SSRQ ZH NF I/1/11 79-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11:
Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger
Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 79-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Mandat der Stadt Zürich betreffend Hilfeleistungspflicht bei Selbstmördern und verunfallten Personen
1778 Juli 22.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH III AAb 1.14, Nr. 82
- Originaldatierung: 1778 Juli 22 Überlieferung: Einblattdruck
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 42.5 × 35.5
- Sprache: Deutsch
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Edition
- SBPOZH, Bd. 5, Nr. 38, S. 161-163
Nachweis
- Schott-Volm, Repertorium, S. 1033, Nr. 1835
Kommentar
Im 18. Jahrhundert waren in ZürichOrt: viele Menschen der Überzeugung, dass ein Selbstmord durch den Teufel herbeigeführt worden sei. Da ausserdem die Rettung eines Selbstmörders als negativ für die eigene Ehre angesehen wurde, kam es immer wieder zu unterlassenen Hilfeleistungen bei durch Suizid verunglückten Personen. Diese Vorstellungen, die aus obrigkeitlicher Sicht vor allem auf der Landschaft vorherrschend waren, versuchte der Zürcher RatOrganisation: in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu beseitigen. Im Jahre 1766 wurde eine Anleitung gedruckt, in der im ersten Teil detaillierte Anweisungen zur Wiederbelebung von ertrunkenen, erwürgten und erstickten Personen aufgeführt werden. Im zweiten Teil der Anleitung wird darauf hingewiesen, dass Personen, die sich selbst zu töten versuchen, geholfen werden muss. Die Körper von Personen, die sich aus Wahnsinn oder Melancholie getötet haben und nicht weiter als eine Stunde von der Stadt ZürichOrt: entfernt liegen, sollen gemäss der Anleitung zur Sektion ins AnatomiegebäudeOrt: gebracht werden (StAZH III AAb 1.13, Nr. 2).
Trotz der Anleitung kam es weiterhin zu Unterlassungen von Hilfeleistungen bei Selbstmordfällen. Daher beauftragte der Zürcher RatOrganisation: am 29. April 1778 den SanitätsratOrganisation: , einen Bericht zu verfassen, welche Massnahmen ergriffen werden mussten, damit ertrunkene und infolge von Suizid verunfallte Personen künftig gerettet werden könnten. Der Bericht wurde am 13. Juli 1778 in einer Sitzung des SanitätsratsOrganisation: besprochen. Zunächst bestätigte der SanitätsratOrganisation: die Anleitung des Jahres 1766. Damit diese aber künftig wieder in Erinnerung gerufen werde, wurde empfohlen, dass die Anleitung allen Vögten auf der Landschaft zuhanden der Landchirurgen zugestellt sowie von allen Pfarrern ein Mandat von den Kanzeln verlesen werden solle. Ausserdem sollten hilfeleistende Personen eine Entschädigung erhalten, wobei der SanitätsratOrganisation: dies zuvor untersuchen sollte. Zuletzt empfahl der SanitätsratOrganisation: in seinem Bericht, dass die Pfarrer in ihren Predigten, insbesondere wenn das Mandat verlesen würde, die Angehörigen von ihren «unverantwortlichen vorurtheilen und abergläubischen einbildungen» abbringen sollten (StAZH B III 245, S. 185-187).
Der Zürcher RatOrganisation: besprach den Bericht am 22. Juli 1778 und hiess alle Vorschläge gut. Der Antistes Johann Rudolf UlrichPerson: wurde ausserdem aufgefordert, allen Pfarrern schriftlich mitzuteilen, dass sie das Mandat verlesen sowie in ihren Predigten auf die christliche Pflicht der Rettung verunglückter Menschen hinweisen sollten (StAZH B II 982, S. 34-35).
Zu Selbstmord in ZürichOrt: vgl. HLS, Selbstmord; Schär 1985; Wyss 1796, S. 251-254.
Editionstext
Geben Mittwochs den 22. Tag Heumonats, nach Christi Unsers Erloͤsers Gnadenreichen Gebuhrt gezehlet, Eintausend, Siebenhundert, Siebenzig und Acht JahreOriginaldatierung: 22.7.1778.
Canzley der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: .
[fol. v]SeitenumbruchAnmerkungen
- Es handelt sich um die Anleitung betreffend Hilfeleistung bei verunglückten Personen von 1766 (StAZH III AAb 1.13, Nr. 2).↩
Regest