SSRQ ZH NF II/3 109-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, von Rainer Hugener
Zitation: SSRQ ZH NF II/3 109-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Entscheid in einem Streit über den Karpfenfang im Greifensee
1749 Mai 7.
Stückbeschreibung
- Signatur: PGA Greifensee II A 4
- Originaldatierung: 1749 Mai 7 Überlieferung: Original (Doppelblatt)
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 21.5 × 32.5
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Um die Uferzone als Grenzgebiet zwischen Land und Wasser war es zwischen den Fischern vom GreifenseeOrt: und den anstossenden Gemeinden wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen, worauf auch im vorliegenden Stück hingewiesen wird. So hatten sich die Bürger von GreifenseeOrt: bereits 1549 beklagt, dass der Fischer Klein-Erhard MeierPerson: aus FällandenOrt: mit seinen Fanganlagen die Uferzone verwüste. Das Gericht urteilte, dass MeierPerson: seine Verbauungen behalten dürfe und das Abschneiden von Schilfrohr vom Schiff aus weiterhin gestattet sein solle (PGA Greifensee I A 11; StAZH A 85, Nr. 10). Der Konflikt brach 1569 erneut aus, als Klaus PfisterPerson: in seiner Wiese am See einen neuen Graben anlegte, um darin zu fischen. Der Zürcher RatOrganisation: legte fest, dass sämtliche neu erstellten Gräben zugeschüttet werden müssen, während die älteren Anlagen von Erhard MeierPerson: weiter bestehen bleiben durften (SSRQ ZH NF II/3 83-1).
Auf das Urteil von 1549 und weitere, teilweise nicht überlieferte Entscheide von 1711, 1729/1730 und 1742 beriefen sich die Fischer, als es 1749 erneut zu Konflikten zwischen ihnen sowie den Gemeindegenossen von GreifenseeOrt: und SchwerzenbachOrt: kam. Der Zürcher RatOrganisation: beauftragte am 27. Januar 1749 eine Kommission, den Streit zu untersuchen und darüber ein Gutachten zu erstellen (StAZH B II 864, S. 26-27), worüber der Vogt von GreifenseeOrt: mit Schreiben vom 29. Januar 1749 informiert wurde (StAZH A 123.7, Nr. 207). Das Gutachten wurde am 8. April 1749 erstellt, nachdem die beiden Parteien ihre Argumente vorgebracht hatten. Daraus geht hervor, dass die Fischer ihren Schaden auf rund 100 Pfund bezifferten und sich die Gemeindegenossen auf einen Entscheid vom 1. Oktober 1711 stützen konnten, das im Wortlaut zitiert wird (StAZH A 123.7, Nr. 206). Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um die Bestätigung zuhanden der Gemeinde GreifenseeOrt: Organisation: ; zugleich wurde der Entscheid in vollem Wortlaut auch im Ratsmanuale des Unterschreibers festgehalten (StAZH B II 864, S. 153-156).
Der vorliegende Entscheid wurde seinerseits als Präzedenzfall herbeigezogen, als der GreifenseeOrt: 1906 erneut über die Ufer trat. Denn als der damalige Fischereiaufseher 24 Bauern aus GreifenseeOrt: und SchwerzenbachOrt: anzeigte, weil sie auf ihren Feldern Karpfen gefangen hatten, beriefen sich die Bauern auf das Urteil von 1749. Die zuständige Finanzdirektion stützte den Entscheid des Ancien Régime; weil demgemäss jedoch lediglich der Fang von Karpfen für den Eigengebrauch erlaubt war, wurden jene sieben Bauern, welche die gefangenen Fische verkauft hatten, trotzdem gebüsst. Vgl. Frei 2006, S. 43-44; Frei 2004, S. 31-32; Zimmermann 1990, S. 10-11.
Editionstext
Actum mittwochs, den 7. maii 1749Originaldatierung: 7.5.1749, coram senatuOrganisation: .
Anmerkungen
- Gemeint ist das Urteil vom 9. April 1549 betreffend Fanganlagen in den Uferzonen des Greifensees (PGA Greifensee I A 11; StAZH A 85, Nr. 10).↩
- Gemeint ist vielleicht der Entscheid vom 1. Oktober 1711, der im Gutachten vom 8. April 1749 zitiert wird (StAZH A 123.7, Nr. 206).↩
- Gemeint ist vermutlich der Entscheid vom 13. Dezember 1729, wonach den Weidgenossen für das laufende Jahr gestattet wurde, das Schilf bis zum Wasserspiegel abzuschneiden (StAZH C III 8, Nr. 31, S. 84).↩
- Ein Urteil bezüglich Fischerei von 1742 konnte nicht ausfindig gemacht werden.↩
- Das Gutachten vom 8. April 1749 zitiert einen Entscheid vom 1. Oktober 1711, wonach es zufällig anwesenden Gemeindegenossen gestattet war, bei Überschwemmungen Karpfen auf ihren Feldern zu fangen (StAZH A 123.7, Nr. 206).↩
- Die Kommission war am 27. Januar 1749 mit der Untersuchung des Streits beauftragt worden und legte ihr Gutachten am 8. April vor, vgl. Kommentar.↩
- Zur Fischereinung des GreifenseesOrt: vgl. SSRQ ZH NF II/3 17-1, SSRQ ZH NF II/3 56-1 und SSRQ ZH NF II/3 86-1; zu der seit 1738 geltenden Fischerordnung vgl. SSRQ ZH NF II/3 107-1.↩
Regest