SSRQ ZH NF I/2/1 5-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer
Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 5-1
License: CC BY-NC-SA
Verbriefung von Rechtsnormen der Stadt Winterthur durch Graf Rudolf von Habsburg
1264 June 22.
Metadata
- Shelfmark: STAW URK 5
- Date of origin: 1264 June 22 Transmission: Original
- Substrate: Pergament
- Format h × w (cm): 39.5 × 31.5 (Plica: 4.5 cm)
- 1 seal:
- Graf Rudolf von HabsburgPerson: , wax, round, sealed on a cord, damaged
- Language: Latin
-
Edition
- UBZH, Bd. 3, Nr. 1268
- Hotz 1868, Sp. 49-53
- Geilfus 1864, S. 20-22
- Bluntschli 1856, Bd. 2, S. 372-374
- Gaupp, Stadtrechte, Bd. 1, S. 135-138
- SWB 1828, S. 362-365
Additional Filiations
- Shelfmark: winbib Ms. Fol. 27, S. 3-5
- Date of origin: mid 18. c. Transmission: Abschrift
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 24.0 × 35.5
- Language: Latin
- Shelfmark: winbib Ms. Fol. 27, S. 7-9
- Date of origin: mid 18. c. Transmission: Übersetzung
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 24.0 × 35.5
- Language: German
- Shelfmark: STAW URK 5.2
- Date of origin: 1500 Transmission: Übersetzung (Doppelblatt)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 22.0 × 32.0
- Language: German
- Shelfmark: StAZH C I, Nr. 3165
- Date of origin: 1549 Transmission: Abschrift (Doppelblatt)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 22.5 × 33.5
- Language: Latin
- Shelfmark: StAZH C I, Nr. 3165, Beilage 1
- Date of origin: 1549 Transmission: Übersetzung (Doppelblatt)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 22.0 × 33.0
- Language: German
- Shelfmark: winbib Ms. Fol. 49, S. 3-6
- Date of origin: 1629 Transmission: Übersetzung
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 21.0 × 32.5
- Language: German
- Shelfmark: STAW URK 5.3
- Date of origin: 1650 Transmission: Übersetzung (Doppelblatt)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 21.0 × 32.5
- Language: German
- Shelfmark: StAZH A 155.1, Nr. 1
- Date of origin: 1667 (Am 13. September 1667 übergab Winterthur der Stadt Zürich Abschriften seiner Freiheitsbriefe (vgl. StAZH B III 90, S. 337).) Transmission: Übersetzung, Heft (4 Blätter)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 20.5 × 33.0
- Language: German
- Shelfmark: STAW B 1/32, S. 1-3
- Date of origin: 1667 Transmission: Übersetzung
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 22.5 × 35.0
- Language: German
- Shelfmark: StAZH B III 90, S. 33-44
- Date of origin: 1677 Transmission: Übersetzung
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 18.0 × 21.0
- Language: German
Comments
Als Graf Rudolf von HabsburgPerson: im Juni 1264 die vorliegende Urkunde ausstellte, war sein Onkel Graf Hartmann IV. von KyburgPerson: , der Stadtherr von WinterthurPlace: , noch am Leben. HartmannPerson: starb im November 1264, ohne Nachkommen zu hinterlassen, hatte aber noch im Juli zugunsten des Chorherrenstifts HeiligbergPlace: Organisation: geurkundet (UBZH, Bd. 3, Nr. 1274). Mit welcher Legitimation RudolfPerson: die Rechtsaufzeichnung vornehmen liess, ist nicht geklärt. Der rund 70 Jahre nach den Ereignissen aufgezeichneten Schilderung des Chronisten Christian KuchimeisterPerson: zufolge soll die Zerstörung der in der Nähe der Stadt gelegenen Burg durch die Bürger von WinterthurPlace: den Grafen von KyburgPerson: bewogen haben, seinen Besitz seinem Neffen als Lehen zu übertragen. Dieser habe nach seinem Herrschaftsantritt die Bürger für den Burgenbruch bestraft (Kuchimeister, Casus, S. 47). Von einer geordneten Herrschaftsübertragung geht die Forschung mehrheitlich aus, vgl. Windler 2014, S. 70-76; Stercken 2006, S. 11-12, 129-130; Elsener 1981, S. 99-100; Kläui 1964a, S. 49-53; Meyer 1947b, S. 305-309. Dagegen äussert Erwin Eugster Zweifel an der Plausibilität der Angaben KuchimeistersPerson: und hält eine Vordatierung der Rechtsaufzeichnung für wahrscheinlich. Er verweist auf die langjährigen Auseinandersetzungen um das Erbe des Grafen, die tendenziöse Darstellung seitens des Chronisten zugunsten der Kontrahenten der HabsburgerOrganisation: , der Äbte von St. GallenPlace: , die fehlende Mitwirkung HartmannsPerson: an der Ausfertigung der Urkunde, die nirgends belegte Übertragung WinterthursPlace: an RudolfPerson: sowie chronologische Unstimmigkeiten, vgl. Eugster 2015a, S. 98-104.
Ansprüche auf das KyburgerOrganisation: Erbe wurden von vielen Seiten erhoben. 1244 hatte Hartmann IV.Person: mit Zustimmung seines Neffen Hartmann V. von KyburgPerson: seinen Besitz, darunter auch WinterthurPlace: , der StrassburgerPlace: Kirche als Lehen aufgetragen. Bischof BertholdPerson: hatte die beiden KyburgerOrganisation: und ihre Nachkommen beiderlei Geschlechts mit den Gütern belehnt und ihnen die Weitergabe aller oder einzelner Besitzungen an Dritte unter der Bedingung eingeräumt, dass die Lehensherrschaft weiterbestand (UBZH, Bd. 2, Nr. 599, 600). Derartige Lehensauftragungen zugunsten kirchlicher Institutionen verfolgten den Zweck, die Güter dem Zugriff territorialer Konkurrenten oder politischer Kontrahenten zu entziehen, vgl. Sablonier 1981, S. 41-43. Nach dem Tod Hartmanns IV.Person: wurden von Seiten AnnasPerson: , der minderjährigen Tochter des 1263 verstorbenen Grafen Hartmann V.Person: , keine Forderungen bezüglich WinterthursPlace: gestellt, dagegen machten seine Witwe Margarethe von SavoyenPerson: und sein Neffe Graf Rudolf von HabsburgPerson: Besitzrechte geltend. 1260 war MargarethePerson: in Gegenwart RudolfsPerson: mit den StrassburgerPlace: Kirchenlehen belehnt worden (UBZH, Bd. 3, Nr. 1108). In einem Verzeichnis der Güter, die ihr RudolfPerson: nach dem Tod ihres Mannes entzogen haben soll, wird die Stadt WinterthurPlace: aufgeführt (UBZH, Bd. 4, Nr. 1304). Eine Chronik, die ein Ende des 13. Jahrhunderts im Auftrag des StrassburgerPlace: Bürgers EllenhardPerson: zusammengestellter Codex enthält, berichtet, wie Graf RudolfPerson: mehrere Burgen sowie die Stadt WinterthurPlace: von MargarethesPerson: Bruder, dem Grafen Peter von SavoyenPerson: , erobert habe (Ellenhardi Chronicon, S. 123).
Die Aufzeichnung von Rechtsnormen demonstrierte einerseits RudolfsPerson: Herrschaftsanspruch über WinterthurPlace: und förderte andererseits die Verständigung mit den Bürgern, die Zugeständnisse wie den Verzicht auf den Wiederaufbau der Burg erzielten. Dass sich der HabsburgerPerson: noch zu Lebzeiten seines Onkels um eine günstige Ausgangsposition im erwartbaren Kampf um das KyburgerOrganisation: Erbe bemühte, geht aus dem Vergleich hervor, den er am 18. Juni 1264 mit dem Bischof von KonstanzPlace: schloss. Demnach hatte Graf HartmannPerson: seinem Neffen Lehen der KonstanzerPlace: Kirche übertragen, die der offenbar übergangene Bischof zurückforderte (UBZH, Bd. 3, Nr. 1266). Vergleichbare Widerstände gegen eine Lehenübertragung waren von dem StrassburgerPlace: Bischof Heinrich von GeroldseckPerson: nicht zu erwarten. Seine Position war infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen seines Vorgängers mit den Bürgern der Stadt StrassburgPlace: , die von Graf Rudolf von HabsburgPerson: unterstützt worden waren, geschwächt, vgl. Wiegand 1878, S. 65-66, 84-88. Die Lehensherrschaft über die Stadt WinterthurPlace: geriet jedoch nicht in Vergessenheit, wie ein Verzeichnis der Lehen der StrassburgerPlace: Kirche zu Zeiten des Bischofs Berthold von BucheggPerson: (1328-1353) zeigt (ADBR G 377, fol. 80r; Edition: Grandidier 1865-1867, Bd. 4, S. 554).
Die im 12. und 13. Jahrhundert vierlerorts erfolgenden städtischen Rechtsaufzeichnungen basierten auf einer mündlich tradierten Rechtskultur («consuetudines») und dienten einerseits der Abgrenzung zum Landrecht, andererseits der Absicherung von neuem Recht, für dessen Eindeutigkeit, Anerkennung, Übertragbarkeit und Veränderbarkeit die schriftliche Fixierung Voraussetzung war, vgl. Dilcher 1992, S. 12-19. Zu den grundlegenden Bedürfnissen einer Stadtgemeinde gehörte die Vereinheitlichung des rechtlichen Status der Bürgerinnen und Bürger, die Garantie der persönlichen und güterrechtlichen Freiheit sowie der Zuständigkeit des örtlichen Gerichts, vgl. hierzu Isenmann 2012, S. 163-171; Dilcher 1989, S. 22-26. Gerade bei einem Herrschaftswechsel lag zudem die Festschreibung des über die städtischen Mauern hinaus sich ausdehnenden Rechtsbezirks und Allmendgebiets im Interesse der Gemeinde, vgl. Patze 1977, S. 172-174. Welche Vorlagen für die WinterthurerPlace: Rechtsaufzeichnung von 1264 herangezogen wurden, muss offen bleiben. Die inhaltlich und formal heterogene Struktur des Textes ist verschiedentlich thematisiert worden, vgl. Kläui 1964a, S. 25-31. Die erste deutsche Übersetzung lag bereits im Jahr 1297 vor. Ergänzt um Bestimmungen, die auf ein Privileg König RudolfsPerson: von 1275 zurückgehen sollen, und geltende Rechtsgewohnheiten, wurden die Rechtsnormen anderen Städten mitgeteilt (SSRQ ZH NF I/2/1 7-1), mehrfach überarbeitet und erweitert (SSRQ ZH NF I/2/1 170-1; STAW URK 2157; SSRQ ZH NF I/2/1 260-1).
Bei dem Schreiber lassen sich die Buchstaben «c» und «t» kaum voneinander unterscheiden.
Edition Text
Notes
- Gap in the original (3 cm).↩
- Damage through faded ink, uncertain reading.↩
- Damage through faded ink, uncertain reading.↩
- Addition inline in a hand of the 19th century: 22 BrachmonatIn the original: Brachm.↩
- Zur räumlichen Ausdehnung des sogenannten Friedkreises vgl. Kläui 1964a, S. 37, 39. Er wurde 1442 durch König Friedrich III.Person: erweitert (SSRQ ZH NF I/2/1 74-1).↩
- Die Kelnhöfe und Schuppisengüter innerhalb des WinterthurerPlace: Friedkreises waren von der städtischen Gerichtsbarkeit ausgenommen und gelangten mit der Herrschaft KyburgPlace: in den Besitz der Stadt ZürichPlace: , die keine Eingriffe der WinterthurerOrganisation: in den Zuständigkeitsbereich des Schuppisengerichts duldete (StAZH A 155.1, Nr. 113; StAZH B II 106, S. 10).↩
- Zur Bedeutung des «ius fori» oder «ius forense» (Markrecht) vgl. Kläui 1964a, S. 35-37.↩
- Zur Schultheissenwahl durch die Bürger vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 34-1.↩
- Zum Problem der Leibeigenschaft von Stadtbewohnern und Bürgern vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 55-1; SSRQ ZH NF I/2/1 120-1; SSRQ ZH NF I/2/1 247-1; SSRQ ZH NF I/2/1 286-1.↩
- Zu städtischen Nutzungsrechten im Wald EschenbergPlace: vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 17-1.↩
- Der Steuerbetrag variierte später, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 13-1.↩
- Zu den Folgen des Huldverlusts vgl. Holenstein 1991, S. 172-174.↩
- In den späteren deutschen Übersetzungen ist das Datum unrichtig aufgelöst: 10. Tag des Heumonats (Juli).↩
Regest