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SSRQ ZH NF I/2/1 76-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 76-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Fleischverordnung der Stadt Winterthur

1446 Juni 11.

Nach einer Viehseuche sind zwei Monate abzuwarten, bevor man Fleisch von Tieren kaufen darf, die auf benachbarten Weiden standen. Man soll weder Vieh, das eine Hirnkrankheit hat, noch Stiere vor dem 24. August schlachten. Schlachtkälber dürfen nicht jünger als drei Wochen sein. Der Verkauf von Vieh mit gebrochenen Beinen soll nicht im Schlachthaus, sondern unter den Toren erfolgen. Mit Finnen befallenes Fleisch und Fleisch von Mutterschweinen soll man nicht auf den Metzgerbänken verkaufen. An Samstagen soll man das geschlachtete Vieh nicht weiter zerteilen als in Viertel und vor Mittag nicht verkaufen. Man soll nur taxiertes Fleisch verkaufen. Was geprüft ist, soll man verkaufen und nicht selbst einsalzen. Fleisch, das nicht verkehrsfähig ist, darf nicht verkauft werden. Man soll Fleisch nicht teurer verkaufen, als der Schätzwert besagt.

  • Signatur: STAW B 2a/1, Teil II, S. 23-24
  • Originaldatierung: 1446 Juni 11 (Der vorige Eintrag datiert auf den 11. Juni 1446 (Samstag vor Fronleichnam).)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 10.0 × 30.0
  • Sprache: Deutsch

Im Rahmen der Marktaufsicht erliess die städtische Obrigkeit Vorschriften zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. Sie definierte Qualitätsstandards, bestrafte Verstösse (SSRQ ZH NF I/2/1 157-1) und zog verdorbene Ware aus dem Verkehr (SSRQ ZH NF I/2/1 263-1), sie setzte Preis und Gewicht für Grundnahrungsmittel fest (für Fleisch: SSRQ ZH NF I/2/1 270-1; für Brot: SSRQ ZH NF I/2/1 259-1) und führte Kontrollen durch (Eid der Fleischschätzer: SSRQ ZH NF I/2/1 186-1; Eid der Brotbeschauer: SSRQ ZH NF I/2/1 185-1; Eid der Kornmesser: SSRQ ZH NF I/2/1 191-1). Mastschweine und für die Zucht bestimmte Schweine («fassell schwynn») wurden vor dem Verkauf durch die «süw schauwer» begutachtet und insbesondere auf «pfynen uff der zungen» hin untersucht (Eidformel des Schweinebeschauers: STAW AA 4/3, fol. 452r; winbib Ms. Fol. 241, fol. 30v).

Die Metzger durften nur gesunde Tiere ins Schlachthaus bringen und unbeanstandetes Fleisch auf den Verkaufsständen, den sogenannten Bänken, anbieten, so dass niemand unwissentlich minderwertiges oder infektiöses Fleisch kaufte. Wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch die «obre metzi» und die «nidre metzi» voneinander unterschieden, wie aus dem WinterthurerOrt: Ämterverzeichnis des Jahres 1405 hervorgeht (STAW B 2/1, fol. 5v), wird später nur mehr ein Schlachthaus erwähnt, in welchem nach der Mittelmesse, die um 6 Uhr morgens begann, die Fleischbeschau erfolgen sollte, wie der RatOrganisation: im Jahr 1480 festlegte (STAW B 2/3, S. 440). Die Metzger zahlten wie die Bäcker und Wirte für die Ausübung ihres Gewerbes einen Zins zuhanden der Stadtherrschaft oder desjenigen, dem die Einkünfte verpfändet waren (SSRQ ZH NF I/2/1 4-1; SSRQ ZH NF I/2/1 13-1; StAZH C I, Nr. 1967 b; STAW URK 2154).

Zum Metzgerhandwerk im Mittelalter allgemein vgl. HLS, Metzgerei; LexMA, Bd. 4, Fleisch, Fleischer, Sp. 541-544; zu den Metzgern in WinterthurOrt: vgl. Rozycki 1946, S. 37-42.

Editionstext


Item dehein fleischß ze kkoffen, da der sterbet
a–ist b–des vehs istHinzufügung oberhalb der Zeile–bKorrigiert: des vehs ist–a, da die weiden zuͦ samen stoßent,
da daz vaͤch zuͦ samen gaut,
c die wil und der gebraͤst waͤret
und zwen manotZeitspanne: 2 Monate dar nach.1

Item si sont dehein sturm oder
hirnwütig vaͤch nit metzgen,
noch dehein pfaren vor sant BartlomBartholomeiPerson:
tag
Datum: 24. August (Kirchenfest als Termin/Frist)
.

Item dehein kalb koffen noch
metzgen, es sye denn dry wochenAlter: 3 Wochen
alt oder elter.

Item si sont oͧch dehein beynnbrüchel
in der metzt nitHinzufügung oberhalb der Zeiled verkoffen denn under
den toren, alz daz von alter her
komen ist.

Item umKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: vone pfinngsUnsichere Lesungf fleischs und losen,
wenn si hant, daz sont g [S. 24]Seitenumbruch
si ußstellen h in den
bach i j–und neben k den banckUnsichere Lesungl mHinzufügung oberhalb der Zeile–j daz vkverkoffen, alz daz von alter
herkomen ist.

Item am samstagZeitspanne: Samstag sont si daz fleisch
nit höwen n–witer denn an lidHinzufügung oberhalb der Zeile–n noch vkverkoffen vor mitem
tag
Nicht nach: 12:00
und dehein fleisch niemer
vkverkoffen, es sie inen denn geschaͤtzt.
Und waz o inen geschaͤtzt wirt,
daz sont si oͧch verkoͧffen, daz si es
selbs nit saltzen sont.

Item waz oͧch inen in der schatzung
p hingetan wurde, daz des markts
nit wirdig ist, daz sont si oͧch
dannenhdannenhin nieman geben ze kkoffen,
waͤder in der metzg noch daheim.

Item si sont och dehein fleisch nit
türer geben, denn es inen geschetzt
wirt.2

Anmerkungen

  1. Korrigiert: des vehs ist.
  2. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  3. Streichung: und.
  4. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  5. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: von.
  6. Unsichere Lesung.
  7. Streichung, unsichere Lesung: si metzgen
    nit uff den metzgen benken, sunnder
    dar naͤ.
  8. Streichung, unsichere Lesung: und sol.
  9. Streichung: und.
  10. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  11. Streichung: d.
  12. Unsichere Lesung.
  13. Streichung: alz.
  14. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  15. Streichung: einem.
  16. Streichung, unsichere Lesung: et.
  1. Schultheiss und Rat von WinterthurOrt: Organisation: trafen auch aktiv Massnahmen zur Eindämmung von Tierseuchen. So verboten sie 1482, «bresthafftige roß mit dem wurm oder sunst ander mercklicher gepresten» an den Brunnen zu tränken, und ordneten Stallpflicht für kranke Pferde an, von denen eine Ansteckungsgefahr ausging (STAW B 2/3, S. 494).
  2. Die Preise wurden in der Metzgerordnung festgelegt (SSRQ ZH NF I/2/1 270-1).