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SSRQ ZH NF II/11 165-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig

Zitation: SSRQ ZH NF II/11 165-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Appellation vor den Zunftmeistern zur Meisen im Streit wegen der Bewirtung von Fremden

1764 Juli 26.

Hans Heinrich Hausheer, der Gesellenwirt von Wiedikon, beklagt sich, dass er von der Gesellschaft der Wirte von Zürich wegen der Bewirtung sowohl von Fremden als auch von Stadtbürgern mit kalten und warmen Speisen mit einer Busse von 20 Pfund belegt worden sei. Gestützt auf einen Ratsentscheid vom 4. Februar 1680 sei ihm jedoch die Bewirtung von Stadtbürgern erlaubt und die Busse somit ungerechtfertigt. Die Gesellschaft der Wirte, vertreten durch Obmann Ott, sagt dagegen aus, dass Hausheer wiederholt gegen die Gemeindehäuser- und Gesellenwirtsordnungen verstossen habe, die besagen, dass die Gemeinde- und Gesellenhäuser niemanden beherbergen und Fremden nur Wein, Brot und Käse darreichen dürfen. Durch Bussen habe er sich bisher nicht abschrecken lassen. Die Gesellschaft der Wirte stellt sich auf den Standpunkt, dass sich die Formulierung des Ratsentscheids von 1680 nur auf Bürger der Gemeinde, nicht aber solche der Stadt beziehe, weil sonst ausdrücklich von Stadtbürgern die Rede sein müsste. Schliesslich verlangen die Wirte, dass die Gemeinde Wiedikon die ausgehängte Wirtshaustafel entfernen und durch einen Maibaum ersetzen müsse. Die Zunft zur Meisen stützt das Urteil der Wirte und verurteilt Hausheer zur Zahlung der Busse und Entfernung der Wirtshaustafel. Da Hausheer dieses Urteil nicht akzeptiert und beabsichtigt, an den Zürcher Rat zu appellieren, wird ihm der vorliegende Appellationsrezess ausgestellt.

  • Signatur: StAZH A 154, Nr. 134
  • Originaldatierung: 1764 Juli 26
  • Überlieferung: Original (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.0 × 34.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Ludwig Landolt, Schreiber der Zunft zur Meisen

  • Signatur: StAZH W I 11.16.3, S. 95-96
  • Originaldatierung: 1764 Juli 26
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.5 × 34.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Ludwig Landolt, Zunftschreiber
  • Signatur: StArZH VI.WD.A.8.:119
  • Originaldatierung: 1764 Juli 26
  • Überlieferung: Zeitgenössische Abschrift (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 36.5
  • Sprache: Deutsch

Der ZürcherOrt: RatOrganisation: lehnte am 24. November 1764 die Appellation HausheersPerson: ab, weil er Fremde bewirtet habe. Er bestätigte ihm aber ausdrücklich das Recht, nicht nur Gemeindegenossen, sondern auch Bürger zu bewirten (StArZH VI.WD.A.3.:15). Ein ähnlicher Konflikt um die Beherbergung und Bewirtung von Fremden trug sich 1739 in UnterstrassOrt: zu (SSRQ ZH NF II/11 156-1).

Editionstext

Nachdemme lieutlieutenant Hans Heinrich HaußheerPerson: von WiedikenOrt: , dermahliger gsellenwirth alldorten, klagend vorgestellet, was gestalten
er sub 4ten janjanuar diß jahrsDatum: 4.1.1764 von einer ehrsammen gesellschaft der herren wirthenOrganisation: wegen aufstellung warmer und kalter speisen, sowol an frömde als herren und burger aus der stadt, um eine
geltbuß von  20Währung: 20 Pfund seye belegt worden, da er vermeine, in kraft
einer raths erkantnuß vom 4en febrfebruar 1680Datum: 4.2.16801 (in welcher ausdrukenlich enthalten, was aber gemeindsgnoßen und burgere belangt, solle es bey dem alten herkommen verbleiben ppAbkürzung) nichts verfehlt zu haben, sondern unbefügter weis gestraft wordenAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96a zu seyn,
undAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96b hoffe also, er werde diser geltbuß dato entlaßen und bey obbemelter erkantnuß geschützt und geschirmt werden. Im übrigen
wiße er wol, daß wann die seinige in seiner abwesenheit, eintweder
aus unvorsichtigkeit oder aus unwüßenheit, denen frömden gekochte speisen darreichen oder auch solche beherbergen, eine ehrsamme gesellschaft der herren wirthenOrganisation: ihne mit recht um eine leidenliche
geltbuß belegen könne.
Worgegen, herr obmann und rittmeister OttPerson: , nahmens einer
ehrsammen gesellschaft der herren wirthenOrganisation: , gezimmend vorgestelltTextvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: eingewendtc, wie
besagter gesellenwirth HaußheerPerson: schon vor etwas zeits wegen +Hinzufügung oberhalb der Zeiled2 unerlaubter wirthschaft um eine geltbuß angelegt Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: wordene, durch welche er sich aber
nicht abschreken laßen, sondern darmit immerhin (zuwider einer ehrsammen gesellschaft habenden freyheiten und gerechtigkeiten und zu grössestem schaden und nachtheil ihrer besizenden theüren ehhafftenen) +Hinzufügung oberhalb der Zeilef
ungescheüt fortgefahren, deßnahen genöthiget gewesen, ihne, HaußheerPerson: ,
vor sich zu bescheiden und ihneAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96g um ermelte buß der  20Währung: 20 Pfund gelts anzulegen. Um so mehr, da dises sein verfahren allen gmeindhaüser- und
gsellenwirthsordnungen zuwider, als welche einerseits niemand beherbergen, und anderseits denen frömden nichts anders als wein,
brod und käs dar stellen sollen, mithin die raths erkantnuß h–von
anno
Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: de
–h 1680Datum: 1680 keineswegs ausburger unserer stadt gemeint seyn könne,
sondern dise worte, gmeindsgnoß und burger, nur die angehörige
einer ehrsammen gemeind WiedikenOrt: Organisation: ausdruke, indemme, wann das
erstere wäre, nothwendig der ausdruk burgeren aus der stadt,
um alle zweydeütigkeit auszuweichen, hätte beygesezt wer[S. 2]Seitenumbruchden müßen. Und hoffen also, sie haben besagten gesellenwirth rechtmäßig gebüßt und werde er folgends zur bezahlung angehalten, eine ehrsamme gesellschaft der herren wirthenOrganisation: aber bey ihren habenden
freyheiten und gerechtigkeiten geschüzt und geschirmt werden, auch die
gemeind WiedikenOrt: Organisation: schuldig und verbunden seyn, die ausgehenkte
tafferen3 einzuzeühen und dargegen einen sogenannten meyen4 hinzustellen, alles mit mehrerem.
Als ward auf angehörtes vor- und widerbringen i–beyder partheyenAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96–i und in erdaurung der sachen beschaffenheit, einhellig erkennt, daß
von seiten einer ehrsammen gesellschaft der herren wirthenOrganisation: wolgesprochen, von seiten Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: aberj des gsellenwirth HaußheerenPerson: aberAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96k übelappelliert seye.
Folglich solle er in kraft diser erkantnuß nicht nur pflichtig seyn, besagte geltbußTextvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: bußl von  20Währung: 20 Pfund zu bezahlen, sondern auch die tafferen einzuzeühen und gleich allen übrigen gmeind- und gsellenhaüseren einen sogenannten meyen hinzustellen.
Da aber bedeuteter HausheerPerson: sichAuslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96m in instanti erklärt, daß er sich
disem spruch keineswegs unterwerffen, sondern Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: solchenn vor unsere gnädige herren, die kleine räthe, bringen wolle, als ist ihme auf sein begehren gegenwärtiger recess zuhanden gestellt worden.
Actum donstags, den 26. julii 1764Originaldatierung: 26.7.1764,
prætbuspræsentibus herren amtszunfftmeister WeberPerson: , rath und zwölfenOrganisation:
loblicher zunfft zur MeisenOrganisation: .
Zunftschreiber LandoltPerson: .5
[S. 3]Seitenumbruch [S. 4]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
Appellationsrecess
wegen der streithigkeit zwüschen
den hiesigen wirthen und dem
gesellen wihrt zu WiedikonOrt: .
26. julAbkürzung 64Originaldatierung: 26.7.1764
[Vermerk auf der Rückseite:]
ErkErkanntnuß vide sub 24.
9brisnovembris 1764
Datum: 24.11.1764

uunterschreiber mmanual

Anmerkungen

  1. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  2. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  3. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: eingewendt.
  4. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  5. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: worden.
  6. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  7. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  8. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: de.
  9. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  10. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: aber.
  11. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  12. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: buß.
  13. Auslassung in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96.
  14. Textvariante in StAZH W I 11.16.3, S. 95-96: solchen.
  1. StArZH VI.WD.A.5.:51; StArZH VI.OS.A.4.:28.
  2. Hier wurde eine Passage durch ein Kreuz am Anfang und am Ende hervorgehoben.
  3. Wirtshausschild, vgl. Idiotikon, Bd. 12, Sp. 546.
  4. Maibaum; junge, hohe Tanne mit entästetem Stamm und grünem Wipfel. Vor einem Wirthaus gilt ein solcher Baum als Zeichen einer Weinschenke. Vgl. Idiotikon, Bd. 4, Sp. 3-4.
  5. Der Schreiber nennt seinen vollen Namen in einer Notiz auf StAZH W I 11.16.3, S. 96, die aber nicht zu diesem Stück gehört: «Und hiermit endiget sich die continuation diser protocolli, den 21. julii anno 1755Datum: 21.7.1755 angefangen von zunftschreiber Ludwig LandoltPerson: .