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SSRQ ZH NF I/1/3 126-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 126-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Reislaufverbot der Stadt Zürich

1525 Februar 26.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich schreiben an die Gemeinden auf der Landschaft und ermahnen sie angesichts der gegenwärtigen Kriegswerbungen des Königs von Frankreich und des Herzogs von Württemberg, sich der fremden Dienste zu enthalten und erinnern an die diesbezüglich zwischen Stadt und Land getroffene Vereinbarung. In den Gemeinden appellieren sie insbesondere an die Ältesten, ihre Aufsichtsplicht wahrzunehmen und sofern sie in Wirtshäusern, auf den Strassen oder an anderen Orten Personen beobachten, die in fremde Dienste ziehen oder Söldner anwerben, diese verhaften zu lassen und der Obrigkeit zu übergeben.

Heinrich BullingerPerson: erwähnt das vorliegende Mandat in seiner Reformationsgeschichte in Zusammenhang mit den Kriegswerbungen Herzog Ulrichs von WürttembergPerson: , datiert es jedoch auf den 25. Februar (Bullinger, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 239-240). Bereits anfangs desselben Monats war ein kürzeres Reislaufverbot ergangen (StAZH A 42.1.13, Nr. 15; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 635).

Das für die Obrigkeit nur schwer kontrollierbare Söldnerwesen war bereits seit den 1490er Jahren angesichts der Teilnahme eidgenössischerOrt: Reisläufer an den oberitalienischenOrt: Kriegen des Königs von FrankreichOrt: Gegenstand einer intensivierten Verbotspolitik des RatesOrganisation: geworden (vgl. dazu den Erlass des Jahres 1494, SSRQ ZH NF I/1/3 54-1). Das Verbot, sich ohne Erlaubnis in fremde Kriegsdienste zu begeben, war zwischenzeitlich Teil des Eids der BürgergemeindeOrganisation: (SSRQ ZH NF I/1/3 29-1), zudem wurde es im Anschluss an die Eidleistung verlesen (vgl. dazu den Eintrag im Verbotbuch, StAZH A 42.3.1, S. 38). Die Frage nach der obrigkeitlich sanktionierten Belieferung auswärtiger Kriegsschauplätze mit Söldnern spaltete jedoch den RatOrganisation: ebenso wie die verschiedenen Orte der EidgenossenschaftOrt: , da zahlreiche Mitglieder der Führungsschicht durch Pensionen europäischerOrt: Fürsten beträchtlichen Reichtum erlangten (für ZürichOrt: vgl. Stucki 1996, S. 205). Insbesondere im Kontext der Mailänderkriege erregten die Bezüger von Pensionen den Unmut der Landbevölkerung, wodurch die Stadt gezwungen wurde, beim Abschluss von Soldbündnissen die Landschaft stärker mit einzubeziehen (vgl. dazu den sogenannten Lebkuchenkriegsbrief des Jahres 1516, SSRQ ZH NF I/1/3 105-1).

Für eine chronologische Auflistung sämtlicher Reislaufverbote vgl. Romer 1995, Tabelle 12, S. 345-346.

Editionstext

[Vermerk oberhalb der Zeile von anderer Hand:]
Verpot im xxv jarOriginaldatierung: 1.1.1525 – 31.12.1525 von wegen des WirtenberschenOrt: zugs
ußgangen

Unnser herren bu̍rgermeister und ratt der statt ZurichOrt: Organisation:
habent erwaͧgen die schweren louff, so yetzent
der kriegen unnd anderer sachen halb vorhanden
sind, allso, das vil zwytracht ist, unnd einer
loufft zum ku̍ng von FrankrichOrt: , der ander zum
hertzogen von WirtembergOrt: , alles uber ir schwaͤre
verpott, by lib, er und guͦtt, und zum hoͤchsten
und ouch uber dz, das sich unser herren und
ein erbere gmeyndOrganisation: in statt und uff dem landt
sich habent vereymbaret, aller fursten und
herren muͤßig zegand1 und unsers vatters lands
achtzuhaben, unnd sich daruff erkaͤnt,
diewyl by soͤllichen sorgklichen und schwaͤren
lou̍ffen inen on mu̍glich ist, on hilff unnd
zuthuͦn einer gmeyndOrganisation: in der statt unnd uff
dem landt gehorsamme zuͦ behoupten, und dem
vor zuͦ a sind, so unns allen zuͦverderben
unnd großem nachteyl mag reichen, das
man allenthalb in die gmeynden irer landtschafft
sölle schriben unnd sy vermanen.
Also sy ouch
alle gmeynden irer landtschafft hiemit schribent
unnd vermanent und einen yegklichen besonder unnd mit nammen die alten unnd
erberen, denen ungehorsami geprest und schad
einer statt unnd landtschafft ZurichOrt: nit minder
leid ist, dann unseren herren sälbs, das sy by
der pflicht, so sy einer statt ZurichOrt: schuldig
sind, unnd der vereymbarung, so ein
statt und landtschafft zuͦsamen gethan habent, [S. 2]Seitenumbruch
aller fursten unnd herren muͤßig zegand, darob
unnd daran sin, ouch versechen unnd guͦtt sorg
haben wellint, es sig in wirtshußern, straßen
oder andern orten, wo das die notturfft erfordrot,
wo yemans uffbrechen und hinlouffen oder
uffwiglen, gelt ußgeben oder anders handlen well,
so unnsern herren gmeyner statt unnd landtschafft
by disen sorgklichen lou̍ffen, es sig zuͦ kriegs
louͤffen oder in anderweg, zuͦ schaden und nachteyl welle dienen, das sy es syent, frombd oder
heimsch, zuͦ den selben griffen, die gefängklich
anemen unnd unsern herren uberantwurten,
unnd also haͤlffen wellint, unsern herren behoupten
und erobren, dass gmeyner statt Zu̍richOrt: unnd
irer landtschafft, ouch richen unnd armmen, zuͦ frid,
er, ruͦm, ruͦwen unnd guͦttem mag reichen,
alß unser herren einem yedem gehorsammen und
getruwen der statt unnd landtschafft wol vertruwent unnd sich des gäntzlich wellent
versechen, dann sy wol wußent, wo ein biderbe
gmeyndOrganisation: inen in disen schweren louffen nit
will beholffen unnd beraten sin, dass so kein
gehorsame behalten noch das behoupten mögent,
so unnser aller er, nutz, fromen, frid unnd ruͦw
mag sin.
Unnd dis well ein yeder frommer
Zu̍richerOrganisation: bedaͤnken und das thuͦn, so pflichtigKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: schuldigb unnd
eren halb schuldig ist und von pillikeit wegen thuͦn
soll, unnd bedaͤnken, waß einer statt und landtschafft daran gelegen sig, des wellent sich unser [S. 3]Seitenumbruch
herren gaͤntzlich versechen unnd dz zuͦ sampt aller
pflicht und billikeit gegen einem yedem erkennen
unnd zuͦ guͦttem nit vergaͤßen.
Actum sontags
an der herren faßnacht anno etcAbkürzung xxv
Originaldatierung: 26.2.1525
.
[S. 4]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:] 1525Originaldatierung: 1.1.1525 – 31.12.1525
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:]
Verbott des reyßlauffens zum herzog von WirtembergOrt: , 1525Originaldatierung: 1.1.1525 – 31.12.1525

Anmerkungen

  1. Streichung: sid.
  2. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: schuldig.
  1. Dies dürfte sich auf die im Juli 1524 durchgeführte Ämteranfrage beziehen, die unter anderem auch die Frage der Solddienstbündnisse berührte (StAZH A 95.1, Nr. 4; Teiledition: Egli, Actensammlung, Nr. 557). Im September desselben Jahres erging ein Reislaufverbot, das Bestrafung an Leib und Gut für fremde Kriegsdienste androhte (StAZH A 42.1.13, Nr. 14; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 575).