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SSRQ ZH NF I/2/1 104-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 104-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Versteigerung der Werdmühle in Winterthur auf Antrag des Amtmanns des Klosters Töss

1475 Mai 8.

Schultheiss und Rat von Winterthur beurkunden auf Antrag des Amtmanns des Klosters Töss Konrad Schmid, dass bei der von ihm im Namen der Priorin und des Konvents veranlassten Versteigerung der Werdmühle Aberli Bosshart das höchste Gebot abgegeben habe und die Versteigerung verfahrensgemäss durchgeführt worden sei. Sie bestätigen das Verfügungsrecht des Konvents über die Mühle. Der Grundzins und das Mühlenrecht bleiben von der Versteigerung unberührt. Der Schultheiss siegelt.

  • Signatur: StAZH C II 13, Nr. 591
  • Originaldatierung: 1475 Mai 8
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 35.0 × 23.0 (Plica: 5.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Schultheiss Josua HettlingerPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Georg Bappus

Öffentliche Versteigerungen fanden regelmässig statt, doch sind ihre Beurkundungen, die sogenannten Gantbriefe, selten überliefert. Erhalten sind in der Regel Entwürfe der städtischen Kanzlei oder Ausfertigungen im Besitz von Institutionen, deren Archive noch vorhanden sind. Anhand der wenigen Dokumente lässt sich die Entwicklung des Gantverfahrens in WinterthurOrt: nicht lückenlos nachvollziehen. Der Ablauf der Versteigerung, der in der vorliegenden Urkunde beschrieben wird, entspricht der Satzung über das Betreibungsverfahren aus dem Jahr 1531. Demnach wurde dem Gläubiger nach dreimaliger Ladung des Schuldners und nach Ablauf einer Frist von sechs Wochen und drei Tagen per Urteil das Verfügungsrecht über das versteigerte Objekt zuerkannt. War der Erlös höher als die Schuldforderung, erhielt der Schuldner die Differenz erstattet, war der Erlös geringer, standen dem Gläubiger weitere Pfänder zu (SSRQ ZH NF I/2/1 261-1). Die Veräusserung des Objekts vor Gericht erfolgte in einem weiteren Schritt, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 22-1. Eine Urkunde des Schultheissen und Rats von WinterthurOrt: Organisation: aus dem Jahr 1418 dokumentiert, wie der Meistbietende auf Antrag in den Besitz des versteigerten Objekts gesetzt wurde (STAW URK 537).

Die Werdmühle in WinterthurOrt: war ein Erblehen des Klosters TössOrt: Organisation: , vgl. beispielsweise StAZH C II 13, Nr. 149; Edition: UBZH, Bd. 6, Nr. 2394; StAZH C II 13, Nr. 249; Regest: URStAZH, Bd. 1, Nr. 586. 1458 betrug der jährliche Zins 18 Mütt Kernen und 1 Pfund Haller (StAZH C II 13, Nr. 523; Regest: URStAZH, Bd. 7, Nr. 10296). Vermutlich veranlasste das Kloster die Versteigerung der Mühle wegen ausstehender Zinszahlungen. Über den weiteren Verlauf des Gantverfahrens ist nichts bekannt. Im Februar 1476 verkaufte das Kloster die Mühle für 300 Pfund Haller an den WinterthurerOrt: Bürger Hans SirnacherPerson: (StAZH C II 13, Nr. 592). Zu den Mühlen in WinterthurOrt: vgl. Ganz 1960, S. 340-342.

Editionstext


Wir, der schultheis und der rǎtt zuͦ WinterthurOrt: Organisation: , tuͦnd kundt allermengklichem mit disem brieve, das fu̍r uns
kǒmen ist der wolbescheiden Conrat SchmidPerson: , amman zuͦ ToͤssOrt: , offembart vor uns, als er dann innamen und von
wegen der erwirdigen geistlichen frǒwen, priorin und convent des gotzhus ze ToͤssOrt: Organisation: , uff unnser gannt zuͦ WinterthurOrt: gericht hab die Werdmu̍liOrt: mitt aller zuͦgehoͤrdt, also hab im nǔn Aberlin BoßharttPerson: daruff gebotten uff offner
ganntt zwoͤlff mu̍tt kernens Winterthur meßVolumenmass: 12 Winterthurer Mütt Dinkel. Sige auch damit der groͤst an dem gebott gewesen und die gannt damit volganngen. Und bat im an einer urteil ze erfaren, wie die fu̍rbas zuͦ den genannten sinen gnedigen frǒwen hannden
kaͤme, daran si habend weren.
Da haben wir uns erkenntt, wenn unnser statknecht, der den ruͤff gethǒn habe,
darumb sag by sinem eid, das die vorgenannt mu̍lin also uff unnser gannt kǒmen, nǎch ganntrecht geruͤffet
worden und das der genanntt Aberli BoßharttPerson: der groͤst an dem gebott gewesen sig, das si dann billich daby
bliben soͤllen. Und nǎch soͤllicher unnser erkanntnuͤß da saͤitt auch vor uns Hanns UlmerPerson: , unnser statt geschworner knecht, by sinem eid, das er die vorgenannte Werdmu̍liOrt: geruͤfft hab drey tagZeitspanne: 3 Tage uff offner ganntt
nǎch ganndt rechtt, dem gruntzinß und mu̍lrechten ǒn schaden, und das der obgemelt Aberli BoßharttPerson: dem vorberuͤrten Cuͤnraten SchmidPerson: als von wegen der genanten frǒwen, priorin und convent ze ToͤssOrt: Organisation: , daruff gebotten
hab zwoͤlff mu̍tt kernens obberuͤrtes meßVolumenmass: 12 Mütt Dinkel. Sige auch damit der groͤst an dem gebott gewesen und die
ganndt damit vollganngen.
Daruff wir uns nun fu̍rrer erkennt hannd, dem selben Cuͤnraten SchmidPerson:
nǎch siner bitt innamen der dickgenannten frǒwen des brief und urku̍ndt ze geben, und das in auch also
die obgenannt WerdmuliOrt: mit aller zuͦgehoͤrdt bliben und si und ir nǎchkǒmen damit tuͦn soͤllen und muͤgenn,
was si woͤllen als mit annderem irem guͦtt, dem gruntzinß und mu̍lrechten ǒne schaden, ǒne geverde.
Und
des zuͦ urku̍ndtt hab ich, Josuwe HettlingerPerson: , schultheis, min insigel, so ich bruch von gerichtz wegen, nǎch
erkanntnu̍ß eins rǎtzOrganisation: offenlich gehennckt an disen brief, der geben ist an mentag nǎch unnserm lieben
herren uffarttag, nǎch siner heiligen gepurt gezalt vierzehenhundert sibentzig und im fu̍nfften jare
Originaldatierung: 8.5.1475
.1
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 15. Jh.:]
Frǒwen zuͦ ToͤssOrt: Organisation:
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Gant brief
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Disser brief sietAuffällige Schreibung von der mu̍lli,
wie siHinzufügung oberhalb der Zeilea gantet ist.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  1. Die Versteigerung ist im Ratsbuch vermerkt (STAW B 2/3, S. 268).