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SSRQ ZH NF II/11 52-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig

Zitation: SSRQ ZH NF II/11 52-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Entscheid des Zürcher Rats im Konflikt um das Kollaturrecht in Höngg zwischen den dortigen Kirchgenossen und dem Abt und Kloster Wettingen

1523 Dezember 15.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich entscheiden in einem Konflikt um das Kollaturrecht zwischen den Kirchgenossen der Kirchhöre Höngg und dem Abt und Kloster Wettingen. Die Kirchgenossen von Höngg haben im Vorfeld den Abt von Wettingen aufgefordert, ihnen Einsicht, welche Rechte das Kloster Wettingen in Höngg im Hinblick auf Kirchensatz, Zins und Zehnten hat, zu gewähren. Sie begehren zu wissen, ob sie bei der Bestellung des Leutpriesters auch ein Mitspracherecht haben, wie sie denken, dass es ihnen eine lateinische Urteilsurkunde zugestehe, oder ob dem Abt von Wettingen das alleinige Recht zukomme. Nachdem der Rat entscheidet, der Abt müsse die Rechte wie gefordert vorweisen, legt der Abt Urkunden betreffend Kirchensatz, Zinsen und Zehnten, nicht nur der Kirche in Höngg, sondern auch beider Filialkapellen in Regensdorf, vor. Nach Anhörung der verschriftlichten Rechte entscheidet der Rat, dass Abt und Kloster von Wettingen den Kirchgenossen nichts schuldig seien. Sie stellen dem em Abt auf dessen Bitte zuhanden des Klosters eine Urteilsurkunde aus. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

  • Signatur: StAAG U.38/1314
  • Originaldatierung: 1523 Dezember 15
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 38.5 × 23.0
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch

Von 1520 bis 1523 war Simon StumpfPerson: Pfarrer in HönggOrt: . StumpfPerson: , ein Anhänger ZwinglisPerson: und der Reformation, predigte gegen den Zehnten, welchen «unnütze» Mönche den Bauern abnehmen würden, weshalb das Kloster WettingenOrt: Organisation: sich bei der TagsatzungOrganisation: und dem Bischof von KonstanzOrt: beschwerte. Da unter StumpfPerson: zudem ein Bildersturm in HönggOrt: stattfand und er sich den Positionen der Täuferbewegung annäherte, wurde er vom RatOrganisation: im November 1523 aufgefordert, HönggOrt: zu verlassen. Als das Begehren der Leute von HönggOrt: , ihren Pfarrer behalten zu dürfen, vom Rat am 14. November abgewiesen wurde (StAZH B VI 249, fol. 72r), forderten sie, die Rechte des Klosters WettingenOrt: Organisation: einsehen zu dürfen, ob die HönggerOrganisation: nicht selbst ihren Pfarrer wählen dürften. Bürgermeister und Rat von ZürichOrt: Organisation: bestätigten dem Abt von WettingenOrt: jedoch den Besitz des Kirchensatzes und stellten ihm die vorliegende Urkunde aus. Zumindest formal blieben daher das Recht zur Besetzung der Pfarrstelle in HönggOrt: sowie die zugehörigen Zehntrechte auch über die Reformation hinaus und bis ins 19. Jahrhundert beim Kloster WettingenOrt: Organisation: (Sibler 1998, S. 163, 167, 262-269). Zu Simon StumpfPerson: vgl. Bugmann 1949, S. 10-15; Kottmann/Hämmerle 1996, S. 101-102; Sibler 1998, S. 183-184.

Editionstext

a–
Her abts von WettingenOrt: urtel
brbrief gegen den kilchgnenkilchgenoßen z HönggOrt:
Textvariante in StAZH F II a 458, fol. 145r-v:
Wie die kilchgnoßen zuͦ HönggOrt: understanden, die brief von deß kilchensatzes
wegen zehören und was darüber erckent
–a1


Wir, der burgermeister und rat der statt ZürichOrt: Organisation: , thuͦnd kundt
mengklichem mit disem brief, das sich spenn unnd
irtung habent gehalten zwüschent den unnsern, gmeinen
kilchgnoßen der kilchhöri zuͦ HönnggOrt: Organisation: , eins und anndern
teyls dem erwirdigen geistlichen her AndresPerson: , abt des gotzhußes zuͦ WettingenOrt: Organisation: , unserm lieben herren und frund, als
von wegen sin und sines gotzhußes, deßwegen, das
die unnsern der kilchhöri zuͦ HönnggOrt: Organisation: vermeintend, her
abt von WettingenOrt: söllte vor uns darleggen und uns und sy
lassen hörren die brief und was er und sin gotzhuß hettind
umb den kilchensatz, ouch zinß und zehenden b by
inen, dardurch sy möchtind hörren, was die selben brief
inen zuͦ gebint, und ob sy nu einen luppriester, seelsorger und
verkunder des gotzwort müßdint haben, den inen ein abt oder
gotzhuß zuͦ WettingenOrt: Organisation: gebent, oder selbs deßhalb ouch etwas
gwalts und gerechtigkeit haben, als sy dann vermeintind, uß
chrafft eins erlangten latinischen proceß und gricht handels
deß etwas füg zehaben.
Unnd aber her abt von wegenAuslassung in StAAG U.38/1314; StAZH F II a 458, fol. 145r-vc sin
und sines gotzhußes darwider vermeint, er söllte nit schuldig
sin, des gotzhußes und sin gewër also sinem widerteil ze
erscheynen, sonnder wölltind sy im an disem end neywas
absetzen, sölltind sy das thun durch ir gewere und nit sin
und sines gotzhußes. Doch uns in abweßen sins widerteils lassen
zehören, was er hatt, woͤllt er sich nit widern, aber dz er
es dem widerteil wöllte thuͦn, tëte er nit, wir erkantind
dann uns, dz er es thuͦn söllt.
Solicher spennen halb
beidteil für uns sind zuͦ recht komen, und als her abt
von WettingenOrt: uff unser rechtlich erkennen sin und sines gotzhußes brief und gwarsami d umb den kilchen satz, sin zins,
zehenden und gerechtigkeit, nit allein der kilchen im dorff zuͦ
HöngOrt: , sonnder ouch beider filialen und capellen zuͦ RegennstorffOrt: , vor uns under ougen der anwälte gmeiner kilchgnenkilchgenoßen
hat dargelegt und lassen hörren.
Unnd wir daruff beidteil
in allem irem darthuͦn eigentlich und nach aller notdurfft
gehört, so habent wir uns zuͦ recht erkent und gesprochen,
das her abt von WettingenOrt: und sin gotzhuß by iren ingelegten
briefen und siglen umb sölichen kilchensatz und deß gerechtigkeit wyßende bliben und gmeinen kilchgnoßen daby nüdt [fol. 341r]Seitenumbruch
schuldig sin sollint. Diser unser rechlichen erkantnus
begert her abt zu sin und sins gotzhußes handen eins briefs,
den habent wir im e–zu geben erkent
und
Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen
–e deß zuͦ urkund mit unser statt ZurichOrt:
anhangendem secret insigel lassen besiglenTextvariante in StAZH F II a 458, fol. 145r-v: versiglenf.
Und g–ist beschehenKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: geben–g uff
zinstag nechst nach sant LucienPerson: tag nach der geburt
Cristi gezalt fünfftzehenhundert zwentzig und drü jar.
Originaldatierung: 15.12.1523

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH F II a 458, fol. 145r-v:
    Wie die kilchgnoßen zuͦ HönggOrt: understanden, die brief von deß kilchensatzes
    wegen zehören und was darüber erckent.
  2. Streichung: in d so er.
  3. Auslassung in StAAG U.38/1314; StAZH F II a 458, fol. 145r-v.
  4. Streichung: und den.
  5. Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen.
  6. Textvariante in StAZH F II a 458, fol. 145r-v: versiglen.
  7. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: geben.
  1. Die Ausfertigung der Urkunde (StAAG U.38/1314) hat keinen Titel. Dafür findet sich ein Dorsualvermerk von späterer Hand, der lautet: «Die HönggischeOrt: kilchgenossen sprechen den kirchensaz ahn, vorderen vom gottshaus sigel und brieff, dises recht ihnen zubescheinen, wird aber ihnen abgeschlagen, dieweil ihnen als klegern das zu thun oblige; die herren von ZürichOrt: Organisation: sprechen, das ein gottshaus bey seinen rechten verbleiben, die pauren das maul halten sollen.».