SSRQ SG III/4 113-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der
Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud
Zitation: SSRQ SG III/4 113-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Landrat und Landvogt von Werdenberg klären einige umstrittene Punkte des Erbrechts
1529 November 3.
Stückbeschreibung
- Signatur: LAGL AG III.2420:001
- Frühere Signatur: LAGL 216
- Originaldatierung: 1529 November 3 (mittwuch nach alerhelgen tag) Überlieferung: Original
- Beschreibstoff: Pergament
- Format B × H (cm): 32.0 × 21.0 (Plica: 2.0 cm)
- 1 Siegel:
- Landvogt Jakob KnobelPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Die Erläuterungen zu den zwei Erbrechtsartikeln beziehen sich auf ein älteres ErbrechtBegriff: von Landvogt Jost TschudiPerson: (vgl. Fussnote 2), das jedoch nicht mehr erhalten ist. Dieses muss um 1526Datum: 1526 entstanden sein. Ebenso bezieht sich die Urkunde auf einen alten Landbrief bzw. ein altes LandrechtBegriff: , das auch nicht mehr gefunden werden konnte. Das erste, erhaltene Landrecht stammt aus dem Jahr 1639Datum: 1639 (SSRQ SG III/4 174-1). Wahrscheinlich wurden bei der Entstehung des neuen LandbuchsBegriff: 1639Datum: 1639 ältere Versionen kassiert. Das Landbuch von 1639 enthält ausführliche Bestimmungen zum Erbrecht von WerdenbergOrt: .
Unklarheiten im Erbrecht bestehen vor allem bei der ErbnachfolgeBegriff: im Falle fehlender ehelicher Nachkommen. In Übereinstimmung mit den beiden Erbrechtsartikeln im alten Landbrief erläutert Landvogt Jakob KnobelPerson: zusammen mit einem aus allen Gemeinden zusammengesetzten LandratBegriff: die beiden Erbrechtsartikel folgendermassen:
Editionstext
Anmerkungen
- Hinzufügung unterhalb der Zeile von späterer Hand: in den erbrechtenBegriff: aoAbkürzung 1529 zu Werdenberg.↩
- Streichung: No 175.↩
- Die langen «n» am Wortende werden der Leserlichkeit halber nicht als «nn» aufgelöst.↩
- Nach Kubly-Müller 1927, S. 10–11, ist er ein Sohn von Marquart TschudiPerson: . Jost TschudiPerson: der Jüngere wird 1525Datum: 1525 nach Werdenberg abgeordnet, um die Reformationsunruhen zu beenden. Er ist aber als Sohn von Heinrich TschudiPerson: und als Gegner der Reformation nicht identisch mit dem Jost TschudiPerson: , der 1526 Landvogt wird und in seiner Regierungszeit die Reformation in Werdenberg einführt.↩
Regest
Jakob Knobel, Landvogt von Werdenberg, ruft einen Landrat aus allen Gemeinden zusammen, da das einst unter Landvogt Jost Tschudi begonnene aber noch nicht besiegelte Erbrecht in einigen Artikeln nicht verständlich ist. Mit den Vertretern der einzelnen Gemeinden diskutiert er besonders die zwei Artikel, die den Erbgang beim Fehlen von ehelichen Nachkommen klären.
Es wird in Abstimmung mit dem Erbrecht aus dem alten Landbrief entschieden:
1. Sind keine ehelichen Leiberben vorhanden, sollen eheliche Geschwister zwei Teile, die Grosseltern drei Teile erben; auf die Grosseltern väterlicherseits fällt die Hälfte von diesen drei Teilen und auf die Grosseltern mütterlicherseits ein Drittel. Beim Tod der Kinder erbt der Vater zwei Drittel und die Mutter einen Drittel. Was sonst im alten Landbrief steht, soll gültig bleiben.
2. Zuzüger, die ein Erbrecht haben, bei denen Enkel und Grosseltern nicht erben, sollen auch in Werdenberg nicht erben.
Auf Bitten von Mathias Pfiffer, Ammann Rudolf Mader, Christian Schlegel und Paul Schwarz, als Gewalthaber der Landschaft, siegelt Jakob Knobel.