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SSRQ ZH NF I/1/11 73-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11: Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 73-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Mandat der Stadt Zürich betreffend Unterhalt der Wälder, Harzgewinnung und Nutzung des Holzes

1773 Mai 15.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich erlassen aufgrund zahlreicher Missbräuche sowie einer drohenden Holzverknappung ein erneuertes Waldungsmandat mit 16 Artikeln. Zunächst wird verordnet, dass die Waldweide in den ersten zwölf Jahren nach Holzschlag verboten ist sowie dass junge Wälder eingezäunt oder durch Gräben geschützt werden sollen (I). Das Sammeln von Laub und Moos sowie das Mähen und Graben ist bei jungen Bäumen verboten (II). Das Harzsammeln, das lediglich einheimischen Personen erlaubt ist, darf nur in Tannen- und Föhrenwäldern in den letzten zwei bis drei Jahren vor dem Holzschlag durchgeführt werden (III). Geregelt wird des Weiteren die Art und Weise sowie der Zeitraum des Holzschlages (IV, V, VI). Für die Aufforstung werden Regelungen bezüglich der Orte der Anpflanzung und der Baumarten aufgeführt (VII, VIII, IX). Bei der Verwendung von Holz, bei welchem aufgrund des drohenden Holzmangels Sparsamkeit geübt werden soll, gelten die gültigen Nutzungsrechte (X). Es folgen Bestimmungen bezüglich der Verwendung von Holz bei Rebstecken, Bohnenstickeln und Zäunen (XI, XII). Torf (Turben) soll vermehrt als Brennholzersatz genutzt werden (XIII). Das Abholzen ohne obrigkeitliche Erlaubnis (Ausstocken) ist weder Privatpersonen noch Gemeinden erlaubt (XIV). Weitere Informationen bezüglich Pflanzung, Wartung und Nutzung von Wäldern erhalten Landleute in der entsprechenden Anleitung der Naturforschenden Gesellschaft Zürich (XV). Zuletzt wird die Häufigkeit der Verlesung des Mandats sowie die Verantwortung der zuständigen Amtleute aufgeführt (XVI).

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es im zürcherischen Forstwesen und in der Waldbewirtschaftung zwei grundlegende Veränderungen. Erstens erfolgte eine Einschränkung traditioneller bäuerlicher Waldnutzungen (wie die Waldweide sowie das Grasen und Lauben) zugunsten der Intensivierung der Landwirtschaftsproduktion. Agrarische Reformen, wie sie vor allem von der Ökonomischen KommissionOrganisation: der Naturforschenden Gesellschaft ZürichsOrt: Organisation: formuliert wurden, waren eng an forstwirtschaftliche Erneuerungen geknüpft. So sahen die Ökonomen die Waldweide beispielsweise als überflüssig an, da auf der Brache genügend Viehfutter (beispielsweise Klee, vgl. das Kleemandat von 1788: SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 92) angebaut werden könne und das Vieh vermehrt in Ställen gehalten werden solle. Ein zentraler Grund für die Forstreformen sahen die Vertreter der Obrigkeit sowie die Ökonomen im Holzmangel und in den Waldschäden. Der erhöhte Holzverbrauch hing mit dem gestiegenen Bedarf nach Holzkohle, Brennholz, Gewerbeholz sowie Bauholz zusammen und führte im 18. Jahrhundert zeitweise zu Holzknappheit. Allerdings handelt es sich bei der sogenannten Holznot laut Katja Hürlimann eher um ein diskursives Phänomen, welches als Legitimation für Massnahmen der Produktivitätssteigerung im Agrar- und Forstwesen diente (Hürlimann 2004, S. 325-326).

Zweitens bestand aufgrund des erhöhten Holzverbrauchs sowie der Zunahme der Nutzungskonflikte grösserer Regelungsbedarf. Dies führte zur Verstärkung der seit dem Spätmittelalter stattfindenden obrigkeitlichen Eingriffe in den Wald sowie zum Ausbau der obrigkeitlichen Forstverwaltungen. Bereits 1702 setzte der Rat eine Kommission ein, um die Gründe missbräuchlicher Holzschläge im NeuamtOrt: sowie Massnahmen für den künftigen Schutz der Wälder zu eruieren. Im selben Jahr wurde dazu ein gedrucktes Mandat erlassen (StAZH III AAb 1.7, Nr. 8). Die Kommission wurde jedoch im Jahre 1717 aufgelöst und nahm erst 1760 als WaldungskommissionOrganisation: (auch als Forst- und WaldungskommissionOrganisation: bezeichnet) ihre Arbeit wieder auf (vgl. die Protokolle der WaldungskommissionOrganisation: : StAZH B III 162). 1770 entstand die engere WaldungskommissionOrganisation: , die als Ausschuss von der WaldungskommissionOrganisation: beauftragt werden konnte, Visitationen durchzuführen sowie Berichte zu erstellen (StAZH B III 161, S. 1). Für die Ausarbeitung von Ordnungen und Mandaten war hingegen weiterhin die WaldungskommissionOrganisation: zuständig.

Am 5. Juli 1769 wurden einzelne Mitglieder der WaldungskommissionOrganisation: beauftragt, über den Zustand verschiedener Wälder zu berichten sowie einen Vorschlag für die Erneuerung des Mandats von 1717 (StAZH III AAb 1.8, Nr. 68) vorzulegen (StAZH B III 162, Beilage, S. 6-7). Der Mandatsentwurf wurde an den drei Kommissionsitzungen vom 3. August 1772, vom 2. November 1772 und vom 25. Februar 1773 besprochen und überarbeitet (StAZH B III 162, S. 2-5 und 7-8). Schliesslich hiess der Rat den Mandatsentwurf mit «wenigen unbeträchtlichen zusäzen» am 15. Mai 1773 gut und verordnete dessen Druck. Sämtliche Ober- und Landvögte wurden beauftragt, das Mandat am Sonntag, 26. September 1773, und danach jeweils alle zwei Jahre zu verlesen. Die WaldungskommissionOrganisation: erhielt ausserdem eine besondere Vollmacht zur Ausführung der Mandatsbestimmungen. Schliesslich wurde verordnet, dass jedem Kommissionsmitglied je ein Exemplar des Mandats sowie die darin erwähnte Anleitung der Naturforschenden GesellschaftOrganisation: zugestellt werden solle (StAZH B II 960, S. 229 und StAZH B III 162, S. 9).

Im Gegensatz zu den Holzordnungen, die Vorschriften über Aufsicht, Nutzung und Bewirtschaftung einzelner Gemeindewaldungen enthalten (vgl. exemplarisch die Holzordnung von Aesch von 1567: SSRQ ZH NF II/3 81-1), wurden in Mandaten, wie im vorliegenden Exemplar ersichtlich, allgemeine Grundsätze postuliert, die sich auf das gesamte Herrschaftsgebiet übertragen liessen. Im Gegensatz zu früheren Mandaten finden sich im vorliegenden Mandat präzisere Bestimmungen sowie genaue Anweisungen über Schlagführung, Holzabfuhr und Waldverjüngung. Ausserdem zeigt der Verweis auf eine Anleitung der Naturforschenden GesellschaftOrganisation: deren enge Zusammenarbeit mit der Zürcher ObrigkeitOrganisation: (HLS, Wald; Hürlimann 2004; Irniger 1996, S. 88-98 und 117-122; Weisz et al. 1983, S. 15-43 und 401-416; Witschi 1981, S. 33-42 und 90-94).

Editionstext

Erneuertes Waldungs-Mandat

Holzschnitt

Anno MDCCLXXIIIDatum: 1773

[S. 2]Seitenumbruch [S. 3]Seitenumbruch

Wir Burgermeister und Rath der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: , thun kund offentlich hiermit; Demnach Wir Uns jederzeit haben angelegen seyn lassen, den Wolstand Unserer LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrigen, so viel an Uns liegt, zu befoͤrdern und zu vermehren, auch in der Ueberzeugung stehen, daß die Besorgung der Waldungen, und derselben bestmoͤglichster Ertrag fuͤr jedes Land von der groͤßten Nothwendigkeit seye; so haben Wir zu Unserem nicht geringen Bedauren von Zeit zu Zeit vernehmen muͤssen, wie dieser wichtige Gegenstand in Unserem Land fast gaͤnzlich aus den Augen gesezt wird, und die meisten von Unseren Waldungen durch viele eingeschlichene Unordnungen und Frefel, und durch eine unter Unseren Landleuten, [S. 4]Seitenumbruch leider! sehr gewohnte Geringschaͤzung des Forst-Baues in einen solchen Verfall gerathen sind, daß mit Grund zu befoͤrchten ist, wann fuͤrohin kein Einsehen gethan wurde, es moͤchte in kurzer Zeit, in den meisten Gegenden Unsers Gebieths nicht nur an dem so noͤthigen Bauholz voͤllig gebrechen, sonder auch an dem so unentbehrlichen Brennholz grosser Mangel entstehen, und die LiebenIn der Vorlage: L Nachkommenden dadurch in die groͤßte Noth gesezet werden; Desnahen Wir unumgaͤnglich nothwendig, und Unserer Landesvaͤterlichen Sorgfalt angemessen zu seyn erachtet haben, durch Erneuerung und naͤhere Bestimmung der schon vor altem publicierten Forst-Ordnungen diesem bevorstehenden Uebel, weil es noch Zeit ist, zu begegnen, und den vor Augen ligenden Schaden so viel moͤglich abzuwenden. Es gehen demnach die von Uns gesezte Ordnungen dahin:

[Marginalie am linken Rand:] Weidgang

I. Weil unter die Hauptursachen des immer zunehmenden Verfalls der Waldungen der Weidgang unstreitig gerechnet werden kann, zumalen das Vieh nicht nur den hervorkeimenden Anflug durch Abaͤzung und Vertrettung verwuͤstet, sondern auch den jungen Aufwachs stark beschaͤdiget, (wie Wir dann in den meisten von Unseren Oberkeitlichen und Gemeind-Hoͤlzern die traurigen Folgen dieser schaͤdlichen Gewohnheit wahrnehmen muͤssen) so gehet Unser wolmeinende aber ernstliche Befehl dahin, daß fuͤrohin alles zu Weid treiben in die Hoͤlzer in den zwoͤlf er[S. 5]Seitenumbruchsten JahrenZeitspanne: 12 Jahre, nachdem das Holz abgeschlagen worden ist, als eine den Waldungen hoͤchst schaͤdliche Gewohnheit, gaͤnzlich abgestrikt und verboten seyn solle; Zu dem Ende hin sollen die jungen Baͤnne sorgfaͤltig eingehaget, oder durch Graͤben-aufwerfen verwahrt und beschluͤßig gemacht werden.

[Marginalie am rechten Rand:] Laub- und Mies-Rechen.

II. Es solle auch alles Laub- und Miesrechen im jungen Aufwachs fuͤrs kuͤnftige verboten, wie auch darinn zu maͤhen, zu graben, oder mit einiger Sichel oder Haumesser darein zu gehen, jedermann abgestrikt seyn.

[Marginalie am rechten Rand:] Harzen.

III. Da das Harzen, wofern es nicht unter guter Aufsicht und mit gehoͤriger Einschrankung getrieben wird, den Tann- und Forren-Waldungen zu groͤßtem Schade gereichet; so solle dasselbige bey Hoher Strafe verboten seyn, in der Meinung zwar, daß solches wol an denjenigen Orten geschehen moͤge, welche in zweyZeitspanne: 2 Jahre bis drey JahrenZeitspanne: 3 Jahre abgeschlagen werden, wozu aber vorher eine speciale Einwilligung von Unseren Ober- und Landvoͤgten jedes Orts erhalten, und diese keinen als einheimischen und dazu ehrlichen Leuthen gegeben werden solle, auf welche dann die Bannwarte,1 damit diese Erlaubnuß nicht mißbraucht werde, bey ihren Eides-Pflichten geflissen achten, und die Fehlbaren an gehoͤrigem Ort anzeigen sollen.

[S. 6]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:] Eintheilung der Holzschlaͤgen.

IV. Um dann auch die Waldungen wiederum in guten Stand und in bessern Anwachs zu bringen, erfordert die hoͤchste Nothwendigkeit, daß man bey Abschlagung des Holzes forstmaͤßiger als bisdahin verfahre; Zu dem Ende hin wollen wir, daß in allen und jeden Waldungen das Holz nicht mehr so unordentlich und zu einzelnen Stuͤken abgetrieben, sondern so viel gegenwaͤrtig thunlich ist, und kuͤnftighin geschehen kann, ordentliche, von Anfang bis zu End haltende, und nach dem Verhaͤltniß jeder Waldung eingerichtete Schlaͤge gefuͤhrt, und so der junge Aufwachs in gleichen Wachsthum gebracht werde. Wir rathen auch jedermann an, die Schlaͤge, sonderheitlich in den Tann-Waldungen, wo immer moͤglich von MorgenZeitspanne: morgens gegen AbendZeitspanne: abends anzulegen, weil so der Saame, der am meisten durch den Abend-Wind getrieben wird, besser auf die abgeholzete Gegend anfliegt, und daneben auch die Waldungen vor den heftigen Abend-Winden gesichert werden.

[Marginalie am linken Rand:] Zeit des Umhauens

V. Gleichwie an der Zeit das Holz zu faͤllen sehr vieles gelegen ist, indem die Dauer und die Schoͤnheit des Bauholzes, und bey dem Laubholz der Wiederausschlag aus dem Stamme groͤßtentheils davon abhanget, so werden sich Unsere respective Voͤgte, Amtleuthe und Vorgesezte angelegen seyn lassen, die Sachen also zu veranstalten, daß das Holz vom [S. 7]Seitenumbruch Wintermonat weg bis spaͤtest in die Mitte des AprilsDatum: November – April ausgehauen, und ohne den groͤßten Nothfall aussert diesen Zeiten keines zu faͤllen bewilliget werde, mit der einigen Ausnahm, daß die Eichen, zufolg Unserer Anno 1764Datum: 1764 bekannt gemachten Verordnung,2 auch im MeyenDatum: Mai gefaͤllt werden koͤnnen.

[Marginalie am rechten Rand:] Saͤuberung der abgeschlagenen Plaͤzen.

VI. Damit auch alle Hinternisse weggeraͤumt werden, welche entweder machen, daß der Saame nicht in die Erde kommen, oder nicht aufgehen kann, oder wann er auch aufgienge, erstiken wuͤrde; so sollen bey Faͤllung des Holzes die Baͤume auf dem Boden so nahe als moͤglich weggeschlagen, und nach dem Abschlag diese Plaͤze von allen Doͤrnen und Gestraͤuch sorgfaͤltig gesaͤubert, in den Tann- und Forrhoͤlzern die Wurzelstoͤke an denjenigen Orten, wo der Boden flach ist, herausgenommen, und das Erdrich verebnet werden, wobey aber wol zu gewahren ist, daß an gaͤhen und bergichten Orten die Wurzelstoͤke nicht herauszunehmen sind, weil dieselbigen zu Befestigung des Erdreichs dienen; Endlich solle auch das abgeschlagene Holz bis spaͤtest zu Ende des AprilsDatum: 30. April (Termin/Frist) weggefuͤhrt werden.

[Marginalie am rechten Rand:] Anpflanzung der laͤhrstehenden Plaͤzen

VII. Wann wir dann auch vernehmen muͤssen, daß in den meisten Waldungen sich viele Reviere befinden, darauf an gar keinen Nachwachs weder aus [S. 8]Seitenumbruch dem Stamm noch aus dem Saamen zu gedenken ist, so finden Wir hoͤchst nothwendig, Unsere LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrige ernstlich zu erinnern, solche laͤhr stehende Oerter foͤrdersamst anzubauen, und mit den darauf sich schikenden Holzgattungen wiederum zu besezen, damit diese Plaͤze, wo nicht fuͤr sie, doch wenigstens fuͤr die Nachkommende nuzbar gemacht werden.

[Marginalie am linken Rand:] Nuzbarmachung der nassen Plaͤzen.

VIII. In der gleichen Absicht finden wir dienlich, Unseren LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrigen freundernstlich anzurathen, diejenigen verseßnen Oerter und Suͤmpfe, die sich sonderheitlich in den Gemeind-Hoͤlzern je mehr und mehr ausbreiten, durch Oeffnung der erforderlichen Graͤben, wo es die Lage des Orts immer erlauben mag, nuzbar zu machen; wo diese Arbeit aber unmoͤglich waͤre, so koͤnnen, nach Anleitung der von Einem LoblichenIn der Vorlage: Lobl Sanitaͤt-RathOrganisation: zur Verbesserung der nassen Weidgaͤngen Anno 1760Datum: 1760 publicierten Verordnung,3 dergleichen Reviere mit Wydstoͤken, Saarbachen, Erlen und anderen Wasser-Baͤumen besezt werden, indem solche nicht allein zur Austroͤknung und Verbesserung nasser Plaͤzen sehr dienlich sind, sondern auch durch das von dem Stuͤken herkommende Brennholz zur Verschonung der Waldungen vieles beytragen koͤnnen; zu dem Ende hin Wir den Vorgesezten jeden Orts Hoch-Oberkeitlich auftragen, die Waldungen fleißig zu besichtigen, und nach bewandtfindenden Dingen die Arbeit zu veranstalten.

[S. 9]Seitenumbruch
[Marginalie am rechten Rand:] Nachpflanzung der frucht baren Baͤumen.

IX. Weil dann auch unstreitig das Pflanzen der fruchtbaren Baͤumen, in Absicht auf den daher ziehenden Nuzen, von der groͤsten Wichtigkeit ist, so wollen wir jedermann erinnert haben, um ihres eigenen und ihrer Nachkommenden Besten willen, ihnen das Nachpflanzen der nuzbarsten Obstbaͤumen, vornehmlich aber auch der Eichen, alles Ernsts angelegen seyn lassen: Wir uͤberlassen zu dem Ende hin jeder Gemeind, hierzu gedeyliche Mittel auszusinnen und anzuordnen, wo und welche aus ihnen eine gewuͤsse Anzahl zu sezen und nachzuziehen pflichtig seyn sollen; Nur befehlen Wir, dazu einen besondern und fuͤr jede Gattung bequemen Platz zu waͤhlen, anstatt solche, nach bishariger Uebung, in den alljaͤhrigen Haͤuen, zu groͤßtem Schade des jungen Aufwachses und unvermeidenlichen Verfall der Waldungen, stehen und aufwachsen zu lassen.

[Marginalie am rechten Rand:] Sparsamkeit im Gebrauch des Holzes.

X. Um aber dem zu besorgenden Holzmangel mitlerweilen, und ehe die Waldungen wieder in guten Stand gesezt worden sind, in zeiten zu begegnen, erforderet die hoͤchste Nothdurft, der unter uns, sonderheitlich aber auf der Landschaft, so hoch gestiegenen Verschwendung im Holz so viel moͤglich Einhalt zu thun; Derhalben dann Unser ernstlicher Befehl, Will und Meinung ist, daß jedermann zu Stadt und Land sich obgelegen seyn lassen solle, sich [S. 10]Seitenumbruch alles Mißbrauchs und Guͤdens des Holzes gaͤnzlich zu muͤßigen, und hingegen sich zu befleissen, daß im Gebrauch so wol des Brenn- Bau- als andern Holzes alle moͤgliche Sparsamkeit beobachtet werde; zu dem Ende hin sollen die Vorgesezten der Gemeinden geflissene Achtung geben, daß die Haͤue nicht ohne Unterschied auf alle und jede Haushaltungen, und wo keine Haus-Hofstatt-Gerechtigkeiten vorhanden sind, und auf eine Stube mehr nicht als ein Hau, obgleich mehr als eine Haushaltung darinn wohnte, gegeben werden, wann nemlich nicht besondere Rechte und Ordnungen der Gemeinden diesfalls etwas anders erforderten; wie Wir Uns dann auch dessen versehen, daß eben zu dem Ende hin die Hoͤfe und Guͤter so viel moͤglich unvertheilt beysamen behalten, und nicht so leichterdingen verstuͤkt, und von einandern vertheilt werden, wodurch zum Nachtheil der Waldungen die Haus-Hofstaͤtte sich unnoͤthiger Dingen vermehren: Und weil sich auch oft dergleichen Leute in den Gemeinden aufhalten, welche weder eigene Dorfgerechtigkeiten und Antheil an solchen besitzen, und desnahen auch keinen Antheil an den Haͤuen haben, sich aber alsdann unrechtmaͤßiger Weise aus den Waldungen zu derselben grossem Schade beholzen; so wollen Wir, damit dieser Mißbrauch so viel moͤglich abgeschafft werde, daß alle diejenigen, welche eigene Gerechtigkeiten, oder doch wenigstens Antheile an solchen besizen, und dergleichen Leute, die keine Gerechtigkeiten besizen, bey sich zu Hause haben, selbige mit Holz versehen, alsdann aber von ihnen einen mehrern jedoch billigen Hauszins zu for[S. 11]Seitenumbruchdern befuͤgt seyn sollen: Und da bey dem Abbruͤhen fuͤr die Schweine sehr viel Holz unnuͤz verschwendet wird, zumalen die allzuheisse Speise diesen Thieren hoͤchst schaͤdlich ist, so rathen Wir allen Unsern LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrigen, hierinn die nothwendige Sparsamkeit des Holzes wolmeinend an; In welcher Absicht es auch sehr gut waͤre, wann in den Doͤrfern anstatt der besondern Waschhaͤuser, wozu gleichfalls betraͤchtlich viel Holz unnoͤthiger Weise verbraucht wird, algemeine Waschhaͤuser, Bak- und Doͤrroͤfen, um der so nothwendigen Erspahrung des Holzes willen, errichtet wurden.

[Marginalie am rechten Rand:] In Rebsteken und Bohnenstikeln

XI. Was dann die Rebsteken betrifft, so wollen Wir ferners, daß den Gemeind-Hoͤlzern damit verschonet werde, hingegen Diejenige, so deren vonnoͤthen sind, entweder solche aus eigenen Hoͤlzern zu nehmen, oder von denjenigen, so eigene Hoͤlzer haben, zu kaufen schuldig seyn sollen; es waͤre dann, daß eine Gemeind bescheinen koͤnnte, daß sie uͤberfluͤßiges Holz besaͤsse, in welchem Fall sie sich aber an Oberkeitliche Behoͤrde zu melden haͤtte, da ihro dann nach Beschaffenheit der Umstaͤnden wird willfahret werden: In Absicht auf die Bohnenstikel sollen die Foster besondere Acht schlagen, daß niemal mehr, als zu Erduͤnnerung des Holzes noͤthig ist, dazu ausgehauen werden, und dieses in ihrer Gegenwart geschehe, auch sollen sie auf dieselben genau Acht geben.

[S. 12]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:] In Zaͤunen

XII. Damit auch den Hoͤlzern destomehr verschonet und dem Holzmangel gesteuret werden moͤchte, so solle sich jedermann befleissen, an denjenigen Orten wo die Zaͤunung bestaͤndig bleibt, und sonderheitlich an Strassen, anstatt der Steken- Latten- und andern todten Haͤgen, Dorn- und Grunhaͤge zu pflanzen, oder auch Steinhaͤge oder Graͤben anzulegen; im Fall aber dergleichen todte Haͤge unentbehrlich waͤren, selbige nicht vier- bis fuͤnffach, sondern hoͤchstens doppelt zu machen; wobey auch insonderheit Acht zu geben ist, daß hierzu nicht junges wachsmuͤndiges, sondern duͤrres und abgestorbenes Holz verwendet werde.

[Marginalie am linken Rand:] Turben.

XIII. Weil Wir befinden, daß zur Aufnahm der Waldungen sehr diensam waͤre, wann an allen Orten Unsers Lands, allwo Turben gegraben werden koͤnnen, dieselben anstatt des Holzes zum Brennen gebraucht wurden; also geben Wir aus Landesvaͤterlicher Sorgfalt unsern LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrigen die wolmeinliche Erinnerung, sich selbiger, wo sie koͤnnen, aber nicht mehr um der Asche willen allein, sondern zu Erspahrung des Holzes zu bedienen; zu welchem Ende hin Wir das Brennen der Turben auf freyen Feldern gaͤnzlich und alles Ernsts verbieten, in der ungezweifelten Hoffnung, daß sie in wenig Jahren in ihren Gemeind- und eignen Hoͤlzern den danahen entstandenen Nuzen erfreulich verspuͤren werden.

[S. 13]Seitenumbruch
[Marginalie am rechten Rand:] Ausstoken der Waldungen.

XIV. Wir verbieten auch hiermit und fuͤrnemlich alles Ausstoken und Ausreuten der Hoͤlzern und Waldungen insgemein, an welchen Orten und Enden es immer seye, also und in der Meinung, daß weder Privat-Personen noch Gemeinden ein solches, ohne expreß von Uns erhaltene Erlaubnuß, bey Vermeidung Unserer Hohen Strafe und Ungnad, zu unterfangen nicht erlaubt, sondern ihnen gaͤnzlich abgekennt und verboten seyn solle; Vielmehr versehen Wir Uns, daß auch der Holzwachs an denen hiezu bequemen Orten, welche sint kurzer Zeit ausgestokt und veraͤnderet worden sind, wiederum gepflanzet und angelegt werde.

[Marginalie am rechten Rand:] Anleitung der Naturforschenden GesellschaftOrganisation: , betreffend die Besorgung der Waldungen.

XV. Wann Wir aber in dieser Unserer Ordnung nur uͤberhaupt diejenige Artikul, die zur Einfuͤhrung einer bessern Forst-Ordnung und Policey erfordert werden, eingeruͤkt haben, so wollen Wir diejenige von Unsern LiebenIn der Vorlage: L Landleuten, welche in Absicht auf die Pflanzung, Wartung und Nuzung der Waldungen einen naͤhern Unterricht zu haben wuͤnschten, auf die uͤber diese wichtige Materie sehr grundlich abgefaßte Anleitung weisen, welche die Natur-forschende GesellschaftOrganisation: in ZuͤrichOrt: vor etlichen Jahren zum Gebrauch des Landvolks herausgegeben hat;4 Desnahen Wir diesem Unserm bestgemeinten Mandat einige gedrukte Exemplar von obbemeldter Anleitung fuͤr jede Ge[S. 14]Seitenumbruchmeinde beygefuͤgt haben, in dem gaͤnzlichen Zutrauen, Unsere LiebenIn der Vorlage: L Angehoͤrige werden sich durch dieselbige, in Absicht auf den Holzbau, diesen so wichtigen Theil einer guten Landwirthschaft, zu ihrem eignen und ihrer Nachkommenden Wolstand, willig und gerne belehren lassen, und dißfalls genau nach den darinn enthaltenen bestens gegruͤndeten Vorschriften handeln; in welcher Absicht auch einem jeden Foster einMenge: 1 Exemplar von dieser Schrift solle uͤbergeben werden.

[Marginalie am linken Rand:] Handhabe

XVI. Gleichwie Wir nun diese Unsere heilsame Ordnung zur Erhaltung gemeiner Wolfahrt sorgfaͤltig angesehen haben, also und damit derselben destoehender nachgelebt werde; so befehlen wir hiemit, daß von Unseren Ober- und Landvoͤgten alle Ihre nachgesezte Voͤgte, Amtleute, Weibel und Foster aller Orten neuerdingen in Pflicht genommen, und sie derer ernstlich erinneret, auch dieses Unser Mandat zu jedermanns Nachricht zu zwey JahrenWiederholte Zeitspanne: 2 Jahre um, allwegen gerade vor der Austheilung oder Verloosung der Winterhaͤuen, offentlich verlesen und verkuͤndet werde, und zu gleicher Zeit auch die Vorgesezten, und besonders die Foster, bey ihren Eides-Pflichten schuldig seyn sollen, die Herren Ober- und Landvoͤgte zu berichten, wie es das vergangene Jahr in den Hoͤlzern hergegangen seye; Gestalten Wir auch aus Unserem Mittel einige Unserer Geliebten Mit-Raͤthen verordnet haben, welche hieruͤber [S. 15]Seitenumbruch die Ober-Inspection und Aufsicht haben; und falls den Herren Ober- und Landvoͤgten etwas zu schwer fallen sollte, Sie jederzeit Ihnen an die Hand zu stehen; oder aber, wo sonst sich Maͤngel erzeigen wuͤrden, das Noͤthige zu befehlen begwaͤltiget haben: Wie dann allerseits Unsere verordnete Voͤgte, Weibel und Foster bey ihren Eides-Pflichten zum ernstlichsten ermahnet seyn sollen, auf die Uebertrettere, und besonders auch auf die Holzfrefel, eine fleißige Aufsicht zu halten, und dieselbigen den Herren Ober- und Landvoͤgten jeden Orts, oder wem der Holzfrefeln halber das Strafrecht zukommt, pflichtmaͤßig zu laiden, welche dann solch Ungehorsame zu unverschonter und ernstlicher Abstrafung ziehen werden: Wir versehen Uns aber, daß samtliche Unsere Angehoͤrige, in Absicht auf ihre eigene und ihrer Nachkommenden Wolfahrt, diese bestgemeinte und zu allgemeinem Nuzen abzwekende Verordnung willig befolgen, und sich also jedermann selbst vor Strafe und Ungnad zu seyn wolwuͤssen werde.

Geben Samstags, den 15den des Maymonats, im Jahre nach Christi Gnadenreicher Geburt gezaͤhlt, Eintausend, Siebenhundert, Siebenzig und DreyOriginaldatierung: 15.5.1773.

Holzschnitt

[S. 16]Seitenumbruch

Anmerkungen

    1. Die Bannwarte, welche zunächst Fluraufseher, dann Waldaufseher waren, hatten meist keine speziellen Fachkenntnisse. Erst mit der Einführung des Forstinspektors im Jahre 1794 erfolgte eine Professionalisierung, da neu gewählte Förster nun über ihre Pflichten und Forstkenntnisse geprüft und falls nötig weiter unterrichtet werden mussten (Weisz et al. 1983, S. 38-42 und 425).
    2. Gemeint ist vielleicht das Mandat betreffend Verbot des Fürkaufs und Ausfuhr von Eichenrinden und Rottannenrinden von 1763 (StAZH III AAb 1.12, Nr. 57).
    3. Gemeint ist die «Anleitung, wie man durch Verbesserung der nassen Weydgängen und vernünftige Sorgfalt im Handel, Verpflegung und Gebrauch des Viehes den Vieh-Seuchen vorbauen könne» von 1760 (ZBZ 18.593,20).
    4. Möglicherweise handelt es sich um die Anleitung fuͤr die Landleute in Absicht auf das Ausstocken und die Pflanzung der Waͤlder von 1767 (ZBZ Rar 4933).