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SSRQ ZH NF I/1/3 69-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 69-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich für die städtischen Jahrmärkte zu Pfingsten und zu Felix und Regula (11. September)

ca. 1500 – 1510.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich verordnen, dass jeweils anlässlich der beiden Jahrmärkte zu Pfingsten und zu Felix und Regula Mitglieder des Kleinen Rats abgeordnet werden sollen, die im Kaufhaus einheimischen und fremden Händlern die Verkaufsstände per Los zuteilen sollen (1). Einheimische Tuchleute, die das Bürgerrecht besitzen, sollen während den Jahrmärkten nur von den Ständen und nicht von zu Hause aus verkaufen, bei Strafe von einem Gulden für jede verkaufte Elle (2). Dasselbe gilt für Fremde, bei derselben Busse (3). Jeder Händler kann nach Belieben Lose für Verkaufsstände erstehen, wobei die Gebühr für jeden Stand einzeln zu entrichten ist. Die Stände werden zuerst für englisches (lindisches) Tuch verlost, sodann für welsches Tuch, Grautuch, Schürlitz und Arras-Tuch (4). Den durch Los zugeteilten Standplatz sollen die Händler einnehmen und keine Änderungen vornehmen, bei der Busse von zweieinhalb Pfund. Dieselbe Busse gilt für diejenigen, die englische und welsche Stoffe nebeneinander am selben Stand verkaufen (5). Es ist jedoch erlaubt, neben dem englischen oder welschen Tuch zusätzlich Grautücher, Futtertücher, Schürlitz und dergleichen zu verkaufen (6). Es folgt eine Preisliste für die Stände, jeweils unterschieden nach den zu verkaufenden Tuchsorten sowie mit eigenen Preisen für einheimische und fremde Händler (7).

  • Signatur: StAZH A 43.1.4, Nr. 17
  • Originaldatierung: ca. 1500 – 1510 (Datierung aufgrund der Schreiberhand)
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Einzelblatt), mit Zierinitiale
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 31.5 × 43.0
  • Sprache: Deutsch

Die vorliegende Marktordnung lässt sich aufgrund der Schreiberhand auf das frühe 16. Jahrhundert datieren. Ein Entwurf ist ebenfalls überliefert (StAZH A 43.1.4, Nr. 16). Ausgehend von der Grösse der Schrift sowie den Löchern im Papier lässt sich darauf schliessen, dass das Schriftstück als Aushang verwendet wurde, der während der Jahrmärkte an einem öffentlichen Ort (vermutlich im KaufhausOrt: ) angebracht wurde. Dies gilt auch für eine spätere, gegenüber der vorliegenden Ordnung erweiterte Fassung aus dem Jahr 1531 (StAZH A 43.2, Nr. 69). Die zweimal jährlich in ZürichOrt: stattfindenden Jahrmärkte ergänzten die Tages- und Wochenmärkte, die der alltäglichen Versorgung der Stadtbevölkerung dienten. Anders als diese waren die Jahrmärkte über die Stadt hinaus in regionale Handelsnetzwerke des eidgenössischenOrt: und oberdeutschenOrt: Raums eingebunden.

Zum ZürcherOrt: Marktwesen vgl. Lendenmann 1996, S. 133-136; zum KaufhausOrt: vgl. die Ordnung für dessen Schreiber, SSRQ ZH NF I/1/3 88-1; allgemein zu den Jahrmärkten im oberdeutschenOrt: Raum vgl. Rothmann 2010; Körner 1993-1994.

Editionstext


Wir, der burgermeister und rat der statt ZürichOrt: Organisation: , tuͦnd kunt mengklichem hiemit, das wir durch
unnser statt nutzes und notturfft willen uns uff das alt harkomen, so von unsern vordern an
uns komen ist, underredt und vereint haben diser nachgeschribnen stucken und dingen.

Am ersten, das man uff unsern jarmaͤrckten ze pfingstenDatum: beweglicher Feiertag und unser herren tagDatum: 11. September vom ratOrganisation: sol
ordnen erber luͤt, die uff unnserm KouffhusOrt: zwüschent den burgern und gesten, so daruff
feil wellen haben, soͤllent losen, was einer unnd der ander stelly haben soͤll.

Es soͤllen ouch all waͧtlütOrganisation: , so hie burger sind und tuͦch feil haben, im maͤrckt loßen und stellinen nemmen
uff dem KouffhusOrt: und in den hüsern und geͣdmern denn mals kein duͦch verkoͧffen, sonder ir duͦch
uff das KouffhusOrt: tragen. Und ob sy das nit daruff tragen lassen welten, sond sy doch in iren hüsern
des nütz verkouffen unnd das bergen oder beschliessen. Und weler das u̍bersicht, der sol a
darumb gestraft werden unnd besonder weler allso zuͦ sinem huß oder gaden tuͦch verkouffte, der git
von jeder elnLängenmass: 1 Elle , so er allso verkoufft unnd verschnydt, zuͦ buͦs einen guldinWährung: 1 Gulden .

Die froͤmbden soͤllen ouch hie in den maͤrckten, so verkouffen wellen, als wol umb stellinen losen
als die burger unnd sunst nütz verkouffen oder schniden, by der buͦß wie vorstaͤt.

Es mag ouch ein jeder losen lassen, umb wie vil stellinen er will, und git aber von jeder stelly sin besonder
stellgelt. Und namlich, so sol geloset werden von erst umb die lindschen tuͤcher, darnach umb das waͤlsch
und der glich, demnach umb die grawen tuͤcher und schürlitz, oͧch arrass, und hat jedes sin besonder stelly.

Wahin ouch einen das loß treit, da selbs sol er ungeendret unnd unnerwaͤchseltt blyben, er syg
froͤmd oder heimsch.

Unnd ob einer sin stelly, dahin inn das loß treit, enderte und verweͣcKorrektur auf Zeilenhöhe, ersetzt: tbhselte oder lüntsch und waͤltsch
by oder neͣben einandern feyl hette, der sol gestraft werden umb drithalb pfundWährung: 2.5 Pfund zu buͦß und man
im daran nützit schencken oder nachlassen unnd einer moͤchte darinn allso gefarlich handeln,
das wir inn darumb hoͤcher unnd anders straffen moͤchten.

Er sol ouch niemant lüntsche noch waͤltsche tuͦch by einandern an einer stelly feyl haben, sonder
jedas besonder, wie von alter har komen ist.

Unnd doch, so moͤgen die mit dem lüntschen und waͤltschen tuͦch wol an iren stellinen graͤw
tuͦch, ouch fuͦtter tuͦch unnd der glich, desglich schürletz, ungefarlicher meinung feyl haben und
aber nit gefaͤrd darinn bruchen.

Unnd von einer lüntschen stelly git ein fremder einen guldinWährung: 1 Gulden und ein burger ein pfundWährung: 1 Pfund .

So git der froͤmd von einer waͤltschen stelly einen guldinWährung: 1 Gulden und ein burger ein pfundtWährung: 1 Pfund .

Unnd von der graͤwen stelly git der froͤmd ein pfundWährung: 1 Pfund unnd der burger zechen schillingWährung: 10 Schillinge und sol
kein gfaͤrwt tuͦch, rot, gruͤn, blaw oder des glichen, by dem grawen verschnitten werden.

Vonn der schürletz stelly git ouch ein fremder ein pfundWährung: 1 Pfund und der burger zechen schillingWährung: 10 Schillinge .

Unnd von der arriss stelly git oͧch ein fremder ein pfundWährung: 1 Pfund und der burger zechen schillingWährung: 10 Schillinge .
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:]
Jahrmarkts ordnung

Anmerkungen

  1. Streichung: der sol.
  2. Korrektur auf Zeilenhöhe, ersetzt: t.