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SSRQ ZH NF II/11 123-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig

Zitation: SSRQ ZH NF II/11 123-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Erlaubnis zur Ausübung des Leinenweberhandwerks innert den Kreuzen

1665 März 29.

Bürgermeister und Rat von Zürich entscheiden in einem Streit zwischen Hans Felix Kraut, verbeiständet durch seinen Vater Rudolf Kraut, Untervogt Georg Ammann von Fluntern, Untervogt Hans Heinrich Sing von Hottingen, Untervogt Ulrich Gimpert von Unterstrass und Untervogt Hans Kraut von Oberstrass einerseits und den Meistern der Leinenweber, vertreten durch Hans Ulrich Leu und Beat Högger andererseits, ob Kraut das Weberhandwerk an seinem Wohnort in Unterstrass innerhalb der Kreuze ausüben darf. Der Rat will die schriftlichen Aufzeichnungen des Leinenweberhandwerks einsehen, um zu prüfen, ob sich darin eine obrigkeitliche Bestimmung gegen das Ansinnen von Kraut findet. Die Leinenweber können aber keine solchen Aufzeichnungen vorlegen. Auch habe Kraut sein Handwerk regulär von den Meistern des Weberhandwerks erlernt. Diese hätten nicht nur gewusst, wo er wohnt, ihnen habe auch klar sein müssen, dass er nach seiner Ausbildung seinen Lebensunterhalt mit diesem Handwerk verdienen würde. Zudem gäbe es auch in benachbarten Gemeinden verschiedene Weber innerhalb der Kreuze, die ihr Handwerk unbehelligt von den Meistern der Leinenweber ausüben würden. Schliesslich sei es auch sowohl Fremden als auch Einheimischen erlaubt, Leintuch auf dem Wochenmarkt zu verkaufen, was dieses Handwerk von anderen unterscheide. Hans Felix Kraut wird daher von der Mehrheit der Ratsherren die Ausübung des Weberhandwerks an seinem Wohnort erlaubt, unter den Bedingungen, nicht in der Stadt zum Schaden der Meister zu arbeiten und dass, wenn die Wanderjahre für das Handwerk obligatorisch werden würden, auch Kraut diese absolvieren würde. Sollten die Meister der Leinenweber doch noch Beweise dafür finden, dass Kraut die Ausübung des Handwerks innerhalb der Kreuze nicht erlaubt sei, können sie diese der Obrigkeit vorlegen.

  • Signatur: StArZH VI.OS.A.3.:20
  • Originaldatierung: 1665 März 29
  • Überlieferung: Zeitgenössische Abschrift, Heft (4 Blätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 17.0 × 21.0
  • Sprache: Deutsch
  • Regest
    • QZZG, Bd. 2, Nr. 975

Beim vorliegenden Stück handelt es sich um einen Auszug aus den Ratsmanualen (StAZH B II 529, S. 44-45). Die Gemeinden der Vier WachtenOrt: hatten ein gemeinsames Interesse daran, dass die Zünfte und Handwerke aus der Stadt nicht gegen ihre Gemeindegenossen vorgingen. Ein solcher Zusammenschluss der betroffenen Gemeinden findet sich auch 1667 in einem Konflikt um die Ausführung von Bauarbeiten in HottingenOrt: durch einen nichtzünftigen Tischmacher (SSRQ ZH NF II/11 124-1; vgl. auch SSRQ ZH NF II/11 162-1). 1667 stützten die Ratsabgeordneten allerdings die Busse wegen der Arbeit des Tischmachers. Das Leinenweberhandwerk wurde lockerer gehandhabt. Sulzer schliesst aus der Verkaufserlaubnis für die Leinenweber, dass Leinwand eher als landwirtschaftliches statt als gewerbliches Produkt angesehen wurde, während Meier vermutet, dass die ländlichen Weber eher für den Export produzierten, nicht für den städtischen Verbrauch (Sulzer 1944, S. 107; Meier 1986, S. 77).

Editionstext

Urtheil zwüschen Hanß Felix KrautPerson: , dem wäber an der Undern StraßOrt: , und den meister wäberen in der statt, betreffent daß wäberhandtwerch innert den creützen zu treiben, vom dato 29. mertzen anno 1665Originaldatierung: 29.3.1665 ()

[S. 2]Seitenumbruch[S. 3]Seitenumbruch

Zwüschen Hanß Felix KrautenPerson: , dem wäber an der Underen StraßOrt: , verbyständet von seinem vatter Rudolff KrautenPerson: , item undervogt AmmanPerson: von FluͦnterenOrt: , undervogt SingenPerson: von HottingenOrt: , undervogt GimpertsPerson: an der UnderenOrt: Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: Straaßa und undervogt KrautenPerson: an der Oberen StraßOrt: , zesamt underschidenlichen vorgesetzten von den bedüten orthen, innammen der Vier WachtenOrt: und insonderheit ihrer gmeindtsgnoßen der wäberen, so daß wäberhandtwerch schonTextvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: bereitb lange zeit inert den creützen in ihren gmeinden ungehinderet getriben, an einem; dann heren landtvogt Hanß Ulrich LoüwenPerson: , hAbkürzung Beat HönggerPerson: und einem nammhafften ußschuß der Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: meisterc lynwäberen und verburgerten alhie an dem anderen theil, anbetreffendt, ob der bemelt Hanß Felix KrautPerson: , der wäber, an dem orth, alwo er an der Underen StraßOrt: und zwaren innert den creützen geseßen, sein erlerntes wäberhandtwerch treiben mögen solle oder nit, weliches aber die meister wäber alhie ernstlich widersprochen und sich deßen gar angelegenlich beschwert.
Da hatten nun mein g hAbkürzung bevorderst gern gesehen, daß sy, die meister wäber alhie, ihre schrifftlichen gwahrsamminen, rechtsammen und freyheiten ihres handtwerchs, wie es hiebevor die meinung [S. 4]Seitenumbruch gwesen, herfür gezeigt hetten, umbe zesehen, ob einiche oberkeitliche befuͦgsamme und befreyung wider deß KrautenPerson: begeren sich dorinnen befinden thüye oder nit, und sich hernach umb sovil beßer wüßen zu verhalten.
In ermanglung aber deßen, und daß sy, die meister wäber alhie, den gehördten KrautenPerson: daß wäberhandtwerch selbsten gelehrt, denselbigen nach handtwerchs brauch und ordnung ordenlich uff und abgedinget, auch entlichen einen formbklichen lehrbrieff gegeben unnd daby auch wolgewüßt, alwo er geseßen unnd das er, der KrautPerson: , daß wäberhandtwerch, so er erlernt, seinerzeit ouch tryben und suchen werde, sich darmit zu erhalten; demnach, daß nach in anderen benachbarten gmeinden underschidenliche meister wäber, und zwaren auch innert den creützen, sich befinden, die ihre handtwerch bereits lange jahr ungehinderet der alhiesigen meister wäberen getriben und es weiters zethuͦn gesinnet; drittens auch, das frömbden und heimschen erlaubt ist, lynin thuͦch uff den freyen offentlichen wochenmarkt zubringen und männigklichem [S. 5]Seitenumbruch ungeschochen zeverkauffen, daß aber by anderen handtwerchen zuthun nit erlaubt und hiemit deß wäberhandtwerchs halber etwas underscheid ist:
So habend wolernant mein g hAbkürzung in betrachtung deßen unnd anderer bedenken nach mehr mit recht erkennt, daß er, der Felix KrautPerson: , mehr angeregt sein erlerntes wäberhandtwerch an dem orth, da er dißmahl, und zwar innert den creützen, geseßen, ungehindert solle mögen tryben, jedoch ouch mit dem heiteren anhang, bevorderst, wann es under den meister wäberen alhie Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: eßd ein durchgehndts ist, daß ein jeder zu vor auch die gewohnte jahr uff dem handtwerch wanderen muß, ehe er möge meister werden, daß es der besagte Felix KrautPerson: ouch thun solle; demnach, daß er, KrautPerson: , nützit in die statt werkhen thüye zu schaden der meister wäberen alhie, widrigenfahls sollend dieselbigen ihne, den KrautenPerson: , abbußen und straffen mögen nach ihrs befuͦgsamme und freyheiten unnd danenthin, wann sy, die meister wäber alhie, annoch einiche oberkeitliche freyheiten und befuͦgsammen hetten, daß er, der KrautPerson: , sein handtwerch an diserm orth innert den [S. 6]Seitenumbruch creützen nit tryben möge nach dörffte, sol ihnen die weitere verhör auch vorbehalten und der costen von oberkeits wegen uffgehebt sein.

Actum mittuchs, den 29ten mertzen anno 1665Originaldatierung: 29.3.1665 (), presentibusIn der Vorlage: prnt her burgermeister RahnPerson: und beid räthOrganisation: .

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: Straaß.
  2. Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: bereit.
  3. Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: meister.
  4. Textvariante in StAZH B II 529, S. 44-45: eß.