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SSRQ ZH NF I/2/1 213-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 213-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Testament des Erhard von Hunzikon aus Winterthur

1514 Februar 20.

Erhard von Hunzikon, der weder Kinder noch nahe Verwandte in väterlicher Linie hat, errichtet mit Zustimmung des Schultheissen und Rats von Winterthur sein Testament. Er vermacht Kaspar Allgäuer 120 Gulden Kapital mit einem Zins von 6 Gulden, zahlbar von den Erben des Walter von Hallwyl. Wenn der Zins zwischenzeitlich abgelöst und das Kapital nicht mehr angelegt wird, soll ihm nach Erhards Tod die Summe aus dem Nachlass ausbezahlt werden. Ferner erhält Kaspar das Bett in der hinteren Kammer samt Bettzeug und die daneben stehenden Truhen, die neue Truhe sowie Erhards Harnisch, Waffen und Kleider (1). Er vermacht der Pfarrkirche in Winterthur die Hälfte seines unbeweglichen und beweglichen Vermögens. Die Kirchenpfleger sollen die Güter anlegen und verwenden nach Ermessen des Schultheissen und Rats, die Erhard an Eides Statt versprochen haben, in seinem Sinn zu handeln (2). Er vermacht die andere Hälfte seines hinterlassenen Vermögens dem Sondersiechenhaus von Winterthur. Der Pfleger soll die Güter mit Unterstützung des Schultheissen und Rats zum Nutzen des Sondersiechenhauses verwenden, insbesondere für die Speise der Pfründner und der Gäste, die Einrichtung einer beheizten Stube und die Anstellung einer Magd als Pflegerin und Köchin sowie für den Ausschank von Wein an bedürftige Gäste, die nicht mehr reisefähig sind. Schultheiss und Rat haben sich verpflichtet, alles in seinem Sinn auszuführen (3). Er verfügt, dass der Schultheiss und zwei Mitglieder des Kleinen Rats an seinem Sterbetag in sein Haus kommen und nach seinem Tod alles verschliessen und sein Testament vollstrecken sollen. Erhard behält sich den Widerruf dieses Testaments vor (4). Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: STAW URK 1975/1
  • Originaldatierung: 1514 Februar 20
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 58.0 × 42.0 (Plica: 5.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Erhard von HunzikonPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Josua Landenberg
  • Regest

  • Signatur: STAW URK 1975/2
  • Originaldatierung: 1514 Februar 20
  • Überlieferung: Entwurf (Einzelblatt)
  • Erhaltungszustand: Feuchtigkeitsschäden
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch

Testamente von WinterthurerOrt: Bürgerinnen und Bürgern sind selten im Original überliefert. Die vorliegende Urkunde gelangte vermutlich ins städtische Archiv, weil sie als Beweisstück in einem Erbstreit diente, wie die letztwillige Verfügung des Erhard von HunzikonPerson: und seiner Frau Barbara BarterPerson: aus dem Jahr 1481 (STAW URK 1502.1), oder weil sie sich im Besitz der begünstigten städtischen Einrichtungen befand. Von dem vorliegenden Testament existiert ein inhaltlich übereinstimmender Entwurf ohne Datum mit abweichenden Formulierungen (STAW URK 1975/2). Im Formularbuch des Stadtschreibers Gebhard HegnerPerson: finden sich mehrere Vorlagen für Testamente (STAW B 3a/1, fol. 36r-v, 50v-51v, 53r-v, 74v-75r).

Entfernte Verwandte des kinderlosen Ehepaars hatten 1516 und 1517 in WinterthurOrt: und ZürichOrt: gegen die Begünstigten, die Pfleger der WinterthurerOrt: Pfarrkirche und des SiechenhausesOrganisation: , prozessiert (STAW URK 3266; STAW AG 91/1/42.6; STAW AG 91/1/42.7; STAW AG 91/1/42.8; STAW URK 3267; Entwurf: StAZH B V 3, fol. 210r-211r; STAW AG 91/1/42.11; STAW AG 91/1/42.10). Nachdem Urteile in erster und zweiter Instanz in WinterthurOrt: zugunsten der beiden Institutionen ergangen waren, appellierten BarbarasPerson: Verwandte an Bürgermeister und Rat von ZürichOrt: Organisation: als die oberste Instanz (StAZH A 155.1, Nr. 48; StAZH A 155.1, Nr. 49). Die ZürcherOrganisation: bemühten sich um einen gütlichen Vergleich (StAZH B VI 246, fol. 187v), der am 16. Juni 1517 beurkundet wurde. Er bestätigte den von beiden Seiten anerkannten Anspruch der Verwandten auf BarbarasPerson: Heimsteuer und Morgengabe in Höhe von 700 Gulden zuzüglich Zinsen und sprach diesen weitere 450 Gulden an dem ererbtem Vermögen zu (STAW URK 3268).

Editionstext


Ich, Erhart von HuntzikonPerson: zuͦ WinterthurOrt: , bekenn offenlich unnd thuͦn kund aller mengklichem mit disem briefe:
Als mir die ersamen, wysen schultheis unnd raͤte
zuͦ WinterthurOrt:
Organisation:
vornacher vergündt unnd verwillgent haben, das ich alles min ligend unnd varend guͦte ordnen, machen unnd verschaffen mu̍ge, wohin, an welches end unnd
wem ich welle, alles lut unnd inhalt des verwillgung briefs, von inen darum usgangen, mir deshalb u̍berantwurt, unnd so ich aber leider kein elich libs erben noch sonder gesipter fru̍ndtschaft
mins stamens und namens naͤchst erben nit hab, ich demnach mir selbs fu̍rgenomen unnd incrafft des obgemelten verwillgung briefs ein gemaͤchtz ordnung alles mins ligenden
unnd varenden guͦtz halb geordnet unnd getan in wis, mas und gestalt, wie hernach von artickel zuͦ artickel vergriffen ist, ordnen, machen unnd verschaffen ouch jetz das alles in aller
wys, mas unnd gstalt, als ob soͤllichs vor geistlichem oder weltlichem gericht beschaͤhen unnd nach form rechten uffgericht were worden, mit verzihung alles des, so hiewider und zuͦ abbruch
soͤlicher gemaͤchtz ordnung dienen kunde oder moͤchte.
Zum ersten ordnen, schaffen unnd vermachen ich incrafft ditz briefs Caspar AlgoͤwerPerson: 1 von soͤlichem minem ligenden und varendem
guͦte incrafft des verwillgung briefe hundert unnd zwentzig guldinWährung: 120 Gulden hoptguͦtz und darvon sechs guldinWährung: 6 Gulden zins, so ich hab uff Walther von HallwilPerson: saͤligen erben, inhalt des zins brieve, daru̍ber
wysende. Doch also, ob es sich begebe u̍ber kurtz oder lang zite, das soͤlich sechs guldinWährung: 6 Gulden zins abgeloͤßt und nit widerumb angeleit wu̍rdint, wie sich das fuͦgte, alsdann sol gemelter CasparPerson: nach minem
tod soͤlich hundert unnd zwentzig guldinWährung: 120 Gulden von allem minem ligenden unnd varendem guͦte des ersten vor allen andern minen recht naͤchsten erben, oder denen ich das ander min guͦt vermacht hab,
voruß nemen. Item me sol im also nach minem tode verfolgen unnd werden ein bettate bettstatt mit schalen, lobsack, pfulwen, ku̍ssinen, zweyenMenge: 2 lilachen und insonder mit guͦter summerZeitspanne: Sommer
unnd winterZeitspanne: Winter decki. Unnd sol namlich das bett sin, so in der hinder kamer staut by der hinder stuͦben, mit sampt den troͤgen darum. Item me sol im nach minem tode, ob er den erlepte, werden
unnd volgen der nu̍w trog, der da stat in der kamer, da er gelegen ist, desglichen allen minen harnascht, armbroster und alle mine gewer unnd dartzuͦ alle mine cleider, so ich nach tode hinder mir verlaussen hab und verschroten gwand ist, also, das er danenthin mit solichen yͤtz bestimbten guͤtere sol und mag handlen nach sinem gefallen, daran von aller mengklichem gantz ungesumpt unnd
ungeirrt.
Item zum andren hab ich zuͦ lob unnd er dem almechtigen gott, der heilgen drivaltikeit, ouch sant LarentzenPerson: , sant AlbanPerson: , sant PangratiusPerson: und allen andern gottes userwelten
zuͦ trost unnd hilff, miner seil heil, ouch miner lieben vatter unnd muͦter, ouch miner husfrow saͤligen2 und aller der seil heilwillen, der zitlich guͦt ich alhie genossen hab, geordnet, gemacht unnd
verschaffet incrafft des obgemelten verwillgung briefs der pfarkilchen alhie zuͦ WinterthurOrt: das halbteil alles mins verlaussen ligenden unnd varenden guͦtz, so ich nach tode hinder mir
verlaussen, nu̍tzet usgenomen, so ich in leben nit verschafft, vermacht oder hingeben hab, der gemelten pfarkilchen zuͦ nutz an irn buw, liechter unnd ander gotz zierd, so die gemelt kilch bedarff,
also, das die pfleger, die ye zuͦ ziten sind, der gemelten pfarkilchen soͤlich halbteil des obgemelten mins ligenden unnd varenden verlaussen guͦtz, woran das gelegen unnd wie das alles genant
ist, soͤllen zuͦ der gemelten kilchen nutz unnd gwalt innemen unnd soͤllich guͦte noch ansehung eins schultheis und ratz zuͦ WinterthurOrt: Organisation: versaͤhen unnd anlegen, als sy wellend gott, dem almechtigen,
sant LarentzenPerson: , sant AlbanPerson: unnd sant PangratioPerson: (als iren und der kilchen patronen) darumb an iren lettsten enden antwurt geben. Darum dann ouch die obgemelten schultheis und raͤteOrganisation: mir by
iren guͦten tru̍wen unnd eren an geschwornes eid statt gelopt unnd versprochen haben, solichs allwegen ze verschaffen getan werden, daran von aller mengklichem gantz ungesumpt und ungeirt.

Item zum dritten, so mach unnd verschaff ich incrafft des obgemelten verwillgung brief das ander halbteil mines verlaussen ligenden und varenden guͦtz, so ich nach tode hinder mir
verlaussen unnd in zit mins lebens nit hingeben, verschafft oder vermacht hab, dem sondersiechen huseOrganisation: , alhie vor der statt WinterthurOrt: by sant JergenPerson: capell gelegen, also, wann ich mit tod abganngen
unnd nitmer in leben bin, alsdann sol unnd mag der pfleger des obgemelten sondersiechenhuseOrganisation: mit hilff eins schultheis unnd ratzOrganisation: soͤlich ander halbteil des obgemelten mins verlaussen ligenden
unnd varenden guͦtz zuͦ nutz und gwalte des obgemelten sondersiechenhuseOrganisation: zuͦ handen nemen und das allwegen nu̍tzen, niessen und darmit thuͦn und laussen als mit anderm des hus eignem
guͦte, daran von aller mengklichem gantz ungesumpt unnd ungeirrt. Doch also unnd mit dem underscheid unnd geding, so bald ich mit tod abgangen unnd nitmer in leben bin unnd ouch
inen solich guͦt u̍berantwurt unnd worden ist, alsdann sol von soͤlichem minem guͦte den pfruͤndnern ir mal gebessert unnd die gest nach noturft darfon gespist werden. Desglichen hab ich
ouch har inne insonder bedingt unnd gesetzt incrafft ditz briefs, so bald ich mit tod abgangen unnd nitmer in leben bin und dem obgemelten sondersiechenhuseOrganisation: solich halbteil mins guͦtz
worden ist, das alsdann ein yetlicher pfleger, der zuͦ den selben ziten ist, schuldig unnd pflichtig sol sin von stund an, on verzug, den obgemelten kinden ein sonder stuben ze machen und ze haben, die
alsdann ze sumerZeitspanne: Sommer und winterZeitspanne: Winter ziten den siechenkinder, sy sigen pfruͤndner oder froͤmbd, allein mit fu̍r unnd liecht wardte, dar inne ouch ein yeder pfleger allwegen ein sondere jungfrow haben sol,
die inen mit aller noturftikeit warten, pflegen unnd inen ir spis, so sy ye dantzmal begeren sind, kochen, unnd insonder, welcher under den zuͦ ku̍nfftigen gesten kranck werde, wardte, daran von aller
mengklichem gantz unverhindert. Desglichen ist ouch min will unnd meinung, das einem jetlichen gast, der ye also mit kranckheit beladen wirdt unnd nit wandlen mag, sol die halb mās
win geben werden, sover er nit gelt haut, das er win kouffen mag, wie dann die gemaͤchtz ordnung vorhin, darum von mit usgangen, luten ist. Unnd soͤlichs sol allwegen von den obgemelten schultheis
unnd raͤte zuͦ WinterthurOrt:
Organisation:
ze volstrecken unnd ze halten geschaffen werden, als sy dann das ouch by iren guͦten tru̍wen an geschwornes eid statt mir ze halten unnd ze volbringen fu̍rUnsichere Lesunga sy und ire ewig nachkomen gelopt haben.
Item zum lettsten hab ich har inne geordnet unnd gesetzt, so bald ich mit kranckheit mins libs beladen wirdt, das alsdann die obgemelten schultheis unnd raͤte zuͦ WinterthurOrt: Organisation:
soͤllen ein schultheissen, der zuͦ den selben ziten ist, und zwenMenge: 2 des cleinen ratzOrganisation: uff den tag, so ich lebend und tod bin, in min hus verordnen, und so bald ich mit tod abgangen bin, die alsdann min hus und alles,
so dar inne ist, beschliessen unnd versorgen soͤllen nach hablicher noturfft, damit diser miner gemaͤchtz ordnung gnug beschaͤhe. Unnd welche dantzmal dartzuͦ verordnet werden, die soͤllen also gehorsam erschinen unnd alle ding zum besten unverendert by iren guͦten tru̍wen an geschwornes eid statt versaͤhen soͤllen, daran von allen andern minen recht naͤchsten erben unnd aller mengklichem gantz ungesumpt
unnd ungeirrt. Doch so hab ich, obgemelter Erhart von HuntzikonPerson: , mir selbs in diser gemaͤchtz ordnung vorbehalten den wideruͦff also, das ich soͤlliche gemachtz ordnung by zit mins lebens,
ich sige gesund oder siech, im tod bete, vor geistlichen oder weltlichen personen, lu̍ten oder richtern, sampt oder sonder, mag mindren, meren oder gantz abthuͦn und wideruͤffen, wie mir das fuͦgklich
unnd dantzmal eben ist. Unnd namlich wie ich soͤllichs taͤtte, so sol es crafft und macht haben, wie es mir dann incrafft des obgemelten verwillgung briefs von den gemelten schultheis unnd raͤte zuͦ WinterthurOrt: Organisation: vergundt und nach gelaussen ist worden, daran von aller mengklichem gantz ungesumpt und ungeirrt, gevaͤrd und argliste gentzlich har inne hindan gesetzt.
Unnd des alles zuͦ offem, warem
urkund so hab ich, Erhart von HuntzikonPerson: , obgemelt, min eigen insigel zuͦ gezu̍gknu̍s aller obgeschribner dingen fu̍r mich unnd alle mine erben gehenckt an disen brieve, der geben ist an mentag vor sant
MathisPerson: , des heilgen zwoͤlffbotten, tag, nach Cristi gepu̍rt fu̍nffzehenhundert unnd im vierzehenden jare
Originaldatierung: 20.2.1514
.3
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 16. Jh.:]
Gemecht brief des HuntzikonsPerson: guͤt, so er der kilch
und den kinden am feldOrganisation: gemacht hat b

Anmerkungen

  1. Unsichere Lesung.
  2. Hinzufügung auf Zeilenhöhe von Hand des 18. Jh.: anno 1514.
  1. Kaspar AllgäuerPerson: war von Erhard von HunzikonPerson: vorübergehend als Alleinerbe eingesetzt worden (Niederhäuser 1996, S. 52-53).
  2. Barbara BarterPerson: aus SchaffhausenOrt: , vgl. den Ehevertrag aus dem Jahr 1458 (SSRQ ZH NF I/2/1 82-1).
  3. Eine Woche später beurkundeten Schultheiss und Rat der Stadt WinterthurOrt: Organisation: , die «gemaͤchtzordnung mit sampt dem gemaͤchtzbrief» ihres Mitbürgers Erhard von HunzikonPerson: zugunsten der Pfarrkirche und des SiechenhausesOrganisation: angenommen und die Einhaltung der betreffenden Bestimmungen an Eides statt gelobt zu haben (STAW URK 1976).