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SSRQ ZH NF II/3 115-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, von Rainer Hugener

Zitation: SSRQ ZH NF II/3 115-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Wahl von zwei Wahlmännern für das Gericht der ehemaligen Landvogtei Greifensee

1798 März 20. Gemeindehaus Greifensee

Volksrepräsentant Jakob Pfenninger teilt der Gemeinde Greifensee mit, dass der Zürcher Rat als provisorische Regierung zurückgetreten sei und die Gerichtsstellen auf dem Land aufgelöst habe. Da die Landesversammlung die Wiederbesetzung dieser Stellen in die Hände des souveränen Volks lege, solle nun jede Gemeinde zwei Wahlmänner als Vorsteher und Richter wählen. Die Gemeinde Greifensee wählt aus den acht vorgeschlagenen Personen den ehemaligen Landvogt Andreas Schmid sowie Hartmann Schwerzenbach.

  • Signatur: StAZH B VII 14.20, S. 46
  • Originaldatierung: 1798 März 20
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 33.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Landschreiber Hans Rudolf Hirzel

Spätestens seit dem Stäfnerhandel 1794/1795 waren revolutionäre Tendenzen auch auf der Zürcher LandschaftOrt: erkennbar (HLS, Stäfnerhandel). Noch im Januar 1798 rief der Landvogt von GreifenseeOrt: dazu auf, gegenüber der Verbreitung aufrührerischer Druckschriften wachsam zu sein (SSRQ ZH NF II/3 114-1). Wenige Wochen später brach das Ancien Régime zusammen (HLS, Französische Revolution; HLS, Helvetische Revolution; HLS, Helvetische Republik). Alarmiert vom Heranrücken der französischenOrt: Truppen sowie von Revolten auf der Basler LandschaftOrt: und in der WaadtOrt: , verkündete der Zürcher RatOrganisation: am 5. Februar 1798 die Rechtsgleichheit aller Einwohner von Stadt und Land. Parallel dazu wurde mit der sogenannten Landeskommission eine verfassungsgebende Versammlung geschaffen, in welcher die Stadt zu einem Viertel und die Landschaft zu drei Vierteln vertreten sein sollte (Ulrich 1996, S. 498; HLS, Zürich (Kanton)). Nach weiterem Druck seitens der Landbevölkerung trat der bisherige Rat am 13. März 1798 zurück und übertrug die Regierungsverantwortung auf die Landesversammlung, die ab dem 15. März im Zürcher RathausOrt: tagte (Weber 1971, S. 16-25; Vogel 1845, S. 570-577).

Um Sicherheit, Recht und Ordnung in dieser Übergangsphase gewährleisten zu können, legte die Landesversammlung am 17. März fest, dass jede Kirchgemeinde aus ihrer Mitte zwei Wahlmänner bestimmt, welche die Gerichtsstellen besetzen sollen. Dabei wurde den Gemeinden ausdrücklich freigestellt, den bisherigen Landvogt als Gerichtsvorsteher zu behalten oder ihn durch denjenigen Wahlmann zu ersetzen, der das grösste Vertrauen in der Bevölkerung genoss (StAZH K I 56 b, S. 26-27). Die Gemeinde GreifenseeOrt: Organisation: vollzog diese Wahl am 20. März. Tatsächlich wählte sie neben Hartmann SchwerzenbachPerson: auch den ehemaligen Landvogt Andreas SchmidPerson: , was zeigt, dass es nicht zu einem radikalen Bruch mit den Vertretern der alten Herrschaft kam.

Eine gewisse Kontinuität lässt sich auch bei der Buchführung feststellen, indem der ehemalige Landschreiber Hans Rudolf HirzelPerson: weiterhin die Schreibarbeit ausführte und dafür das gleiche Buch verwendete, in das zuvor noch der Landvogt seine Missiven eingetragen hatte (SSRQ ZH NF II/3 114-1). Zugleich tragen die neuen Protokolle unverkennbar die Züge der neuen Zeit, indem die erwähnten Personen nicht mehr mit einer Flut von ehrerbietigen Anreden und Titeln, sondern alle gleichwertig als «Bürger» angesprochen werden.

Auf Geheiss der Landesversammlung, die sich unterdessen in Kantonsversammlung umbenannt hatte, wählte die Gemeinde GreifenseeOrt: Organisation: an ihrer ersten Urversammlung am 29. März weitere Munizipalbeamtete für die Verwaltung der Gemeindegüter (SSRQ ZH NF II/3 116-1).

Editionstext

Da der würdige volks repræsentantSchriftwechsel, bürger Jacob PfeningerPerson: von
GreifenseeOrt: , der gemeinde angezeigt, daß, da die ehmahlige
provisorischeSchriftwechsel regierung in ZürichOrt: ihren gänzlichen gwalt in den
hofUnsichere Lesunga der hohen landesversamlung abgelegt und die gerichtsstellen auf dem land ebenfalls aufgelöst und die widerbesezung
derselben von ermelter hoher landsversamlung in die hände
des souverainenSchriftwechsel volks gelegt worden seye, von jeder gemeinde
2 wahlmäner erwählt werden sollen, aus derer mitte dan ein
vorsteher und richter gesezt und erwählt werden werdeUnsichere Lesungb,
so wurden aus befehl der hohen landsversamlung von der gemeinde GreifenseeOrt: Organisation: allerforderst zu wahlmänneren genamset:
bürger alt landvogt SchmidPerson:
" alt amtsrichter MaagPerson:
" trüllmeister PfisterPerson:
" alt amtsrichter MeyerPerson: , müller
" kirchenpfleger Sallomon PfisterPerson:
" Johanes WolfenspergerPerson:
" Hartman SchwerzenbachPerson:
" ehegaummer DänzlerPerson:
Aus welchen 8 bürgeren nachher von der gemeindt GreifenseeOrt: Organisation:
mit mehrheit der stimen zu wirklichen wahlmäneren erwählt worden:
bürger alt landvogt SchmidPerson:
" Hartman SchwerzenbachPerson:
Geben im gemeindhauß GreifenseeAusstellungsort: ,
dienstagsKorrektur unterhalb der Zeile, ersetzt: mitwochsc, den 20Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: 21d. merz 1798Originaldatierung: 20.3.1798.
[Unterschrift:]
Bürger J RJohann Rudolf HirzelPerson: ,
provisorischer landschreiber zu GreifenseeOrt: 1

Anmerkungen

  1. Unsichere Lesung.
  2. Unsichere Lesung.
  3. Korrektur unterhalb der Zeile, ersetzt: mitwochs.
  4. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: 21.
  1. Hans Rudolf HirzelPerson: bekleidete das Amt des Landschreibers seit 1755 und übte es auch in der Revolutionszeit bis zu seinem Selbstmord im Jahr 1802 weiter aus (Sibler 1990, S. 59).