check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF II/3 64-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, von Rainer Hugener

Zitation: SSRQ ZH NF II/3 64-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Bestimmungen über die Amtsausübung des Vogts von Greifensee

1543 Oktober 8.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich ermahnen den Vogt von Greifensee, Bilgeri Leemann, von seinem liederlichen Lebenswandel abzulassen und stellen Bestimmungen darüber auf, wie er sein Amt auszuüben hat. Er soll die Bussen gewissenhaft eintreiben (1), die Fischer auf dem See besser beaufsichtigen (2, 5), den zum Schloss gehörenden Bach nicht verleihen (3) und kein Holz verschenken oder für unnötige Bauarbeiten verwenden (4). Ausserdem soll er keine Prostituierte beherbergen (6) und sich nicht an Orten herumtreiben, wo er nichts zu schaffen hat (7). Entgegen seinen Androhungen solle er jene Leute, die sich beim Rat über ihn beschwert haben, nicht schlecht behandeln oder hassen (8). Bei weiteren Klagen würde der Rat Massnahmen ergreifen (9).

  • Signatur: StAZH A 123.2, Nr. 6
  • Originaldatierung: 1543 Oktober 8
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 23.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch

Die erwähnte Kundschaft über die Amtsführung von Bilgeri LeemannPerson: ist erhalten. Darin berichten mehrere Amtsträger und Herrschaftsangehörige, dass der Vogt verschiedene Freveltaten ungestraft gelassen habe und dass er fahrlässig mit dem Wald und dem See umgehe. Ausserdem verkehre er mit einer Prostituierten und habe auf den Kirchweihfesten in VolketswilOrt: und MaurOrt: die ganze Nacht hindurch gefeiert (StAZH A 123.2, Nr. 7).

Schon früher hatte der Zürcher RatOrganisation: den Vogt von GreifenseeOrt: ermahnen müssen, weil er sich gemäss Zeugenaussagen vor allem dem Fischen widmete und dabei seine Amtsgeschäfte vernachlässigte (StAZH A 85, Nr. 6). Umgekehrt hatte sich der Vogt Gerold EdlibachPerson: um 1506 darüber beklagt, dass die Fischer vom GreifenseeOrt: sich geweigert hätten, ihm die üblichen Abgaben an Fischen zu entrichten (StAZH C I, Nr. 2505 c 2). Vgl. Weisz et al. 1983, S. 143.

Editionstext

Alls gedachtem vogt LeemannPerson: 1 zuͦ GryfenseeOrt: gesagte kuntschafft von minen herren beiden rethenOrganisation: fürgehalten
unnd ir treffenlich beschwert, so sy an sinem leiderlichen unnd sümigen, unflissigem weßen mit rechtfertigung und inziechen der buͦßen, deßglichen verschwendung des holtzes, verlichung des diensts uff dem see,
darzuͦ des baches, ouch verschreyung sines übigen,
huͦrigen, argwönigen lebens und annderer dingen,
truͦgen, erscheint und geöffnet, hat er begert, sich
harüber zuͦverantwurten. Und alls sy, die genanten mine herren, die gehört, ist sy dennacht
nit so lutter unnd heitter gesin, das sy ein sonnder
benuͦgen daran gehept, aber doch in ansechen
sines frommen vatters seligen und der eerlichen
früntschafft in gnaden das besser geloupt unnd
darneben im heiter gesagt, wie harnach volget:

Des ersten, das er den buͦßen ernstlichen nachfragen,
die rechtfertigen unnd zuͦ hannden miner herren
innemmen sölle, annderst und flissiger weder aber
bißhar von im beschechen sige.

Zum annderen solle er den diennst uff dem see wider
zuͦ des schlosses GrifenseeOrt: handen nemmen, dem selbs
ald durch sin gsind nachfaren und in ziechen,
die wil er doch am allermesten darumb angesechen,
das die vischer unnd weidlüt dester sorgsamer
und ungewüsser sigind, wann der vogt ald sine
diennst kommen, den zereichen, und deßhalben
destminder usserthalb den rechten zügen fischen
und ziechen dörffen und also zuͦ gutem nutz
unnd schirm des seews uff gesetzt ist.
[S. 2]Seitenumbruch

Zum dritten, das er den bach, so ein hüpsch, lustigs
kleinet des schlosses ist, unnd aber so er also
sölte verlichen bliben, gar bald an vischen und
krepsen eerößt, ouch widerumb zum schloß zieche
unnd bruche wie annder sine vorfaren vögt.

Zum vierdten des holtzes halb, das er gar nüt me
daruß verschencke noch gefarlichen vertusche
unnd ouch zum schloß nüt überflüssigs uß dem
bruche, sonnder das also schirm unnd inn eeren
halte, das sine nachkomenden vogt des endsHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichena ouch holtz
findint zuͦ des schlosses notturfft.

Zum fünfften sölle er hinfür besser acht zum see haben,
die fisch über ir zit nit fachen lassen, sonnders den
eynung von den übertretteren stiff in züchen und
den inn guͤtem schirm halten, das er ouch alle
jar
Wiederholte Zeitspanne: 1 Jahr
nach altem bruch uff osternDatum: beweglicher Feiertag einen von minen
herren bi im habe, wann er die vischer und weidlüt
den vischer eynung schweren laße.2

Zum sechßten, das er der metzen sich mit sinem
bißhar gebruchten wanndel und berden muͤssigen,
die nit me weder hußen nach herberigen sölle,
so doch wirtz unnd sonnst hüser ouch da sind, darin
sy sich wermen, essen unnd trincken finden möge,
damit die unnderthanen nit ergernuß an im
haben muͤssind.
[S. 3]Seitenumbruch

Zum sibenden, alls er bißhar etwann im ampt
und daumbKorrigiert: darumbb an orthen übernacht gsin, da er aber
nit zeschaffen gehept und wol hette mögen heimkommen etcAbkürzung, das sin also verthan, der frowen
und den khinden da heimbend mangel gelassen,
da solle er abstan und sich flissiger zuͦ nacht und
tags bim schloß anheimsch enthalten.

Zum achtenden, das er die biderben lüt, so uff miner
herren erforderen kuntschafft über inn gesagt,
gar nienan weder schmechen, vechen nach haßen
solle, wie er sich dann schon hette vermercken
lassen, wann genante min herren es nit
liden wurden.

Zum nündten und letsten ist im gar heitter gsagt,
das er mit söllichen und annderen der glichen
sachen nit me kome, sich redlich und wol halte,
sich selber, ouch sin wib und khinder baß betrachte,
des wellend mine herren sich gäntzlichen zuͦ im
versechen, dann wo witter klegt keme von im,
wurde das an mine herren reth und burger
gelangen, da er woll selbs ermessen möchte,
wofür es im geachtet wurde.
Actum uff mentag vor DionisiPerson: anno m vdUnsichere Lesungc xliijoOriginaldatierung: 8.10.1543,
pntpresentibus herr HabPerson: und beid rethOrganisation: .

Anmerkungen

  1. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  2. Korrigiert: darumb.
  3. Unsichere Lesung.
  1. Bilgeri LeemannPerson: (im Amt 1541-1547, vgl. Dütsch 1994, S. 108).
  2. Die Verkündigung und Beschwörung der Fischereinung war traditionellerweise an den Ostertermin geknüpft, an dem die Fischerei-Saison eröffnet wurde. Die Fischerordnung von 1738 sieht vor, dass der städtische Säckelmeister der Verkündigung beiwohnt und den Eid entgegennimmt (SSRQ ZH NF II/3 107-1).