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SSRQ ZH NF II/11 20-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig

Zitation: SSRQ ZH NF II/11 20-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Verleihung des Weibelamts in Fluntern mitsamt der Weibelhofstatt und Zubehör durch den Stiftspropst des Grossmünsters

1420 April 10. Zürich

Lienhard Moschard, Propst des Stifts St. Felix und Regula in Zürich, verleiht Niklaus Hämmerli, Bürger von Zürich, kraft eines älteren Urteils das Amt des Weibels in Fluntern mitsamt der Weibelhofstatt, dem Gut genannt Loch und Zubehör. Hämmerli hat die am Gericht im Hof von Fluntern gesprochenen Körperstrafen und Todesstrafen zu vollziehen. Er muss mit anderen Amtleuten des Grossmünsters während der Prozessionen und Kreuzgänge dem Propst und den Chorherren mit einem Stab folgen und ihnen dienen. Die Lehengüter darf er nutzen, ohne sie zu schädigen. Nach seinem Tod soll das Lehen an den jeweils ältesten Sohn übergehen, der dem Stift einen Ehrschatz von höchstens 10 Schilling entrichten muss; er hat dem Stift wie andere Amtleute zu huldigen. Der Aussteller siegelt mit dem Stiftssiegel.

Bereits die Statutenbücher des GrossmünsterstiftsOrganisation: aus dem Jahr 1346Datum: 1346 enthalten neben den Rechten des GrossmünsterstiftsOrganisation: in seinen verschiedenen Besitzungen Bestimmungen betreffend den Henker in FlunternOrt: (ZBZ Ms C 10a, fol. 54r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 67; Ruoff 1965, S. 353). Älter ist eine Aufzeichnung im Kelleramturbar des GrossmünsterstiftsOrganisation: von 1333/1334, die sich zur Blutgerichtsbarkeit des StiftsOrganisation: in FlunternOrt: äussert. Gemäss den dortigen Bestimmungen oblag dem jeweiligen Inhaber der Witinger HofstattOrt: in FlunternOrt: das Henkeramt (StAZH G I 135, fol. 1v; Edition: Urbare und Rödel Zürich, Nr. 162, S. 198-199; Ruoff 1965, S. 353-354, 367-372).

Die Richtstätte auf dem ZürichbergOrt: ist auf einer Illustration in der Eidgenössischen Chronik von Werner SchodolerPerson: zur Belagerung ZürichsOrt: durch die Eidgenossen im Jahr 1444Datum: 1444 dargestellt (Stadtarchiv Bremgarten, Bücherarchiv Nr. 2, fol. 99r). In der Reformationszeit kam es zur mutwilligen Zerstörung respektive Versetzung von Galgen und Halseisen des Grossmünsterstifts (StAZH B VI 249, fol. 78r-v; Ruoff 1965, S. 371; Weisz 1939-1940, S. 188-189).

Zur Hochgerichtsbarkeit des Grossmünsterstifts von ZürichOrt: Organisation: an verschiedenen Orten vgl. SSRQ ZH NF II/11 6-1; SSRQ ZH NF II/11 17-1; SSRQ ZH NF II/11 53-1; Ruoff 1965.

Editionstext


aWir, Lienhart MoschartPerson: , probst des gotzhus Sant Felix und Sant Reglen ze der probsty Zu̍richOrt: Organisation: in CostentzerOrt: bistuͦmOrganisation: gelegen, tuͦnd kund und verjechent offenlich mit disem brieff allen den, die in ansechend, lesend oder hoͤrrent lesen, des wir
fu̍r u̍nß und alle u̍nser nachkomen an u̍nser probsty Zu̍richOrt: Organisation: , wan wir och die vestenklich hier zuͦ binden, alß wir
oͧch des wol machthabend nach lut und sag des spruch brieffs1, so die erbern saͤligen herren, meister Heinrichs StapflinsPerson: ,
custer, meyster Johans von bStettfurtPerson: , corher, und Johans AmmanPerson: , vogt des selben u̍nsers gotzhus, zwu̍schent
dem erwirdigen herren Johansen WissenPerson: , do ze maͧl probst, u̍nserm vorfarn seligen, an einem teil und gemeinem
cappittel des selben u̍nsers gotzhusOrganisation: ze dem andren teil, hier um vor ziten mit iren anhanginden insigeln besigelt
geben habind, u̍nser weibel tuͦn ze FluͦntrenOrt: mitt der weibelhoffstatt2 da selbs und mitt dem guͦt genant im LochOrt: 3
und oͧch mit allen andren rechten, so zuͦ dem selben weibel tuͦn gehoͤrt, recht und redlich c–verlichen haben und verlichen habenKorrigiert: verlichen haben–c.
Und verlichen och die wissenklich in krafft ditz brieffs dem bescheiden Niclaͧs HaͤmerlinPerson: , burgern Zu̍richOrt: ,
mitt disen nach geschribnen geding: Den dem ist also, daz der selb Niclaus HaͤmerlinPerson: alle toͤd und kestigung, alß sy
denn in dem vorgntvorgenanten hoff ze FluͦntrenOrt: und da selbs an dem gericht arteiltKorrigiert: erteiltd werden,4 in sinem, an allen u̍nsern und
u̍nser nachkomen schaden, tuͦn sol5 und oͧch mit andern u̍nsern und u̍nsers gotzhus amptlu̍ten, so je denn ze maͧl sind,
ze allen procession und crutzgengen ze den ziten, so dz gewonlich ist, einem probst und des mit corherren, so je
denn ze maͧl ze dem ebenempten u̍nserm gotzhus sind, oͧch mit einem steken nach volgen, dienen und warten,
und och hier umb die selben guͦter, so wir im also verlichen haben, mit allen iren tzuͦgehoͤrden hin fu̍r ze end
esiner wile nu̍zen und niessen, doch das sy dar by alweg in guͦten, nu̍tzlichen eren gehaben und gelaussen
werden.
Wenn aber der selb Clauß HaͤmerlinPerson: ab gangen und von diser welt gescheiden ist, su̍llen wir oder u̍nser
nachkomen an der selben probstyOrganisation: , ob wir nit aͤnweren, des selben Niclausen HaͤmerlisPerson: kinden und oͧch der selben
siner kinden kinden, doch von mannes namen je dem eltsten under in, und also einem nach dem andren ze end
siner wile, so vil und dik dz also f ze schulden kaͤmet, dz selb guͦt alles mit siner gzuͦgehoͤrt
verlichen in dem recht und in aller der wise und maͧße, und wir die dem hdikgntdikgenanten Clausen HaͤmerlinPerson: verlichen
und gunnen haben, als vorgeschriben stant, und in der och also gunnen, ob sy wellen, vor aller menklich und dar
umb von der selben kinden nitt mer ze erschatz denn zehen schilling pfaͤnningWährung: 10 Zürcher Schillinge , so denn zemal Zu̍richOrt: geng und
gaͤb sind, vordern und nemen, und welerm also under in gelichen wirt, sol ze hand i u̍ns oder u̍nsern nachkomen,
[fol. 241r]Seitenumbruchso im gelichen haͧt, hulden, als ander u̍nsers gotzhus amptlu̍t jgewonlich tuͦnd, und dis alles aͧn su̍men und widersprechen und oͧch aͧn all geverde.
Hier u̍ber ze einem staͤten und waren urku̍nd aller vorgeschribnerKorrektur auf Zeilenhöhe, ersetzt: nk dingen, so haben
wir der selben probstyeOrganisation: insigel fu̍r u̍ns und die obgntobgenanten nachkomen alle loffenliche gehaͤnkt an
disen brieff, der geben ist, Zu̍richAusstellungsort: , an dem zehenden tag mdes manotz abrellen in dem jar, als man zalt
von gottes gebu̍rtz tusend vierhundert und zweintzig jare
Originaldatierung: 10.4.1420
etcAbkürzung.n6

Anmerkungen

  1. Hinzufügung am linken Rand von späterer Hand von :
    Verlihung der stift
    weibel tuͦn, der weibel
    hoffstat und dem guͦt
    im LocchAuffällige SchreibungOrt: ze FluͦntrenOrt: .
  2. Streichung durch einfache Durchstreichung: Stef.
  3. Korrigiert: verlichen haben.
  4. Korrigiert: erteilt.
  5. Streichung durch einfache Durchstreichung: sinel.
  6. Streichung durch einfache Durchstreichung: eines nach d.
  7. Streichung durch einfache Durchstreichung: zoh.
  8. Streichung durch einfache Durchstreichung: dig.
  9. Streichung durch einfache Durchstreichung: hu̍.
  10. Streichung durch einfache Durchstreichung: g.
  11. Korrektur auf Zeilenhöhe, ersetzt: n.
  12. Streichung durch einfache Durchstreichung: offenliche.
  13. Streichung durch Schwärzen: d.
  14. Hinzufügung auf Zeilenhöhe von späterer Hand von : Collationata et auschultata est praesens prescripta copia per me,
    Arnoldum WinterswickPerson: , publicum apostolica et imperiali auctoritatibus notarium, et concordat cum suo origenali. Ita est ego, A. W.,
    qui supra attestor manu mea propria.
  1. URStAZH datiert das Urteil ohne weitere Angaben auf das Jahr 1390Datum: 1390.
  2. Bei der Witinger Hofstatt hängen gemäss Urbar von 1333/1334 Schlegel und Barte (StAZH G I 135, fol. 1v; Edition: Urbare und Rödel Zürich, Nr. 162, hier S. 198).
  3. Gemäss den Bestimmungen im Statutenbuch zum Scharfrichter in FlunternOrt: erfolgt die Urteilsvollstreckung «in loco dicto in dem LocheOrt: » (ZBZ Ms C 10a, fol. 54r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 67). Die ebenfalls dort verzeichnete lateinische Fassung der Hofrechte des GrossmünsterstiftsOrganisation: in FlunternOrt: erwähnt den Ort im gleichen Zusammenhang (ZBZ Ms C 10a, fol. 134v-135v, hier fol. 135r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 154-157, hier S. 156).
  4. Vgl. SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 2-3. Anders als in den Rechten des GrossmünstertiftsOrganisation: in FlunternOrt: in deutscher Sprache (SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 8) werden hier die Aufgaben des Weibels als Tavernenwirt nicht erwähnt. In der lateinischen Version wird das dem StiftOrganisation: gehörende Wirtshaus zwar ebenfalls genannt, jedoch nicht in Verbindung mit dem Weibelamt (ZBZ Ms C 10a, fol. 135r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 156). Zu den verschiedenen Amtsbezeichnungen des Henkers in FlunternOrt: und zur Verbindung von Henkeramt und Leitung des Wirtshauses vgl. Ruoff 1965, S. 369-370.
  5. Die lateinische Version der Stiftsrechte in FlunternOrt: hält lediglich fest: «Item ultimo suplicio deputati puniri debent in loco dicto im LochOrt: » (ZBZ Ms C 10a, fol. 135r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 156). Die Bestimmungen zum Scharfrichter in FlunternOrt: sind dagegen ausführlicher (ZBZ Ms C 10a, fol. 54r; Edition: Schwarz, Statutenbücher, S. 67).
  6. Arnold WinterswickPerson: , Notar und Kaplan in der WasserkircheOrt: , kollationierte im Winter 1523/24 im Auftrag des Stiftspropsts Felix FryPerson: die Abschriften des Bandes mit den Originalen (Figi 1951, S. 54).