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SSRQ ZH NF I/2/1 290-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 290-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Bestätigung der Rechte und Rechtsgewohnheiten der Stadt Winterthur durch Kaiser Karl V.

1544 Mai 15. Speyer

Karl V. bestätigt auf Bitten der Gesandtschaft des Schultheissen, des Rats und der Gemeinde der Stadt Winterthur die Rechte und Rechtsgewohnheiten der Stadt, insbesondere diejenigen, welche in seiner vormaligen Privilegienbestätigung nicht berücksichtigt worden waren, wie sie dargelegt haben. Die Stadt Winterthur wurde an Bürgermeister, Rat und Gemeinde von Zürich unter dem Vorbehalt verpfändet, dass sich die Winterthurer auslösen dürften (1) und dass die Zürcher sie, ihre Stadt und ihr Dorf Hettlingen bei allen ihren bisherigen Rechten und Rechtsgewohnheiten, namentlich der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, den Wildbännen und den Weiderechten, sowie bei ihren Besitzungen, dem Wald Eschenberg und den Tössauen, die ihren Vorfahren von Graf Rudolf von Habsburg und Kaiser Sigmund zugestanden worden waren, sowie bei ihren Privilegien belassen und schützen sollten (2). Etwaige Konflikte zwischen den Winterthurern und den Zürchern als ihren Pfandherren sollen vor den Städten Konstanz, Überlingen und Schaffhausen ausgetragen werden (3). Die Appellation gegen Urteile des Schultheissen und Rats von Winterthur ist gemäss den von Graf Rudolf von Habsburg verliehenen Rechten und der üblichen Praxis nur vor dem Grossen Rat von Winterthur zulässig. Die Winterthurer dürfen nicht an der Ausübung der hohen und niederen Gerichtsbarkeit in ihrem Dorf Hettlingen und der Nutzung des Bachs Eulach von der Quelle bei Waltenstein bis ins Stadtgebiet beeinträchtigt werden (4). Er fordert alle Untertanen des Reichs auf, die Winterthurer nicht an ihren Rechten und Rechtsgewohnheiten zu beeinträchtigen, und droht Zuwiderhandelnden seine Ungnade und eine Busse von 20 Mark Gold an, jeweils zur Hälfte an die Reichskammer und an die Stadt Winterthur zu zahlen. Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: STAW URK 2372
  • Originaldatierung: 1544 Mai 15
  • Überlieferung: Original
  • Erhaltungszustand: Entwertungsschnitte
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 71.0 × 34.0 (Plica: 11.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Kaiser Karl V.Person: , Wachs in Schüssel, rund, angehängt an einer Kordel, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch

  • Signatur: STAW B 1/32, S. 31-36
  • Originaldatierung: 1667
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 35.0
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: winbib Ms. Fol. 27, S. 93-97
  • Originaldatierung: Mitte 18. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 35.5
  • Sprache: Deutsch

Die WinterthurerOrganisation: erwarben das vorliegende Privileg ohne Wissen der ZürcherOrt: Obrigkeit. Als die ZürcherOrganisation: fünf Jahre später davon Kenntnis erhielten, beanstandeten sie die von Karl V.Person: konzedierten Rechte und verlangten eine Verzichtserklärung (SSRQ ZH NF I/2/1 298-1). Der WinterthurerOrt: Ratsherr Ulrich MeyerPerson: schildert in seinen Aufzeichnungen die Verhandlungen mit den ZürchernOrganisation: . Sie reklamierten das Jagdrecht im Wald EschenbergOrt: für sich, bestritten das Pfandlösungsrecht der WinterthurerOrganisation: und erklärten sich in ihren Herrschaftsrechten beeinträchtgt, wenn sie Konflikte mit den WinterthurernOrganisation: vor anderen Städten austragen sollten und keine Urteile des WinterthurerOrt: Gerichts mehr überprüfen durften (winbib Ms. Quart 102, fol. 34v-43r; Edition: Geilfus 1870, S. 5-12). Mit dem Vorwurf des Eidbruchs konfrontiert, mussten die WinterthurerOrganisation: das Privileg Karls V.Person: aushändigen. Die Urkunde wurde durch Kassationsschnitte ausser Kraft gesetzt und blieb im Besitz ZürichsOrt: , bis sie auf Initiative des Staatsarchivars Gerold Meyer von KnonauPerson: im Jahr 1856 der Stadt WinterthurOrt: zurückgegeben wurde (Häberle 1982, S. 79).

Editionstext


Wir, KarlPerson: der funfft, von gots gnaden RomischerOrt: kaiser, zu allentzeitten merer des reichsOrganisation: , kunig in GermanienOrt: , zu CastillienOrt: , ArragonOrt: , LeonOrt: , baider SicillienOrt: , JherusalemOrt: , HungernOrt: ,
DalmatienOrt: , CroatienOrt: , NavarraOrt: , GranatenOrt: , ToletenOrt: , ValentzOrt: , GallicienOrt: , MaioricaOrt: HispalisOrt: , SardinienOrt: , CordubaOrt: , CorsicaOrt: , MurcienOrt: , GiennisOrt: , AlgarbienOrt: , AlgetziernOrt: , GibraltarOrt: , der CanarischenOrt: und Indianischen InsulenOrt: und der
Terre firmeSprachwechsel: Latein des Oceanischen MersOrt: etcAbkürzung, ertzhertzog zu OsterreichOrt: , hertzog zu BurgundiOrt: , zu LottrigkhOrt: , zu BrabandtOrt: , zu SteyrOrt: , zu KerndtenOrt: , zu CrainOrt: , zu LimpurgOrt: , zu LutzenburgOrt: , zu GeldernOrt: , zu CalabrienOrt: , zu AthenOrt: , zu NeopatrienOrt: und WirtenbergOrt: etcAbkürzung, grave zu HabspurgOrt: , zu FlandernOrt: , zu TyrolOrt: , zu GortzOrt: , zu BarcinonOrt: , zu ArthoisOrt: , zu BurgundiOrt: , pfaltzgrave zu HenigawOrt: , zu HollandtOrt: , zu SeelandtOrt: , zu PfiertOrt: , zu KiburgOrt: , zu NamurOrt: , zu RossilionOrt: , zu CeritaniaOrt: und zu ZutphenOrt: , landtgrave zu ElsaßOrt: , marggrave zu BurgawOrt: , zu OristaniOrt: , zu GocianiOrt: und des heiligen RomischenOrt: reichsOrganisation: , furst zu SchwabenOrt: , CathaloniaOrt: , AsturiaOrt: etcAbkürzung, herr zu FrieslandtOrt: , auf der Windischen MarckhOrt: , zu PortenawOrt: , zu BiscayaOrt: , zu MolinOrt: , zu SalinsOrt: ,
zu TripoliOrt: und zu MechelnOrt: etcAbkürzung, bekennen offentlich mit disem brieve und thuen kundt aller menigclich, das uns unsere und des reichsOrganisation: lieben getrewen, NAbkürzung, schulthaiß, rathOrganisation: und gemaind der stat WintterthurnOrt: Organisation: , durch ir erbare botsahafftAuffällige Schreibung haben furpringen lassen, wiewol inen und gemainer stat WintterthurnOrt: alle und yegcliche ire freyhaiten, privilegien, gnad, recht, guet gewonhaiten und handtvessten, die sy von weylendt unnsern vorfarn, RomischenOrt: kaisern, konigen und ertzhertzogen zu OsterreichOrganisation: , auch andern fursten und herschafften redlich erworben und herpracht haben und hievor von uns als RomischenOrt: kaiser gnedigclich confirmiert und bestett, so weren doch
dise hernach geschriben artickel in solcher confirmation nit begriffen.
Als nemblichen, dieweil die stat WintterthurnOrt: unsern und des reichsOrganisation: lieben getrewen, burgermaister und rath der stat ZurchOrt: Organisation: , umb zehen tausent guldinWährung: 10000 Gulden
versetzt sein mit dem beding und undterschied, das sy sich und dieselben stat zu irer gelegenhait umb obgemelte summa widerumb lösen mochten und
die von ZurchOrt: als pfandtherrn sy und ire stat und derselben stat WintterthurnOrt:
dorff zu HettlingenOrt: und alle ire zugehorigen leuthe, welde und guetere bey allen iren hohen und nidern gerichtlichen oberkaiten, wildtpenen, gewaltsam, bot, verpot, stat-, märckt- und marcks rechten, gerechtigkaiten, loblichen hergeprachten gepreuchen, den wald AschenbergOrt: sampt den awen bey der ToeßOrt: mit irem gezirckh, wildpan, wun, waidung, wie der iren vordern mit iren begreiffungen von weilendt graf Rudolffen von HabspurgOrt: Person: 1
und kaiser SigmundenPerson: 2, unsern vorfarn loblicher gedechtnus, zugeaignet were, darzu bey allen andern iren freyhaiten, begnadungen, privilegien, brieven und handtvessten, gueten preuchen und gewonhaiten, so sy und
ire vordern an sy und ir stat gepracht, in aller weis und maß, als sy im anfang irer versatzung von unnserm hawß OsterreichOrganisation: pfanndtlich an die von ZurchOrt: komen, on alle newerung, aufsatzung oder beschwerung, wie die
benent und von iren pfandtherrn auf sy und ire stat aufgelegt oder erdacht wurden, unbeschwert und unbedrengt beleiben lassen, das auch die von ZurchOrt: als ir pfanndtherrn sy, ir stat und dorff HettlnHettlingenOrt: , all ir hab, leuth und
gueter gegen menigclich fur gewalt und alle zimblich beschwerungen beschirmen und schutzen.
Und ob sich begeben, das die von ZurchOrt: als ire pfandtherrn oder sonst yemandts ander mit inen in irrung und mißverstant
komen und wachsen, damit sy derselben umb desto furderlicher zu fridlichem, guetlichen oder rechtlichem austrag komen, das sy derselben speen vor der dreyerMenge: 3 stette aine, als nemblichen CostentzOrt: , UberlingenOrt: und SchafhawsenOrt: , welche von inen, den von WintterthurnOrt: , furgeschlagen, guetlich oder rechtlichen entschaiden, und was daselbst erkannt und gesprochen, dabey bleiben. Und welche undter denselben stetten von inen darumb ersuecht,
das sy das zu thuen annemen.
Desgleichen was von irem schulthaissen und rathOrganisation: mit recht erkennt, das davon nit weitter dann fur irer stat grossen rathOrganisation: , wie sy dann desselben nach vermugen graf Rudolffs von HabspurgOrt: Person: freihait3
und bisher in geprauch gewesen, geappelliert,4 das sy auch an irer hohen und nidergerichtlichen und aller anderer oberkait, so sy an irem aigen dorff zu HettlingenOrt: haben, und an dem brunnen zu WeltenstainOrt: und seinem flueß, die
EudlochAuffällige SchreibungOrt: genant, bis zu und durch irer stat und gepiet von menigclich unverhindert pleiben und ruebigclich gelassen werden sollen.
Und uns darauf diemuetigclich und underthenigclichen angerueffen und gepetten, das wir inen die obberuerte und andere ire und gemainer stat WintterthurnOrt: gnad, freyhaiten, privilegien, begnadigung, recht, gerechtigkait, guet gewonhait, brief und handtvessten sampt obgeschriben artickeln in allen iren inhaltungen und begreiffungen zuvernewen, zu confirmiern, zubestetten und zudeclariern geruechten. Des haben wir angesehen solch ir diemuetig, underthenig bete, auch die getrewen, nutzlichen dienst, so ire vordern weilendt unsern vorfarn, RomischenOrt: kaisern, konigen und ertzhertzogen zu OsterreichOrganisation: und sy uns und dem heiligen reicheOrganisation: bisher gethan und sich hinfuro zuthuen willig erpieten, und darumb mit wolbedachtem muethe, guetem rath und rechter
wissen beruerten burgermaister und rath der stat WintterthurnOrt: Organisation: und iren nachkomen vorgemelte ire gnad, freihait, privilegien, begnadung, recht, gerechtigkait, guet gewonhait, brief und handtvessten sampt obgeschriben
artickeln in allen iren inhalt, mainungen und begreiffungen gnedigclich vernewt, confirmiert, bestett, declariert und erclert, vernewen, confirmiern, declariern, erclern und thuen das alles hiemit von RomischerOrt: kaiserlicher macht volkomenhait, wissentlich in crafft ditz briefs, was wir von rechts und pillichait wegen daran zuvernewen, zu confirmiern, zu declariern und zu erclern haben, sollen und mugen, und mainen, ordnen, setzen und
wellen von obberuerter unser kaiserlichen macht, das nun hinfuro die gemelten gnad, freihaiten, privilegien, begnadigung, recht, gerechtigkait, guet gewonhait, brief unnd handtvessten sampt obbegriffen artickeln mit
allen iren inhalt und begreiffungen crefftig und mechtig sein, steet gehalten und volzogen werden und die gemelten schulthaiß, rathOrganisation: und gemaind der stat WintterthurnOrt: Organisation: und ire nachkomen dabei bleiben, sich dero geruebigclich geprauchen und geniessen sollen und mugen, von allermenigclich unverhindert.
Und gepieten darauf allen und yegclichen churfursten, fursten, geistlichen und weltlichen, prelaten, graven, freyen herrn, rittern, knechten, hauptleuthen, landtvogten, vitzdomben, vogten, pflegern, verwesern, amptleuthen, schulthaissen, burgermaistern, richtern, rethen, burgern, gemainden und sonst allen
andern unsern und des reichsOrganisation: underthanen und getrewen, in was wirden, stats oder wesens die sein, ernstlich mit disem brieve und wellen, das sy die genanten von WintterthurnOrt: bey obbestimpten iren gnaden, freyhaiten, privilegien, begnadungen, recht, gerechtigkait, gueten gewonhaiten, brief und handtvessten und vorberuerten artickeln und allen iren inhaltungen und begreiffungen und diser unser vernewerung, confirmation
und declaration gentzlichen beleiben, des alles geruebigclich geprauchen und geniessen lassen und daran nit hindern, irren oder beschwern noch des yemandts andern zuthuen gestatten, in kein weise, als lieb ainem yegclichen sey, unser und des reichsOrganisation: schwere ungnad und straff und darzu ein peen, nemblich zwaintzig marckh lottigs goldesWährung: 20 Mark Gold, zuvermeiden, die ain yeder, so offt er frevenlich hiewider thete, uns halb in unser und des reichsOrganisation:
camer und den andern halben tail obgenanten von WintterthurnOrt: und iren nachkomen unableslich zubezalen verfallen sein soll.
Mit urkundt ditz briefs, besigelt mit unserm kaiserlichen anhangendem insigel,
geben in unser und des reichsOrganisation: stat SpeyerAusstellungsort: am funffzehenden tag des monats may, nach Christi, unsers lieben herrn, gepurt funffzehenhundert und im vierundvierzigisten, unsers kaiserthumbs im vierunndzwaintzigisten und unserer reiche im neunundzwaintzigisten jarenOriginaldatierung: 15.5.1544.
[Unterschrift:] CarolusPerson:
[Kanzleivermerk unter der Plica:]
VtVidit NavesPerson: 5
[Kanzleivermerk unter der Plica:]
ConfiroConfirmatio et innovatio privilegiorum oppidi WinterthurnOrt: cum insertione et declaratione nonullorum articulorumSprachwechsel: Latein
[Kanzleivermerk auf der rechten Seite der Plica:]
Ad mandatum caesareae et catholicae mtismaiestatis proprium
ObernburgerPerson: 6
[fol. v]Seitenumbruch
[Taxvermerk auf der Rückseite:]
Taxa florflorenorum RhenenRhenensium auri sexdecimWährung: 16 Rheinischer Gulden
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Erdichte unu̍tze frygheyt
dero von WinterthurOrt: ,
1544Datum: 1544
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:]
Ingrossiert

Anmerkungen

    1. Vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 5-1, Artikel 6.
    2. Vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 62-1.
    3. Vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 5-1, Artikel 2.
    4. Zum WinterthurerOrt: Instanzenzug vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 37-1; SSRQ ZH NF I/2/1 205-1; SSRQ ZH NF I/2/1 208-1; SSRQ ZH NF I/2/1 235-1.
    5. Zu Johannes von NavesPerson: vgl. NDB, Bd. 19, S. 1-2, Naves, Johann von.
    6. Johannes ObernburgerPerson: , kaiserlicher Sekretär.