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SSRQ ZH NF I/2/1 90-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 90-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Verpfändung der Stadt Winterthur an die Stadt Zürich durch Herzog Sigmund von Österreich

1467 August 31. Villingen

Herzog Sigmund von Österreich verpfändet die Stadt Winterthur mit allen obrigkeitlichen und herrschaftlichen Rechten, Lehen und allem anderen Zubehör dem Rat und der Gemeinde der Stadt Zürich um 10000 Gulden. Dies geschieht zur Entlastung Winterthurs in Anbetracht der Treue und des Gehorsams, die Schultheiss, Rat und Gemeinde dem Herzog und seinen Vorfahren erwiesen haben, sowie angesichts ihrer Standhaftigkeit in Kriegszeiten, durch die sie in Schulden geraten sind. Von dieser Summe wurden den Winterthurern 8000 Gulden zur Ablösung ihrer Schulden und dem Herzog 2000 Gulden bar bezahlt. Die Zürcher sollen Winterthur mit allen Einkünften und Zubehör innehaben wie der Herzog unter der Bedingung, dass sie den Schultheissen, den Rat und die Gemeinde von Winterthur und alle, die zu ihnen gehören, bei den Rechten, Freiheiten und Gnaden, die sie von römischen Kaisern und Königen und auch von seinen Vorfahren und von ihm selbst erhalten haben, und bei ihrem alten Herkommen belassen und nicht darin bedrängen. Vielmehr sollen sie die Winterthurer gegen alle Widersacher schützen. Der Herzog behält sich und seinen Nachfahren die Auslösung der Pfandschaft um 10000 Gulden, zahlbar nach Konstanz, vor. Die Zürcher haben sich verpflichtet, der Auslösung binnen acht Tagen stattzugeben und die Stadt Winterthur von ihren Gelübden und Eiden zu befreien.

  • Signatur: StAZH C I, Nr. 3153
  • Originaldatierung: 1467 August 31
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 48.0 × 28.5 (Plica: 7.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Herzog Sigmund von ÖsterreichPerson: , Wachs in Schüssel, rund, angehängt an Pergamentstreifen, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch
  • Edition

  • Signatur: StAZH A 155.1, Nr. 30
  • Originaldatierung: 1467 August 31
  • Überlieferung: Abschrift (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.5 × 29.0
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: STAW URK 1157, S. 1-2
  • Originaldatierung: 1467 September 4
  • Überlieferung: Abschrift (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 24.5 × 31.5
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: StAZH B III 65, fol. 332v-333r
  • Originaldatierung: ca. 1545 – 1550 (Die Entstehungszeit ergibt sich aufgrund der Abschriften im Grundtext des Kopialbands, als Johannes Escher vom Luchs Stadtschreiber von Zürich war; mit Nachträgen des 16. und 17. Jahrhunderts.)
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 23.5 × 32.5
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: winbib Ms. Fol. 49, S. 509-511
  • Originaldatierung: 1629
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.0 × 32.5
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: winbib Ms. Fol. 27, S. 77-78
  • Originaldatierung: Mitte 18. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 24.0 × 35.5
  • Sprache: Deutsch

Zu den Hintergründen der Verpfändung WinterthursOrt: an ZürichOrt: durch Herzog Sigmund von ÖsterreichPerson: nach dem Verlust des ThurgausOrt: im Jahr 1460 vgl. Niederhäuser 2014, S. 113-121; Stercken 2006, S. 70-71; Niederhäuser 2002, S. 25-27; Köhn 1993, S. 70-83.

Angehörige der WinterthurerOrt: Führungsschicht blieben noch längere Zeit den HabsburgernOrganisation: verbunden, vgl. Niederhäuser 1996a, S. 155-160. Auch der RatOrganisation: der Stadt unterhielt weiterhin Beziehungen zum vorländischen Hof, vgl. Niederhäuser 2005; Niederhäuser 1996a, S. 162-165, 169-170. Wiederholt liessen sich die WinterthurerOrganisation: ohne Wissen der ZürcherOrt: Obrigkeit von den HabsburgernOrganisation: das Recht der Pfandlösung zusichern (SSRQ ZH NF I/2/1 199-1; SSRQ ZH NF I/2/1 290-1).

Zur Kennzeichnung der Umlaute verwendet der Schreiber ein diakritisches Zeichen ähnlich der Tilde, dieser Systematik entsprechend wird in der Transkription das moderne Umlautzeichen für ä, ö und ü verwendet.

Editionstext


Wir, SigmundPerson: , von gots gnaden hertzog zu OsterreichOrt: , zu SteyrOrt: , zu KërndenOrt: und ze KraynOrt: , grave zu
TirolOrt: etcAbkürzung, bekennen fu̇r uns, unser erben und nachkomen und tun kund allermeniklich, daz wir haben angesehen und betracht die manigveltige trew
und gehorsam, so unser getrew lieben schultheyss, ratOrganisation: und gemainde unsrer stat WinttertaurOrt: Organisation: unsern vordern und uns beweyst und in kriegsleüffen
trostlich und als khekch, frum leüt gestannden und vil dranngs williklich gelyden haben, deshalben sy in merklich schulde komen sein.
Und damit
sy der ainstails entladen werden, so haben wir die obemelt unser stat WintertaurOrt: mit allen iren rännten, gülten, zinnsen, gerichten, zwinngen,
bännen, holtz, velden, wässern, vischentzen und allen andern öbrikaiten, herlikhaiten, gewaltsam, lehenschefften und allen andern zugehorungen, wie
wir die üntzher ynngehabt haben und uns und unserm haws ÖsterreichOrganisation: von alter recht und gewonhait daran zugehört, den ersamen, weysen,
unsern lieben besundern burgermaister, rate und gemainde der stat ZürchOrt: Organisation: umb ain summa gelts, benänntlich zehentausent Reinischer guldenWährung: 10000 Rheinischer Gulden , der sy uns achttausentWährung: 8000 Rheinischer Gulden zu hannden der gemelten von WintertaurOrt: 1 durch unser verwilligung und zu ablosung irer schuld und die andern zwaytausentWährung: 2000 Gulden zu unsern hannden2 also bar und berayt ausgericht, gewërt und betzalt, zu ainem rechten phannde und in phanndsweyse yngesetzt, verphenndt und verschriben, setzen in, verphennden und verschreiben in die hiemit in krafft ditz briefs also, daz sy die obgemelt unser stat WintertaurOrt: mit allen oberürten
nützen, gülten und zugehörungen umb solch obgeschriben summa gelts ynnhaben, nützen, nyessen und gebrauchen sullen und mügen, wie wir sy üntzher yngehabt,
genützt und gebraucht haben, also doch und mit der lautern underschaid, daz die obenanten von ZürchOrt: die egemelten von WintertaurOrt: , schultheyssen,
rat
Organisation:
und gemaindeOrganisation: und alle die, so zu in gehören, bey allen iren rechten, freyhaiten und gnaden, so sy von RomischenOrt: kaysern und künigen, auch unsern
vordern und uns haben, und bey iren alten loblichen herkomen gerüblich beleyben lassen und dawider nicht dringen, sunder dabey vor andern, die darwider
tëten oder tun wolten, hannthaben, schützen und schirmen sullen nach allem irem vermügen.
Und in solcher verphenndung, verschreibung und ynantwurtung haben wir uns und allen unsern erben und nachkomen mit lauter klarer maynung zu ewigen zeiten vorbehalten und ausgenomen,
behalten vor und nemen aus, daz wir, unser erben und nachkomen die obgemelt unser stat WintertaurOrt: mit allen und yeglichen iren zugehörungen,
leüten und gütern, wie oben gemeldt ist, gantz, nichts ausgenomen, widerumb von den von ZürchOrt: , wann oder welch zeit wir im jar wellen, mit
zehentausent gulden ReinischenWährung: 10000 Rheinischer Gulden a–in inKorrigiert: in–a die stat CostentzOrt: an allen iren schaden und abgang zeantwurten, an uns lösen, ledigen und bringen
mügen. Und wann wir das also tun wellen und in das achttagZeitspanne: 8 Tage vor durch unser botschafft oder schrifft verkünden, so sullen die obgemelten
burgermaister, rat und die gantz gemainde der stat ZürchOrt: Organisation: uns, unsern erben oder nachkomen solcher widerlosung gehorsam und willig sein,
stattun und alsdann von stund, an all intrag, irrung und beswërd, die obgenante stat WintertaurOrt: ynantwurten, ubergeben und abtreten,
irer gelübd und ayd ledig zelen und alle verschreibungen der sachen halben dem, der die geben hett, oder iren erben und nachkomen widerumb
heraus geben, als sy sich des gegen uns auch notdurfftiklich verschriben haben,3 alles getrewlich und angeverde.4
Mit urkund des briefs, geben
zu VillingenAusstellungsort: , an mantag vor sand VerenenPerson: tag, nach Crists geburde im viertzehenhundert und sybenundsechtzigisten jareOriginaldatierung: 31.8.1467.5
[Kanzleivermerk unter der Plica:]
DDominus ddux pper se ipmipsum in consoconsilio
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
1487Datum: 1487, Pfandbrief umb WinterthurOrt: ,
wie die uns verpfaͤndt sind

Anmerkungen

  1. Korrigiert: in.
  1. Die Schuldverschreibung der Stadt ZürichOrt: gegenüber WinterthurOrt: datiert vom 14. September 1467 (StAZH C I, Nr. 3165, Beilage 2, S. 6-7).
  2. Am 4. September 1467 verpflichteten sich die ZürcherOrganisation: , diesen Betrag dem Juden SalomonPerson: , ihrem Bürger, anstelle des Herzogs zu bezahlen (Thommen, Urkunden, Bd. 4, Nr. 379 II). Zu SalomonPerson: und seinen Beziehungen zu WinterthurOrt: vgl. Niederhäuser 2005a, S. 107-111.
  3. Der Pfandrevers des Bürgermeisters, der Räte und der Gemeinde der Stadt ZürichOrt: Organisation: datiert vom 2. September 1467 (Thommen, Urkunden, Bd. 4, Nr. 379 I).
  4. Wie Aufzeichnungen im Rahmen der Vorverhandlungen zu entnehmen ist, setzte man sich auf habsburgischer Seite für folgende Bestimmungen des Pfandvertrags ein: Die Garantie der Freiheiten, guten Gewohnheiten sowie Lehen und Pfandschaften der Stadt WinterthurOrt: , das Auslösungsrecht der Herzöge von ÖsterreichOrganisation: sowie die erforderliche Zustimmung des Kaisers als des Ältesten des Hauses (StAZH A 155.1, Nr. 33).
  5. Formal befand sich WinterthurOrt: noch im Besitz der Herzogin EleonorePerson: , daher erklärte sie am folgenden Tag ihr Einverständnis zu dem Pfandgeschäft ihres Mannes (SSRQ ZH NF I/2/1 91-1).