annlauß mir gettann. Und sollnnd aber sust jederman in allen
irnn guͤtter, sturenn, pruͤchn, zinsen, zendenn, nutzen, gulten, trib und treͤtt, allmand und allnn anndern irem alppen pruchnn, zuͤgehordnn, wie er dann daß vorhar inn besitzung, pruch und gewonhait gewesen sin und plibenn.
Und damit obgemellten spannß halber der hochn und nydern gerichten gentzlich veraint, gericht und geschlicht sin und plibnn und jeder taill sinen erliten costenn und schaden selbß duldnn und haben, alleß getruͤlich und ungeferd.
Und deß zuͤ urkundt, hab ich, Uollrich, friger her von Hochnn SaxPerson: , diser briffenn zwenn glicher luͤtt machen lasen und jedm taill deß ainen gebenn, besiglett mit minem aigenn insigell,
doch mir und minen erbn onne schadnn, uf dinstag nachst nach sant JohanPerson: ß baptisten tag, alß man zallt vonn der geburt Kristy unserß hern fuinfzechnhundert und sibnnzechn jar.Originaldatierung: 30.6.1517
|Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:] Der brif b zuͤ dem Wildnn hußOrt:
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:] Marckhenbrieff gegen
Wildenhausseren 1517Hinzufügung unterhalb der Zeile von anderer Handc
[Registraturvermerk auf der Rückseite:] Nro 37

Anmerkungen

  1. Textvariante in OGA Gams Nr. 38: marchen.
  2. Überschrieben: zeiget.
  3. Hinzufügung unterhalb der Zeile von anderer Hand.
  1. Lāch: Grenze. Idiotikon 3, 998, 2f. In der Transkription von Oskar Lutz (als Beilage zu OGA Gams Nr. 37) nach der Kopie im StiASG irrtümlich als «lorch» gelesen. In der Kopie aus dem 18. Jh. (StiASG Rubr. 121, Fasz. 1, Nr. 23) heisst es jedoch wie im Original «lach».