SSRQ ZH NF I/1/11 83-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 11:
Gedruckte Mandate für Stadt und/oder Landschaft Zürich, von Sandra Reisinger
Zitation: SSRQ ZH NF I/1/11 83-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Verordnung der Stadt Zürich betreffend verbotene Handelsgesellschaften und Meldungspflicht im Ragionenbuch
1780 Februar 23.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH III AAb 1.14, Nr. 110
- Originaldatierung: 1780 Februar 23 Überlieferung: Druckschrift, 2 Bl.
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 18.0 × 22.0
- Sprache: Deutsch
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Edition
- SBPOZH, Bd. 6, Nr. 12, S. 159-164
Nachweis
- Schott-Volm, Repertorium, S. 1036-1037, Nr. 1857
Kommentar
Da die französischeOrt: Schutzzollpolitik der 1660er Jahre negative Auswirkungen auf die zürcherischenOrt: Textilexporte hatte, wurde im Jahre 1662 das Kaufmännische DirektoriumOrganisation: als Zusammenschluss der städtischen Kaufleute gegründet. Während anfänglich sieben Kaufleute von der Kaufmannschaft gewählt wurden, bestand das Kaufmännische DirektoriumOrganisation: ab 1710 aus zwölf Mitgliedern, von denen vier aus dem Kleinen RatOrganisation: stammten. Zu den Aufgaben des Kaufmännischen DirektoriumsOrganisation: zählte die Verwaltung des Zollwesens (insbesondere für den Seiden- und Wollhandel), des Postwesens, des Transportwesens und des Makler- und Börsenwesens. Ausserdem war das Direktorium für arbeitsrechtliche Regelungen der Verlagsarbeiter, für die Gewerbe- und Qualitätskontrolle, für das Führen der diplomatischen Korrespondenz in kaufmännischen Angelegenheiten sowie als Schlichtungsstelle bei Streitfällen unter Kaufleuten zuständig. Da jedoch 1692 die FabrikkommissionOrganisation: gegründet wurde, die einen Grossteil der gewerbepolitischen Aufgaben übernahm, entwickelte sich das Kaufmännischen DirektoriumOrganisation: nicht zu einem Gremium, das alle fabrikationstechnischen und kaufmännischen Belange regelte.
Ein erstes Verzeichnis handeltreibender Bürger stammt von 1679 (StAZH A 58.1 a). In der Fabrikordnung vom 16. August 1717 wurde festgelegt, dass sich alle Händler und Kaufleute mit ihrer Handelsgesellschaft («Ragion») zur Registrierung bei der StadtkanzleiOrganisation: melden mussten (StAZH A 76). Grund für diese Regelung waren zunächst fiskalische Interessen der ZürcherOrt: Obrigkeit. Da jedoch ab den 1770er Jahren zahlreiche nicht erlaubte Handelsgesellschaften zwischen Bürgern und Nichtbürgern entstanden, ging es der ZürcherOrt: Obrigkeit stärker darum, mittels Kontrolle und ordnungsgemässer Registrierung solche verbotenen Handelsgesellschaften zu unterbinden.
Am 20. Januar 1780 stellte der ZürcherOrt: RatOrganisation: während der Beratschlagung über das weitere Vorgehen gegen vier zahlungsunfähige Bürger fest, dass das Ragionenbuch in der städtischen UnterschreiberkanzleiOrganisation: mangelhaft geführt werde. Es sei zwar vor Kurzem eine Kommission zur Behebung der Missstände eingesetzt worden, diese habe aber noch keine Ergebnisse geliefert. Da das Kaufmännische DirektoriumOrganisation: bereits 1776 auf zahlreiche verbotene Handelsgesellschaften und die Notwendigkeit einer Verordnung hingewiesen hatte, gab der RatOrganisation: einer neu eingesetzten Kommission den Auftrag, ein Gutachten auszuarbeiten (StAZH B II 988, S. 23-24). Der RatOrganisation: besprach das Gutachten am 23. Februar 1780 und hiess alle Vorschläge ohne Änderungen gut (StAZH B II 988, S. 23-24). In Folge wurde ein neues Ragionenbuch angelegt, worin am Anfang die vorliegende Verordnung sowie ein vorgedruckter, unausgefüllter Ragionenschein eingeklebt wurden (StAZH D 54).
Nachdem mit der vorliegenden Verordnung genauere Ausführungsbestimmungen über die Führung der Ragionenverzeichnisse erfolgt waren, kam es mit der Verordnung von 1789 zu einer Präzisierung und Erweiterung der Bestimmungen (Edition: SBPOZH, Bd. 6, Nr. 34, S. 266-275).
Zum Kaufmännischen DirektoriumOrganisation: und zum Ragionenwesen in ZürichOrt: vgl. HLS, Kaufleute; Pfister 1992, S. 97-98; Sulzer 1944, S. 115-117; Grossmann 1927.
Editionstext
Holzschnitt
Demnach Unsere Gnaͤdigen Hohen HerrenIn der Vorlage: UnGnHHrn und Obere veranlaaset worden, Hochdero kluge und Landesvaͤterliche Gedanken walten zu lassen, auf was Weise die hiesige Kauf- und Handelschaft moͤglichster massen begoͤnstiget, und allem demjenigen, so hieran behinderlich ist, vorgebogen werde, so wurde vorzuͤglich wichtig und erforderlich zu seyn befunden, den Bedacht zu Hintertreibung der verbottenen Handlungs-Societaͤten mit andern als allhiesigen Verburgerten, zunehmen, einer- und anderseits eine vollstaͤndigere Errichtung des in der Stadt-Unterschreiber-CanzleyOrganisation: liegenden Ragionen-Buchs, und Reglen, wie selbiges in Zukonft in Ordnung zu unterhalten und fortzusetzen waͤre, zu veranstalten und vestzusetzen; Weßnahen dann Hochgedacht Unsere Gnaͤdigen Hohen HerrenIn der Vorlage: UnGnHHrn uͤber diesen gedoppelten Gegenstand zu verordnen einmuͤthig gut befunden haben, was hier folget:
[fol. 1v]SeitenumbruchI. Es sollen alle heimliche und verborgen gehaltene Handlungs-Societaͤten mit einig andern Personen, als mit hiesig Verburgerten, gaͤnzlich untersagt und verbotten seyn, und wann uͤber kurz oder uͤber lang dergleichen entdeckt wurden, die samtliche Antheilhabere zu ohnverschohnter schwerer Verantwortung und Straf gezogen werden. Damit aber
II. Solch strafbare Verbindungen auf das sorgfaͤltigste vermidten, und denselben so viel als moͤglich die Wurzel abgeschnidten werde, auch in jedem Fall gewissenhaft an dem Tag lige, wer in einer Handlungs-Ragion eigentlich intereßiert seye, so wird dem LoblichenIn der Vorlage: Lobl Kaufmaͤnnischen DirectorioOrganisation: Hochoberkeitlich aufgetragen, dieß Jahr bey Anlaas der jaͤhrlichenWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr Gewohnheit, nach bevorstehender sogeheissener Zohlordnungs-Zusammenkonft, diesere Verordnung fuͤr das erste mahl, und dann in Zukonft alle JahrWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr bey dem nemlichen Anlaas offentlich verlesen, sich demnach bey dem hiesigen LoblichenIn der Vorlage: Lobl PostamtOrganisation: der Namen des gesammten hier Kauf- und Handelschaft treibenden Publici zu erkundigen, und sodanne einen gedruckten Zedel in alle und jede Handelshaͤuser hintragen zu lassen,1 mit dem befelchlichen Ansinnen, daß in Zeit von 8. TagenZeitspanne: 8 Tage, ein jeder in einer Handlung theilhabender Burger bey seinen buͤrgerlichen Pflichten sich eigenhaͤndig darinn unterschreibe, und sollen, nach Verfluß dieses anberaumten acht-taͤgigenZeitspanne: 8 Tage Termins solch ausgefuͤllte Bogen wiederum eingezogen, aus selbigen ein neues in der Stadt-Unterschreiber-CanzleyOrganisation: zu verwahrendes Ragionen-Buch zusammen geschrieben und verfertiget, die Originalzedel selbst aber in der Directorial-CassaSchriftwechsel auf das gewahrsamste aufbewahret werden, damit je eines durch das andre controlliSchriftwechselert und gerechtfertiget, und benoͤthigten Falls in diesen das erforderliche Licht erhebt werden koͤnne. Weil aber
IV. Diese einig zu Vermehrung des Wohlstands und zu Aufnahm des Flors der hiesigen Kauf- und Handelschaft abgesehenen bestgemeynten Landesvaͤterliche Verordnungen, sollen endlich durch den Druck offentlich bekannt gemacht, bey den jeweiligen Zohlordnungs-Zusammenkoͤnften allemahl verlesen, auch in jedes Handlungs-Haus bey dem dießmaligen Herumtragen der Bogen, und dann in Zukonft, wann ein neues Handlungs-Haus entstehet, und seine Ragion zum erstenmahl einschreiben laßt, zu noͤthiger Wissenschaft und Verhalt mitgetheilt, auch dem Frey LoblichenIn der Vorlage: Lobl Stadt-GerichtOrganisation: zugestellt werden, um bey sich ergebenden Faͤllen nach Anleitung derselben zu verfahren.
Es stehen aber Hoch- und Wohlgedacht Unseren Gnaͤdigen Hohen HerrenIn der Vorlage: UnGnHHrn in der zuversichtlichsten Erwartung, daß diesen auf den Nutzen, Sicherheit und Wohlstand der ganzen Kaufmannschaft abzielenden Verordnungen von jedermann willige Folge werde geleistet werden.
Geben den 23. Februarii 1780Originaldatierung: 23.2.1780.
Canzley der Stadt ZuͤrichOrt: Organisation: .
Anmerkungen
- Ein Beispiel für einen unausgefüllten, vorgedruckten Ragionenschein befindet sich im Ragionenbuch von 1780 (StAZH D 54). ↩
Regest