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SSRQ ZH NF I/1/3 125-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 125-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Almosenordnung der Stadt Zürich

1525 Januar 15.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich bestätigen die Ordnung für das Almosen. Diese umfasst die folgenden Bestimmungen: tägliche morgendliche Austeilung von Brei und Brot beim Predigerkloster; Einsetzung von Rudolf Stoll, Georg Göldli, Ulrich Trinkler und Hans Schneeberger zu Pflegern sowie von Heinrich Brennwald als Obmann und Schreiber des Almosenamts mit deren Eid; regelmässige Rechnungslegung von Obmann und Pflegern gegenüber Bürgermeister und Rat; Einsetzung zweier Aufseher in jeder Wacht zur Führung der Liste der zum Almosen berechtigten Bürger; Verweigerung des Almosens gegenüber Verschwendern und anderen selbstverschuldeten Armen; Austeilung des Almosens an Bedürftige, die ohne eigenes Verschulden arm geworden sind und innerhalb der Stadt sowie ausserhalb auf dem Gebiet der drei Kirchspiele Grossmünster, Fraumünster und Sankt Peter ansässig sind; Verpflichtung der Empfänger zum Tragen eines Abzeichens; Verbot des Bettelns; Verpflegung und Beherbergung fremder Bettler im Spital und der Aussätzigen im Siechenhaus an der Spanweid; Ermahnung seitens der Pfarrer gegenüber der Kirchgemeinde zur Leistung von Spenden für das Almosen; Verwendung von geistlichen Stiftungen und Bruderschaften sowie den Überschüssen aus den Klosterämtern und Pfründen für das Almosen; Zulassung von nicht mehr als acht Schülern pro Schule, die durch das Almosen unterstützt werden; Verwendung der Räumlichkeiten des Predigerklosters für das Spital und für eine Herberge für Fremde (Ellendenherberge); Einrichtung eines Blatternhauses im Kloster am Oetenbach mit Verpflichtung einer Magd; Weisung gegenüber den Bewohnern der Landschaft, dass fremde Bettler nicht länger als eine Nacht beherbergt werden dürfen; Aufzeichnung der Erträge der Kirchengüter auf der Landschaft zwecks Versorgung der Armen durch die dortigen Kirchspiele; Erbanspruch des Almosenamts gegenüber der Habe von Almosenempfängern, sofern die nächsten Verwandten ihre Unterstützungspflicht vernachlässigt haben; Unterstützung von Wöchnerinnen mit Wein, Brei und Brot; keine Übernahme von Kosten, die durch ärztliche Tätigkeit von dazu nicht befugten Personen entstanden sind.

  • Signatur: StAZH A 61.1, Nr. 3, S. 1-18
  • Originaldatierung: 1533 (Die Almosenordnung wurde am 15. Januar 1525 verabschiedet. Ins vorliegende Heft wurde sie gemeinsam mit Nachträgen der Jahre 1533-1535 von Stadtschreiber Werner Beyel übertragen.)
  • Überlieferung: Abschrift
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.5 × 32.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Werner Beyel, Stadtschreiber von Zürich
  • Edition
    Teiledition
    Übertragung in modernes Deutsch (in Auszügen)

Bürgermeister und Rat von ZürichOrt: Organisation: hatten am 5. Januar 1525 eine Kommission damit beauftragt, Artikel für eine Almosenordnung auszuarbeiten (StAZH B VI 248, fol. 224v). Die zehn Tage später verabschiedete Ordnung bildete in der vorliegenden Form das Fundament für die Armenfürsorge in Stadt und Landschaft während der gesamten Frühen Neuzeit. Vergleichbare Einrichtungen waren zuvor in NürnbergOrt: (1522) und StrassburgOrt: (1523) geschaffen worden. Eine erste Almosenordnung hatte die ZürcherOrt: Obrigkeit bereits im Jahr 1520 erlassen, diese war jedoch nur teilweise umgesetzt worden (StAZH A 61.1, Nr. 1; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 132). Die Ordnung von 1520 unterschied bereits zwischen fürsorgeberechtigten Armen und solchen, denen das Almosen verwehrt werden sollte, da ihre Bedürftigkeit als selbstverschuldet erachtet wurde. Diese Unterscheidung liegt auch der Almosenordnung von 1525 und darauf basierend dem gesamten frühneuzeitlichen Armenwesen zugrunde.

Die wichtigsten durch die Almosenordnung von 1525 eingeführten Neuerungen bestanden in der Einsetzung eines Almosenobmanns und vier Pflegern, der Einrichtung einer täglichen Essensabgabe im PredigerklosterOrganisation: , der Übergabe sämtlicher Gebäude des PredigerklostersOrganisation: an das bereits seit dem 12. Jahrhundert existierende SpitalOrt: , der Schaffung eines BlatternhausesOrganisation: zur Pflege bedürftiger Kranker sowie der Einführung des Bettelverbots. Entscheidend für die Finanzierung des AlmosenamtsOrganisation: war, dass ein Teil des durch die Reformation an die Stadt gefallenen Kirchenguts für die Armenfürsorge zur Verfügung stand. Zu diesem Zweck hatte der RatOrganisation: kurz vor dem Erlass der Almosenordnung eine Kommission zum Verkauf der in den Klöstern der Stadt vorgefundenen Kirchenzierden eingesetzt (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 124). Bereits in der Reform des GrossmünsterstiftsOrganisation: des Jahres 1523 hatten die Chorherren zugesagt, einen Teil der Einnahmen aus Zinsen, Zehnten und Gülten für die Armenpflege freizugeben (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 117). Die Bestimmungen der Ordnung von 1525 konzentrieren sich auf das Almosenwesen in der Stadt. Bezüglich der Landschaft blieben sie allgemein, da die Armenfürsorge grundsätzlich den einzelnen Kirchspielen überlassen werden sollte. Darüber hinaus wurden jedoch seit den 1540er Jahren auch die Klosterämter von KappelOrt: , KüsnachtOrt: , TössOrt: und RütiOrt: zu Almosenverteilungen herangezogen (vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 185).

Im Jahr 1533 wurde der vorliegenden Ordnung eine Ergänzung betreffend auswärtige Bedürftige hinzugefügt. Insbesondere die Verordnungen gegen fremde Bettler und deren Beherbergung wurden immer wieder erneuert, was darauf hinweist, dass diese nur schwer umzusetzen waren (exemplarisch: StAZH A 42.1.2, Nr. 4; Edition: Zürcher Kirchenordnungen, Bd. 1, Nr. 48). Die Almosenordnung wurde in den Jahren 1544/45 (StAZH A 61.1, Nr. 24), 1558 (StAZH A 61.1, Nr. 73) und 1572 (SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 12) erneuert, die Grundsätze der Bestimmungen von 1525 blieben jedoch bestehen.

Mit der Einrichtung des Almosenamts reklamierte die weltliche Obrigkeit die vormals kirchlich geprägte Armenfürsorge als Teil ihres Zuständigkeitsbereiches. Vergleichbare Entwicklungen vollzogen sich im selben Zeitraum im Eherecht (SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 1) und im Schulwesen (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 149). Reformierte Geistliche wie Heinrich BullingerPerson: prägten die Praxis des Almosenwesens wesentlich mit und verfassten Vorschläge zu dessen Verbesserung (exemplarisch: StAZH A 61.1, Nr. 18). Das auf diese Weise durch die weltliche Obrigkeit und die reformierte Kirche gemeinsam getragene Almosenwesen anerkannte einerseits die Zuständigkeit des Gemeinwesens für die Unterstützung einzelner Bedürftiger. Andererseits knüpfte es die Fürsorge jedoch auch an sittliche und moralische Bedingungen und führte damit zur Disziplinierung und Marginalisierung von Personen, die aus Sicht der Obrigkeit dagegen verstiessen.

Vgl. allgemein zur Armenfürsorge in der vormodernen EidgenossenschaftOrt: HLS, Fürsorge; zum ZürcherOrt: Almosenwesen in der Stadt und auf der Landschaft vgl. Moser 2010; Bächtold 1982, S. 233-276; Denzler 1920.

Editionstext


Wacht rodel, ordnung
unnd satzung die armen
und das almuͦsenn betraͤffennde etcAbkürzung, 1525Datum: 1525
Rubriziert

[Vermerk unterhalb der Zeile von Hand des 18. Jh.:]
Ordnung- und satzungen die verwalthung des allmuͦßenamths
betreffend, 1525Datum: 1525
[S. 2]Seitenumbruch [S. 3]Seitenumbruch


Ordnung unnd artickel antreffennd das
almuͦsenn, wie die vor herrenn burgermeister
unnd rat, ouch dem grossen rat der stat
Zu̍richOrt:
Organisation:
, gehoͤrt unnd bestaͤt sind, actum amm
xv tag januarii anno m vc xxvOriginaldatierung: 15.1.1525

[Marginalie am linken Rand:]
Muͦß und
brot zuͦ
den predpredigernOrganisation:
Rubriziert
Des ersten, damit die armen lu̍t ab der gassenn
gebracht, ist zuͦ einem anfang angesehenn, das man
alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag ein kessel mit habermel, gerstenn oder
anderem gemuͤs zuͦ den predigerennOrganisation: koche, wie
hernach volget, muͦs unnd brot amm morgennZeitspanne: morgens, so
man die PredigerOrt: gloggen verlu̍tet hat, gebenn
soͤlle. Soͤllichs ze tuͦnd und us ze teilenn sind verordnet zwenMenge: 2 priester, namblich her Annthoni
Walder
Person:
unnd her Joͤrg SytzPerson: , sampt AnnderesennPerson: ,
dem bëttel vogt, doch soͤllennd und moͤgend der
obman unnd die fierMenge: 4 nach bestimpten verordneten
oder ettlich von inen, so es sy guͦt bedunckt, ouch
darby sin unnd zuͦ diser uß teilung ein uf sehenn
habenn.
[Marginalie am linken Rand:]
VierMenge: 4 pflaͤger unnd
schriber
Rubriziert
Unnd dardurch dis allmuͦsen zuͦ gottes lob unnd
zuͦ trost der armen, heimschenn unnd froͤmbden
lu̍ten, fu̍r und fu̍r zuͦ nemme und bessere und dester
bestenntlicher unnd langwiriger ingenommen und
widerumb den huß armen oder sunst ellenden lu̍ten [S. 2]Seitenumbruch
mitteilt werde, so sind hier zuͦ verordnet vierMenge: 4
man uß den kleinenOrganisation: und grossen raͤtenOrganisation: ,
namblich mmeister Ruͦdolf StollPerson: , jjuncker Joͤrg GoͤldliPerson: ,
Uͦlrich TrincklerPerson: und Hanns SchnebergerPerson: ,
wattman. Doch sol her Heinrich BrënwaldPerson: ,
probst zuͦ EmbrachOrt: , in disem handel ir obman
unnd schriber sin, in die stat zu̍hen und imm
sin pfruͦnd nu̍dt desterminder nach dienen, zuͦ
welchem obman mengklich, so ettwas angelegenn
ist, sin zuͦ louff habenn. Der sol ouch die anderen
vierMenge: 4, so es not ist, zuͦ imm beruͤffenn, welche
ouch als gehorsamb erschinen, die selben soͤllent
dannathin mitteinandernn handlenn unnd,
was inen ze schwer ist, an unnser herrenn
burgermeister unnd ratOrganisation: langen lassenn.
[Marginalie am linken Rand:]
Schlu̍sselRubriziert
Der obman und die vierMenge: 4 zuͦ gebnen sol jeder
ein besundren schlu̍ssel halten zuͦ irem gemeinen kastenn, darinn sy ire brief, roͤdel,
gëlt unnd anders behaltennd, deßglich
zuͦ den stoͤcken ouch besunder schlu̍ssel habenn,
darmit keiner an die anderenn daru̍ber
gan moͤge.
[Marginalie am linken Rand:]
StoͤckRubriziert
Darby ist ouch beschlossenn, wenn man u̍ber
die stoͤck unnd kasten gan und mit dem
allmuͦßenn, es sye mit rechnungen oder sunst [S. 3]Seitenumbruch
handlen welle, das allweg zum minsten einer
von den dryenMenge: 3 lu̍tpriesterenn darby sye, umb das sy
dester berichter werdennd, wie unnd was an
den cantzlenn von des almuͦsens wegen ze redreden sye.


Des obmans unnd der
pflaͤgerenn eyd
Rubriziert

[Marginalie am linken Rand:]
EydRubriziert
Der obman und die pflëger, so je zuͦ zitenn
zuͦ disem allmuͦsen verordnet werdennd, soͤllennd
schwerenn, das sy die jerlichennWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr zins oder sunst
taͤglicheWiederholte Zeitspanne: 1 Tag stu̍r, es sye an gelt oder anderer hab,
so an das almuͦsen gebenn ist und fu̍ro hin
gebenn wirt, inzu̍hen und empfahen, soͤlichs
huß armen lu̍ten, in die dru̍Menge: 3 kilch spël unnd
sibennMenge: 7 wachten1 in unnser stat gehoͤrennd, und
den froͤmbden wandlenden baͤttleren, innhalt
nach bestimpter ordnung, tru̍lichen ußteilenn
und hierinn kein gferd, vorteyl, an nemung der
personen nach purschafft, fru̍ntschafft und dero
glichen ursachen nit ansehenn und umb ir
in nemmen unnd ußgebenn jerlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr einem burgermeister und ratOrganisation: , oder so dick das an sy erforderet
wirt, rechnung gebenn, alles tru̍lich unnd
ungefarlich.
[S. 4]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
Uf sëher
in wachten
Rubriziert
Witter ist demnach beschlossen, als dann
sibennMenge: 7 wachten inn und usserthalb der stat
innert den Kru̍tzennOrt: zuͦ sammen dienend,
deßglich ander usserthalb den Kru̍tzenOrt: , so in
die dryMenge: 3 pfarren gehoͤrend und nit eigenn
kilch gang habennd, das dann der obman
unnd die vierMenge: 4 pflaͤger uß jeder wacht einen
ersammen priester unnd zuͦ dem selben einen
frommen leyen nemmen und gebenn, die
soͤllennd sampt dem bëttler vogt jede in
iren wachten umb gan, ersuͦchen unnd ufzeichnenn, wem das almuͦsen dienen, wer
ouch des vaͤhig unnd notturfftig sye.
Deßglichenn unverzogenlich darnach all manotWiederholte Zeitspanne: 1 Monat,
oder so dick es notturfftig ist, besichtigenn,
welche burger syennd, das man die (so fer
kein hindernis, als hernach volget, da ist)
zum almuͦsen uf zeichnen, ouch welche
uß der stat, lanntschafft unnd gebiet oder
sunst nit burger sind, sol man jetz zemal
das almuͦsen gebenn, bis uf dem lannd
in kilchhoͤrinen das almuͦsenn ouch versehenn
wirt.
[S. 5]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
Burger sindRubriziert
Mer, welche nit burger sind noch uß der stat
Zu̍richOrt: , sol man fu̍rderlich ab wisenn.
Man sol ouch mit dem bëttler vogt durch die
nach puren fragen und erkannen das waͤsenn
und gestalt, ouch harkommen deren, so dann
vermeinend das almuͦsenn ze nemmen, darmit
das alles, wie obstat, dem obman und den
vierMenge: 4 verordneten werde an zeigt, daruf sy
dester bas ratschlagenn moͤgen, wie vil unnd
was man jedem geben welle.
Uf soͤlichenn artickel sind us den sibenMenge: 7 wachten
verordnet unnd uß genommen:


Uff DorffOrt: :Rubriziert

hher Heinrich UtingerPerson: , custer,
Hanns KlegerPerson:


Zur LindenOrt: :Rubriziert

her UͦrichAuffällige Schreibung TormanPerson: ,
Ruͦdolf ReyPerson:


Nu̍w MercktOrt: :Rubriziert

mmeister Jacob EdlibachPerson: ,
Caspar NasalPerson:
[S. 6]Seitenumbruch


Nider DorfOrt: :Rubriziert

Peter KistlerPerson: ,
hher Heinrich StaͤdeliPerson: zuͦ SSanct LienhartOrt:


Mu̍nster HofOrt: :Rubriziert

her Joß MeyerPerson: ,
Jacob AmmannPerson:


Korn HußOrt: :Rubriziert

her Hanns PfifferPerson: ,
Cuͦnrat KramerPerson:


RennwegOrt: :Rubriziert

her Hanns TormanPerson: ,
Steffan ZëllerPerson:


Disen hienach angezeigtenn huß armen
unnd heimschen lu̍tenn sol das almuͦsenn
nit gebenn werdenn

[Marginalie am linken Rand:]
U̍bel huß
gehan
Rubriziert
Von welchem man kuntlich weißt, es syennd
frowenn oder man, das sy all ir tag das irenn
uppenncklich zuͦ un nutz u̍ber flu̍ssig vertan,
verspilt, vergu̍det, ouch verzert unnd nie wellen
werckenn, sunder in den wirtzhu̍serenn, trinckstuben und in aller huͦry allwegenn gelegenn etcAbkürzung, [S. 7]Seitenumbruch
soͤllichen unnd dero glichen personen sol man von
disem allmuͦsen nu̍t gebenn, bis sy uff die letstenn
not kommen sind, denn sol es erst an einem burger meister unnd ratOrganisation: stan, wie man die selben halten
welle.
[Marginalie am linken Rand:]
KleyderRubriziert
Item welcher gold unnd silber, syden unnd
dero glich zierdenn und kleinoten tragend, den
selben sol man ouch nit gebenn.
[Marginalie am linken Rand:]
KupplerRubriziert
Item welche behusennd und uppig lu̍t in ziehend,
ennthaltend, zuͦ sammen kupplend, unnderschlouff
gebennd, denen sol ouch nu̍t werdenn.
[Marginalie am linken Rand:]
Wider das
gotz wort
unnd zanggen
Rubriziert
Item welche an redlich ursachen nit zuͦ den predigpredigten
gand, das gotzwort unnd goͤttliche aͤmpter weder
hoͤrenn noch sëhen wellennd, got lestrend,
fluͦchennd, schwerennd, mit den lu̍ten zanggend,
kriegend, haderend, die gegen ein anderenn
verliegennd, zwytracht unnd vyentschafft
machend, denen sol man ouch nit gebenn.
[S. 8]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
BrasserRubriziert
Welche in offne u̍rten und trinckstubenn
gand, spilennd und kartend und ander dero
glich muͦtwillenn und licht vertickeitenn
bruchend, soͤllennd dis allmuͦsens nit faͤhig
sin, unnd weliche nit burger sind noch
uss der statt Zu̍richOrt: , die sol man fu̍rderlich
abwisenn.


Denen, wie hienach angezeigt
wirt, sol man das allmuͦsenn
mitteilenn
Rubriziert

[Marginalie am linken Rand:]
Recht armRubriziert
Frommen, erberen, huß armen lu̍ten, in den
dryenMenge: 3 kilchhoͤrinen unnd in den sybenMenge: 7 wachten
gesessenn, die in den obgemeltenn lasteren nit
begriffennn sind, ouch all ir tag gewercket,
geworbenn und sich mit eren gern ernërt
hettennd und die das iren nit uppencklich
verbrucht habennd, sunder unnd villicht
uß verhengknus gottes durch krieg, brunst,
thu̍ri, zuͦ faͤl, vile der kindenn, groß kranckheitenn, alter, un moͤgende halb sich nit
mer erneren unnd arbeitenn moͤgennd,
soͤllichen und dero glichen armen lu̍tenn [S. 9]Seitenumbruch
sol man dis allmuͦsen umb gottes eer unnd uß
bruͤderlicher, christennlicher lieby willenn, wie es
ist geordnet, mitteyllen.

Unnd welche so schwach werennd, frowen oder
man, das sy selbs an die end, da man es ußgibt,
nit gan moͤchtend, denen sol man es zuͦ schickenn.
[Marginalie am linken Rand:]
ZeichennRubriziert
Unnd damit man die selben huß armen lu̍t
erkenne, soͤllennd sy ein gestempft oder gossenn
zeichenn haben und offennlich tragen. Unnd so
eins so gsund oder hablich wirt, das es disers
almuͦsens nit mer notturfftig were und soͤlichs
nit mer nemmen welte, das es dann das selbig zeichen
den pflaͤgeren widerumb antwurten soͤlle. Ob
aber ettwan von iren vorderen eren lu̍t unnd
manns personen, so den lu̍ten werckenn weltind
und denocht des almuͦsens notturfftig werennd,
die mag man des zeichenns ze tragen wol erlassenn
unnd die pflaͤger hierinn ze handlen gwalt haben.
[Marginalie am linken Rand:]
Ab der gassenRubriziert
Es ist daruff witer beschlossenn, das hinfu̍r
aller baͤttel in der statt Zu̍richOrt: , es syend von
heimschen oder von froͤmbden personenn, abgestelt
sin soͤlle, also das weder huß armen lu̍tenn,
froͤmbden noch heimschen werde nach gelassenn,
[S. 10]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
HußRubriziert
an den strassenn, vor den kilchen ligennd oder sitzend,
ouch vor oder in den hu̍seren nit bëttlen oder
jemantz an hoͤu̍schen soͤllennd, unnd so dick einer
das u̍bertrit, sol im das allmuͦsen viij tagZeitspanne: 8 Tage abgeschlagen,
er mag es ouch so offt tribenn, imm wurde gar
nit me gebenn werdenn.
[Marginalie am linken Rand:]
StacioniererRubriziert
Deßglichen sol aller baͤttel der stacionierer2 unnd
anderer, es sye an der kilchen bu̍w unnd sunst,
wie die nammen habend, in oder usserthalb den
kilchen verku̍nt, noch uf ze nemmen, verwilliget
werdenn, soͤllichs soͤllennd die predicantenn
an der cantzel verku̍nden, unnd AnderesPerson: ,
der baͤttel vogt, ein uf sëhenn haben, das soͤlichs
werde gehaltenn.
[Marginalie am linken Rand:]
ErmanenRubriziert
Es soͤllennd ouch die predicanten je zuͦ zitenn
das volck in den kilchen ermanen, ir almuͦsen
in die stoͤck allennthalb ze tuͤnd, und wer
da welt, win, korn, wullin oder linin tuͦch,
gelt unnd dero glichen den armen mitteilen,
der mag soͤlichs den pflaͤgeren hie zuͦ verordneten gebenn, oder ein jeder mag das,
wo hin er selbs gnad het und im sin gwu̍ssne
wißt, an leggenn.
[S. 11]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
ViijMenge: 8 schuͦlerRubriziert
Hier by ist ouch nach gelassenn, das in jeder
schuͦl nit mer dann achtMenge: 8 schuͦler, so uß der stat
gebiet a sind, die das allmuͦsenn neminnd. Und
soͤllennd die schuͦlmeister keinen an nemmen, dann
die zuͦ der leͤr sy gschickt bedunckt, unnd welche
sy also angenommen, soͤllennd sy die den verordneten erscheinen, unnd so die selbenn hierinn verwillgend, soͤllennd die schuͦler ouch der baͤttler
zeichenn tragen.
[Marginalie am linken Rand:]
Froͤmbd
bëttler
Rubriziert
Der froͤmbden bëttleren halb, es syennd bilgery
oder ander, so das allmuͦsen nemmen wellennd, sol
man hie durch die statt lassenn, doch inenn
nit gestattenn, das sy an der gassenn, vor den
hu̍serenn und kilchenn schryennd und bëttlend,
sunder sollennd sy, welcher vor mittagZeitspanne: morgens kumpt,
jetz zuͦ mal bis uf witteren bescheid in den spitalOrt:
zuͦ herberg han, dem selbigen, unnd ob er kind hat,
sol man zuͦ dem imbis muͦß und brot geben und
darnach by der tag zitZeitspanne: tags unverzogennlich von der
stat hinweg gan unnd u̍ber die nachtZeitspanne: nachts nit bliben.
Ob aber frowenn oder man ungefarlicher wiß nach
mittag
Zeitspanne: nachmittags
kemind, die selben zum nachtmal glicher gstalt,
wie obstat, mit muͦß unnd brot gespißt und die
nachtZeitspanne: nachts herberg gebenn werdenn und demnach amm
morgennZeitspanne: morgens hinweg gan und dannethin innert einem
halben jarZeitspanne: 6 Monate on mercklich ursachenn nit mer in die
stat kommen.
[S. 12]Seitenumbruch
Unnd ob einer schon in mittler zit darin keme, sol
er doch weder offennlich noch heimlich nit baͤttlenn
und das allmuͦsenn in der Ellenden HerbergOrt: nit nemmen,
dann welche darwider handletind, die selbenn
soͤllennd von den pflaͤgeren und bëttler vogt
mit des bëttler vogts turn oder sunst nach gstalt
der sach gestrafft werdenn.
[Marginalie am linken Rand:]
Sunder
siechenn
Rubriziert
Die sunder siechenn, froͤmbd oder heimsch, soͤllennd
in der statt nit me bëttlen, sunder mogennd
die froͤmbden imm siechen hußOrganisation: vor der stat an
der SpanweydOrt: , wie bis har der bruch gwesen
ist, sich enthalten, doch moͤgennd sy zuͦ wienechtenDatum: 25. Dezember (Kirchenfest)
mit irem singen das guͦt jar in nemmen, nutdesterminder sol und mag ir knecht mit der
schaͤllen in der statt wie bis har das almuͦsen
sammlen.
[Marginalie am linken Rand:]
Spendenn,
bruͦderschafftenn
Rubriziert
In disers almuͦsen soͤllennd angends alle spenden,
bruͦderschafftenn, daruf niemand gewidmet
ist unnd was jetz von cloͤsteͤren und pfruͦnden
fu̍r schiessen mag, getan unnd dem obman
sampt den vierMenge: 4 verordneten angentz unnd
unverzogennlich u̍berantwurt werdenn.
[S. 13]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
SpitalOrt: Rubriziert
Es ist ouch erraten unnd beschlossen, das man das prediger
closter
Organisation:
zum spital mache und darmit die stüben unnd
ettliche gmach zuͦ einer ellenden herberg verordnen.


OͤttennbachOrganisation: Rubriziert

[Marginalie am linken Rand:]
Blatter
lu̍t
Rubriziert
Unnd als vor malen den verordnetenn ouch bevolhen
ist, den armen blaterechten lu̍ten umb ein herberg
ze luͦgen, darinn man sy artznen moͤcht etcAbkürzung, habennd
sy die frowen an OͤttennbachOrganisation: darumb ersuͦcht, welche
sich guͦtwillig erzeigt unnd sich fru̍ntlich begebenn,
in soͤlichem minen herenn zuͦ wilfaren. Und ist
daruf in dem huß uff dem hof angesehen die selbenn
armen lu̍t ze artznen, soͤllicher gstalt, das die
frowen uß dem kloster alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag einem armenn
mentschen, die wil er in der artzny und krannck
lit, spiß gebenn soͤllennd, wie einer convent frowenn,
ob er so vil bruchen mag. Ob aber der artzet je zuͦ
zitenn, so man fisch isset, die selbenn verbutte, sol
man imm andere spiß von eyer, fleisch unnd dero
glich nach der artzetenn geheiß zuͦ schicken. Zuͦ dem
sol man jedem krancken alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag ein quertli winVolumenmass: 1 Quart Wein
gebenn, unnd ob er zuͦ ziten kranckheit halb so vil
nit bruchen moͤcht, sol man imm uf zeichnen unnd
imm darnach, so er win trincken sol oder mag,
nach volgenn.
Es habennd die frowen in OͤttennbachOrganisation: verwilliget,
soͤlichen armen lu̍ten, deßglichen iren jungkfrowenn
mit bett gwand zuͦ versehenn.
[S. 14]Seitenumbruch
[Marginalie am linken Rand:]
DiennstmagtRubriziert
Witter sol man uß dem spittalOrt: ein jungkfrowenn
oder pflegerin hier zuͦ tougenlich nemmen,
die soͤlicher armen lu̍ten pflëge, wu̍sche, wësche,
uß dem kloster spyß unnd tranck zuͦ trage
unnd alles, das inen notwendig ist, thuͤie.
Deren sol man nit witters ze gebenn schuldig
sin, dann wie einer anderen jungkfrowenn
imm kloster, essenn und trincken, doch mag sy
ir selbs spinnen.

In der lanntschafftRubriziert

Die armen lu̍t in der lanntschafft allenthalb
zuͦ versehenn, ist beraten, das angends ein gebot
in alle kilch spël uß gange, das nieman kein
froͤmbden bëttler lenger denn ein nachtZeitspanne: uffenthalte.
Zuͦ dem soͤllennd unnser herenn durch ire voͤgt
oder sunst ir eigenn bottschafft in alle kilchspel
schicken und da selbs in by sin jedes lu̍tpriesters
unnd kilchen pflëgeren uf zeichnet werdenn,
was jede kilch, filial oder sunst capellen, die
ire vorderen gebuwen und begabet, fu̍r ein jërlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr
fu̍rschiessend gu̍lt habe, oder ob caplanyen da
werend, dero man mit der zit an sin moͤchte, [S. 15]Seitenumbruch
damit die selben kilchgnossenn unnderwißt werdenn,
ordnung under inen selbs ze machen, dardurch ein
jedes kilch spel sine armen lu̍t versehe und nit
uff ein anderen schicken oder gan lassennd.
[Marginalie am linken Rand:]
Die armen
ze erbenn
Rubriziert
Als dann unnser herren got zuͦ lob und dem nebend
mentschen ze trost das gemein allmuͦsen an gesehenn,
da by ist berett, wellicher das ze nemmen gezwungen
werde, es sye krannckheit, alters oder anderer ursachen
halb, der da vatter, muͦter, fru̍nd oder mag hat, die
inn von goͤttlichem und natu̍rlichem rechten hilff unnd
narung ze mitteilen schuldig sind, ouch des statt hand
unnd vermoͤgend, so sy es unnder lassend und man
inn uß disem allmuͦsen erziehen muͦß, das sy dann
nach des seͤlbigen tod unnd abgang ouch sines
verlassnen guͦtes, es sy dann vil oder wenig, nu̍t erbe[n]Beschädigung durch Beschneidung (am Blattrand), sinngemäss ergänztb,
sonnder des beroubt sin, unnd gedachtem allmuͦsen
volgen und werden lassen. Darnach wu̍sse sich ein
jeder zerichtenn.3
[Marginalie am linken Rand:]
KindbetterinRubriziert
So ein arme frow kindes genist, die burger
ist unnd in den wachten sitzt, so ver sy dessin umb
gotz willen begert, sol man iren viij kopf winVolumenmass: 8 Köpfe Wein gebenn,
muͦß unnd brot uß dem allmuͦsen, darzuͦ andere hilf,
je nach gelegennheit der sachen, bewisenn.
[S. 16]Seitenumbruch
Ob ettlich personen ane der verordnetenn
pflëgern rat, gunst, wu̍ssenn und willenn
zuͦ artznen sich verdingen wurdind und sust
in ander weg ettlicher ley kostenns uff das
allmuͦsen gan liessind, den wellend die genanten pflëger nit ußrichten, besunder verschaffen,
das sonderlich frëfen personen nach der sach gelëgenn heit gestrafft werdind. Darnach wu̍sse sich
mengklich ze richtenn.4

Anmerkungen

  1. Streichung durch einfache Durchstreichung: sind.
  2. Beschädigung durch Beschneidung (am Blattrand), sinngemäss ergänzt.
  1. Üblicherweise wurde das Gebiet der Stadt in sechs Wachten unterteilt, vgl. Gilomen 1995, S. 341. Die hier als eigenständige Einheit aufgeführte Wacht KornhausOrt: wurde dabei der Wacht MünsterhofOrt: zugerechnet. Die Einteilung in sieben Wachten wurde in der erneuerten Almosenordnung von 1544 ebenfalls verwendet (StAZH A 61.1, Nr. 24).
  2. Es handelte sich dabei um fahrende Verkäufer von Reliquien und Heiligenbildern, vgl. Idiotikon, Bd. 11, Sp. 1847.
  3. Dass diese Bestimmung tatsächlich umgesetzt wurde, zeigt sich in den Abrechnungen des AlmosenamtsOrganisation: . Diese führen gelegentlich die Fahrhabe unterstützter Personen als Einnahmen auf. Vgl. Denzler 1920, S. 32.
  4. Direkt anschliessend beginnt die ebenfalls von der Hand Stadtschreiber Werner BeyelsPerson: stammende Ordnung der Stadt ZürichOrt: betreffend auswärtige Almosenempfänger (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 157).