check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/1/11 29-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 29-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Verbot der Zauberei und Einziehung von Zauberbüchern (Lachsner Schriften)

1672 Januar 5.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich wiederholen ältere Mandate und verbieten den Besitz von Büchern über die Zauberei. Weiterhin wird verordnet, dass jeder, der solche Schriften besitzt, diese innerhalb von 14 Tagen dem zuständigen Pfarrer abliefern muss. Als zusätzliche Massnahme sollen die Pfarrer Hausdurchsuchungen durchführen und die Bewohner von der Kanzel aus ermahnen. Obervögte und Untervögte werden aufgefordert, zuwiderhandelnde Personen anzuzeigen und zu bestrafen.

Als Lachsnen bezeichnete man im 17. Jahrhundert verschiedene im Zusammenhang mit Aberglaube, übersinnlichen Kräften und Wahrsagerei stehende Praktiken. Von obrigkeitlicher Seite wurden diese Praktiken schon im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, beispielsweise im Grossen Mandat von 1627 (StAZH III AAb 1.2, Nr. 33, fol. 15r-v), verboten. Auf der ZürcherOrt: Landschaft halfen die Lachsner mit Heilsprüchen und magischen Anleitungen (oft in Form von Büchern) bei Krankheitsfällen von Mensch und Vieh, aber auch wenn es darum ging, verlorene Gegenstände wiederzufinden (Meili 1980, S. 82). Möglicherweise übernahmen diese Personen auch seelsorgerische Aufgaben (Strehler 1935, S. 67-81). Es ist daher nicht erstaunlich, dass neben obrigkeitlichen Verboten auch von kirchlicher Seite Kritik gegenüber den Lachsnern geäussert wurde. So verfasste der Pfarrer von MeilenOrt: , Rudolf GwerbPerson: , 1646 eine Schrift gegen lachsnerische Praktiken (ZBZ 6.315). Dass das Lachsnen ausserdem in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Hexerei gesehen wurde, zeigen die ZürcherOrt: Hexenprozessakten (zum Beispiel StAZH A 27.163).

Das vorliegende Mandat ist das einzige, welches das Lachsnen spezifisch behandelt. Ansonsten wird diese Praktik in zahlreichen Sammelmandaten des 17. und 18. Jahrhunderts, wie im Grossen Mandat von 1627 (StAZH III AAb 1.2, Nr. 33), im Grossen Mandat von 1650 (Edition: Zürcher Kirchenordnungen, Bd. 2, Nr. 306), im Auszug aus dem Grossen Mandat 1668 (Edition: Zürcher Kirchenordnungen, Bd. 2, Nr. 386), im Auszug aus dem Grossen Mandat 1672 (Edition: Zürcher Kirchenordnungen, Bd. 2, Nr. 395), im Grossen Mandat für die Landschaft 1722 (StAZH III AAb 1.9, Nr. 9) und im Grossen Mandat 1755 (StAZH III AAb 1.11, Nr. 85), thematisiert.

Editionstext


Wir Burgermeister und Rahte der Statt
ZuͤrichOrt:
Organisation:
: Entbieten allen und jeden den Unseren / Ober- und Undervoͤgten / auch andern Nachgesezten Beamten / Unseren gnaͤdigen Gruß / und alles Guts / auch dabey zuvernemmen: Daß obwolen Wir / in vergangnen Jahren / so wol in Unserem allgemeinen grossen Buß-Mandat:1 Alß auch sinthero in ander wege nach mehr / alles Laachsnen / und Segensprechen ernstlich verbieten
lassen / alß eine Suͤnd / dadurch die Nammen der Hochheiligen Dreyfaltigkeit: Gottes heilige Majestat selbst / und dero Goͤttliche Eigenschaften welche anders nichts alß Gott selbsten sind / wie nicht weniger auch andere Geheimnussen unserer seligmachenden Religion / vilfaltig und
unchristenlicher weise mißbraucht werden: und dabey die gute hofnung getragen / es wurde solches maͤnniglicher also wol zu gemuͤht gezogen
haben / daß er sich davon allenklich enthalten / und gemuͤssiget hette: So muͤssen Wir jedoch / mit nicht geringem bedauren vernemmen / daß solcher Unser so wolmeinlichen Ordnung ganz entgegen / alles bis dahin mehr nicht gefruchtet / dann daß dise hohe und schwere Suͤnden noch
nicht allerdings außgeloͤschen / sondern hin und wider sich noch zimlich erzeigen: So gar / daß man auch sich nicht vil scheuhen thuͤe / solche ungute Buͤchlein / welche von disen gottlosen Sachen handlen / aufzubehalten: Und der ringsinnigen meinung / sich doͤrffen vernemmen lassen / alß
wann dise Sachen alle entweders gar keine / oder wenigst nicht so eine grosse und schwere Suͤnd weren / wie sie aber an sich selbsten sind: So
daß von solcher unbesinnlichkeit naher / sie etwann Unsere hohe Straaff und Ungnad auf sich erholet. Damit aber nun beruͤhrt gottloses /
und aberglaͤubisches Laachsnen und Segensprechen follkommenlich außgetilket / auch die Schriften und Buͤchlein / so hierzu gebraucht werden / alle zur hand gebracht / und uͤberal abgeschaft werden moͤgen:

So haben Wir ganz treuherziger wolmeinung nach / nicht underlassen wollen / obangeregt Unser Mandat und Verbott / hiemit widerum zuerfrischen / offentlich verkuͤnden / und dabey maͤnniglichen der unserigen / alles eifer und ernsts wahrnen / und gebieten zulassen / sich
fuͤrohin vor dergleichen ringsinnigen / und hoͤchstgottlosen Sachen / alles fleisses zuhuͤten / und deren sich in alle wege gaͤnzlich zuenthalten / bey Unserer unaußbleiblicher hohen Straaff / und Ungnad / damit Wir gegen den Ubertrettern verfahren wurden: In der fehrneren guten meinung / daß so jemand / angeregter massen / einige Laachsner-Schriften oder Buͤchlein / etwann hinder ihme haben moͤchte / er solche seinem lieben Seelsorger / innert 14. TagenZeitspanne: den naͤchsten / von dato diser Verkuͤndigung an / ungescheuhet / und ohne entgeltnuß / uͤberliefern
solle: Widrigen fahls aber / und da dergleichen / nach diser bestimten zeit / auf ihne kundtbar werden solte / wurden Wir es alßdann einem
solchen nicht anderst rechnen / alß hette er ein wolgefallen daran getragen / und dadurch sich solcher schweren Suͤnden heimlich theilhaftig gemachet. Solch grossem Ubel auch / um so vil ehender zubegegnen / und abzuwehren / sollen gleichfahls unsere verordnete Kirchendiener /
die so hoch erforderliche haußbesuchungen / ihrem Beruff und Ordnung gemeß / alles ernsts continuieren / und ins werk richten. Den Zuhoͤrern auf- und neben der Kanzel / den Greuel solcher Suͤnden / auß- und nach dem Wort Gottes / aufs beweglichste zuverstehen geben / und
davon abmahnen: Dergestalten / daß wo sie ins kuͤnftig dergleichen ungute Sachen von jemandem vernemmen / hoͤren / oder wuͤssen / sie sich
alsobald in sein Hauß verfuͤgen / allem ernstlich nachfragen: Auch / wo je einige Laachsnerische Buͤchlein da anzutreffen / solche zu ihren handen bezeuhen / und seines Orts anbringen sollen. Allermassen dann hier auf an alle Unsere Ober- und Undervoͤgte / auch alle andere Beamtete Unser ganz ernstlicher Will / Meinung / und Befehl langen thut / auf ermeldete Sachen / ins kuͤnftig ein ganz fleissiges und genaues aufsehen zuhalten / um die Faͤhlbaren gehoͤriger Orten zuleiden / damit alßdann gegen solchen / mit erforderlicher Abstraffung / wie obvermeldet /
verfahren werden koͤnne. In hofnung nun / daß hierdurch mehr gehoͤrte / so hohe und grosse Suͤnden / fuͤrohin gaͤnzlich außgetilket / und vermitten werden moͤgen: Bitten wir den Allerhoͤchsten / daß Er seinen kraͤftigen Nachtruck / und Segen vom Himmel herab hierzu Vaͤtterlich
verleihen wolle.
Geben den 5. Jenner / von der Gnadenreichen Geburt Christi / unsers lieben Herren und Heilands gezelt 1672Originaldatierung: 5.1.1672 ().
Canzley ZürichAusstellungsort: Organisation:
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 17. Jh.:]
Mandat
widerBeschädigung durch Tintenklecks, unsichere Lesunga das lachßnen.
1672Originaldatierung: 1.1.1672 – 31.12.1672

Anmerkungen

  1. Beschädigung durch Tintenklecks, unsichere Lesung.
  1. Gemeint ist möglicherweise das Grosse Mandat vom 28. November 1650Datum: 28.11.1650 () (StAZH III AAb 1.4, Nr. 22).