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SSRQ ZH NF I/2/1 237-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 237-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Urteil im Konflikt zwischen Erhard Rosenegger und der Prokurei der Stadt Winterthur um die Verwendung von Stiftungsvermögen

1525 März 27.

Schultheiss und Rat von Winterthur urteilen im Konflikt zwischen Erhard Rosenegger, Kläger, und Rudolf Sulzer und Hans Kaufmann, Pfleger der Prokurei. Rosenegger stellt Ansprüche betreffend die Jahrzeitstiftungen seines Vaters und der Mutter seines Bruders, der seinen Erbteil an ihn abgetreten hat. Die beiden Pfleger weisen Roseneggers Ansprüche zurück, da die letztwilligen Verfügungen freiwillig und formgemäss erfolgt seien und es sich um Eigengut gehandelt habe. Rosenegger argumentiert, dass der Stiftungszweck nicht mehr gewährleistet sei. Die Pfleger räumen ein, dass zwar die Geistlichen keine Gegenleistung mehr erbringen würden, das gestiftete Kapital jetzt aber bessere Verwendung finde als zuvor. Schultheiss und Rat schliessen sich der Ansicht der Pfleger an, dass die Jahrzeit freiwillig gestiftet worden sei, und weisen Roseneggers Ansprüche zurück. Auf Antrag erhält er eine Ausfertigung des Urteils. Er appelliert gegen das Urteil an den Grossen Rat.

  • Signatur: STAW AM 177/78 (r)
  • Originaldatierung: 1525 März 27
  • Überlieferung: Entwurf (Einzelblatt)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Gebhard Hegner

Im Zuge der Reformation zogen Schultheiss und Rat von WinterthurOrt: Organisation: das Vermögen der Jahrzeitstiftungen ein, die zum Zweck des Totengedenkens und der Sicherung des Seelenheils zugunsten kirchlicher und karitativer Einrichtungen errichtet worden waren. Mit den Mitteln sollte künftig die Armenfürsorge finanziert werden. Den Stiftern und ihren Erben blieb es vorbehalten, Ansprüche auf Rückzahlung geltend zu machen (STAW AM 177/8). Doch Entgegenkommen konnten allenfalls Angehörige der Familien erwarten, die sich um das Gemeinwohl besonders verdient gemacht hatten, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 233-1.

Editionstext


Wir, schultheis und raͤte zuͦ WinterthurOrt: Organisation: , thuͦnd kund mit
disem brieffe, das in offen rateOrganisation: für unsKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: micha zem raͤchten komen
sind Erhart RoseneckerPerson: , claͤger, eins-, und ließ da wider Ruͦdolff
Sultzer
Person:
und Hans KuͦffmanPerson: , bed pflaͤger der prockarigOrganisation: , anderteills zuͦ
recht furwenden, wie sin vater und sins bruͦders muͦter etlich jarzit gesetzt werdeKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: sigeb, soͤlich durch das heitere wort gotz verstanden, das es
nüt gelte, darum, so welle er vermeinen, das im soͤliche jarzitt
alls dem raͤchten erben, die will im sin bruͦder sin teill vor uns
uiber geben, volgen und werden soͤle.
Darwider Ruͦdolff SultzerPerson:
und Hans KuͦffmanPerson: reden liesen, die clag nem sy froͤmd, und das nit on
ursach, dan so einem jegklichen sine gotzgaben, so er gaͤben, wider soͤlt
in werden, so wurdin weder kilchen noch kloͤster moͤgen bestan.
Nun, die will sin vater und muͦter soͤlichs von friger hand alß ir eigen
guͦt für sy und ir vorderen sellen heill willen zuͦ einer frigen gotz gab
gaͤben und das c raͤchtlich mit bevͦgtegung und guͦter vorbetrachtung fertestamentiert und ir letster will gewaͤssen sig,
so wellen sy vermeinen, das sy im by soͤlicher anclag zeantwurten
nutzet schuldig sin soͤlin.
Hieruff Erhart RoseneckerPerson: reden
ließ glich wie vor, dan des mer, wie sy maͤldin, soͤlichs raͤchtlich
mit bevͦgtegung geschehen, loß er ein red sin, und vermein, die
will sine vorderen das gaͤben, das man jaͤrlichsWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr darum thuͦn soͤll, und
man aber nutzet mer darum thu̍eg, so welle er verhoffen, das
im das alß dem raͤchten erben, will er des notturffig sig, geantwurt werden soͤlle.
Darzuͦ d Ruͦdolff SultzerPerson: und Hans
Kuͦffman
Person:
wider reden liesen, oͤb schon die pfaffen nu̍t darum
tu̍egind, so werde doch das an andere ort verwent, das es bas angelet sig dan vor. Und oͤb schon das nit beschech, so habin sy doch das
für ein gotzgab von friger hand alß ir eigen guͦt, darin dan inen nieman nutzet ze reden gehept hab, hin waͤg gaͤben und das vertestamentiert e, wie recht sigKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: istf, so welen sy vermeinen, im zeantwurten nutzet schuldig sin soͤlin.
Und alß sy im iren span hiemit
in mer worten zem raͤchten gesetzt, uff das haben wir uns hierine zuͦ recht erkent, die will soͤliche jarzit von friger hand zuͦ einer gotzgab sigen gaͤben und das unerforderet lenger dan stet- und lantrecht ingenomen, das dan Ruͦdolff SultzerPerson: und Hans KuͦffmanPerson: dem
RosseneckerPerson: by siner anclag zeantwurten nutzet schuldig sin
soͤlin. Welicher urtall der gemelt RosseneckerPerson: eins briefs begert, der im zegeben erkent, und thet sich von soͤlicher urtaͤll als beschwert fur unseren grosen ratOrganisation: beru̍effen und appelieren.

g–Datum mentag nach letare,
anno xxv
Originaldatierung: 27.3.1525
.
Hinzufügung am linken Rand
–g
[Marginalie am linken Rand:]
ßiScripsi.1

Anmerkungen

  1. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: mich.
  2. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: sige.
  3. Streichung: mit.
  4. Streichung: die amptlu̍t.
  5. Streichung: sig.
  6. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: ist.
  7. Hinzufügung am linken Rand.
  1. Die Ausfertigung ist nicht überliefert.