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SSRQ ZH NF I/2/1 221-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 221-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Pfrundvertrag zwischen dem Spital in Winterthur und Heini Lienhard

1520 April 23.

Die beiden Pfleger des Spitals der Stadt Winterthur, Hans Gisler und Gebhard Hegner, sowie der Spitalmeister Ruedi Rössli haben Heini Lienhard genannt Mongwiler von Eidberg mit Einverständnis des Schultheissen und Rats eine Pfrund am Tisch des Spitalmeisters für 300 Pfund verkauft. Somit erhält Heini Lienhard auf Lebenszeit Unterkunft und Verpflegung im Spital zu genannten Konditionen und jährlich einen Zins von 3 Pfund Haller als Leibrente. Dafür soll Heini Lienhard jährlich im Herbst im Umkreis von einer Meile Schulden eintreiben und anderes erledigen. Nach seinem Tod soll sein Erbe wie bei anderen Pfründnern an das Spital fallen. Werden seitens des Spitals nicht alle Zusagen erfüllt, dürfen Heini Lienhard und seine Nachkommen mit geistlichen oder weltlichen Gerichten gegen das Spital vorgehen und dessen Einkünfte pfänden, bis die Ansprüche erfüllt sind. Heini Lienhard soll stets den Nutzen des Spitals fördern und Schaden von ihm abwenden. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel des Spitals.

  • Signatur: STAW B 3e/54, fol. 60r-v
  • Originaldatierung: 1520 April 23
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 30.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Johannes Nussbaumer

In den Spitälern waren Arme und Kranke untergebracht, die sich nicht mehr selbst versorgen konnten. So wurden in WinterthurOrt: bedürftige Kranke in das Untere SpitalOrganisation: aufgenommen, nachdem sie ein Eintrittsgeld von 1 Pfund erbettelt hatten (SSRQ ZH NF I/2/1 124-1). In diesen Einrichtungen lebten aber auch Personen, die gegen Zahlung eines Geldbetrags lebenslang Unterkunft und Verpflegung erhielten. Je nach Vermögen konnte man eine besser ausgestattete Pfrund erwerben, die einen Platz am Tisch des Spitalmeisters samt täglicher Fleischration garantierte, oder eine einfache Pfrund in der sogenannten Knechtstube, bei welcher der Fleischkonsum auf drei Tage in der Woche beschränkt war (z. B. SSRQ ZH NF I/2/1 229-1), vgl. hierzu Hauser 1912, S. 122-137.

Aus einer Aufstellung am Anfang des Bands, der die Abschrift des vorliegenden Pfrundvertrags enthält, geht hervor, was ein Pfründner an Mobiliar und Hausrat mitzubringen hatte: «eyn pettety betstatt mytt aller zuͦgehoͤrd, wie er daran lygen wyl, summer und wynther, eygne faß zuͦ sym pfruͦnd wyn, ein kessy, ein pfannen, ein erynen hafen, ein canten und anders, des er sych zur besserung synes mals gebruchen wyl». Hausrat und Kleidung sollten nach dem Tod des Pfründners in den Besitz des SpitalsOrganisation: übergehen. Der Pfründner hatte seinerseits Anrecht auf eine beheizte Unterkunft, Licht sowie Betreuung (STAW B 3e/54, Vorsatzblatt). Einem Eintrag aus dem Jahr 1569 ist zu entnehmen, dass man für eine Herrenpfrund zusätzlich einen «sylbarnen baͤcher, vij lott schwaͤr,» beisteuern musste, der bei dem Spitalmeister gegen einfaches Trinkgeschirr eingetauscht wurde (STAW B 3e/54, fol. 1r).

Individuelle Pfrundverträge regelten die beiderseitigen Rechte und Pflichten, etwa bezüglich der Speisen und Weinration, die der Pfründner erwarten konnte, der Dienste, die er zu erbringen hatte, oder des Anspruchs des SpitalsOrganisation: auf seinen Nachlass. Nicht immer behielt sich das SpitalOrganisation: neben dem eingebrachten Hausrat das gesamte hinterlassene Vermögen vor, so dass die Erben gegen eine Abfindung ihre Erbschaft antreten konnten, vgl. beispielsweise STAW URK 1703. Darüber hinaus mussten gemäss der Eidformel aus dem Jahr 1473 alle, die in das Spital eintraten, schwören, den Nutzen des Spitals zu fördern, Schaden abzuwenden und dem Pfleger oder dem Schultheissen besondere Vorkommnisse zu melden (STAW B 2/3, S. 193).

Verdopplungsstriche, die der Spitalschreiber Johannes NussbaumerPerson: über Nasale am Wortanfang gesetzt hat, wurden zur besseren Lesbarkeit des Textes ignoriert.

Editionstext


Heini Lienhart


Item wir, nachgemmelten Hans GyslerPerson: und Gebhart HegnerPerson: , beid pflaͤger,
und Ruͤody RoͤßlyPerson: , spyttal meister des spyttals zuͦ WinterthurOrt: Organisation: , bekennend
offenlich mit disem brieffe, das wir von dem erberen Heini
Lienhart Mongwiler
Person:
von EidbergOrt: tru̍hundert pfund guͦter Zu̍richer
mu̍ntz
Währung: 300 Zürcher Pfund
zuͦ des gemelten spyttalsOrganisation: handen, nu̍tz und gewalt bar
ingenommen und darum mit gunst und wu̍ssen der frummen,
ersamen und wysen schulthaß und raute zuͦ WinterthurOrt: Organisation: , unser lieb
herren, dem gemelten Heini Lienhart MongwilerPerson: ein muͦsiggende
pfruͦnd in dem bedaͧchten spyttalOrganisation: an des spyttals meisters tisch
zekouffen geben habend also mit dem geding, das wir und al unser
nachkommen, pflaͤger und meister, den gemelten Heini LienhartenPerson: , diewil
er in leben ist, in dem gemelten spyttalOrganisation: mit herberg, kalt und warm,
fu̍r und liecht nottu̍rfftig versechen und darzuͦ essen und trincken an
des spyttal meisters tisch glich wie im und anderen pfruͤnderen an dem
selben tisch taͤgglichsWiederholte Zeitspanne: 1 Tag gesottes und bratens, ungefarlich. Des gelichen,
so man nit fleisch ysset und man ouch nit fisch haut, gebaches ungevarlich
geben und in da mit an dem selben tisch, er sye gsund oder siech,
mit essen unndKorrektur auf Zeilenhöhe, Streichung durch Textlöschung/Rasura trincken zuͦ siner notturfft versechen und gentzlich
halten mit allem dem, wie dan die anderen pfruͤnder an dem selben
tisch gehalten werdent. Oͧch sol der offt gelmeltKorrigiert: gemeltb spyttalOrganisation: dem Heini LiehartPerson:
alle jarWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr tru̍ pfund hallerWährung: 3 Pfund lyptingzinß geben, bringt al frofastenWiederholte Zeitspanne: 3 Monate xv Währung: 15 Schillinge . Item me
haut ouch egedachter HeiniPerson: sunderlich antinget, wenn er nit fleisch oder
gebrattens essen moͤchty, so sol man im ettwas mit eyer oder mit
milch machen.
Dargegen ist egemelter HeiniPerson: schuldig, alweg zuͦ
herbst zyttZeitspanne: Herbst einhalb milLängenmass: 0.5 Meile wegs in cirkels wyß umb die statt lauͧsen bruchen,
geltschulden anforderen, inzu̍chen und hoͤuschen und ouch andery ding
usrichten nach sinem vermu̍gen. Ouch sol der spyttalOrganisation: sin erb sin, also in der
gestalt, was er in dem spyttalOrganisation: nach sinem tod verlaut, abermaͧlß wie ander
pfruͤnder, und sol ouch dem spyttalOrganisation: mit geferden nichtzit entfloͤchnen.

Hierinnen ist ouch eigenlich abgeret worden, wo wir an solichem zuͦsagen
su̍mig werind und im sollicher pfruͦnd einicherley abbrucht taͤttind,
das doch nit sin soͤlle, alß dan mochte er unß und u̍nser nachkommen
an des spyttalsOrganisation: statt darum mit gerichten, geischlichenAuffällige Schreibung oder
weltlichen, fu̍rnemmen, beku̍mmern, dar zuͦ den spyttalOrganisation: an allen sinen
zinsen, gu̍lten, zaͤchenden, ligenden und farenden guͤotteren, wo er die
ankommen mag, in verrechtvertiger underpfands wyse an grifen,
noͤten, pfenden, verganten, verkouffen, so lang und fil bitz im ein
volkummen benuͤogen der genanten pfruͦnd halb in gemelter wyse on
abgang beschechen ist gen on sinen costen und schaden. Dargegen sol [fol. 60v]Seitenumbruch
HeiniPerson: des spyttalsOrganisation: nutz zuͦ allen zytten fu̍rderen und schaden wenden
nach sinem besten vermugen, on geverde.
Und des alles zuͦ warer urkund
so habend wir, obgemelten pflaͤger und ouch meister, des spyttalsOrganisation: secret
und insigel getruck uff disen brieff, dem zuͦsagen ze globen und nach
ze gon, wie obstaͧt, fu̍r und al unser erben und nachkommen.
Geben uff
JeoryPerson: xvc xx
Originaldatierung: 23.4.1520
.

Anmerkungen

  1. Korrektur auf Zeilenhöhe, Streichung durch Textlöschung/Rasur.
  2. Korrigiert: gemelt.