Allen, die disen brief an sehent oder hoͤrent lesen, ku̍nde ich, Ruͦdolf Nêgelli, sculthais ze Wintertur, und vergih an disem briefe, das fu̍r mich
fu̍r gerihte kam du̍ erwirdig frôwa, fro Elisabeth von EppenstainBiographische Details bei [Leonhard/Niederhäuser 2003](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000151411), S. 105-106., burgerin ze Wintertur, an dem nehsten dunrstage nah sant Valentis tage
und offente da vor gerihte mit ir vogtes hant und mit fu̍rsprechen und verjah, das si du̍ guͤter, du̍ hie nah gescriben stant, du̍ aigen sint, den hof
ze Pheffikon, da der Ku̍renberg ûffe sizzet, und giltet jerlich ze zinse sehs mut kernen, dru̍ malter habern, ain mut gersten, ain halben mut bônan,
ain swin, das zehen schilling phennige Zu̍richer mu̍nz gelten sol, zwêne cloben werches, der grossen, hundert aiger, zwai herbest huͤnr, die hofstat, da Alwig
ûffe sizzet, du̍ ze dem selben guͦte hoͤret, und giltet jerlich ze zinse zwene und driseg phennige Zu̍richer mu̍nz und zwai huͤnr, die hofstat, da Miga du̍
Koͧfmannin ûffe sizzet, du̍ oͧch ze dem selben hofe hoͤret, und giltet jerlich ze zinse sehzechen phennige Zu̍richer mu̍nz und ain huͦn, das guͦt, da der Ru̍ssinger uffe
saz, giltet jerlich ze zinse vier mut kernen, zwai malter habern, ain mut gerstun, ain halben mut bonan, zwene cloben werches, der grossen, ain swin, das zehen
schilling phennige Zu̍richer mu̍nz gelten sol, und fu̍nfzeg aiger, das guͦt ze Buzenhusen, das die Arberre bu̍tan, giltet jerlich ze zinse drie mut kernen, zwai
malter habern Wintertur messes, ain swin, das zwelf schilling phennige Zu̍richer mu̍nz gelten sol, zwelf schillinge phennige Zu̍richer mu̍nz, ain cloben werches, der
grossen, fu̍nfzeg aiger, zwai herbest huͤnr und zwai vasnaht huͤnr, mit akker, mit wisan, mit holze, mit velde und mit allem rehte, so dar zuͦ hoͤret,
.. den lieben in gotte .. dem abte und allem dem convent des gotteshuses ze Ru̍ti reht und redelich fu̍r ledig aigen ze koͧffenne gegeben hat
umb vierhundert phunt phennige, aht und driseg phunt und fu̍nfzehen schillinge Zu̍richer mu̍nz, der si von inen gar und ganzelich gewert ist
und in ir elichen nuz bekeret hat, des si vorgerihte mit ir vogte offenlich verjehen hat.
Und bat iro du̍ selb fro Elisabeth mit ir vogte und
mit fu̍rsprechen ze ervarenne, wie si du̍ selben guͤter und hofstete vertegon su̍le also, das es kraft habe und da mitte das vorgenande
gotteshus ze Ru̍ti sicher und bewart si. Do geviel vor gerihte mit gesamnoter urtailde, das si du̍ selben guͤter mit ir vogtes hant und mit
miner hant ûf geben und vertegon sol. Und also hat du̍ selb fro Elisabeth mit dem vorgenanden Eppen, ir vogte, du̍ vorgenanden guͤter und
hofstete mit allem rehte, so dar zuͦ hoͤret, dem lieben in gotte .. dem keller von Ru̍ti an des gotteshuses stat ze Ru̍ti ûf gegeben
und gevertegot mit miner hant und mit gelerten worten, als vorgerihte mit gesamnoter urtailde ertailet wart. Du̍ vorgenande fro
Elisabeth hat oͧch gelobt mit des vorgenanden Êppen, ir vogtes, hant, der vorgenanden guͤter und hofsteten fu̍r ledig aigen wêr ze
sinne, nah rehte und als reht ist nah des landes rehte und bewerter gewonhait.
Und ze ainem waren urkunde aller der vorgescribenon dinge,
so hab ich min insigel gelait an disen brief, als mir vor gerihte mit urtailde ertailet wart. Dar zuͦ hat der vorgenande Êppo
sin insigel gelait an disen brief. Ich, der vorgenande Êppe von Eppenstain, vergih an disem brief, das ich dur bette der vorgenanden fro Elisabethen,
miner muͦmen, min insigel gelait han in vogtes wis an disen brief ze ainem waren urkunde aller der vorgescribenon dinge.
Dis
beschah ze Wintertur, do von gottes geburte waren dru̍zehenhundert jar, dar nah in dem fu̍nf und drisegosten jare, an dem vor
genanden dunrstage.
Die Gerichtsstrukturen in Winterthur sind im Detail weitgehend unerforscht, vgl. den Überblick bei [Ganz 1958](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000151043), S. 269-272, der ausführt, dass vor dem Schultheissengericht zunächst sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Verfahren stattgefunden haben und seit dem 15. Jahrhundert eine Ausdifferenzierung der Gerichtsorgane zu beobachten ist. Nicht immer leitete der Schultheiss selbst die Gerichtssitzung, mitunter liess er sich von seinem statthalter, einem Ratsmitglied, vertreten, vgl. [SSRQ ZH NF I/2/1 21-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-21-1). Später übernahm der oberste Stadtknecht bei Rechtsgeschäften den Vorsitz im Gericht, vgl. [SSRQ ZH NF I/2/1 176-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-176-1).
Das Verfahren bei Handänderungen vor städtischen Gerichten, sogenannten Fertigungen, ist geprägt von symbolischen Handlungen wie der Übergabe des Objekts mit der Hand oder, wie später in Winterthurer Gerichtsurkunden beschrieben, der Berührung des Gerichtsstabs, vgl. beispielsweise [SSRQ ZH NF I/2/1 26-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-26-1); [SSRQ ZH NF I/2/1 258-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-258-1). 1520 wurde angeordnet, dass künftig nur vor dem stab oder dem Schultheissen und Rat von Winterthur Geld aufgenommen und Güter veräussert werden durften ([SSRQ ZH NF/I/2/1 219-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-219-1), Artikel 9). Die Rechtsaufzeichnung von 1497 und nachfolgend die Betreibungsordnung von 1530 schrieben ebenfalls vor, dass Verpfändungen und Verkäufe vor dem Rat oder dem Gericht getätigt und beurkundet werden mussten, um gültig zu sein
([SSRQ ZH NF I/2/1 170-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-170-1), Teil III, Artikel 2.10; [SSRQ ZH NF I/2/1 257-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-257-1), Artikel 10). Vgl. hierzu [Müller 1976](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000079108), S. 12-25, 33-46, 74-75 (Gerichtsstab und symbolische Handlungen), 49-50 (Begriff der Fertigung).
Frauen, die Rechtsgeschäfte tätigten, benötigten im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, ebenso wie Minderjährige und Geistliche, einen Beistand vor Gericht, den vogt, vgl. [Signori 1999](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000012078) (zu Basel); [Holthöfer 1997](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg991001175849503977), S. 391-392, 411-423. In der Regel übernahmen Väter oder Ehemänner diese Funktion, waren sie selbst an der Transaktion beteiligt, wurde ein Unbeteiligter zum Vogt bestellt. Dieser verliess mit der bevogteten Person das Gericht, um ihre Einwilligung zu dem Geschäft einzuholen. Beispiele für diese Praxis in Winterthur: [UBZH](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000135491), Bd. 11, Nr. 4571 (1334); [SSRQ ZH NF I/2/1 21-1](urn:ssrq:SSRQ-ZH-NF_I_2_1-21-1) (1360); [StAZH C II 7, Nr. 103](https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?id=366343); Regest: [URStAZH](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000110417), Bd. 4, Nr. 6053 (1415); [StAZH C V 7.1, Nr. 39](https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?id=393697); Regest: [URStAZH](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000110417), Bd. 5, Nr. 6985 (1428); [StAZH C II 16, Nr. 350](https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?ID=481132); Regest: [URStAZH](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000110417), Bd. 7, Nr. 10479 (1460). Vgl. allgemein [Müller 1976](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000079108), S. 54. Zum Handlungsspielraum niederadliger Witwen vgl. [Leonhard/Niederhäuser 2003](http://permalink.snl.ch/bib/chbsg000151411).