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SSRQ SG III/4 240-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 240-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Erkenntnis des Syndikats als Abgesandte von Schwyz und Glarus betreffend die Pfarrwahl in Gams

1766 Juni 11.

Das Syndikat erlässt wegen der Pfarrwahl in Gams folgende Punkte, die Ammann Lenherr verkünden soll:

1. Bei hoher Strafe wird verboten, öffentlich oder heimlich die der Obrigkeit gehorsamen Personen als Verursacher des Verlusts des Kollaturrechts zu bezichtigen.

2. Die Gehorsamen werden weiterhin mit Milde behandelt.

3. Jeder Kontakt mit Pfarrer Ferdinand Wechinger wird verboten.

4. Jeder soll gebührenden Gehorsam und Respekt gegenüber den vereidigten Vorgesetzten zeigen.

5. Heimliche Ratsversammlungen, heimliche oder öffentliche Versammlungen ohne Wissen der Vorgesetzten und der regierenden Amtsleute werden bei Verlust von Leib, Leben, Ehre, Hab und Gut verboten.

6. Da sich Fahrende, Bettler und sonst verdächtiges Gesindel in der Herrschaft aufhalten, sollen Haschiere innerhalb von 14 Tagen aus jedem Gemeindeteil einen Mann wählen, der helfen soll, die Fahrenden abzuschieben. Auch nicht rechtmässig aufgenommene Hintersassen sind aus dem Land zu weisen. Unterschrift und Siegel des Landvogts Kaspar Joseph Hauser.

  • Signatur: LAGL AG III.25, Bündel 100 (Schriften über die Pfarrwahl 1736–1770)
  • Originaldatierung: 1766 Juni 11
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Landschreiber FörstlerPerson:

Die Gemeinde GamsOrganisation: besitzt das WahlrechtBegriff: eines PfarrersBegriff: der Kirche GamsOrt: , den sie bis 1765 nach ihrem Gutdünken mit der Bestätigung der beiden Orte bestellen konnte (so wählt Gams z. B. 1723Datum: 1723 einen Pfarrer aus RankweilOrt: [LAGL AG III.25, Bündel Gams, Pfarrwahl]). 1736 verlangen Schwyz und Glarus, dass die gewählten Pfarrer aus den beiden Orten oder aus Gams selbst stammen müssen (EA, Bd. 7/1, Uznach und Gaster, Art. 6). Als die Gemeinde 1765Datum: 1765 einen Pfarrer wählen will, der nicht aus der EidgenossenschaftOrt: stammt, interveniert der LandvogtBegriff: im GasterOrt: , in der Meinung, dass sie nur einen Pfarrer aus der Eidgenossenschaft wählen dürfe. Als sich Gams bei den beiden regierenden Orten Glarus und SchwyzOrganisation: darüber beschwert, wird dem Landvogt befohlen, die WahlBegriff: zu sistieren und ad interim einen VikarBegriff: einzusetzen. Doch wenig später wollen die beiden Orte, dass der Landvogt mit dem Wahlprozedere fortfährt und einen Wahltag bestimmt. Falls die Gamser mit dem Pfarrer nicht einverstanden seien, sollen sie sich an die beiden Orte wenden. Weil den Gamsern vom Landvogt diese Möglichkeit verschwiegen und nur übermittelt wird, dass nach Meinung der beiden Orte die Gamser einen Pfarrherrn aus SchwyzOrt: oder der EidgenossenschaftOrt: wählen müssten, brechen Unruhen aus. Als dieses Verbot vom AmmannBegriff: am Tag der Pfarrwahl wiederholt wird, schicken die Gamser ihren Ammann zur KircheBegriff: hinaus, widersetzen sich dem Verbot, wählen als Pfarrer Ferdinand WechingerPerson: von FeldkirchOrt: und es kommt zu mehreren verbalen und tätlichen Ausschreitungen vornehmlich gegen den Ammann. Es kommt zu einer Untersuchung und Bestrafung der Verantwortlichen durch die Gesandten von Schwyz und Glarus (zu den Ereignissen vgl. das Memorial über das sogenannte Gamser Geschäft vom 3. Juni 1765Datum: 3.6.1765, den ausführlichen Bericht über die UnruhenBegriff: in GamsOrt: wegen der Pfarrwahl vom 21. Juni 1765Datum: 21.6.1765, zahlreiche Schreiben in LAGL AG III.25, Bündel 100 [Schriften über die Pfarrwahl 1736–1770] sowie EA, Bd. 7/2, Gaster, Art. 132–145).

Der neu gewählte Pfarrer WechingerPerson: verlässt Gams bereits kurz nach seiner Wahl (EA, Bd. 7/2, Gaster, Art. 142). Laut Bericht des Landvogts im Gaster vom 18. Dezember 1765Datum: 18.12.1765 kommt es zu einer weiteren WahlBegriff: , in welcher der Landvogt in der Kirche das Verbot der Wahl eines auswärtigen Pfarrers wiederholt, die einzelnen Bewerber vorstellt und darauf der bereits amtierende Pfarrer Johann Georg SeizPerson: mit der Mehrzahl der Stimmen gewählt wird (LAGL AG III.25, Bündel 100 [Schriften über die Pfarrwahl 1736–1770], 1765.12.18). Wahrscheinlich war Seiz vom Landvogt ad interim als Pfarrer eingesetzt worden. Gegen diesen Pfarrer wehren sich die Gamser in den folgenden Jahren derart heftig, dass dieser nach mehreren Verhandlungen und Untersuchungen 1769Datum: 1769 seinen Rücktritt einreicht. Im Juni 1770Datum: Juni 1770 wird Pfarrer ZumbachPerson: von ZugOrt: gewählt und es kehrt in Gams wieder Ruhe ein (vgl. dazu die Akten in StASZ HA.IV.404; HA.IV.405). Am 10. Juni 1770Datum: 10.6.1770 wird eine OrdnungBegriff: über Pflichten, Einkommen und Lebenswandel von Pfarrer Zumbach erstellt (OGA Gams Nr.  84; vgl. auch die anderen Ordnungen OGA Gams Nr. 146a; Nr. 174; Nr. 176; Nr. 191; Nr. 208).

Editionstext


Copia.
Wan ein hochlobhochlobliches syndcatBegriff: Auffällige Schreibung den ernstlichen willen nehrete, bey dennen
getreüwen, lieben angehörigen der landtschafft GammbsOrt: den wahren
fridten, liebe und allseitige eintracht herzustellen und solches allbereith
bewürkhet zu haben durch ohn streittige überzeügungen, an hoffete, was gestalten der mehrere theil gantz widrige begriffe in bestellungBegriff: eines
pfarrherrnBegriff: haben walten laßen und mit unbegründteten auslegungen zuwider
den deütlichen enthalte audentischer urkhundten ihre diß fählige meinung zu
bekrefftigen gesuocht1 haben.

Als findtet sich ein hoch loblobliches syndicatBegriff: , als abgesantheBegriff: beydter mit regierenden
hochen ständten Schweitz und GlarusOrganisation: , veranlaßet, ein nochmahlig wohlmeinendt vätterliche anerinerung zu thuen, mit zu wunsch alles ferneren glükhs,
fridtens, eintracht und segens, damit zu mänigklichem verhalt unseren disfalligen gesinung könen entdekhet werden, so machen wir hierdurch dem edlen
undt weysen amanBegriff: LenherrPerson: den auftrag, nach gesetzte befehle offentlich
zu verkündten:

Wir gebiethen so hiermit erstlichen bey hoher straff und ungnadteBegriff: , alle
offentlich oder heimliche zulaagenBegriff: undt ausstreüwungBegriff: zu vermeydten,
die der gehorsammen parth solten gemacht werdten, als hette sye oder das colatur rechtBegriff: eines pfarrherrensBegriff: alda verscheintBegriff: oder die danachen ervolgte kösten
und schadten verursachet. Wir

versicheren uns zweytens dagegen vielmehr, daß eben die zwar gehorsamme
parth die hohe milte und miltvätterliches verfahren unserer hohen
principallenBegriff: allen annoch habe bey behalten undt andurch das bevorstehnte
gröste unheil, so über die gantze landtschafft häte ergehen mögen (in
betracht ihrer treü und schuldtigerKorrektur unterhalb der Zeile, ersetzt: keita gehorsammbe hinter haltenBegriff: Korrigiert: )b. Zu demme

drittens verbiethen wir, gleich dennen ehedemme von unseren hochen principalenBegriff: ergangen befelchen, all und jedten umgang, zu trittBegriff: oder zusammenkunfttenBegriff: mit dem geistlichen herren WechingerPerson: (unter was titul, bedingungen
undt vorwandt solche geschechen möchten) solcher gestalten, das wo fernner [fol. 1v]Seitenumbruch
widter verhoffen einer oder eine von unseren getreüen, lieben angehörigen
zu GambsOrganisation: zu widter dißem austrukhlichen befelch handtlen solte, der
oder die, keinner unwissencheitAuffällige Schreibung sich beschönnen, sondteren villmehr alle gerechtigkeits schärpffe oder von dem regierendten herr landtvogt oder in erfordterlichem fahl von unseren hochen principalenBegriff: beydter hochen regierendten
ständten zu gewärtigen haben sollen. Nicht mindter

vierttens gebiethen wir all und jedten unseren angehörigen der landtschafft
GambsOrganisation: , den gebühr määßigen gehorsamm, treü und respect ihrenn bestelten undt beeydtigten vorgesetztenBegriff: zu erwysen, auch in allen angelegenheiten (so die sammbtliche landtschafftBegriff: betreffen möchte) ihres gutachten und
getreüe, auch schuld pflichtige gesinnungen nicht zu übergehen. So mithin wir
auch

fünfftens alle und jedte winkelrätheBegriff: , heimmliche oder offentliche versamlungBegriff: , die ohnne bey sein undt verwüssen deren ordtenlich bestelten
vorgesetztenBegriff: undt regierendten ammbtsleüthenBegriff: bey tag oder nachtBegriff: geschechen solten, höchstens verbiethen. Gestalten auch solche in beydten hoch
lobloblichen regierenden ständten bey verlurst leibs, lebens, ehren, haab und
guts verbothen sind. Demenach unter schärpfferst zu gewarthen habendter straff und ungnadtBegriff: , jedter hausvatterBegriff: und in deßen abwesenheit jedte hausmuterBegriff: vor unglückh undUnterstrichen schadten und kösten (wie leydter es geschechen) bestens und vätterlich gewahret zu sein und ermahnet haben wollen. Wann dan

sechstens undt schliesslichen der standthaffte bericht gefallen und
ein hoch loblobliches syndicatBegriff: selbst in die erfahrenheit gebracht, dz zerscheidtendßBegriff: strolchenBegriff: , bettlerBegriff: , schlifferBegriff: und übrig verdächtiges gesindtelBegriff:
sich in der landtschafft GambsOrt: auf halte, als haben wir für nöttig
erfundten und befelchen hiermit, das durch die von herren ammanBegriff:
LehnherrPerson: zu befehlendte harshiersBegriff: in zeit 14 tägenZeitspanne: 14 Tage aus jedter rottBegriff: [fol. 2r]Seitenumbruch
einen manBegriff: ausziechenBegriff: , die kundt machen, dz landt von solchem
gesindtelBegriff: seüberenBegriff: . Auch alle die, so nicht von der gemmeindt rechtmässig
angenommen beysäßenBegriff: seindt, von und aus dem landt zu gehen, kräfftigst
befelchnet sein solle.

Zu urkhundt dessen hat sich der dermahlig hochgeacht regierendte
herr landtvogt HauserPerson: nebst seinem aufgetrukhten pittschafft
eygenhändtig nammens eines hoch lobloblichen syndicats unterzeichnnet, geschechen,
den 11.ten juny 1766Originaldatierung: 11.6.1766.

LandtschbrLandschreiber FörstlerPerson:
|Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
Wegen pfrpfarrer wahlBegriff: in GambsOrt: ,
1766Datum: 1766
[Registraturvermerk auf der Rückseite:]
Litra B

Anmerkungen

  1. Korrektur unterhalb der Zeile, ersetzt: keit.
  2. Korrigiert: ).
  1. Das «c» vor «h» wird vom Schreiber flüchtig geschrieben und häufig weggelassen. Wegen der Lesbarkeit wird es im Folgenden als «ch» wiedergegeben.