check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/1/3 161-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 161-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Supplikation Christoph Froschauers, Drucker von Zürich, mit Bitte um Verleihung der neu gebauten Papiermühle einschliesslich Voranschlag über Betriebskosten und Produktionsvolumen

1535.

Christoph Froschauer bittet bei Bürgermeister und Rat um Verleihung der neu gebauten Papiermühle. Hinsichtlich des zu entrichtenden Zinses berichtet er von den Verhandlungen, die mit den Abgeordneten des Rates im Haus von Säckelmeister Jakob Werdmüller stattgefunden haben: Während die Abgeordneten auf einem Zins von jährlich 100 Gulden beharrt hätten, habe Froschauer angesichts der hohen Produktionskosten, die mit der Papierherstellung einhergingen, maximal 50 Gulden bieten können. Im vorliegenden Schreiben erhöht Froschauer nun sein Angebot auf 60 Gulden, unter der Bedingung, dass ein zusätzliches Mühlrad angebracht werde. Zum Vergleich verweist er auf Strassburg und Basel, wo die Papierer vergleichbare oder tiefere Zinsen zu entrichten hätten. Froschauer bittet den Rat um raschen Bescheid, da er für seine Buchdruckerei Papier benötige und demnächst zur Frankfurter Messe abreise, wo er sich gegebenenfalls für das nächste halbe Jahr mit Papier eindecken müsse. Der Supplikation sind zwei Aufstellungen über die mit der Papierherstellung verbundenen Kosten beigelegt, einschliesslich Löhne für Personal sowie Materialkosten. Ebenfalls vermerkt ist das voraussichtliche jährliche Produktionsvolumen der Papiermühle.

  • Signatur: StAZH A 77.17, Nr. 3
  • Originaldatierung: 1535 (Datierung aufgrund des Inhalts)
  • Überlieferung: Original (2 Doppelblätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 33.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Christoph Froschauer
  • Regest

Die Datierung des vorliegenden Schreibens ergibt sich aus der Bezeichnung der Papiermühle auf dem WerdOrt: als neu erbaut (die Arbeiten erfolgten zwischen 1532 und 1536). Ein weiterer Hinweis liegt in den Forderungen Christoph FroschauersPerson: hinsichtlich ihrer Erweiterung: Die von ihm gewünschte Anbringung eines weiteren Mühlrads mit zusätzlichen vier Stampflöchern lässt sich in den Säckelamtsrechungen des Jahres 1536 nachweisen (Zürcher et al. 1963, S. 158-159, mit weiteren Hinweisen zur Datierung). In der Folge erhielt FroschauerPerson: vom RatOrganisation: die Papiermühle verliehen. Der erste überlieferte Lehensvertrag stammt aus dem Jahr 1552. Diesem lässt sich entnehmen, dass in diesem Jahr der Zins von 65 auf 80 Gulden angehoben wurde (StAZH C I, Nr. 871). Die Papiermühle wurde bis ins Jahr 1729 an FroschauersPerson: Nachfolger verliehen, nach dem Ausbau zur Papierfabrik an der SihlOrt: erhielt sie bis 1888 den Betrieb aufrecht.

Der aus BayernOrt: stammende Christoph FroschauerPerson: war im Jahr 1519 eingebürgert worden. In der Folge baute er seine Druckerei zu einem bedeutenden Verlagshaus mit vier Pressen und angegliederter Schriftgiesserei und Holzschneidewerkstatt aus. Als Drucker der Bibelübersetzungen Huldrych ZwinglisPerson: trug er ab 1524 wesentlich zur Verbreitung des reformatorischen Gedankenguts bei. Das vorliegende Schreiben gibt einen Einblick in die finanziellen Kalkulationen des frühneuzeitlichen Papier- und Druckgewerbes, das vielfach von hohen Produktionskosten und engen Gewinnmargen geprägt war.

Zur Geschichte der Papiermühle auf dem WerdOrt: vgl. Zürcher et al. 1963; zu Christoph FroschauerPerson: vgl. Leu 2018; Stucki 1996, S. 255-259.

Editionstext


From, fu̍rsichtig, wyß, sonnders gu̍nstig, gnaͤdig unnd lieb
herren, ewer wyßheit sind allzit min unndertaͤnig dienst,
mit hoͤchstem fliß, willig, bereit, zuͦvor.
Ongezwyfelt
dieselb e wewer wyßheit sye guͦts wyssens, wie ich vor derselbigen
e wewer wyßheit uff sannct JohannsPerson: abendDatum: 23. Juni neͣchst verschinen
erschinen, mit unndertaͤnigem ankeren begert, mir
derselbigen e wewer wyßheit nu̍w gebuwne bappir mu̍li
umb zimlichen zinß ald koff pfennig gnaͤdig zuͦ kommen
zlassen, domaln ich von e wewer wyßheit anntwurts wyse abgferttigt, vermelte ir bappir mu̍li zeverkoffen nit feil,
sonnder nit witer dann zeverlichen willens sye, des
ich dann wol zfriden, wellichem nach
vermelt e wewer wyßheit ire verordnot rats botten mit mir zelichen
versuͦchen abgeferttigt.
Unnd als ich in her seckelmeister
Werdmu̍llersPerson: hus zuͦ vermelten e wewer wyßheit verordnotten kommen,
sy mit mir unnd ich mit inen vermelter bappir mu̍li halb
red gehalten, da ich der mu̍li vj jarZeitspanne: 6 Jahre zelechen begert,
och mit pitt sy fru̍ntlich an kert, mich mit zimlichem
zinse bedenncken unnd pliben zlassen, in ansaͤchung, ein
mercklicher cost mit vermeltem gwerb uffgannge, unnd aber
nit darnach ertragen, als man dann meinen sye.
Uff welhs vermelte verordnoten an mich begert, uß zlassen,
was doch zimlichs unnd min anmuͦt zegeben sy,
ich inn uff einMenge: 1 bu̍tten xxxWährung: 30 Gulden unnd uff zwoMenge: 2 xxxx Währung: 40 Gulden
gebotten, sovil man zBaselOrt: unnd anndern ortten [S. 2]Seitenumbruch
och nit mer gebe. Das sy zewenig sin beduncken unnd
butten mir vermelte muli jaͤrlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr umb jcWährung: 100 Gulden , behielten
dann e wewer wyßheit den blatz da niden unnderm thurn
zevor. Darab ich ein beduren oder verwonndern
gnommen ab soͤlhem hochen zinß, mit der ursach, ich
nit wyssens oder zwyfels trag an hopt guͦt mer unnd
hoͤchers verbuwen, so es an zinß laͤge, ertragen moͤcht,
sonnder, wie obgmelt, diser gwaͤrb es nit ertragen,
u̍ber den on costen daruff gannge, wie wol es ein
hu̍psch gwaͤrb, einer statt wol an staͤnnd, nutzlich
unnd sinerzit etwas ertragenHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichena nit schad sin moͤge. Dann
uss ungeschaffnen, on nu̍tzen dingen nu̍tzlich unnd
hu̍psch ding machen, als diser gwaͤrb sinerzit
mit pringt, wil dannocht nach lanngem achtlich
werden, wie wol das verbuwenn hoptguͦt glich in
kurtzem nit widerumb zeobern, doch mittlerzit unnd
dannocht gnannt gwaͤrbHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichenb plibend.
Ab welhem vermelten
verordnoten nit vernuͤgig sin, jo meinen wolten, die jcWährung: 100 Gulden
ich zegeben erliden solt, da ich uff das ju̍ngst mich
l Währung: 50 Gulden jaͤrlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr von ijMenge: 2 bu̍tten zegeben glassen. Das
gnanten verordnoten an e wewer wyßheit zepringen gnommen und
als ich kan achten, dem anpringen nach ab soͤlhem minem
gebott den l Währung: 50 Gulden von ijMenge: 2 bu̍tten groß missfallens
ghept, villicht achtende, vermelt e wewer wyßheit ze großen [S. 3]Seitenumbruch
costen bracht, so sy nit merern zinß ertraͤgend gewist, soͤlhen
swaͤren oncosten nit anglegt.
Da ich nit ab vermelt e wewer wyßheit
mermals die mu̍li zebuwen ankert, hab ich doch besten
unnd getru̍wen meinung thuͦn, der achtung gmeiner statt
nutzlich sin, wie wol ich nie befragt vormals, was zinß
sy tragen, oder das e wewer wyßheit so kostlichen buwen wellen
bericht. Dann wo ich je bericht werden unnd darumb
ervordert, e wewer wyßheit soͤlhem hochen zinß unnd mercklichen
costen mit buwen haben wollten, ald das man mir zlichen
willens gwaͤsen, wellt ich warlich e wewer wyßheit mit allen
tru̍wen, als uss schuldiger pflichtHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichenc, anzeigt haben, disen zinß
zgeben nit ertragenlichen sin moͤgen, kan aber
e wewer wyßheit wol selbs dahin unnd wyser achten d ermessen
unnd all ding derglichen an anndern ortten bru̍chig
erfaren moͤgen.
Deshalb an e wewer wyßheit min
unndertenig unnd ernnstlich pitt ist, ob ich deshalb
gegen e wewer wyßheit versagt, unglimpffot unnd einichen
missfal komen waͤre, wo das beschaͤchen, mir leid
unnd e nit wyssend sy, welle mirs gnaͤdig
verzichen, mich och ungetru̍wen meinung bschaͤchen, das
ich uff die mu̍li widerzebuwen trungen, gegen
e wewer wyßheit verunglimpffen zlassen, dann ich doch
vormals nie bedacht, disen hanndel zebewaͤrben noch
och von e wewer wyßheit mir nie nu̍tz zuͦ gsagt, deshalb
e wewer wyßheit f wol er messen, uff mich nu̍tzit [S. 4]Seitenumbruch
gebuwen noch ghoft zelichen.
So aber e wewer wyßheit mir noch
mals lichen allen zu̍g darzuͦ ghoͤrig unnd noch
ein rad mit iiijMenge: 4 loͤch machen, das es vollkomenlich
zuͦ ijMenge: 2 bu̍tten mag stampffen, wil ich e wewer wyßheit lx Währung: 60 Gulden
jarlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr g–oder wie obengmelt die 50Menge: 50Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen–g davon geben. So ist es zuͦ StraßStrassburgOrt: och bru̍chig,
wie wol derselb etlich win garten, acher unnd wyssen hat,
sampt das ich schiff unnd gschirr, das ist den gwaͤrb
in eren behalten. Das sich wol zuͦ tragen, ich eins
jars
Zeitspanne: 1 Jahr
mer dann jcWährung: 100 Gulden liden muͤst. Es gipt och
Tu̍tscher NationOrt: kein bappir mu̍li mer dann die zuͦ
StraßburgOrt: . Damit e wewer wyßheit saͤchen, mer tuͤn ich
well dann wol ertragenlichen, dwil doch die mu̍li,
so vil in ru̍stung, man sy bruchen moͤcht und suͤst
kein bappier verhannden ist, darnach stelle, dann
ich och bappir haben muͦss, je ee man das gschirr
fu̍rohin bruchti, je besser es waͤri.
Mit beger, gnaͤdigen
unnd fu̍rderlichen anntwurt harinn sich bewysen wellen
nach minen vertruwen, dann gen FrannckfurtOrt:
ich alltag waͤgferttig mich wider uff ɉ jarZeitspanne: 6 Monate mit
bappir versaͤhen grichten konne, beger ich unndertaͤniger
diennstbarkeit willig zuͦverdienen.
Actum etcAbkürzung
e wewer wyßheit uunderthänig, Cristoff FroschowerPerson: .
[S. 5]Seitenumbruch
[Marginalie oberhalb der Zeile von anderer Hand:]
Bapir muͤlli


Dis nachfolgenden costen unnd personen
muͦss diser gwaͤrb haben, etcAbkürzung

2Menge: 2 Item meister unnd frow
1Menge: 1 Meister knaͤcht, j jarZeitspanne: 1 Jahr 34 Währung: 34 Gulden
1Menge: 1 Mu̍libreiter, j jarZeitspanne: 1 Jahr 25 Währung: 25 Gulden
1Menge: 1 Gletter inn der werckstuben 20 Währung: 20 Gulden
2Menge: 2 Bu̍ttenknecht 40 Währung: 40 Gulden
2Menge: 2 Gutscher 36 Währung: 36 Gulden
2Menge: 2 Leger 24 Währung: 24 Gulden
2Menge: 2 Lerbuͦben 6 Währung: 6 Gulden
1Menge: 1 Jungkfrowen 5 Währung: 5 Gulden
2Menge: 2 Lumppenzererin, alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag 2 batzenWährung: 2 Batzen

Dise personen alle sampt der hushab
moͤgen nit wol mit 800 libAbkürzungWährung: 800 Pfund ghalten
werden, one meister unnd frowen, och
kind.
[S. 6]Seitenumbruch


So ist diss der werckzu̍g, so man
zuͦ soͤlhem haben muͦss

600 item zenttnerGewicht: 600 Zentner lumppen j zennttnerGewicht: 1 Zentner 12 batzenWährung: 12 Batzen
60 zennttnerGewicht: 60 Zentner lim 1 zennttnerGewicht: 1 Zentner 3 libAbkürzungWährung: 3 Pfund 7 ßWährung: 7 Schillinge
2 postMenge: 2 filtz fu̍r 24 Währung: 24 Gulden
4 parMenge: 4 formen 12 Währung: 12 Gulden
3000 clafter Längenmass: 3000 Klafter schnuͤr 3 Währung: 3 Gulden
16 clafterLängenmass: 16 Klafter holtz zuͦ lim sieden, jedes 12 batzenWährung: 12 Batzen
Item fu̍r schiben unnd nagel 2 Währung: 2 Gulden
Item mu̍li zins l Währung: 50 Gulden oder lx Währung: 60 Gulden
Item die mu̍li innen eren zbhalten 1

Die suma des bappirs ist
ein jarZeitspanne: 1 Jahr 300 ballenUngefähres Mass/Gewicht: 300 Ballen , jede
9 libAbkürzungWährung: 9 Pfund , unnd ist der fuͦrlon
och daruff grechnot.
[S. 7]Seitenumbruch [S. 8]Seitenumbruch
[Anschrift auf der Rückseite:]
Den fromen, fu̍rsichtigen, wysen
burgermeister unnd rat der statt
Zu̍richOrt:
Organisation:
, minen sonnders gu̍nstigen
gnaͤdigen und lieben herrn.
[Vermerk auf der Rückseite von anderer Hand:]
Ein suplicatz, so Cristoffel FroschowerPerson: , der buͦchtrugker,
der papyrmüli halb inleyt
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:]
Papir muͤlli

Anmerkungen

  1. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  2. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  3. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  4. Streichung: selbs.
  5. Streichung: war.
  6. Streichung: wyßheit.
  7. Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen.
  1. Der entsprechende Wert wurde nicht ausgefüllt.