check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF I/2/1 55-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 55-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Vergleich zwischen dem Abt von Petershausen und einem in Winterthur wohnhaften Eigenmann des Klosters vor dem Schultheissen von Winterthur

1424 Januar 17.

Hans von Sal, Schultheiss von Winterthur, beurkundet, dass Heini Rüst von Oberwinterthur mit seiner Familie nach Winterthur gezogen ist ohne Erlaubnis des Abts des Klosters Petershausen, dessen Eigenleute sie alle sind. Im Auftrag der Stadt hat der Schultheiss mit Abt Johannes, der im Namen des Klosters dagegen Einspruch erhoben hat, vereinbart, dass Rüst gegen Zahlung von 8 Gulden mit seiner Familie in Winterthur wohnen bleiben darf und dort Dienste leistet wie andere Bürger, unbeschadet den Rechten des Klosters. Dem Kloster wird das Fallrecht zugestanden gemäss Recht und Gewohnheit der Stadt wie anderen Klöstern gegenüber ihren Eigenleuten in Winterthur. Rüst und seine Frau haben versprochen, ihre Tochter Margarethe nur mit einem Eigenmann des Klosters Petershausen zu verheiraten. Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: StAZH C II 16, Nr. 287
  • Originaldatierung: 1424 Januar 17
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 22.5 × 12.5
  • 1 Siegel:
    1. Schultheiss Hans von SalPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Regest

Die Leibeigenschaft war mit gewissen Dienstpflichten, Abgaben wie dem Fasnachtshuhn, eherechtlichen sowie erb- und vermögensrechtlichen Restriktionen und Einschränkungen der Freizügigkeit verbunden. So hatte der Leibherr nach dem Tod seiner Eigenleute Anspruch auf das beste Stück Vieh oder das beste Gewand. Heirateten Eigenleute trotz des Verbots Leibeigene anderer Herren, fiel ihm ihre gesamte Hinterlassenschaft zu. Oftmals war das Leibeigenschaftsverhältnis und die daraus resultierenden Pflichten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Zu den Auswirkungen der Leibeigenschaft vgl. HLS, Leibeigenschaft; Ulbrich 1979, S. 281-285. Zu den Formen der Leibeigenschaft auf der ZürcherOrt: Landschaft vgl. Kamber 2010, S. 70-75.

Nach der WinterthurerOrt: Rechtsaufzeichnung von 1264 sollten Eigenleute innerhalb der Bürgerschaft, die Jahr und Tag nicht zurückgefordert worden waren, von allen Dienstpflichten gegenüber ihren Herren befreit sein. Das Fallrecht gegenüber Einwohnern der Stadt wurde einem Herrn nur zugestanden, wenn seine Leute keine Erben hinterlassen hatten. Einschränkungen in der Wahl des Ehepartners oder der Ehepartnerin aufgrund des Standes oder der Herrschaftsverhältnisse der Betreffenden schloss das Stadtrecht explizit aus (SSRQ ZH NF I/2/1 5-1, Artikel 5, 8 und 10).

Editionstext


Ich, Hans von SalPerson: , schultheis ze WintterthurOrt: , tuͦn kunt menglichem mit disem brief: In der
sach, als Heini Ru̍stPerson: von OberwintterthurOrt: , sin wib und kind, so da gehoͤrent an daz gotzhus gen PetershusenOrt: Organisation: , gen WintterthurOrt: in die statt gezogen sint und sich hushablich da gesetzt haͧnt aͧn urlob
des erwirdigen herren abt JohansenPerson: des egenengenanten gotzhus ze PetershusenOrt: Organisation: , dar umb sy derselb min herr,
abt JohansPerson: , meynt anzelangen und daz nit zegestatten von sins gotzhus wegen, dar under ich aber
von enpfelhens wegen miner herren von WintterthurOrt: geredt und denselben minen herren, abt JohansenPerson: ,
erbetten hab, also daz im der egnegenante Heini Ru̍stPerson: fu̍r alle vergangen sach jetzo geben haͧt acht guldinWährung: 8 Gulden ,
und mit gedingt, daz nu derselb Heini Ru̍stPerson: , sin wib und kind hinfu̍r ze WintterthurOrt: in der statt wol
sitzen beliben und wesen und den von WintterthurOrt: dienstlich sin soͤllen und mugen als ander ir burger,
doch dem gotzhus ze PetershusenOrt: Organisation: an der eigenschaft und rechten aͧn schaden und oͧch namlich in soͤlicher
maͧß und bedingnu̍ß, wenn diselben personen je abgangen sint, das denn demselben gotzhus ze PetershusenOrt: Organisation:
allweg behalten sin und volgen soͤlle ein val, naͧchdem und andri gotzhu̍ser ir lu̍t in u̍nser statt
vallent naͧch der statt WintterthurOrt: recht und gewonheit, aͧn alle gevaͧrd.
Oͧch sol derselb Ru̍stPerson:
noch sin wib ir tochter MargrechtenPerson: deheinen elichen man nit geben denn einen gotzhus man,
und der an daz selb gotzhus gehoͤre, als sy oͧch daz versprochen haͧnt.1
Mitt urku̍nd dis briefs, versigelt
mit minem insigel und geben uff sant AnthonyenPerson: tag, naͧch Cristz gebu̍rt vierzechenhundert
jaͧr, dar naͧch in dem zweintzigosten und vierden jaͧr etcAbkürzung
Originaldatierung: 17.1.1424
.
[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 15. Jh.:]
Haini Ru̍stPerson: ,
vom val
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 15. Jh.:]
Haini Ru̍stPerson: , sesshaft
ze WinterturOrt: , sol dem gotzhgotzhus
geben vall etcAbkürzung nach gwonhatKorrigiert: gwonhaita der statt.

Anmerkungen

  1. Korrigiert: gwonhait.
  1. Bereits im folgenden Jahr erlangten Margarethe RüstPerson: und Hans WellenbergPerson: , ein Eigenmann der Herzöge von ÖsterreichOrganisation: , mit städtischer Unterstützung die Zustimmung des Abts zu ihrer Eheschliessung. Kinder aus dieser Verbindung sollten dem Kloster PetershausenOrt: Organisation: gehören (StAZH C II 16, Nr. 288; Regest: URStAZH, Bd. 5, Nr. 6734). Zur Frage der Zugehörigkeit der Kinder aus Ehen von Leibeigenen unterschiedlicher Herren vgl. Sprandel 2005, S. 45-46; Müller 1974, S. 24, 36-38, 43-60.