SSRQ SG III/4 156-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der
Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud
Zitation: SSRQ SG III/4 156-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Urteil betreffend das Halbteilrecht der Beklagten aus Räfis (Kirchspiel Buchs) im Kirchspiel von Sevelen
1613 Juli 24.
Stückbeschreibung
- Signatur: PGA Buchs U 06 A-1
- Originaldatierung: 1613 Juli 24 (vier und zwentzigsten heüw mannat) Überlieferung: Abschrift (Doppelblatt), 17. Jh.
- Erhaltungszustand: an den Faltstellen z. T. gebrochen
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 23.0 × 35.5
- Sprache: Deutsch
Weitere Überlieferungen
- Signatur: PA Hilty S 006/021
- Originaldatierung: 1839 April 14 Überlieferung: Abschrift (Doppelblatt)
- Erhaltungszustand: gut
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 23.0 × 37.5
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Bereits 1476 sind nach einer Grenzerneuerung zwischen BuchsOrt: und SevelenOrt: die gemeinsamen NutzungsrechteBegriff: einiger Bewohner von RäfisOrt: mit der Kirchgenossenschaft SevelenOrganisation: umstritten. Im Urteil von 1476 wird ihnen das gemeinsame Nutzungsrecht mit den Kirchgenossen von Sevelen jedoch zugesprochen (SSRQ SG III/4 68-1). 1618 werden z. B. die SchwendenerOrganisation: und MüntenerOrganisation: von RäfisOrt: als GanzteilerBegriff: , d. h. Besitzer der vollen Nutzungsrechte im Kirchspiel SevelenOrt: , bezeichnet (PGA Buchs U 07 A-2). Andere RäfiserOrganisation: als Angehörige des Kirchspiels BuchsOrt: besitzen nur das HalbteilrechtBegriff: von Sevelen (vgl. dazu den Kommentar 2 in SSRQ SG III/4 68-1). Nach dem vorliegenden Urteil vom 24. Juli 1613Datum: 24.7.1613 sind dies die RotenbergerOrganisation: , ZoggOrganisation: und SpitzOrganisation: . Die Gemeinde SevelenOrganisation: versucht hier erstmals erfolglos, diesen Halbteilern von Räfis das halbe Nutzungsrecht abzusprechen. Im Kopialbuch von Sevelen ist ein weiteres Urteil zwischen Sevelen und den Halbteilern vom 15. OktoberDatum: 15.10.1613 gleichen Jahres erhalten, das im ersten Teil fast wörtlich dem Urteil vom 24. Juli entspricht. In einem zweiten Teil wird die AufnahmeBegriff: der beiden Geschlechter MüntenerOrganisation: und SchwendenerOrganisation: als KirchgenossenBegriff: von Sevelen mit ihren Rechten und Pflichten angefügt (OGA Sevelen B 04.11. S. 75–77). Laut dem Urteil von 1735 dürfen die Geschlechter Schwendener und Mèntener das Ganzteilrecht in Sevelen nur geniessen solange sie in Räfis wohnhaft sind (OGA Sevelen B 04.11, S. 131–133).
Weitere KonflikteBegriff: der Gemeinde SevelenOrganisation: mit den HalbteilernBegriff: : PGA Buchs U 07 A-2 (1618); OGA Sevelen U 1711 (1711); PA Hilty S 006/038(1718); S 006/040. Im Streit zwischen der Gemeinde SevelenOrganisation: und den Ganz- und Halbteilern von Räfis 1748Datum: 1748 um Gemeinde- und Steuerrechte werden die Geschlechter MüntenerOrganisation: und SchwendenerOrganisation: als GanzteilerBegriff: und die Geschlechter ZoggOrganisation: , RotenbergerOrganisation: , SpitzOrganisation: und VorburgerOrganisation: als HalbteilerBegriff: genannt (zu diesem Konflikt siehe PA Hilty S 006/045; S 006/047; S 006/048; PGA Buchs U 17 A-1; U 18; U 19 A-1; StASG AA 3 A 12c-2; LAGL AG III.2409:107). In allen Konflikten werden die Ganz- und Halbteiler in ihren Rechten in Sevelen geschützt.
Zum Streit der Gemeinde BuchsOrganisation: mit den Ganz-Begriff: und HalbteilerBegriff: von Räfis 1725Datum: 1725 wegen der Schulden, die der Gemeinde nach dem Werdenberger Landhandel (1719–1725)Begriff: aufgebürdet wurden, siehe PGA Buchs U 13 A-1.
Editionstext
Ich, Ullerich MuntaschinnerPerson: , dißer zeit land ammenBegriff: zu Werden bergOrt: ,
bekenn und thun kundt aller männgklichen hir mit zdißemAuffällige Schreibung brieff,
daß ich auff die zeit seines dadto uß geheiß und bevelches wegen
deß frommen, ehren vesten, für sichtigen, ehrsammen und weißen herren
haubt mann Diethrich StreülinsPerson: , landtmann und des raths zu GlarusOrt: ,
dißer zeit der selbigen landtvogt der graffschafft Werden berg und
herr schafft WardtauwOrt: , meines gnädigen herren, offentlichen auff dem
schloß Werden bergOrt: zu gricht geseßenBegriff: , al da für mich und daß selbig
a–kommen undHinzufügung am linken Rand–a erschinnen sind die nach benemmpten persohnen, nammlich Lienhart
DischhußerPerson: von SevellenOrt: und Michel HännePerson: von ReffesOrt: , als verorndnete
und folkommne gewalt haber einer ganzen gemein zu SevellenOrganisation: , cläger an
einem, als dann HanßPerson: und Christen Roten bergerPerson: , gebrüöder, und Tiß
Roten bergerPerson: , genannt die Zockhen, und HannßPerson: und Ruodolff ZockhPerson:
gebrüöder, ClaußPerson: und Matiß SpitzPerson: , gebrüöder, antwurdt geber andersteils. Und als dan ließend sich die ver ordneten von SevellelenAuffällige Schreibung Ort:
nach formm des rechten ver für sprechen und klagende in daß
recht für tragen, daß wie die vor gesagten Roten bergerOrganisation: , genannten
Zockhen, wie auch die ZockhenOrganisation: und SpitzenOrganisation: zu ReffesOrt: saßen und zwey
kilch spil rechtBegriff: bruchten, als nammlich daß kilchspiel recht zu BuchsOrt:
und daß halb kilch spil rechtBegriff: zu SevellenOrt: . Und die weil sy b–
und ihre elternBegriff: etliche zu BuchsOrt: in kaufftBegriff: und dann daß halbtheil rechtBegriff: et wann von wibernBegriff: über kommenBegriff: und er erbtBegriff:
und ihnen, von SevellenOrganisation: , mit an ihr kilch spil recht geben und
aber sömmlichs weder in statten und landen brüchlich noch
ge brucht werde. Und die weil syHinzufügung auf der Rückseite–b ihnen,
von SevellenOrganisation: , be schwärlich seyen mit auff tribenBegriff: ihrer habBegriff: auff
ihre tradtBegriff: , so ver meinend sy, sy sollend sich eines kilch spilsBegriff: vermögen und da mit recht ab ge weißen werdenHinzufügung oberhalb der Zeilec, daß sy nit mehr weder
halb theillerBegriff: sein noch gelten sollend und daß halb theiller rechtBegriff:
nit mehr gnoß sein zu bruchen noch lut alter brieff und
siglen und satzend d–es esKorrigiert: es–d mithin zu recht, ob sy nit billich nun
hin für an der halb theiller recht und grechtigkeit nit mehr
haben sollend. Auff e daß die vor ge sagten HanßPerson: und
Christen Roten bergerPerson: , gebrüöder, Matiß Roten bergerPerson: , alle f–vor [fol. 1v]Seitenumbruch
vorKorrigiert: vor–f genannte Zockhen, HanßPerson: und Ruodolff ZockhPerson: , gebrüöder,
ClaußPerson: und Matiß SpizPerson: durch ihren rechten, er laubten fürsprechen reden und ant wurdten ließend, sy habend denen von
SevellenOrganisation: klag wol ver standen und nemme sy frömbd und wunder,
daß ihnen sömmlichs ge werth werde, dan sy und ihre alt fordern
sömliches mit dennen von SevellenOrganisation: daß halb theiller rechtBegriff: lange
zit und jahr ge brucht haben und so vil recht und grechtigkeit im
SevellerOrt: kilchspil ge hebt als andere halb teillerBegriff: und habends ihre altfordernBegriff: über alle lange ge war in guten ruhen be seßen,
begertend der halben ihre brieff, so sy gegen denen von SevellenOrganisation:
haben, vor grichtBegriff: zu ver hören, die mit urtel und recht er kent zu
ver hören und ver hört sind, hoffend noch mallen bey ihren alten
freyheiten und gerechtigkeiten, auch bey brieff und siglen zu verbliben, trauend got und dem rechten, sy werdend dar zu bekent und darbey gschüzt und gschirmbt, dan sy daß g–von vonKorrigiert: von–g ihren
rechten, natürlichen eltern ererbtHinzufügung oberhalb der Zeileh habend, und satzend auchUnsichere Lesungi alles zu
recht, waß recht wurde. Und nach klag, ant wurdt, red und wider
redHinzufügung am linken Randj, auch ab läßen und auß weißung brieff und siglen sambt verhörung der kundtschafft und beider recht saz, fragt ich, ob gesagter richterBegriff: , nun auff den eid, waß recht wäre, und nach meiner
um fragBegriff: ward ein hellig mit der urtel auff den eid zu
recht er kennt, daß die von SevellenOrganisation: , die vil ge sagten HanßPerson: ,
Christen Roten bergerPerson: , ge brüöder, Matiß Roten bergerPerson: , ge nannt die
Zockhen, HanßPerson: und Ruodolff ZockhPerson: , ClaußPerson: und Matis SpizPerson: , gegebrüöder, sy und ihre erben und noch kommen bey ihren allten freyheiten und halb theiller rechtenBegriff: , wie sy es von alter här gebrucht,
ver bliben laßen und daß selbig laßen nuzen und bruchen, wie
es ihre alt fordernBegriff: ge brucht haben. Daß sy mögen ihre halbe
habBegriff: auff deren von SevellenOrganisation: tradtBegriff: auff tribenBegriff: und [fol. 2r]Seitenumbruch
und wun und weid, holtz und feld, alle gerechtigkeit den halben
theilBegriff: bruchen laßen ohne ge spert und ge werth von mänigklichen.
Sy, die vil ge sagten halb theillerBegriff: , sollend und müßend auch dennen
von SevellenOrganisation: helffen, halbe werckBegriff: thun, es seige auff steg und
wegBegriff: , wuerBegriff: und straßenBegriff: , kilchennBegriff: , ge beüwBegriff: , herrenBegriff: und andere tagwenBegriff: , in summa den halben teil wie ein andern kilch ge noßBegriff:
zu thun schuldig ist. Item für daß letst ist auch in der urtel
er kennt und dar ihnen ver faßt worden, daß wie sich etwann vor har daß halb theiller rechtBegriff: er wibenBegriff: mögenn, k–
so er ein halb theillerin genommen, so ist der selbig den ein
halb theillerBegriff: gsin und dar für ge rechnet worden. Der halben ist mit
der urtel er kennt, daß fürhin keiner mehr daß halb theiler
recht und deß selbigen gerechtigkeit er wiben möge,Hinzufügung am unteren Rand–k
sonder wann ein wibs bildBegriff: einer ußert ihrem kilch spilBegriff: zu einem
ehe mannBegriff: nimbt, so sol und hat sy ihr kilch spil rechtBegriff: vermannetBegriff: haben; und so eine einenn hinder säßenBegriff: nimbt, so hat
sy daß landt rechtBegriff: ver mannetBegriff: nach lut des artickels im landbuchBegriff: .1 Solcher urtlen be gertend die l Roten bergerOrganisation: , genannt die
Zockhen, glich auch die ZockhenOrganisation: und SpitzenOrganisation: brieff und sigel, die
ihnen m–mit rechtHinzufügung oberhalb der Zeile–m zu zerkenntHinzufügung oberhalb der Zeilen geben er kennt worden. Diß alles zu wahrem
ur kundt, so hab ich, ob stendter richter, von meinem und erkanntnus
des grichts mein eigen in sigel an dißen brieff ge henckt,
doch meinen gnädigen herren von GlarusOrganisation: an ihr frey heiten
und herrlich keiten, auch mir und meinen noch kommen in al weg
ohne schaden, der geben den vier und zwentzigsten heüw mannat
im johr ge zelt noch der heil sammen ge burt unßers lieben
herren und er lößers Jeßu ChristiPerson: sechs zehen hundtert
im dryzähenden jorOriginaldatierung: 24.7.1613.
1613Datum: 1613
urtheil von landammann MuntaschinerPerson:
Vom Bez. GerichtAbkürzung Werdenberg
eingesehen, den 13. OctbrAbkürzung 1851Datum: 13.10.1851,
vom GerichtsprsdtAbkürzung P. HiltyPerson:
Vor Bez. GerichtAbkürzung gelegen
Werdenberg, dAbkürzung 24. FebAbkürzung 1852Datum: 24.2.1852,
P. HiltyPerson: , PrsdtAbkürzung
Vor KantgerAbkürzung, 11Unsichere Lesungq. Sept 1852Datum: 11.9.1852,
C. SaylernPerson: , PrsdtAbkürzung
Vor Bez. GerichtAbkürzung gelegen
Werdenberg, dAbkürzung 15. DezAbkürzung 1855Datum: 15.12.1855,
P. HiltyPerson: , PrsdtAbkürzung
Anmerkungen
- Hinzufügung am linken Rand.↩
- Hinzufügung auf der Rückseite.↩
- Hinzufügung oberhalb der Zeile.↩
- Korrigiert: es.↩
- Streichung durch einfache Durchstreichung: daß.↩
- Korrigiert: vor.↩
- Korrigiert: von.↩
- Hinzufügung oberhalb der Zeile.↩
- Unsichere Lesung.↩
- Hinzufügung am linken Rand.↩
- Hinzufügung am unteren Rand.↩
- Streichung durch einfache Durchstreichung: Roten.↩
- Hinzufügung oberhalb der Zeile.↩
- Hinzufügung oberhalb der Zeile.↩
- Streichung: No 2.↩
- Streichung: No 3.↩
- Unsichere Lesung.↩
- Vgl. SSRQ SG III/4 174-1, Art. 56, wobei sich der Artikel inhaltlich deutlich unterscheidet. Ein älteres Landrecht vor 1639 ist jedoch nicht erhalten.↩
Regest
Ulrich Montaschiner, Landammann von Werdenberg, sitzt auf Befehl von Dietrich Streuli, Landvogt von Werdenberg-Wartau, zu Gericht auf Schloss Werdenberg. Vor Gericht stehen Lienhart Tischhauser von Sevelen und Michael Hänni von Räfis als Verordnete der Gemeinde Sevelen als Kläger einerseits und als Beklagte aus Räfis die Brüder Hans und Christian Rotenberger und Mathias Rotenberger, alle die Zoggen genannt, sowie die Brüder Hans und Rudolf Zogg und die Brüder Klaus und Mathias Spitz andererseits. Die Letztgenannten besitzen zwei Kirchspielrechte, das ganze in Buchs und das halbe (Halbteilrecht) in Sevelen. Die Rechte der Halbteiler werden geschützt: Sie dürfen ihr Vieh weiterhin auf die Seveler Allmend treiben und alle Rechte im Seveler Kirchspiel zur Hälfte nutzen. Dafür müssen sie aber auch die Hälfte der Gemeinwerke übernehmen. Durch Heirat mit einer Halbteilerin kann das Halbteilrecht nicht mehr wie bisher erworben werden. Eine Frau, die jemanden ausserhalb des Kirchspiels heiratet, verliert dadurch ihr Halbteilrecht. Bei Heirat mit einem Hintersassen verliert eine Frau das Landrecht laut Artikel im Landbuch.
Der Aussteller siegelt.