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SSRQ ZH NF I/1/11 61-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 61-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Gesellenordnung der Stadt Zürich für die Zimmerleute und Maurer

1765 April 18.

Die Handwerksmeister der Zimmerleute und Maurer erlassen eine erneuerte Gesellenordnung mit sieben Artikeln. Zunächst wird festgelegt, dass der Arbeitstag von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends dauert. An Dienstagen dauert der Arbeitstag von 7 bis 19 Uhr und an Samstagen endet der Arbeitstag bereits um 17.30 Uhr (I). Für das Frühstück und Abendessen darf eine halbe Stunde sowie für das Mittagessen eine Stunde Pause gemacht werden (II). Es ist verboten, während der Arbeit Tabak zu rauchen. Zuwiderhandlungen sowie unterlassene Anzeigen werden geahndet (III). Übermässiger Alkoholkonsum und unangemessenes Aufführen wird mit einer Busse bestraft (IV). Des Weiteren ist es verboten, ohne ausdrückliche Erlaubnis des Meisters Nebenerwerben nachzugehen (stümpeln). Während der Mittagszeit dürfen die Gesellen nicht ohne Erlaubnis des Meisters weggehen (V). Gesellen, die Material entwenden, sollen beim ersten Vorkommen mit einer Geldbusse belegt werden. Im Wiederholungsfall wird der Geselle verjagt und darf von keinem Meister mehr angestellt werden. Dasselbe gilt für diejenigen Gesellen, die sich mürrisch oder nicht fleissig verhalten (VI). Ausserdem werden Gesellen, die aufgrund von schlechter Aufführung und Exzessen nach dem Feierabend angeklagt worden sind, bestraft (VII). Zuletzt wird festgehalten, dass alle genannten Artikel den Gesellen von ihren Meistern vorgelesen werden müssen. Geschieht dies nicht, wird der entsprechende Meister gebüsst. Den Meistern ist es zudem vorbehalten, die Busse je nach Zuwiderhandlung anzupassen. Jegliche Vergehen ihrer Gesellen müssen die Meister anzeigen.

Editionstext


Zu Jedermaͤnniglichem Wissen und Einsicht
haben LoblLobliche Ehrsame Handwerker der ZimmerleutenOrganisation: und MaurernOrganisation: 1
nachstehende Artikel und Ordnung vor Ihre zu foͤrderend und habende Gesellen bekannt machen
wollen, um dardurch koͤnftigen Beschwerden und Klaͤgden bey einer LoͤblLoͤblichen Burgerschaft sich zu entheben,
und selbige zu versichern, daß fuͤrohin diese Artikel und Ordnung von beyden LoͤblLoͤblichen Handwerkeren auf das
genaueste gehandhabet werden sollen.

I. Es solle ein jeglicher Gesell an jeglichem Ort, da er arbeiten soll, Morgens um 6. UhrZeit: 6:00 wuͤrklichen seine Arbeit angefangen haben, und auf Abends, so
es 6. UhrZeit: 18:00 verschlagen hat, sein Feyer-Abend seyn.
DienstagWiederholte Zeitspanne: 3 Wochen Morgens soll er um 7. UhrZeit: 7:00 an seiner Arbeit, und Abends um 7. UhrZeit: 19:00 der Feyer-Abend seyn.
SamstagsWiederholte Zeitspanne: 7 Wochen soll um halber 6. UhrZeit: 17:30 Feyer-Abends gemacht werden.

II. Die Ruhe oder Feyer-Zeit des Tags soll also eingerichtet seyn, daß das Fruͤhstuͤk und AbendZeitspanne: abends-Essen nicht laͤnger als eine halbe StundZeitspanne: waͤhre, das MittagZeitspanne: mittags-Essen auf 1. StundZeitspanne: 1 Stunde bestimmt seyn soll.

III. Es solle keiner befuͦgt seyn, auf einicher Arbeit, sie seye in Haͤusern oder offenen Orten, Tabak zu rauchen. So aber einer solches thaͤte, und diejnigen,
so neben einem solchen in Arbeit stehen, es nicht laideten, sollen selbige insgesamt zu gleicher Straf gezogen werden.

IV. So je ein Gesell bey einem Bau-Herrn aus sich selbst, oder durch Rauch-Knecht oder Lehr-Jung uͤber seine Gebuͤhr zu trinken forderte, oder den Wein
uͤnbegruͤndt censierte, oder auf andere Weis unverschamt sich bezeigte, derselbe soll mit scharfer Buß belegt werden.

V. Soll alles Stuͤmpeln vor, in und nach obgesezter Zeit, so zur Arbeit bestimmt, ohne specialen Befehl oder Erlauben seines Bau-Herren oder Meisters,
bey gebuͤhrender Straf gaͤnzlich verbotten seyn.

Auch das Weggehen in der MittagZeitspanne: mittags-Stund, ohne Erlaubnuß seines Bau-Herrn oder Meisters, nicht geschehen moͤgen.

VI. Wann einer, wer der waͤre, einicherley Materialien entwenden thaͤte, solle solcher vor das erste mahl mit harter Gelt-Buß belegt werden. Sollte es
dann mehr geschehen, so wuͤrde er von Stund an als ein Untreuer weggejagt, und kein Meister einem solchen Arbeit znKorrigiert: zua geben befuͤgt seyn. Ein
gleiche Bewandtnuß und in gleiche Straf sollen diejenigen Gesellen verfallen seyn, welche sich gegen ihre Bau-Herrn oder Meister murrisch,
oder auch unfleißig in der Arbeit bezeigen wurden.

VII. Wann nach dem Feyer-AbendZeitspanne: abends der eint- oder andere Gesell wegen schlechter Auffuͤhrung oder anderer veruͤbten Excessen angeklagt wurde, soll selbiger
zur Verantwortung, und nach befindender Sach zur Straf gezogen werden.

Und damit sich niemand mit der Unwissenheit entschuldigen koͤnne, so soll jeglicher Meister seinen in Arbeit habenden oder in solche nehmende Gesellen,
Froͤmden oder Einheimischen, obbenannte Artikul und Ordnungen vorlesen (oder vorlesen lassen). Bey Verabsaumung dessen haͤtte ein solcher
Meister sich der dafuͤr bestimmten Buß zu unterziehen.

Es behalten sich die Meistere beyder LoblLoblichen Handwerkern der ZimmerleutenOrganisation: und MaurernOrganisation: vor, auf benannte Artikul, je nach Befinden der Sach, die
angemessene Buß zu legen, und nehmen es auf ihre Pflicht, alle und jede uͤber obbenannte Artikul fuͤhrende Klaͤgden einem LoblLoblichen Handwerk,
ohne Ansehen der Person, zu laiden, da in Verabsaumung dessen sich ein solcher Meister einer gemessenen Straf vor jedes mahl schuldig weißt.

Erneuert und publiciert ZuͤrichAusstellungsort: den 18. April, 1765Originaldatierung: 18.4.1765. von den Meisteren beyder Loblichen und Ehrsamen Handwerkeren
der ZimmerleutenOrganisation: und MaurerenOrganisation: .
[fol. v]Seitenumbruch

Anmerkungen

  1. Korrigiert: zu.
  1. Für den Zunftbrief der ZimmerleuteOrganisation: und MaurerOrganisation: vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 46-1.