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SSRQ ZH NF I/1/3 151-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 151-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Vertrag zwischen Stadt und Landschaft Zürich (Kappelerbrief)

1532 Februar 3. Zürich

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich haben angesichts der Niederlage im Zweiten Kappelerkrieg die schriftlich vorgebrachten Anliegen und Beschwerden der Leute vom Zürichsee, aus Richterswil, Wädenswil, der Grafschaft Kyburg, den Landvogteien Grüningen, Greifensee, Regensberg, Andelfingen, dem Neuamt, Bülach und anderen Orten der Zürcher Landschaft wohlwollend in Erwägung gezogen und sich mit ihnen auf folgende Artikel gütlich geeinigt: Erstens, keine geistlichen noch weltlichen Herrscher in Burgrecht und Schutz der Stadt Zürich aufzunehmen, auch keine Kriege mehr zu beginnen, ohne Wissen und Willen der Landschaft. Ausgenommen davon ist die Aufnahme einzelner Neubürger, gemäss den althergebrachten Privilegien der Stadt Zürich. Zweitens, das Regiment nach Wortlaut des Geschworenen Briefs zu versehen, ohne Beiziehung Heimlicher Räte und die Einmischung Auswärtiger. In gewichtigen Angelegenheiten ist die Landschaft beizuziehen, die Pfarrer hingegen sollen sich künftig auf die Verkündung des Gotteswortes beschränken. Drittens, nur noch Pfarrer einzustellen, die den Frieden einhalten und keine kriegstreiberischen Predigten halten. Die Pfarrwahl bleibt in der Kompetenz des Rates. Die Landgemeinden können Beschwerden über die Geistlichkeit an ihn richten, unter Vorbehalt der Rechtsprechung des Ehegerichts. Viertens, über Rechtsfälle der Landschaft ohne Verzögerung zu richten und den Grossen Rat nur noch zu gewichtigen Angelegenheiten einzuberufen. Fünftens, die Landschaft bei ihren althergebrachten Rechten zu belassen, wie auch diese umgekehrt der Stadt ihre Herrschaftsrechte bestätigt. Sechstens, die Verantwortlichen für Kriegstreiberei und Aufruhr sowie fehlbare Hauptleute unverzüglich zur Rechenschaft zu ziehen, wobei die Landschaft der Stadt diese Aufgabe vertrauensvoll überlässt. Zuletzt versichern sich Obrigkeit und Untertanen gegenseitig, beim evangelischen Glauben zu verbleiben und weitere Agitation und Aufruhr zu unterbinden. Die Urkunde wird in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgestellt. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel der Stadt Zürich.

  • Signatur: StAZH C I, Nr. 3268
  • Originaldatierung: 1532 Februar 3
  • Überlieferung: Original (A 1)
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 68.0 × 40.5 (Plica: 12.0 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Edition
    Nachweis

  • Signatur: StAZH C I, Nr. 3268 a
  • Originaldatierung: 1532 Februar 3
  • Überlieferung: Original (A 2)
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 62.5 × 51.5 (Plica: 8.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: StAZH A 95.2, Nr. 1.1.5
  • Originaldatierung: 1532 Februar 3 (Datierung gemäss Archivvermerk (19. Jh.))
  • Überlieferung: Entwurf (4 Doppelblätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 33.5
  • Sprache: Deutsch

Nach dem Abschluss des Zweiten KappelerOrt: Landfriedens (StAZH C I, Nr. 403) hatte sich die ZürcherOrt: Obrigkeit mit den Beschwerden ihrer Untertanen auseinanderzusetzen. Die sogenannten Meilener Ort: Artikel gingen am 28. November 1531 in schriftlicher Form ein (StAZH A 95.1, Nr. 10.2). Bereits am 9. Dezember konnte eine Übereinkunft mit der Landschaft in Form eines Ratsmandats erzielt werden, das substantielle Zugeständnisse seitens der Stadt enthielt (StAZH A 93.2, Nr. 68). Als die Untertanen jedoch ihren Druck aufrechterhielten und noch zusätzliche Artikel einreichten (SSRQ ZH NF I/1/3 150-1), liess die Obrigkeit die Übereinkunft als Urkunde in zwei Exemplaren ausstellen, wobei eines bei der Stadt verblieb, das andere der Landschaft überlassen wurde. Das zeitgenössisch meist als Pfaffenbrief bezeichnete und erst später unter dem Namen Kappelerbrief bekannt gewordene Dokument stimmt inhaltlich im Wesentlichen mit dem Ratsmandat vom Dezember 1531 überein. In der Urkunde sind vor allem die Ausführungen zur Verurteilung fehlbarer Hauptleute sowie zur Ahndung von Kriegstreiberei kürzer gehalten. Zudem fehlt die im Ratsmandat enthaltene Anweisung an die Zunftmeister, die Übereinkunft gegenüber ihren Zunftbrüdern zu erläutern.

Ebenso wie das Ratsmandat basiert somit auch die Urkunde auf den MeilenerOrt: Artikeln. Die Kernforderungen der Landschaft lassen sich noch weiter zurück bis zu den Beschwerdeschriften verfolgen, die der MännedorferOrt: Kommandant Jörg ZollingerPerson: noch während der Kampfhandlungen an die Obrigkeit sandte (StAZH A 230, Nr. 87). Exponenten der ländlichen Oberschicht wie Zollinger dürften somit als Meinungsbildner innerhalb der Landschaft aufgetreten sein, die nach Durchsetzung ihrer wichtigsten Forderungen auf einen Ausgleich mit der Stadt setzten. In Heinrich BullingersPerson: Darstellung werden diese Verfechter einer einvernehmlichen Lösung als «bescheidne lüth» (Bullinger, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 284) bezeichnet. Die von anderen Geschichtsschreibern vertretene These einer Aufstachelung der Landbevölkerung durch oppositionelle Fraktionen innerhalb der städtischen Oberschicht greift deshalb sicherlich zu kurz (Stumpf, Reformationschronik, Bd. 2, S. 266; Vadian, Diarium, S. 308). Allenfalls darauf hindeuten könnte die im vierten Artikel formulierte institutionelle Stärkung des Kleinen RatsOrganisation: und die Bevorzugung alteingesessener Geschlechter (vgl. Meyer 1976, S. 260).

Anders als im Waldmannhandel 1489 sowie im Anschluss an die Unruhen des sogenannten Lebkuchenkriegs 1515-1516 vermochte die ZürcherOrt: Obrigkeit nach dem Kappelerkrieg die Bedingungen des Ausgleichs mit der Landschaft alleine und in ihrem eigenen Namen zu erlassen. Der Passus betreffend Einbeziehung der Landbevölkerung in wichtigen aussenpolitischen Fragen war eine rechtliche Sanktionierung der bereits existierenden Praxis der Ämteranfragen, die Ende des 15. Jahrhunderts eingesetzt hatte, im Zuge der Reformation jedoch seltener geworden war (exemplarisch: SSRQ ZH NF I/1/3 127-1). In der Folge gelang es dem Zürcher RatOrganisation: gerade auch mittels dieses Instruments, einen politischen Kurs zu finden, der auf die eigenen Untertanen ebenso Rücksicht nahm wie auf die Fünf OrteOrganisation: . Dies geschah erstmals anlässlich des sogenannten LunkhoferOrt: Handels des Jahres 1532 (StAZH A 95.2, Nr. 1.2). Ihren eigenen Standpunkt durchsetzen konnte die Obrigkeit insbesondere in Bezug auf die Pfarrwahl: Diese ging nicht an die Gemeinden auf dem Land, sondern sie erhielten lediglich ein Beschwerderecht und auch die Pfründen wurden nicht wie in den MeilenerOrt: Artikeln gefordert für jeweils nur ein Jahr vergeben.

Die Ereignisse im Anschluss an den Zweiten Kappelerkrieg waren auf lange Sicht das letzte Mal, dass die ZürcherOrt: Landschaft geeint handelte, um der Obrigkeit Zugeständnisse abzuringen. Während des 17. und 18. Jahrhunderts vermochte die Stadt, eine zunehmend homogene Territorialherrschaft zu errichten und bestehende Elemente der ländlichen Selbstverwaltung zurückzudrängen. In diesem Zusammenhang wurde auch die der Landschaft ausgehändigte Zweitausfertigung des Kappelerbriefs (StAZH C I, Nr. 3268 a) wieder eingezogen. Abschriften davon sowie der Waldmannschen Spruchbriefe (exemplarisch: SSRQ ZH NF II/3 38-1) entfalteten jedoch im sogenannten Stäfnerhandel (1794-95) noch einmal grosse Wirkung: Sie wurden von Heinrich NehracherPerson: und anderen Mitgliedern der Stäfner LesegesellschaftOrganisation: angeführt, um althergebrachte Rechte der Landschaft zu belegen und ihre von der Aufklärung beeinflussten Argumente zu untermauern. Die Obrigkeit sah sich demgegenüber veranlasst, in einer gedruckten Erklärung vom Juli 1795 die Urkunden als rein historische Dokumente zu beschreiben, denen keine juristische Gültigkeit für die Gegenwart mehr zukommen könne (ZBZ Gal Sp 166: 2,2).

Allgemein zu den Kappelerkriegen vgl. HLS, Kappelerkriege; zum Zweiten Kappelerkrieg und den unmittelbaren Kriegsfolgen vgl. Stucki 1996, S. 212-219; Meyer 1976, S. 255-267; Maeder 1974, S. 127-137; zur Bedeutung des Kappelerbriefs im Kontext der Entwicklung städtischer Territorialherrschaft vgl. Largiadèr 1920, S. 45-49; Dändliker 1898, S. 175-180; für die Rezeption im 18. Jahrhundert vgl. Mörgeli 1995; Hunziker, Unruhen, S. 271-273.

Editionstext

Textvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r:
Vertrag mit den ussern,
uff den Capplerkrieg gemacht
a Textvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r:
Das original ist in
der sacristy,
trucken 41Menge: 41,
no 11Menge: 11
b
Wir burgermeyster unnd rath unnd der groß rath, so man nempt die zweyhundert, der statt ZürichOrt: Organisation: thuͦnd kundt vor allermengklichem mit disem brief, alßdann wir uß verhenngkniß gottes deß allmächtigen unnd zuͦ sunderer straff unnserer sünden
inn ein schwären, verderplichen krieg unnd schädliche empörung gegen unnsern Eydtgnoßen von den fünff ordtenOrganisation: gewachßen, zuͦ wellicher empörung ettlich hochmuͤttig, uffruͤrisch, unruͤwig lüth, geystlich unnd weltlichs stands personen, von statt unnd lannd, denen der vorig
friden, zuͦ CappelOrt: uffgericht, nyenan recht glëgen (als mann vermeynen will), nit kleyne ursach geben, weliches unnsere biderben lüth ab der lanndtschafft zuͦ großer beschwärd angenommen unnd unns deßhalb sy inn irem anliggen unnd beschwärden zuͦvernemmen unnd
inen gnedig verhör, alleyn pitlicher unnd keyner annderer gestalt noch meynung zuͦgeben zum thrungenlichesten angesuͦcht. Das da wir zuͦ hertzen gefuͤrt unnd erwegen, das inn friden unnd ruͦw alle rych wachßend, aber mit unruͦw unnd mißhäll zuͦ grundtlichem verderben gerichtet werden, unnd das got der allmëchtig (der ein got deß friedens ist) zuͦ keyner zyt bequämlicher, dann zuͦ der zyt deß fridens geeret werden mag.
Unnd also uff söllich ir flyßig pitt inen, namlich den unnsern ab dem ZürichseeOrt: , von RichtischwylOrt:
unnd WädischwylOrt: , uß der graaffschafft KyburgOrt: , von GruͤningenOrt: , GryffenseeOrt: , RegenspergOrt: , AnndelfingenOrt: , uß dem Nüwen AmptOrt: , BülachOrt: unnd ettlichen anndern gegninen unnd gemeynden gemelter unnser lanndtschafft, tag für unns gesetzt, sy inn irem anliggen unnd schriffttlichem unns fürgelegtem fürtrag guͤttlich unnd nach aller notturfft verhört unnd uß guͦter bewegung, got vorab zuͦ eeren unnd demnach zuͦ hanndthabung sines heyligen wordts unnd cristenlicher begründter evangelischer leer unnd waarheyt, deren wir unns zuͦ statt
unnd lannd umb sines heyligen nammens willen unnderfangen, ouch zuͦ erhaltung burgerlicher eynigkeyt, thrüw unnd fründtschafft, damit wir statt unnd lannd nunhynfür inn guͦtem unnd bestenndigem friden regieren unnd derglych verderplich uffruͦren, empörungen unnd künfftig krieg verhuͤten mögind, umb gemeynen unnser statt unnd lannds wolstands, lob, nutz unnd eeren, ouch meerer frid unnd ruͦwen willen, gemelter unnser biderbenlüthen fürbringen mit ernst erwëgen unnd unns diser nachgemelten meynnungen, puncten unnd artigklen mit inen guͤtlich verglycht, vereynbart, ouch inen die günstlich zu-ͦ unnd nachgelaßen unnd eynannder daby styff zehanndthaben, zeschützen unnd zeschirmmen zuͦgeseyt unnd bewilliget habent, inn formm unnd gstalt, wie das hienacher von
artigkel zuͦ artigkel heytter gelüttert stat.
Namlich unnd deß ersten, das wir, die genannten von ZürichOrt: , wäder bischoffen, aͤpten, prelaten noch anndern frömden pfaffen, fürsten oder herren, so nit inn unnser statt unnd lanndtschafft geseßen unnd unns nützit zuͦversprechen stand, darvon zwytracht, krieg unnd spann endtstan möchten, keyn schirm noch burgerschafft meer zuͦsagen, ouch keyn krieg meer anfachen söllend noch wellend, one eyner lanndtschafft wüßen unnd willen. Doch hierinn vorbehalten die predicannten unnd priester, so das
gotswort inn statt unnd lannd cristennlich, tugentlich unnd vermög der geschrifft verkündent. Deßglich ob ouch ettwa eyn biderbman, so mit gwalt wider recht belestiget, unns umb schutz unnd schirm zum rechten anruͤffen wurde, das wir das lut unnser statt fryheyt unnd althärkommens wol thuͦn unnd eyn yeder, der hinder unns gesëßen, er syge priester oder leyg, der sich wol unnd unuffruͤrisch haltet, zuͦ burgerlichen schirmsrechten wol hanndthaben mögind, dann unns sunst diser artigkel an gemelten unnsern fryheyten burger anzenemmen
unvergriffen sin soll.
Zum anndern, alßdann eyn lobliche statt ZürichOrt: von yewälten här mit zweyhundertMenge: 200 deß großen rathsOrganisation: unnd mit fünffzigenMenge: 50 deß cleynen rathsOrganisation: eerlich unnd wol geregiert hat, das dann wir nochmaln mit großen unnd cleynen
räthen
Organisation:
, wie von altemhär, ouch mit statt unnd lands kynden von alten stammen unnd geschlëchten, so es an vernunfft, eer unnd guͦt vermögend, so wyt mann die geschigkt unnd togenlich fynnden mag, regieren unnd wir ouch dieselben für anndere ans regiment zufürdern unns beflyßen unnd unnsern rathOrganisation: nunhynfür nach unnsern geschwornnen brieffen besetzen. Deßglychen der heymlichen räthen,1 ouch harverlouffenen pfaffen, uffruͤrischen schrygern unnd Schwaben2 abstan. Unnd die pfaffen sich der weltlichen sachen wäder inn
statt noch lannd gantz unnd gar nützit beladen, sonnder das gotswordt züchtenclich unnd cristennlich (darzuͦ sy geordnet sind) verkünden. Unnd ob wir mit ettwas artigklen oder groß eehafften beschwärungen gegen yemands beladen, die wir gedächtind
inn unnserem erlyden, ouch statt unnd lannd nit trägenlich sin, das wir unnsere biderbenlüth uff dem lannd darumb beradtsammen unnd es inen anzoygen söllent. Doch inn besatzung deß regiments, darvon der artigkel daobenen meldung thuͦt, vorbehalten,
ob eyn biderbman, so uß dem bezirgk der EydtgnoßschafftOrt: pürtig, by eyner zunfft were, der sich eerlich unnd wol gehalten unnd inn der wal für den geschigktesten unnd verfengclichesten by den eyden erkosen unnd angesechen wurd, das der luth deß geschwornnen briefs
nit ußgeschlagen, sonnder yetzgemeltem geschwornnem brief gethrüwlich unnd eerbarlich gelept werden soll.
Zum dritten, so wellent wir unnd sind urpüttigTextvariante in StAZH C I, Nr. 3268 a: erpüttigc, nunhynfür inn unnser statt predicannten anzuͦnemmen, die fridsam sygint, unnd uff
frid unnd ruͦw stellint. Wir werdint ouch den predicannten, die lüth also gotloß, bößwillig unnd mit anndern eerverletzlichen schmächungen anzuͦziechen unnd zeschelten nit gestatten, sonnder alles flyß darob unnd daran sin, das sy das gotswort unnd die warheyt cristenlich, tugentlich unnd früntlich luth beyder testamenten, alts unnd nüws, verkündind, die laster mit der geschrifft straaffind, doch sich keyner weltlichen sachen, die weltlichem regiment unnd oberkeyt zuͦstand, wäder inn statt noch uff dem lannd, im rathOrganisation: oder
darneben nit beladint, sonnder unns nach dem unns cristennlich, eerlich, loblich, ouch statt unnd lannd nutzlich dungkt, regieren laßint. Wir sind ouch nit deß willens, die biderbenlüth mit keynem pfaffen zeübersetzen, der eyner gemeynd nit angenäm
syge, sonnder wann eyner sich ungeschigktlichen, sinem stannd unnd wäsen nit gemäß haltet, das ein gemeynd vermeynt, söllichs uß eeehafftenAuffällige Schreibung, begründten, billichen ursachen iren unlydenlich unnd siner leer, wäsen unnd wanndel der geschrifft, cristenlicher zucht
unnd eerbarkeyt ungemäß sin, soll dieselb gemeynd söllichs unns als eyner oberkeyt fürbringen. Wirt er dann straffwürdig erfunden, mag in ein eersammer rath, es syge dann der cleyn ald großOrganisation: , für die ouch sin mißhandlung unnd verclagung gebracht werden
soll, wol ännderen unnd absetzen, oder in sunst straaffen, nach dem eyn rath billich göttlich unnd recht dungkt. Aber unnserer predicannten halb inn unnser statt wöllent wir unnser hand offen behalten, die zuͦ den zyten, so wir andere unnsere aͤmpter
pflëgent zuͦversechen, zesetzen unnd zuͦendtsetzen, nach dem unns yederzyt geschigkt unnd fuͦgclich dungkt unnd die notturfft das ervordert, dann wir die warheyt, cristenliche zucht unnd eerbarkeyt alles unnsers vermögens zehanndthaben unnd darvon nützit
fallen zelaßen, gënntzlich gesynnet sind, doch dem chorgerichtOrganisation: der eehändlen halb unnd was die beruͤren mag, hieran unvergriffen.
Zum vierdten, alß sich die unnsern erclagt, wann einer bißhar vor unns zerechten gehept, habe er doch nit mögen
tag erwärben unnd sygint die pfaffen allwëg gefürdert, ouch schier all tag die burger gehalten unnd damit die biderben lüth hinder sich gesetzt unnd zuͦ costen bracht, die aber von altemhär gar redlich vor eynem kleynen rathOrganisation: gefergget worden. Da sollent sich
unnsere burgermeyster unnd der kleyn rathOrganisation: flyßen, die biderbenlüth mit verhör unnd tag zegeben zum früntlichesten zefürdern unnd inen zymlich, billich unnd ußträglich recht zum thrüwlichesten ergan zelaßen. Unnd damit biderblüth, ouch der gemeyn
nutz zuͦ statt unnd lannd destbas gefürdert unnd gehanndthabet, die großen räthOrganisation: nit also wie bißhär all tag umb ein habdangk gehalten, sonnder alleyn groß, eehafft sachen, so statt unnd lannd antreffent, als wann mann burgermeister, aͤmpter unnd vogthyen
besetzt unnd derglych eehafftinen vor inen fürthragen unnd gehanndlet werdint. Doch nütdestmynder yezuͦzyten eym burgermeyster sin hand offen sin soll, die burger unnd großen räthOrganisation: zehaben unnd zuͦberuͤffen, nachdem die eehaffte, schwäre unnd notturfft
eyns yeden hanndels erforderen unnd in nutz unnd not bedungken will.
Zum fünfften, sind wir nye darwider, sonnder allweg deß styffen gemuͤts gewesen unnd noch, unnsere biderbenlüth am ZürichseeOrt: , deßglychen von allen aͤmptern ab
der lanndtschafft by iren alten fryheyten unnd gerechtigkeiten unnd by brief unnd siglen, so sy dann allenthalben hand, ouch by iren hoffrödlen belyben zelaßen unnd sy daran inn keynen weg zuͦverhynderen, sofeer das sy unns unnd gemeyn unnser
statt dargegen ouch by unnsern oberkeyten, herrligkeyten, fryheyten, gerichtigkeyten, verträgen, briefen unnd siglen unnd guͦten gewonheyten plyben laßind, unnd sich irem früntlichen, eerbaren erbyetten nach gegen unns bewysint, unns ouch gehörig und
gehorsam sygint, als frommen biderbenlüthen zuͦstat unnd wir inen verthrüwent.
Zum sechßten, alßdann die unnsern ab der lanndtschafft, die schryger unnd uffruͤrischen lüth, es sygent frömbd ald heymisch, pfaffen ald leygen, inn ald
ußerthalb der statt, so unntzhar im rathOrganisation: ald darneben uff krieg unnd unruͦwen geschrüwen, ouch statt unnd lannds nutz und eer übel bedacht, deßglichen ouch die houptlüth, das sy mit inen übel versëchen gewesen, angezogen unnd unns vermant,
darinn der gepür unnd notturfft nach insechung zethuͦnd unnd sy zuͦruͤwigen. Unnd aber wir vermeynt, das alle ding im besten beschechen, ob sy unns aber yemand, der an unnserm unfal schuld unnd villicht ettwas unthrüws oder uneerlichs, das
er mit eeren nit veranndtwurten könndte, gehanndlet hette, wißtent anzuͦzoygen, darinn weren wir erpüttig zehanndlen, was die billigkeyt erforderte. Daruff sy unns aber nyemand sonnders anzöygen, sonnders das wir der billigkeyt nach insechen thuͦn
wurden, verthrüwen wellen. So habent wir inen bewilligt, das wir angends unnd one verzug über den hanndel sitzen unnd inn söllichen sachen der schrygern unnd houptlütten halb alles das hanndlen wellind, das wir gedenngken mögind, zuͦ frid, ruͦwen
unnd abstellung aller unruͦwen, ouch straaff deß bösen, dienstlich sin. Welliches sy zuͦ unnderthänigem danngk von unns angenommen, sich deß benuͤgen laßen, unnd unns als iren obern die sach guͦttwilligclich heymgesetzt hand.
Unnd als die
biderbenlüth zuͦbeschluß, diewyl ettlichen uffruͤrigen schrygern der vorig Cappelfriden3 nit gefallen wellen unnd so dann diser frid ouch nit gehalten werden sölte, unns unnd inen, die sunnst yetz lyb unnd guͦt verkrieget, daßelbTextvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r: deßhalbd zuͦ großen unstatten gegen unnsern
eydtgnoßenOrganisation: reychen, die sich villicht unnserer sachen nit vil meer beladen wurdint, insechen zethuͦn begert, damit der friden gehalten unnd dise unruͤwigen lüth geschweygt werdint. Mit gar trostlicher unnd cristennlicher erpiettung vom gotswordt unnd
unnserm waren begründten cristennlichen glouben nit zeweychen, sonnder alles, das inen got verlichen, thrüwlich zuͦ unns unnd eyner frommen statt ZürichOrt: unnd besonnder denen, so sy inn guͦtem schutz, schirm unnd frid begerend, zuͦerhalten, zesetzen unnd dieselben
vor den uffruͤrischen pfaffen unnd schrygern helffen zeschützen unnd zeschirmmen, als wyt inen lyb, leben, eer unnd guͦt gelanngen möge. So haben wir söllich ir hoch unnd gethrüw erpietten von inen inn gnaden angenommen unnd eynander zuͦbeydersydt wüßentlich darob zuͦgeseydt, by göttlichem wordt unnd unnserem warenn cristenlichen glouben, luth unnd vermög alts unnd nüws testamments, deßglychen aller eerbar- unnd billigkeyt, ouch vor den unruͤwigen schrygern, so wyt unnd feer unns got crafft unnd stergke verlychdt eynannder zehanndthaben, zeschützen unnd zeschirmmen, unnd darvon nit zewychen, sonnder lyb unnd guͦt darob zuͦsammen zesetzen, als frommen, eerlichen, gethrüwen obern unnd gehorsammen unnderthanen zuͦstat. Es söllent ouch die unnsern ab der landtschafft destbas acht da ußen uff söllich unruͤwig lüth haben, unnd unns die anzoygen, die wüßen mögen nach irem verdienen zestraffen. Dann wir zuͦ allen theylen allen müglichen flyß fürwenden wellind, damit söllich schryger unnd unruͤwig lüth getämpt, geschweygt
unnd abgestelt, unnd der friden vestigclich gehalten, dardurch zangk unnd unfrid fürhin verhuͤtet, das göttlich wordt, ouch cristennliche zucht unnd eerbarkeyt styff erhalten, darneben ouch frid, ruͦw unnd eynigkeyt gepflanntzet unnd statt unnd lannd inn guͦtem,
wolbestenndigem, göttlichem friden, ouch uffgandem glügklichem stand, würden unnd wäsen, seligclich geregiert werden möge, darzuͦ unns der stiffter alles fridens, CristusPerson: , unnser herr, beholffen sin, unnd sin gnad darzuͦ verlychen welle.
Inn urkund diß briefs,
deren zwen glycherluth gemacht unnd yedem theyl eyner, mit unnser statt angehengktem secret insigel verwaret, geben ist inn unnser statt ZürichAusstellungsort: , uff sanct Blasien tag nach Cristi, unnsers lieben herren, gepurt, gezelt tusent fünffhundert unnd darnach
im zweyunddryßigesten jare
Originaldatierung: 3.2.1532
.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Vertrag mit den ussern, uff den
CapplerOrt: krieg gemacht.
1532Datum: 15324

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r:
    Vertrag mit den ussern,
    uff den Capplerkrieg gemacht
    .
  2. Textvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r:
    Das original ist in
    der sacristy,
    trucken 41Menge: 41,
    no 11Menge: 11.
  3. Textvariante in StAZH C I, Nr. 3268 a: erpüttig.
  4. Textvariante in StAZH B III 65, fol. 421r-423r: deßhalb.
  1. Es handelte sich bei den Geheimen Räten um ad hoc gebildete vorberatende Ausschüsse, an denen sich auch Huldrych ZwingliPerson: , auf den die nachfolgende Bemerkung gemünzt ist, als Berater beteiligt hatte, vgl. Jacob 1970, S. 20-21; Meyer 1976, S. 68-89.
  2. Dieser Passus dürfte sich auf die vor dem Kappelerkrieg verfolgten Pläne eines Zusammengehens der reformierten Orte mit dem Schmalkaldischen BundOrganisation: und das 1530 abgeschlossene Abkommen mit Landgraf Philipp von HessenPerson: beziehen, vgl. Meyer 1976, S. 49-67.
  3. Gemeint ist der am 26. Juni 1529 geschlossene Erste Kappeler Landfriede (StAZH C I, Nr. 403 c, Edition: EA, Bd. 4/1b, S. 1478-1483, Beilage 8).
  4. Die Zweitausfertigung (StAZH C I, Nr. 3268 a) weist zwei abweichende Dorsualvermerke auf: «Der gemeind nach dem CappelerOrt: krieg brieff, de anno 1532Datum: 1532»;
    «Von burgermeister, rath, groß rath der stadt ZürichOrt: Organisation: brief
    für verschiedene lantgemeinden des cantons ZürichOrt: »
    .