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SSRQ SG III/4 74-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 74-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Umwandlung der Buchser Allmend oberhalb Altendorfs in Weingärten

1484 März 9.

Johann Peter von Sax-Misox, Herr von Werdenberg, urkundet, dass er den Kirchgenossen von Buchs erlaubt habe, die Allmend oberhalb Altendorfs in Weingärten umzuwandeln, sie zu verteilen und als Eigengüter zu bebauen.

Jeder darf seinen Teil nur Kirchgenossen verkaufen oder verpfänden. Werden sich Käufer und Verkäufer nicht einig, sollen sie zwei Leute aus der Kirchgenossenschaft wählen, die entscheiden sollen. Können sich diese auch nicht einigen, sollen sie einen Obmann aus ihrem Kirchspiel wählen, der entscheiden soll. Die Weingärten sollen nicht wieder umgenutzt werden, sonst müssen diese wieder zu Allmenden werden. Die Weingärten müssen eingezäunt werden. Die Kirchgenossen sollen der Obrigkeit jährlich den Zehnten entrichten. Die Obrigkeit hat zudem das Recht, einen Torkel zu bauen, in dem die Kirchgenossen ihre Trauben pressen lassen müssen. Falls die Obrigkeit keinen Torkel baut, sollen sie ihre Trauben hinbringen, wohin sie wollen. Ausserdem sollen die Buchser der Obrigkeit auch einen Allmendteil zu einem Weingarten geben.

Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: StASG AA 3a U 12
  • Originaldatierung: 1484 März 9
  • Überlieferung: Original
  • Erhaltungszustand: verfärbt, fleckig
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 57.0 × 23.5
  • 1 Siegel:
    1. Johann Peter von Sax-MisoxPerson: , angehängt an Pergamentstreifen, fehlt
  • Sprache: Deutsch

  1. Diese Urkunde handelt von einer Umnutzung der von allen KirchgenossenBegriff: gemeinsam genutzten AllmendBegriff: in WeingärtenBegriff: . Die GemeindegüterBegriff: werden aufgeteilt und unter die einzelnen Kirchgenossen als EigengüterBegriff: verteilt. Solche Umnutzungen dienen der intensiveren Nutzung des Bodens und damit der Verbesserung der Erträge. Es ist ein frühes Beispiel einer solchen Umnutzung. Die übrigen Umzonungen in der Region WerdenbergOrt: finden erst im 17. und 18. Jh. statt: OGA Sevelen U 0002 (17. Jh.); SSRQ SG III/4 191-1; StASG AA 2 U 39 (01.09.1660); OGA Sax ohne Signatur (18. Jh.); LAGL AG III.2436:021 (11.04.1786); LAGL AG III.2418:007 (25.04.1786); LAGL AG III.2409:040–044 (1795); LAGL AG III.2436:007, 008 (1796). Dieselbe Entwicklung ist auch im SarganserlandOrt: zu beobachten (SSRQ SG III/2, Nr. 250 und Nr. 342). Zu Allmendteilungen vgl. HLS, Allmend.

  2. Umnutzungen der Gemeindegüter führen jedoch immer wieder zu erbitterten KonfliktBegriff: en innerhalb von Gemeinden, besonders wenn versucht wird, das Land den ärmerBegriff: en, meist landlosen, Kirchgenossen zu geben (vgl. dazu den Konflikt um die Umwandlung der BüelerauOrt: in Äcker in SennwaldOrt: [OGA Sennwald Mappe Verschiedene Dokumente: Wuhr, Stickerei, Forst, etc., 15.04.1687] sowie in GrabsOrt: [SSRQ SG III/4 209-1; SSRQ SG III/4 53-1, Anm. 3] oder GamsOrt: [StASZ HA.IV.405, o. Nr. 02.07.1783]). Dagegen wehren sich v.a. vermögendeBegriff: Gemeindemitglieder mit viel ViehBegriff: und Landbesitz, die vom günstigen Gemeindeland am meisten profitieren, da die Allmendnutzung Besitzer von Grossvieh und Zugtieren begünstigt.

  3. Solche Aufteilungen führen wie in diesem Beispiel zur Aufstellung einer OrdnungBegriff: über das Vorgehen bei HandänderungenBegriff: , die VerteilungBegriff: und die NutzungBegriff: der umgezonten Güter (vgl. dazu SSRQ SG III/4 191-1).

    Zu den TorkelnBegriff: in der Herrschaft WerdenbergOrt: (15.–19. Jh.) vgl. unter anderem das Dossier LAGL AG III.2431 sowie die Akten LAGL AG III.2407:019; AG III.2410:029; AG III.2433:050; AG III.2442:020; AG III.2442:070; AG III.2444:004; AG III.2469:008; (PA Hilty) Privatarchiv weisse Mappe, 11.11.1606; PA Hilty S 006/135; S 006/136; StASG AA 3 A 5-10; Burgerarchiv Grabs U 1724-1.

Editionstext


Wir, Johannsper, grave zuͦ Masax, herre zuͦ WerdembergPerson: , bekennen offennlich mit disem brief fu̍r unns und unnser erben und nachkomen und tuͦnd kunt menglich, das die erbern, unnser
lieb und getru̍w, unnser lu̍t, gemain kilchgenosenBegriff: zu BuxOrganisation: , unns haben lāssen erzellen und fu̍rhalten, wie daselbs ob dem AltendorffOrt: ain allmainBegriff: waͤr, die inen zu niessen zūgehorte, derbi
nit sovil geniessen moͤchten, dann das sy sich mitainander gemainlich veraint hetten, uß derselben allmain wingartenBegriff: zu machen und die selben under inen ufzetailen. Getru̍wten si
wol, das damit ir gemaind soͤlte inku̍nfftig zyt mercklich gebessert werden. Und unns daruff als irn nattūrlichen herren mit ernst undertenigklich gebetten und angeruͦfft, inen
sōlich allmain in wingarten zu machen und zuverkeren und dieselben uß zu tailenBegriff: , gnedigklich ze vergonnen und zugestatten.
Wan wir nun, als billich ist, genaigten
willen haben, den unnsern raut und hilff zu thuͦn, damit si yetz und inkūnfftig zyt gebessert werden und das nutzlich geniessen mugen, hierumb, so haben wir den gemelten
unnsern lūten, gemainen kilchgenosen zu BuxOrganisation: , gnedigklich vergonnt und erloubt, vergonnen und erlouben inen yetzo wissentlich in krafft und mit urkund dis briefs, das si uß
der obgemelten allmain soͤllen wingarten machen, die underainander fu̍r ir innhabend guͦt ustailenBegriff: und niessenBegriff: und die also inkūnfftig zyt fu̍rohin ewigklich buwenBegriff: und in
eren haben, als dem win wachsBegriff: gebūrt.
Und ob si wellen gemainlich, ir ainer oder mer, ald ir erben und nachkomen, so moͤgen si soͤliche wingartenBegriff: gemainlich oder yeder sinen
tail, welhes inen fuͤget oder notdurftig ist, verkoffen und versetzenBegriff: under inen selbs in irem kilchspelBegriff: und sust gegen nieman anderm usserthalb irm kilchspel gesessen. Und damit
gefaren als mit anderm sinem aigen guͦtBegriff: , von unns, unnsern erben und menglich ungehindert.
Und welher also in irem kilchspel dem andern also ze kouffen geben wolte und
dieselben des kouffBegriff: s darumb mitainander nit ains werden moͤchten, so sol jeder ain, och in irm kilchspel, darzuͤ geben, si des koffs mitainander zuͦ verainen. Ob ald wie aber die selben zwen
darzuͤ gegeben, och nit ains werden moͤchten, sond si gewalt haben, ain obman zu in zu ziechen, och uß irem kilchspel. Und wie der selb obmanBegriff: das merBegriff: er machet, daby sol es als denn
belyben.
Ouch mit nemlichen worten und gedingen, so soͤllen die bemelten unnser lu̍t, gemain kilchgenosen, ainer oder mer, ir erben oder nachkomen, fu̍rohin ewigklich nit gewalt
oder macht haben, soͤlich wingarten in dehain ander wyse [b–weder zuUnsichere Lesung–b]Beschädigung durch Falt, sinngemäss ergänzta bomgartenBegriff: , ackerBegriff: n, wisanBegriff: , hoͤltzerBegriff: n oder hūserBegriff: n zu verendern oder machen, dann si also wingarten belyben und erbuwen werden sollen.
Wa sich aber uͤber kurtz oder langzyt gefuͤgte, das soͤlich wingarten all, ainer oder mer, in ander wesen verendert und geleit wurden, so sollen dieselben verenderten
wingarten alle widerumb recht almainden sin und fu̍rohin bliben, in aller wyß und maß, wie si jetz vor soͤlichem vergonnen allmainden gewesen sind. Und die verfallen stuck,
die nit wingarten beliben, soͤllen allmain zu ewigen zyten beliben und davon nimer mer getailt werden.
Und sol yeglich stuck, so wenn die getailt werden, glich zūnenBegriff: . Und
solich wingarten soͤllen ouch yetz und hienach alle in aim infangBegriff: sin und belyben und usserthalb dem infang uff irn almainen dehain wingart mer gemacht werden, one unser
und unnser erben ald nachkomen gunst und erlouben, och der gemelten irer gemaind und nachkomen.
Si soͤllen och unns, unnsern erben und nachkomen von soͤlichem winwachsBegriff:
alle jar den zechendBegriff: en richten und geben.
Ouch soͤllen und mugen wir, obgemelter Johanspeter, graf zu MasaxPerson: etcAbkürzung, unnser erben und nachkomen, gewalt haben, ain torggelBegriff: zuͦ
den bemelten wingarten zu buwen und zu machen, darinn si alle soͤllen den winwachs torgglen und unns, unnsern erben ald nachkomen lantloͤffigen lonBegriff: davon geben und gonnen,
gemainklich.
Ob ald wie aber wir, unnser erben oder nachkomen den torggel nit buwten und machten, so sol und mag ir jeder sinen tail winwachs dannenthin torglen, wie
und waͤ im das gelegen ist, so lang und vil, biß wir, unser erben und nachkomen den torggel gemacht haben. Doch haben wir uns hierinne mit fu̍rnemlichen worten usbedingt
und vorbehalten, also das die gemelten unser kilchgenosen zu BuxOrganisation: uns och ainen erbern tail zu wingarten, der uns gelegen sye, von soͤlicher almain ustailen und volgen lassen sollen.
Und
des und aller vorgeschribner ding zu warem, offem und vestem urkund, so haben wir, obgemelter graf Johanspeter zu MasaxPerson: etcAbkürzung, unser insigel zu gezu̍gknuß dirre sach fu̍r uns, och
unser erben und nachkomen offenlich lassen hencken an disen brief, der geben ist uff zinstag nechst nach dem sonntag, daran man in der hailigen cristanlichen kirchen im
ampt der meß singet invocavit in der vasten, nach CristiPerson: geburt vierzehenhundert achtzig und vier jare
Originaldatierung: 9.3.1484
.
|Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
Der brieff vom Alltendorf wyngartt
c
[Registraturvermerk auf der Rückseite:]
17

Anmerkungen

  1. Beschädigung durch Falt, sinngemäss ergänzt.
  2. Unsichere Lesung.
  3. Streichung durch einfache Durchstreichung: unnd irem wingartt.