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SSRQ ZH NF I/1/11 64-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 64-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Sanitätspolizeiliche Inspektionsordnung der Stadt Zürich (Gschauordnung)

1769.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich erlassen eine erneuerte Gschauordnung mit 25 Artikeln. Zunächst werden Stimmrechte, Sitzungstage sowie Pflichten und Kompetenzen der Mitglieder der sogenannten Gschau oder Wundgschau, einer obrigkeitlich eingesetzten Kommission, festgelegt (I-III). Es folgen Bestimmungen bezüglich Apotheken, Medikamente und deren Preise (IV, XIX). Weiterhin werden die diversen Räumlichkeiten und Gebäude des Spitals aufgeführt und verordnet, dass Patienten mit ähnlichen Krankheiten gemeinsam unterbracht werden müssen (V). Für arme Patienten gilt, dass nur sogenannte würdige Arme mit entsprechendem schriftlichem Zeugnis ihres Pfarrers aufgenommen werden. Falls möglich und bei bestimmten Krankheiten müssen die Gemeinden für die Kosten aufkommen. Während für die Behandlung von armen Leuten die obrigkeitlich festgelegten Preise gelten, dürfen die Ärzte und Chirurgen bei reichen Patienten mehr Geld verlangen (VI, VIII). Patienten dürfen nicht ohne Bewilligung der Gschau ins Spital eingewiesen werden. In Notfällen darf der oberste Stadtarzt (Archiater) die Patienten behandeln oder einem Chirurgen zuweisen (VII, XIV). Des Weiteren wird die obrigkeitliche Kostenübernahme bei der Behandlung von Handwerkern, Landstreichern, Dienstboten, Pfründnern, Hintersassen und fremden Personen geregelt (IX-XIII). Chronisch Kranke, die ganzjährig mit Medikamenten versorgt werden müssen, sollen jedes Jahr mit dem Schreiben des Pfarrers bei der Gschau vorstellig werden (XV). Weiterhin werden die Kompetenzen und Pflichten des zweiten Stadtarztes (Poliater) aufgeführt (XVI). Die Arzt- und Apothekerrechnungen sollen während der sogenannten Zedulzensur regelmässig überprüft und mit den Gschauprotokollen verglichen werden (XVII, XVIII). Geregelt werden ausserdem die Badekuren und die obrigkeitlichen Kostenbeteiligungen daran (XX, XXI). Patienten, die ins Spital aufgenommen werden, sollen saubere Hemden mitbringen. Bei Mittellosigkeit werden Kleider und Hemden aus dem Almosenamt gestellt (XXII). Es folgen Bestimmungen für die Rechnungsführung der Chirurgen. Bei Verschulden seitens der Chirurgen übernimmt die Obrigkeit keine Kosten (XXIII, XXIV). Zuletzt erhalten die Verordneten der Gschau die Befugnis, betrügerische Personen und Müssiggänger zu bestrafen. Patienten mit Geschlechtskrankheiten, die trotz Behandlung weiterhin ein liederliches Leben führen, sollen vor das Ehegericht geführt werden (XXV).

Bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts mussten verarmte Patienten, die sich auf obrigkeitliche Kosten behandeln lassen wollten, vor dem Zürcher RatOrganisation: vorsprechen und sich von einem Ratsmitglied (Schauer) untersuchen lassen. Diese Aufgabe übernahm ab 1551 die GschauOrganisation: , oder auch WundgschauOrganisation: genannt (vgl. StAZH H II 5). Die GschauOrganisation: war für die Kontrolle aller Krankenanstalten der Stadt ZürichOrt: sowie für die Untersuchung und Zuteilung der Patienten in die einzelnen Gebäude zuständig. Grundsätzlich galt, dass nur Patienten, die eine Zustimmung der GschauOrganisation: erhalten hatten, ins SpitalOrganisation: aufgenommen werden konnten. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts handelte es sich mit Ausnahme der Pfründner häufig um verarmte Landleute, die oft chronisch oder unheilbar krank waren. Mit der Gschauordnung von 1757 wurde zum ersten Mal auch die Aufnahme bemittelter Patienten, die aber ebenfalls eine Bewilligung der GschauOrganisation: benötigten und für ihre Behandlung im Gegensatz zu den ärmeren Patienten selbst aufkommen mussten, möglich (StAZH III AAb 1.12, Nr. 2). Dies hing mit dem grösseren Ansehen der Heilkunst der Ärzte im SpitalOrganisation: sowie der stärkeren Fokussierung auf die Diätetik zusammen, wodurch die Behandlung im SpitalOrganisation: für vermögendere Personen attraktiver wurde.

Als Aufsichtskommission und Fachgremium des gesamten Medizinalwesens hatte die GschauOrganisation: neben der Einweisung der Patienten ins SpitalOrganisation: auch die Kontrolle der Armenapotheke und die Überprüfung der dem AlmosenamtOrganisation: belasteten Arztrechnungen (Zedulzensur) inne. Indem die Gschausitzungen für die angehenden Ärzte und Chirurgen öffentlich waren, leistete die GschauOrganisation: des Weiteren einen Beitrag zur Ausbildung des medizinischen Fachpersonals. Ausserdem war die GschauOrganisation: in der Seuchenprävention tätig, wobei sich diese Aufgabe im Laufe des 18. Jahrhunderts zunehmend auf den SanitätsratOrganisation: verlagerte (vgl. beispielsweise das Pestmandat von 1713: SSRQ ZH NF I/1/11 38-1).

Die GschauOrganisation: setzte sich aus mehreren medizinischen Fachpersonen sowie Vertretern der Zürcher ObrigkeitOrganisation: zusammen. Als Präsident fungierte der erste Stadtarzt (Archiater), der damit die Oberaufsicht über das SpitalOrganisation: und über das gesamte medizinische Personal (Ärzte, Chirurgen, Apotheker, Hebammen, Tierärzte) der Stadt ZürichOrt: führte. Die besondere Stellung des ersten Stadtarztes zeigt sich auch darin, dass er als Einziger in Notfällen Entscheidungen über Patienten treffen durfte, ohne vorher die Zustimmung der GschauOrganisation: erhalten zu haben. Daneben war auch der zweite Stadtarzt (Poliater) Mitglied der GschauOrganisation: . Er musste den ersten Stadtarzt unterstützen und übernahm die ambulante Behandlung der Armen aus der Stadt oder der Landschaft. Weitere Mitglieder waren zwei mit Wartgeldern versehene Ärzte, alle Vertreter der städtischen Heil- und Pflegeanstalten, die beamteten Medizinalpersonen sowie zwei Herren aus dem Kleinen RatOrganisation: . Die Mitglieder der GschauOrganisation: versammelten sich jeweils am Dienstag in einer Stube im SpitalOrganisation: , wo die Patienten einzeln untersucht wurden. Jeder Patient musste die Bescheinigung seines Pfarrers, Untervogts, Weibels oder eines Geschworenen vorlegen. Je nach Krankheit wurden die Patienten dann ins SpitalOrganisation: , ins Blatternhaus am OetenbachOrganisation: oder ins Krankenhaus an der SpanweidOrganisation: eingewiesen. Möglich war auch die Verordnung einer Badekur im RöslibadOrt: oder einer Badenfahrt.

Als zu Beginn des Jahres 1769 alle gedruckten Exemplare der Gschauordnung von 1757 ausgingen, besprachen die Mitglieder der GschauOrganisation: in einer Sitzung vom 23. Februar 1769 die Notwendigkeit einer Revision der Gschauordnung (StAZH H I 338, S. 37). Am 7. März verfasste die GschauOrganisation: ein Memorial, worin dem Rat die Publikation einer erneuerten und ausführlicheren Gschauordnung in Form eines Mandats empfohlen wurde. In einem beiliegenden Exemplar, das allerdings heute nicht mehr auffindbar ist, wurden die entsprechenden Änderungen angemerkt (StAZH H I 328, S. 952-954). Nachdem der Rat die Revision in der Sitzung vom 29. März 1769 besprach, wurde beschlossen, die Gschauordnung nach den Vorschlägen der GschauOrganisation: mit einer Auflage von 1000 Exemplaren drucken zu lassen (StAZH B II 944, S. 114 und StAZH H I 328, S. 955). Die Gschauordnung wurde schliesslich erst wieder zu Beginn des 19. Jahrhunderts revidiert (vgl. die Gschauordnung von 1810: StAZH MM 1.31 RRB 1810/0179a).

Zur GschauOrganisation: und dem zürcherischen Medizinalwesen vgl. Brändli 1990, S. 42-50; Kläui 1951, S. 143-154; Milt 1951, S. 11-52; Wehrli 1934a.

Editionstext

Erneuerte
Gschau-Ordnung

Holzschnitt
Gedrukt, Anno 1769Originaldatierung: 1.1.1769 – 31.12.1769.
[S. 2]Seitenumbruch

Wir Burgermeister und Rath der Stadt
ZuͤrichOrt:
Organisation:
, thun kund und zu wuͤssen hiemit:
Demenach Wir Unsere Wund-GschauOrganisation: in der Absicht
verordnet haben, damit einerseits diejenige von Unseren Angehoͤrigen, welche arm und krank sind, wohl
versorget und verpfleget; darbey aber anderseits denen
Aemtern mit unnoͤthigen und uͤberfluͤßigen Ausgaben
so viel als moͤglich, verschohnet werde; So haben Wir
der Nothwendigkeit zu seyn ermessen, zu besserer Erzielung dieses Endzwecks eine Ordnung verfertigen, und
selbige oͤffentlich durch den Druck bekannt machen zu
lassen, auf Art und Weise wie folget:
[S. 3]Seitenumbruch

I.
Es ist saͤmtlicher Verordneten erste und vornehmste
Pflicht, der GschauOrganisation: alle DienstagWiederholte Zeitspanne: 3 Wochen, nach beendigter
Predigt, mit Hintansetzung aller eigenen Geschaͤften beyzuwohnen, und ohne dringende Noth davon
nicht auszubleiben; Dannethin sich aͤusserst angelegen seyn zu lassen, daß alle nachstehende Ordnungen sorgfaͤltig beobachtet und ausgeuͤbet werden.

II.
Die zur GschauOrganisation: Verordnete sind zweyMenge: 2 Kleine Raͤthe,
zweyMenge: 2 Stadt-Aerzte, deren der erstere bey der SessionSchriftwechsel praesidiSchriftwechselert, und an welchen die einsendende Schreiben zu addressiSchriftwechseleren sind, und zweyMenge: 2 andere hierum mit Wart-Geltern versehene Doctores MedicinaeSchriftwechsel, sodanne einMenge: 1 jeweiliger Spittal-Meister, der Pfleger an der SpannweidOrganisation: , der
Obmann zun AugustinernOrganisation: , der Amtmann am OetenbachOrganisation:
und der oberste Raths-Diener, item der Gschau-Meister
und Stadt-Schnitt-Arzt, welche ebenmaͤssig ihren Rath
und Stimm zu ertheilen haben, mit dem Beding, daß ein
Stadt-Arzet, in denen Faͤllen die seine eigene Patienten
angehen, kein Votum decisivumSchriftwechsel zu geben haben solle; Und
obschon auch der Spittal-Arzet, und der Arzet am OetenbachOrganisation: , samt derselben allfaͤhligen VicarienSchriftwechsel, der GschauOrganisation: beyzuwohnen und abzuwarten verpflichtet sind, hat doch keiner
derselben die Befugsame, weder Stimme noch Meynung von
sich zu geben.
[S. 4]Seitenumbruch

III.
Es sollen die Verordneten denen fuͤr sie kommenden PatientenSchriftwechsel mit freundlichem Bescheid begegnen, die MediciSchriftwechsel und
ChirurgiSchriftwechsel diejenige so sie in die CurSchriftwechsel bekommen, fleissig pflegen, sie mit dienlichen Arzneyen versehen, und erstere (insbesondere nach dem neu-errichteten DispensatorioSchriftwechsel,) mit kraͤftigen, anbey aber wohlfeilern Arzneyen bedienen; Leztere,
so viel moͤglich, in eigener Person an ihre PatientenSchriftwechsel Hand
anlegen, und samtliche in wichtigen Faͤllen mit ihren CollegisSchriftwechsel zu Rath gehen; Anbey sollen die Verordneten fleissig
wachen, daß die PatientenSchriftwechsel mit dienlichen Speisen und Getraͤnk versorget werdind, auch daß die Abwarten saͤuberlich,
gedultig und mitleidig seyen, mithin sich in allen Theilen
nach der ihnen vorgeschrieben - und gedrukt gegebenen Ordnung genau zu verhalten angelegen seyn laßind; Zu dem End
solle wenigstens alle Viertel-JahrWiederholte Zeitspanne: 3 Monate ein mal von einem Ausschuß
der Verordneten eine genaue VisitationSchriftwechsel durch den ganzen
SpittalOrganisation: vorgenommen, dabey allem diesem geflissenlich
nachgefraget, und im Fall einer Versaumnuß, oder sich
zeigender Unordnung, solches bey der ersten SessionSchriftwechsel zu behoͤriger RemedurSchriftwechsel angezeigt werden.

IV.
Sollen die Armen-ApothequenSchriftwechsel, wenigstens bey Abaͤnderung der ApothequeSchriftwechsel, von den beyden Stadt-Aerzten,
mit Zuzug eines von LoblLoblicher GschauOrganisation: jedesmals ohnpartheyisch
befundenen ApothequersSchriftwechsel, durchsucht und verfuͤgt werden,
daß die MedicamentaSchriftwechsel sowol GalenicaSchriftwechsel als ChymicaSchriftwechsel, SimpliciaSchriftwechsel als CompositaSchriftwechsel, nach dem errichteten DispensatorioSchriftwechsel,
in behoͤriger QualitaetSchriftwechsel und QuantitaetSchriftwechsel vorhanden seyen; Da
dann die alten verdorben-befundene auf die Gassen zu schuͤt[S. 5]Seitenumbruchten. Auch sollen die Verordnete im Fall wichtiger Vergehungen, solches bey offentlicher GschauOrganisation: anzeigen, von wannen, so es noͤthig waͤre, an hohe Behoͤrde zu recurriSchriftwechseleren ist.

V.
Da es bey der CurSchriftwechsel der Kranken viel darauf ankommt,
daß der PatientSchriftwechsel in Ruhe und einer so viel moͤglich reinen
Luft unterhalten werde, so sollen die Verordnete trachten
mit den PatientenSchriftwechsel eine vernuͤnftige Soͤnderung vorzunehmen, und nur diejenige in ihren Stuben und Kammern
zusammen zu thun, welche ohngefahr ein gleiches Anligen
haben; Zu welchem End auch verschiedene Haͤuser und
Stuben zu Verpflegung der Kranken verordnet, und mit
verschiednen Aerzten versehen sind. Es sollen diesemnach
in dem SpittalOrganisation: alle Arten von aͤusserlichen sowol als innerlichen Krankheiten (welche nichts Anstekendes haben,) versorget, und darbey auch getrachtet werden, die mit der fallenden Sucht behaftete, so wie die Rasende, von uͤbrigen
PatientenSchriftwechsel abgesoͤndert zu halten; Die PatientenSchriftwechsel, so mit
garstigen anstekenden Haut-Krankheiten, und anderen dergleichen ChroniSchriftwechselschen Uebeln behaftet sind, als Raͤudige,
Aussaͤtzige, Grindige, mit der svsalva veniaSchriftwechsel Franzosen-Seuche behaftete, und CancroseSchriftwechsel, je nach Beschaffenheit der Umstaͤnden, in die Grind-Stuben, Blattern-HausOrganisation: 1, oder im Fall
einer langwirrigen CurSchriftwechsel an die SpannweidOrganisation: zu versorgen;
Hingegen sollen diejenige, so mit ohnheilbaren Schaͤden behaftet sind, in ihre Gemeinden gewiesen, und Anleitung gegeben werden, daß sie daselbst, oder durch Mittlung ihrer
Vorgesetzten von den HHHrnHohen Herren Spittal-Pflegern in dem
SpittalOrganisation: versorget werdind. Ferner sind alle mit ansteckenden
hitzigen Krankheiten Behaftete, jeder in seine Gemeind, oder
an den Ort wo er solche bekommen, zuruͤk zu weisen; Wo [S. 6]Seitenumbruch
uͤbrigens und in Ansehung der Einwohneren Unserer Stadt
in diesem Fall an LoͤblLoͤblichen SanitaetSchriftwechsel-RathOrganisation: , deme die Besorgung des Lazareths, und derer dahin gehoͤrenden Kranken
Hochoberkeitlich aufgetragen, zu recurrieSchriftwechselren ist.

VI.
Damit aber die beschriebene Versorgung der PatientenSchriftwechsel
ohne allzugrosse oder ohnnoͤthige Beschwerd der Aemtern gegeschehe, so sollen die Verordneten fleissig wachen, daß keine
als wuͤrdige Arme auf Oberkeitliche Koͤsten angenommen
werden; sodanne bey den ApothequerSchriftwechsel- und ChirurgiSchriftwechselschen
ContiSchriftwechsel alle Ohnrichtigkeiten vermieden bleiben, auch bey
Verschreibung der Kleidern, Bader-Steuren etcAbkürzung aus dem
Allmosen-AmtOrganisation: die noͤthige Bescheidenheit gebraucht werde.

VII.
Diesem zufolg ist sorgfaͤltig zu verhuͤten, daß niemalen
nichts ohne Vorwuͤssen und Erkanntnuß saͤmtlicher Verordneten den Aemtern zugewiesen werde; Daharo des Schreibers Pflicht, keinen PatientenSchriftwechsel jemandem einzuschreiben, oder
in das Allmosen-AmtOrganisation: zu recommendiSchriftwechseleren, es seye dann
solches vor gesessener GschauOrganisation: erkennt und gut befunden worden, mit der Erlaͤuterung, daß der Ober-Stadt-Arzt die
Macht haben solle, in Nothfaͤllen auch zwischen der Zeit
PatientenSchriftwechsel in den SpittalOrganisation: aufzunehmen, beyde Stadt-Aerzte
aber selbige dem Stadt- und Spittal-Arzt in die CurSchriftwechsel zu
uͤbergeben, und der Schreiber keinen solchen PatientenSchriftwechsel in
sein ProtocollSchriftwechsel einschreibe, es seye dann daruͤber vor offentlicher GschauOrganisation: eine formliche Umfrag gehalten, und dadurch
eine solche Annahm bestaͤthiget worden.
[S. 7]Seitenumbruch

VIII.
Es sollen die Verordneten keinen Kranken ab der Landschaft des Allmosens wuͤrdig erklaͤren, es habe dann ein solcher ein schriftliches Gezeugnuß von seinem Herrn Pfarrer
vorzuweisen, daß er sich dieser Gnad wegen vor dem StillstandOrganisation: gestellet, und dieser erfunden habe, daß er ausser
Stand sich befinde, sich auf eigene Koͤsten arznen lassen zu
koͤnnen? Nicht weniger solle ihnen den Herren Pfarrern
angesinnet seyn, keine andere Personen zur Aufnahme in
den SpittalOrganisation: zu recommendiSchriftwechseleren, als an Leib oder Gemuͤth
wuͤrklich Kranke, mithin die mit incurabeln Alters-Schwachheiten behaftete Kindliche, wegen verdorbenem Lebens-Wandel und schalkhaftem Wesen den Ihrigen Unwerthe, Zuͤchtlinge, und solche Leute, denen es einig an Unterhalt und
Nahrung gebricht, davon abzuhalten, und diesere Leztere
alle eintweder in denen Gemeinden zu versorgen, oder aber
das ihrenthalber Angemessene an die eigensbestimmte Behoͤrden zu bringen. Auch keinen PatientenSchriftwechsel zu vorbesagtem Ende anhero kommen zu lassen, er bringe dann, nebst einem
guten und saubern Hemd auf dem Leib, noch eines dergleichen darneben mit. Ferner solle in denen einsendenden
Schreiben angezeigt werden, ob die Anverwandten oder die
Gemeind im Stand sich befindind, den Arzet-Lohn und das
Tisch-Gelt zu bezahlen, da dann allemal die Arzet-Loͤhn dem
Tisch-Gelt vorgehen, und zu dem Ende hin alle Briefe der Herren Pfarrern vor LoͤblLoͤblicher GschauOrganisation: oͤffentlich verlesen werden sollen.
Daher sich die Verordnete aͤusserst angelegen seyn lassen werden zu sorgen, daß so viel moͤglich der Arzet-Lohn von den
PatientenSchriftwechsel bezahlt werde, und in diesem Fall solle der Medicus OrdinariusSchriftwechsel an die Oberkeitliche TaxaSchriftwechsel gebunden seyn,
die ChirurgiSchriftwechsel aber sich des gewohnten Arzet-Lohns begnuͤgen; Geschaͤhe es aber, daß bemittelte Leute um mehrerer [S. 8]Seitenumbruch
Bequemlichkeit der CurSchriftwechsel willen in den SpittalOrganisation: aufgenommen
zu werden begehrten, so soll dießfalls dem MedicoSchriftwechsel und
ChirurgoSchriftwechsel frey stehen seine billiche Bezahlung zu fordern,
und dieses in das ProtocollSchriftwechsel ordentlich eingetragen werden;
doch sollen dergleichen nicht ohne Vorwuͤssen der ganzen
GschauOrganisation: aufgenommen, und dießfalls alle Bescheidenheit
beobachtet werden, damit dadurch den benoͤthigten Armen
der Platz nicht verschlagen werde.

IX.
Hier in Arbeit stehender Handwerks-Purschen halber,
welche mit Krankheiten uͤberfallen werden, oder dergleichen
ehrliche Pursche, die von der Reise krank ankommen, und
gute Zeugnussen aufzuweisen haben, ist angesehen, daß solche von ihren Meistern oder Alt-Gesellen vor LoͤblLoͤblicher GschauOrganisation:
vorgestellet werdind, da dann genau nachzufragen, ob ein solcher sich wuͤrklich ausser Stand befinde wenigstens den Arzet-
Lohn selbst zu bezahlen? und selbige nach Befinden anzunehmen
sind. Was hingegen Landstreichend Gesind anbelanget, die etwann auf der Bettel-Fuhr krank anhero kommen, so sollen
solche ohne die dringendeste Noth fortgeschikt, und von dem PoliaterSchriftwechsel mit dienlich findend- innerlich- oder aͤusserlichen Arzneyen auf die Reise versehen, niemals aber zwischen der
Zeit eint- oder anderm ChirurgoSchriftwechsel um den gewohnten Arzet-
Lohn in die CurSchriftwechsel gegeben werden moͤgen.

X.
Arme Dienst-Botten aus der Stadt sollen von ihren
Meistern persoͤhnlich, oder doch schriftlich LoblLoblicher GschauOrganisation: recommendiSchriftwechselrt werden, und die Verordnete dahin sehen, daß
wenigstens die Arzet-Loͤhn, wo es immer moͤglich, entwe[S. 9]Seitenumbruchder aus des Diensts Lohn, oder was er sonst bey dem Meister stehen haͤtte, moͤgind erhalten werden. Die unter diesem
TitulSchriftwechsel wider die Ordnung, und ohne von der CommissionSchriftwechsel
in Handen habende Zedul, hier sich aufhaltende Hintersaͤssen sind zwar nicht unbarmherzig abzuweisen, bey derselben
Stellung aber an eine LoͤblLoͤbliche Hintersaͤß-CommissionSchriftwechselOrganisation: Weisungen zu machen.

XI.
Was die im SpittalOrganisation: Verpfruͤndete und Bediente anbelanget, so solle die Bezahlung (die auf Muß und Brod
Leibdings-Weise Angenommene ausgenommen,) auf solchen
Verpfruͤndeten oder Bedienten selbst, oder im Fall ihres
Unvermoͤgens, auf dem Pfrund-HausOrganisation: gesucht werden.

XII.
Die mit Oberkeitlicher Bewilligung hier sich aufhaltende
Hintersaͤssen sind nicht anderst als in den dringendsten Faͤllen anzunehmen.2

XIII.
Aus denen gemeinen Herrschaften oder andern Orten
der EydgnoßschaftOrt: , solle ohne die groͤste Noth niemand, und
auch nur mit dem Beding, daß die Grichts-Herren, respectiveSchriftwechsel Oberkeiten oder Gemeinden fuͤr die Bezahlung gut
stehen, angenommen werden: Es waͤre dann Sach, daß
durch eine ohnumgaͤnglich-nothwendige OperationSchriftwechsel einem
PatientenSchriftwechsel in kurzem koͤnnte geholfen werden.
[S. 10]Seitenumbruch

XIV.
In ausserordentlichen Zufaͤllen, wo von dem Aufschub
auf naͤchsten Gschau-Tag Schaden zubefuͤrchten waͤre, sollen
beyde Stadt-Aerzte die Befugsame haben, dergleichen PatientenSchriftwechsel dem behoͤrigen ChirurgoSchriftwechsel in die CurSchriftwechsel zu geben; Doch
solle dieser Wochen-PatientenSchriftwechsel halber bey der naͤchsten SessionSchriftwechsel vor saͤmtlich Verordneten ein Anzug beschehen, vor
denselbigen die Wuͤrdigkeit der PatientenSchriftwechsel genau untersucht,
und sodanne, je nach Befinden, solche entweder eingeschrieben, oder zur Selbst-Bezahlung angehalten werden.

XV.
Diejenige PatientenSchriftwechsel, so wegen unheilbaren Schaͤden
durch das ganze Jahr Arzneyen noͤthig haben, sollen, je
wann ein Jahr verflossen, sich selbst, wo es moͤglich, vor
LoͤblLoͤblicher GschauOrganisation: stellen, und jedesmal aufs neue ein RecommendationsSchriftwechsel-Schreiben von ihren Herren Pfarrern mitbringen, da dann nachzuschlagen, ob ihr Jahr allbereits verflossen sey oder nicht?3

XVI.
Der PoliaterSchriftwechsel solle in Verschreibung der Arzneyen in
der Stadt und auf die Landschaft mit aller Bescheidenheit verfahren, und auf einmal nur eine geringe PortionSchriftwechsel verschreiben, auch niemandem nichts geben, der nicht seiner Nothdurft
und Armuth halber mit einem glaubwuͤrdigen Brief von seinem
Herrn Pfarrer versehen, wo es moͤglich ist, solche fuͤr LoͤblLoͤbliche
GschauOrganisation: weisen, anbey sich befleissen zum Trost dieser Nothleidenden kraͤftig-wuͤrkende Arzneyen zu verschreiben, doch immer [S. 11]Seitenumbruch
solche auszuwaͤhlen, die am leichtesten und wohlfeilsten zu bekommen sind; Und sich zu diesem Ende in seinen Verschreibungen an das errichtete DispensatoriumSchriftwechsel zu binden haben, auch
uͤber seine PatientenSchriftwechsel ein genaues Tag-Buch fuͤhren, damit er
in erheischendem Fall getreue Rechnung und Nachricht geben
koͤnne. Er solle auch zu desto leichterer Nachforschung, in
seinen ReceptenSchriftwechsel nebst Namen und Geschlecht, auch den Aufenthalts-Ort der PatientenSchriftwechsel, wie nicht weniger Tag, Monat
und Jahr, wann die Verschreibung geschehen sey, beysetzen.

XVII.
Damit die alle Quartal von denen Aerzten einzugebende
ContiSchriftwechsel genau untersucht werdind, so sollen die Verordnete
Kleine und Grosse Raͤthe, nebst den beyden Stadt-Aerzten
und dem Gschau-Meister der Zedul-CensurSchriftwechsel (welche aber wegen allfaͤhligen Geschaͤften der Herren Verordneten nicht soll
auf einen FreytagWiederholte Zeitspanne: 6 Wochen verlegt werden,) fleißig beywohnen, und
daselbst die ContiSchriftwechsel der ChirurgorumSchriftwechsel mit dem Gschau-ProtocollSchriftwechsel genau vergleichen, und nach Abtrettung samtlicher ChirurgorumSchriftwechsel Ihre Gedanken daruͤber walten lassen.

XVIII.
Eben so sollen die ApothequerSchriftwechsel-Conti von den Verordneten beyder Stadt-Aerzten in Ihren Haͤusern fleißig durchsehen werden, ob solche mit der vor sich habenden TaxaSchriftwechsel und
Ihren eigenhaͤndigen ReceptenSchriftwechsel und Buͤchern gleichfoͤrmig
seyen; Auch hernach mit Zuzug eines erfahrnen uninteressirten ApothequersSchriftwechsel, in Beyseyn eines Herrn des Kleinen
Raths
Organisation:
, daruͤber reiflich reflectiSchriftwechseleren, ehe sie solche an ihre Behoͤrde mit der Canzley Unterschrift recommendieSchriftwechselren.
[S. 12]Seitenumbruch

XIX.
Zu dieserm Ende hin, solle die TaxaSchriftwechsel alle zwey JahreWiederholte Zeitspanne: 2 Jahre,
so oft nemlich die ApothequeSchriftwechsel abgeaͤndert wird, von neuem
durchgangen, neu-eingefuͤhrte Arzneyen behoͤrig auf einen
billigen Preiß darinn angesetzt, und zur Bestaͤtigung und
Canzleyischer Unterschrift vor der offentlichen GschauOrganisation: abgelesen werden.

XX.
Die Bad-Steuren betreffend, so sollen die Herren Verordnete keinem eine solche verschreiben, er habe dann ein schriftliches Zeugnuß seiner Armuth von seinem Herrn Pfarrer aufzuweisen, auch sey er vor der oͤffentlichen GschauOrganisation: des Bads
benoͤthiget zu seyn befunden worden; Da einem solchen dann
ein schriftliches AttestatSchriftwechsel, wie viel ihm Herr Pfarrer in Baden, aus dem Ihm von LoͤblLoͤblichem Allmosen-AmtOrganisation: zugestellten
Seckel, zu bezahlen habe, uͤbergeben werden soll.

XXI.
In Ansehung des Bads an der SpannweidOrganisation: ,4 sollen die
Verordnete Achtung geben, daß keine als aͤusserst Benoͤthigte
dahin aufgenommen werdind. Auch sollen Sie fuͤr die Einziehung des Bad-Guldens von allen, die keine Scheine von
ihren Herren Pfarrern, daß sie Allmosens-Genoͤßige seyen,
aufzuweisen haben, besorget seyn; Anbey in Austheilung der
Bad-Ehren und Bruͤechen alle moͤgliche Sparsamkeit gebrauchen, wie nicht weniger bey den Bad-Einsaͤtzen, die in
diesem Haus sich befindende PatientenSchriftwechsel besuchen, und wie selbige verpfleget seyind, Nachfrag halten.
[S. 13]Seitenumbruch

XXII.
Gleiche Sorgfalt solle auch von Ihnen in Verschreibung
der Kleidern und Hembdern aus dem Allmosen-AmtOrganisation: beobachtet, und keine andere Kleider gegeben werden, als solche,
die zu Bedeckung des beschaͤdigten Theils unmittelbar erforderlich sind. Gleicher Weise sollen sie besorget seyn, daß die
PatientenSchriftwechsel saubere Hembder mit sich in den SpittalOrganisation: bringen,
damit den Vorraths-Hembdern (welche mit des Allmosens-
Amts
Organisation:
Hauszeichen an den Ecken bezeichnet werden sollen,)
dadurch desto besser geschohnet werde; Derhalben auch zu wachen, daß durch Verwahrlosung der Abwarten kein uͤberfluͤssiger Aufwand geschehe.

XXIII.
Da neben den ordentlichen Arzney-Ausgaben dem LoͤblLoͤblichen
Allmosen-AmtOrganisation: die einkommende Schaͤrer-ContiSchriftwechsel ab der Landschaft oft zu grosser Beschwerde gereichen, so sollen die Verordnete, ehe Sie einen solchen ContoSchriftwechsel an seine Behoͤrde recommendiSchriftwechseleren, untersuchen, ob es durch die Schuld des ChirurgiSchriftwechsel, daß ein solcher PatientSchriftwechsel sich nicht zu rechter Zeit um die
Oberkeitliche Gnade angemeldet habe, versaumet worden sey?
In welchem Fall ein solcher ContoSchriftwechsel, in Ansehung, da einem
jeden Land-ChirurgoSchriftwechsel bey seinem ExamenSchriftwechsel, daß er keinen Armen in die CurSchriftwechsel nehme, sondern nach dem ersten Verband solche fuͤr LoͤblLoͤbliche GschauOrganisation: schicke, angezeiget wird, ohne darauf
Achtung zu schlagen, von Hande gewiesen werden soll.

XXIV.
Wann sich PatientenSchriftwechsel vor LoͤblLoͤbliche GschauOrganisation: stellen, welche von
ihrem ChirurgoSchriftwechsel verderbt oder versaumt worden, als wordurch [S. 14]Seitenumbruch
oͤfters Anlaß zur Beschwerung der Oberkeitlichen Aemtern
gegeben wird, so ligt denen Verordneten ob, solche Fehlende
fuͤr Sich zu bescheiden, und ihnen nach Beschaffenheit der Sachen ihre ContiSchriftwechsel zu annullieSchriftwechselren, sie zu Bezahlung der Unkoͤsten
in den Aemtern anzuhalten, auch denen PatientenSchriftwechsel fuͤr Versaumnuß und Schmerzen eine billiche Schadloshaltung zu bestimmen.

XXV.
Endlichen wird denen Verordneten Vollmacht gegeben,
diejenige, so Betrug brauchen, aus Liebe zum Muͤßiggang
sich krank anstellen, oder auch nach der CurSchriftwechsel muthwillig verderben, mit Gefangenschaft und Streichen an der Stud zu
zuͤchtigen;5 Dahin auch gehoͤrt, daß die mit svsalva veniaSchriftwechsel VeneriSchriftwechselscher
Seuche Behaftete, sonderlich solche, welche nach einmal erzielter Heilung mit fortsetzend-liederlichem Wandel sich solches
Uebel von neuem zuziehen, an LoͤblLoͤbliches EhegerichtOrganisation: gewiesen werden sollen.

Wann nun Vorstehendes alles von Unsern Verordneten
mit besonderm Fleiß untersucht, und in gegenwaͤrtige Ordnung gebracht worden: Als haben Wir hierauf diese revidiSchriftwechselert-
und erlaͤuterte Gschau-Ordnung, nachdem Wir vorher daruͤber unsere Gedanken reiflich walten lassen, durchaus ratificiSchriftwechselert
und gutgeheissen, ratificiSchriftwechseleren und heissen sie hiermit gut; zumalen Unser Wille und Meynung ist, daß selbige in allen
Ihren Punkten und Artikeln geflissenlich und genau beobachtet und gehalten werde.
[S. 15]Seitenumbruch
[S. 16]Seitenumbruch

Anmerkungen

    1. Im ehemaligen Kloster am OetenbachOrganisation: wurden nicht nur Aussätzige und Syphiliskranke im BlatternhausOrganisation: aufgenommen, sondern es gab dort auch noch Gebäude für das KornamtOrganisation: , das SchellenwerkOrganisation: und das WaisenhausOrganisation: (Wehrli 1934a, S. 30-33; vgl. dazu das Mandat betreffend Errichtung des Schellenwerks von 1630: SSRQ ZH NF I/1/11 16-1).
    2. In der Gschauordnung von 1757 heisst es noch, dass die obrigkeitlich bewilligten Hintersässen gänzlich abzuweisen seien (StAZH III AAb 1.12, Nr. 2).
    3. Die hier angesprochenen Patienten nannte man auch Hauskinder, da es sich um unheilbare und verkrüppelte Personen handelte, welche unentgeltlich und auf Lebenszeit ins SpitalOrganisation: aufgenommen wurden. Nichtsdestotrotz mussten sie jedes Jahr ein erneutes Aufnahmegesuch vor der GschauOrganisation: stellen (Milt 1951, S. 41-42).
    4. Gemeint ist das RöslibadOrt: , welches beim Krankenhaus an der SpanweidOrganisation: stand (Wehrli 1934a, S. 24-26).
    5. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts liess der Zürcher RatOrganisation: auf dem Spitalareal einen Schandpfahl («Stud») mit Halskragen errichten (Milt 1951, S. 33).