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SSRQ ZH NF I/1/11 54-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 54-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Verbot des Lebensmittelfürkaufs

1740 September 21.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich erlassen aufgrund des zunehmenden Lebensmittelfürkaufs ein Mandat. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die bisherigen Regelungen bezüglich Einfuhr, Kauf und Verkauf von trockenen Früchten, Milchprodukten und Fischen weiterhin gültig sind. Für das gesamte Zürcher Herrschaftsgebiet ist der Fürkauf sowie die Ausfuhr von Früchten, Gemüse und Geflügel bei Strafe verboten. Zürcher Angehörige, die solche Lebensmittel verkaufen wollen, sollen dies auf den öffentlichen Wochenmärkten tun. Verkäufe für den Eigengebrauch dürfen im Haus oder auf der Gasse getätigt werden. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass Zuwiderhandlungen mit der Konfiskation der Lebensmittel, einer Geldbusse, Gefangenschaft oder mit dem Leben bestraft werden können. Ausserdem ist es nicht erlaubt, Händler, die Fürkauf betreiben, zu beherbergen. Mit diesem Mandat sollen die Lebensmittel zu angemessenen Preisen verkauft sowie jeglicher Fürkauf und Wucher vermieden werden.

Die ZürcherOrt: Obrigkeit erliess im Kampf gegen den spekulativen Kauf von Lebensmitteln wie Gemüse, Früchte und Milchprodukte seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gedruckte Mandate (beispielsweise 1675: StAZH III AAb 1.5, Nr. 12). Charakteristisch für die Mandate gegen den Lebensmittelfürkauf sind zum einen die Ausfuhrbeschränkungen, die im 18. Jahrhundert grundsätzlich für alle Lebensmittel galten. Zum anderen bestand Marktzwang, was der Sicherung der städtischen Lebensmittelversorgung diente, aber auch fiskalpolitische Gründe hatte. Allerdings wurde der Marktzwang nicht konsequent eingehalten, wie die Bestimmungen zum Verkauf von Lebensmitteln für den Hausgebrauch im vorliegenden Mandat zeigen. Verkauft wurden Früchte, Gemüse, Hühner, Eier und Milch am Markt auf der unteren BrückeOrt: (heutige RathausbrückeOrt: ), die auch «Gemüsebrücke» genannt wurde.

Am 21. September 1740 besprach der ZürcherOrt: RatOrganisation: eine Beschwerde der FürkaufkommissionOrganisation: , dass das gültige Mandat gegen Lebensmittelfürkauf nicht eingehalten würde. Da viele Bürger und Angehörige Händler, die Fürkauf betrieben, beherbergten, liessen sich die Bestimmungen des Mandats gemäss Aussagen der FürkaufkommissionOrganisation: nicht durchsetzen (StAZH B II 830, S. 136-137). Daher entschied der RatOrganisation: , das Mandat vom 3. Januar 1728 (StAZH III AAb 1.9, Nr. 46) neu drucken zu lassen und es am übernächsten Sonntag von allen Kanzeln verlesen zu lassen. Ausserdem wurde die FürkaufkommissionOrganisation: befugt, eine Person einzusetzen, die künftige Zuwiderhandlungen anzeigen sollte. Das vorliegende Mandat entspricht inhaltlich demjenigen von 1728. Hinzugefügt wurde allerdings die Passage am Schluss, die allen Bürgern die Beherbergung von Fürkaufhändlern verbietet.

Detailliertere Vorschriften zur Vermeidung von Lebensmittelfürkauf und zur Regulierung des Brückenmarktes finden sich in der Ordnung von 1789: SSRQ ZH NF I/1/11 93-1.

Zum Verkauf und Handel von Lebensmitteln in ZürichOrt: im 18. Jahrhundert vgl. Lendenmann 1996, S. 133-136; Sulzer 1944, S. 31-34; Wyss 1796, S. 328-334.

Editionstext


Wir Burgermeister und Rath der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: ,
Entbieten hiemit allen Unseren Angehoͤrigen zu Stadt und Land Unseren
Gnaͤdigen Wolgeneigten Willen und alles Guts zuvor; Lassen zumahlen anbey unverhalten, daß zu hoͤchstem Unserem Mißfallen Wir vernehmen muͤssen, daß zuwider vormahliger verkuͤndeter
Mandaten und Verordnungen, der hoͤchst-schaͤdliche Auf- und Vorkauff auf Wucher und Mehrschatz, aller und jeder Nahrungs-Mittlen, so wol fuͤr Menschen als Vieh, aus eigennuͤtziger Begierd je mehr und mehr, zu Stadt und Land zunemme,
und so hoch steige, daß deme fehrner zuzusehen, Unsere ernehrende Lands-vaͤtterliche Vorsorg nicht zugeben, auch solches zu
gemeinem und besonderem empfindlichem Schaden gereichen thaͤte: Derowegen Wir uns verpflichtet befunden, dieser Ungebuͤhr und vortheilhafftigem Gesuͤch ernstlichen vorzukommen und abzuhelffen;
Zu welchem End hin Wir hiemit alles Fleisses
offentlich gebiethen, setzen und ordnen, daß vorderst in Ansehung der Zufuhr, Kauffens und Verkauffens aller und jeder trochner Fruͤchten, wie die Nammen haben moͤchten; Item des Ankens, Kaͤses, Zigers, Unschlits, der Fischen etcAbkürzung es bey Unseren vormahls verkuͤndten Mandaten, Satz- und Ordnungen sein gaͤntzliches verbleiben haben, und daß deme in allweg getreulich obgehalten und nachgelebt werde, erinnern und vermahnen Wir, Unsere darzu eigens gesetzte Raths-Mittel, Ober- und
Landvoͤgt, auch ihre Beamtete hiermit nachdruckenlich, Jeder seines Orths darauf pflichtmaͤssige Achtung zu geben, zumahlen
die Betrettend-Fehlbare, nach Inhalt angezogener Unserer Mandaten, Satz- und Ordnungen, mit empfindlichen Gelts-
und Leibs-Bussen zu belegen und abzustraffen.

Demnach ist Unser fehrner enstliche Will und Meynung, daß in Unseren Staͤdten, Gerichten und Gebieten aller An- und Vorkauf auf Wucher und Mehrschatz; Wie nicht weniger aller Verkauff, schicken, und verfergen aussert Lands aller Obs- und Garten-Gewaͤchsen, Gefluͤgel etcAbkürzung auch
aller und jeder essiger Speisen und Lebens-Mittlen fuͤr Menschen und Vieh, die seyen klein und grossen Werths, wie die immer Namen haben, gaͤntzlichen und bey schwehrer Straff abgekennt und verbotten seyn;
So daß wann jemand Unserer Angehoͤriger zu Stadt und Land, etwann dergleichen Nahrungs-Mittlen, was es immer waͤre, zu verkauffen haͤtte, der oder dieselbe solche auf die in Unserer Stadt und Landschafft angesehene,
gewohnte, freye offentliche Wochen-Maͤrckt fertigen und tragen, folglich zu freyem feilem Kauff und Marckt kommen lassen, auch in ehrlich und billichem Preiß verkauffen sollen; Darbey doch Unsere Gnaͤdige Meynung waltet, daß ein ehrlicher Burger und Angehoͤriger, vor seinen Haußbrauch
ein und anders bey seinem Hauß, oder auf frey offner Gaß ohne suchenden Mehrschatz und treibende Pfragnerey, wol einkauffen, und zu seiner eignen Nothdurfft sich versehen moͤge.

Und damit deme allem zu gemeinem und besonderem Nutzen gehorsame Stadt geschehe, so haben Wir zu geflißner Handhab dieses, wegen Umstand der Zeiten so tringend und noͤthigen Punctens, Unseren hierzu eigens verordneten Geliebten Mit-Raͤthen den ernstlichen Befehl ertheilet, daß
Sie hierauf zu Stadt und Land unermuͤdet wachen, und erforderliche Anstalt verfuͤgen, zumahlen die in Erfahrung bringende Fehlbare, je nach Beschaffenheit der Sachen, nebst der Confiscation, bis auf hundert PfundWährung: 100 Pfund Gelts, oder in Mangel dessen, mit Gefangenschafft abbuͤssen, ja bey erfindendem schwehreren Verbrechen, solche zu mehrerer Straff, an Leib oder Gut, ohne Ansehen der Persohn, an Uns hinterbringen und leiten thuͤgend;
Und weilen dem Verlaut nach dergleichen Fuͤrkaͤuffleren an vielen Orthen Unserer Stadt Unterschlauff gegeben wird, als ist Unser ernstlicher
Befehl an alle Unsere Verburgerte sich desse bey Vermeidung schwehrer Verantwortung und Straff zu huͤten, und dergleichen gewuͤnnsuͤchtige Leuthe solcher gestalten in ihrem hoͤchst-beschwehrlich- und unleidenlichen Verfahren nicht mehr zu unterhalten, Wir versehen Uns auch zu maͤnniglichem Unserer getreuen Verburgerten und Landleuthen, denen die Wohlfahrt und das Beste des Landes angelegen, daß sie, wo ihnen eint- ald andere Ubertrettung dieseres Unsers Mandats zu wuͤssen kaͤme, dieselbe jederweilen Unserer Verordnung alsobald vorzeigen werdind, damit also durch
diese Gnaͤdige Lands-Vaͤtterliche Vorsehung, der freye, feile Kauff, und die offentliche Maͤrckt geaͤuffnet, allen Mangel bestmoͤglich gesteuret, die
noͤthige Lebens-Mittel in billichem Preiß behalten, und dargegen sothanem lieblosen, und eigennuͤtzigen Fuͤrkauff, Wucher und Pfragnerey, nach
allen Kraͤfften zeitlich der Rigel gestossen, und vorgebogen werden koͤnne: Wornach maͤnniglich sich zu richten, und sich selbst und die Seinigen vor
Schaden und Ungemach zu vergaumen wol wuͤssen wird.

Mittwochs den Ein und Zwantzigsten Tag Herbstmonat / nach der Gnadenreichen Geburt Christi / unsers
Erloͤsers gezellet / Eintausend / Sibenhundert und Viertzig Jahre
Originaldatierung: 21.9.1740
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Cantzley der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: .
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