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SSRQ SG III/4 132-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 132-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Vertrag zwischen den Grafen von Sulz als Herren von Vaduz, Schellenberg und Blumenegg einerseits und Ulrich Philipp, Freiherr von Sax-Hohensax, andererseits betreffend die Gerichtskompetenzen über den Rhein, einen Schuldzins, die Fähre von Ruggell und die Leibeigenschaft von Lienhard Albrecht mit einem gleich lautenden Auszug über die Gerichtsbarkeit

1555 September 16. Bendern

Schiedsspruch von Hans Göldli, Landvogt im Rheintal, und Jakob Stüssi, Landvogt von Werdenberg, als zugesetzte Schiedsrichter von Freiherr Ulrich Philipp von Sax-Hohensax, sowie von Balthasar von Ramschwag, Landvogt von Gutenberg, und Eitel Hans Gienger, Vogt der Herrschaft Feldkirch, als Schiedsrichter der Grafenbrüder Wilhelm und Alwig von Sulz:

1. Die 80 Gulden jährlichen Zins – für jeden Gulden Zins 16 Batzen oder 64 Kreuzer gerechnet – sollen die Grafen von Sulz mit Goldgulden ablösen.

2. Die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit auf dem Rhein soll bis zur Mitte den Grafenbrüdern von Sulz gehören. Geschieht ein Vergehen auf der Rheinhälfte, die auf Seiten der Grafen von Sulz liegt, müssen sie die Bussen über kleinere Vergehen mit dem Hohensaxer teilen. Malefizsachen, die dort geschehen, gehören aber allein den Grafen von Sulz. Dagegen gehört dem Hohensaxer allein das Fischereirecht auf dem ganzen Rhein.

3. Die Fähre zu Ruggell muss den Freiherrn und sein Gefolge kostenlos führen.

4. Wegen der Zugehörigkeit des Leibeigenen Lienhard Albrecht haben die beiden Parteien anerboten, sich selber zu einigen.

Es siegeln im Original Balthasar von Ramschwag, Hans Göldli, Eitel Hans Gienger und Jakob Stüssi.

  • Signatur: StASG AA 2 A 4-3-1
  • Frühere Signatur: StASG AA 2 A 4-3
  • Originaldatierung: 17. Jh.
  • Überlieferung: Abschrift (2 Doppelblätter)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.5 × 33.5
  • Sprache: Deutsch

  1. Es handelt sich hier um eine Abschrift eines VertragsBegriff: zwischen Ulrich Philipp von Sax-HohensaxPerson: und den Herren der Herrschaft VaduzOrt: über GerichtskompetenzenBegriff: im oder auf dem RheinOrt: . Nach diesem Schiedsspruch verlaufen die Hoch- und Niedergerichtsgrenzen beider Herrschaften in der Mitte des Rheins, während die Fischenz des Herren von Sax-Hohensax den ganzen Rhein umfasst. Ausserdem hat dieser Anspruch auf die Hälfte der Bussen aus der niederen Gerichtsbarkeit eines Herren von Vaduz. Von diesem Vertrag sind weder die beiden Originale noch weitere Kopien erhalten. Offenbar wird der Vertrag nie gesiegelt, was auch eine Aussage von Johann Christoph von Sax-HohensaxPerson: 1620Datum: 1620 bestätigt, wonach dieser Schiedsspruch von Hohensaxischer Seite nie angenommen worden sei (StASG AA 2 A 7-3-7; vgl. auch Kreis 1923, S. 37). Nach dem Kaufbrief der Stadt Zürich sowie in der Gyger-Karte von 1664Datum: 1664/67Datum: 1667 reicht denn auch der Hoheitsbereich von Sax-Forstegg eindeutig bis zum rechten Rheinufer (SSRQ SG III/4 158-1; vgl. auch Gabathuler 2015, S. 92–93). Die JurisdiktionBegriff: im und auf dem Rhein bleibt aber umstritten und es kommt wiederholt zu Streitigkeiten zwischen den beiden Herrschaften. 1620 entstehen z. B. KompetenzkonflikteBegriff: wegen eines DeliktsBegriff: , das vom Sohn des Landeshauptmanns BöschsPerson: von SalezOrt: auf dem Rhein begangen wurde (StASG AA 2 A 07-3-2; AA 2 A 07-3-7 [1620]; siehe auch die BusseBegriff: gegen Hans EnglerPerson: aus der Landvogtei Sax-ForsteggOrt: durch Vaduz 1659Datum: 1659 in StAZH A 346.4, Nr. 193; Literatur: Kreis 1923, S. 36–38). Vielfach liegen den Konflikten auch im Rhein ertrunkene Personen zugrunde, so z. B. in StAZH A 346.4, Nr. 209 (1667); Nr. 238 (1670); Nr. 239 (1679); Nr. 303 (1690); StASG AA 2 A 04-3-4 (1705); StAZH A 346.5, Nr. 75 (1711); StAZH A 346.6, Nr. 283 (1787).

  2. Zu den FischereirechtenBegriff: eines Herren von Sax-Forstegg im RheinOrt: vgl. auch StAZH C I, Nr. 3210; StAZH A 346.4, Nr. 197.

Editionstext

[...]Editorisch irrelevant1[fol. 2r]Seitenumbruch

Zu wüssen alß sich zwüschent dem edlen, wolgebohrenen herren Ulerich Phillippen, freyherr zu der Hohen SaxPerson: , herren zu Sax und VorsteggOrt: , ains und den wolgebornen herren, herren WilhelmPerson: und Albig, gebrüdere, graffen zu SultzPerson: , landgraffen zu CleggewOrt: , herren zu VadutzOrt: , SchellenbergOrt: und PliömeneggOrt: etcAbkürzung, anderstheils, kurtz vergangener zeit her nachpurlich spennBegriff: , nemblich
[1] erstlich von wegen achtzig guldinWährung: 80 Gulden zinßBegriff: , welche die erstgenandten, wolgebohrnen herren graffen zu SultzOrganisation: etcAbkürzung, den ernenneten freyherren zu SaxPerson: jährlich zu reichen schuldig, und er, freyherr zu Sax, dieselben in goldBegriff: zu haben vermainndt.
[2] Zum anderen antreffendt, dz sich der herr von SaxPerson: als ein herr des RheinsOrt: dem hochBegriff: und nideren grichtBegriff: darauf zugehörig seyendt, er auch am faarBegriff: zu BemedernOrt: 2 auf der wolermelten herren graffen zu SultzOrganisation: seiten zu straffenBegriff: haben a anmassen und daßelb die herren graffen ihme, herren von SaxPerson: , widerfechten.
[3] Zum driten belangend Lienharten AlbrechtenPerson: , welcher ermelts herren von SaxPerson: leibaignerBegriff: seyn soll und die herren graffen zu SultzOrganisation: für eigen ansprechen und zu steürenBegriff: vermanend.
[4] Und zum vierdten und letsten dz faarBegriff: zu ReggelOrt: den herren graffen zu Sultz zugehörig berüerend, erhebt und zugetragen.
Und nach dem sich wolgedachte graffen und herren zu beiderseits gemelter eingewachsner nachbeürlichen spen halben gern für sich selbs mit einandern vergleicht und vertragen heten, so hat aber solche vergleichung durch sy selbs nit ungern erfunden werden und damit aber zwischen denselben fürterhin wie bisher gute nachpurschafftBegriff: und väterliche fründschafftBegriff: erhalten und gepflantzt werde, haben ermelte beede herren partheyen aufgeschlegne underhandlung sie ermelter spenn halben zu beiderseits güetlich und nachpurlich von [fol. 2v]Seitenumbruch vonAuffällige Schreibung ainanderen endtscheidigen auf einen gleichen unpartheyischen zusatzBegriff: gesetzt und nemblich ernenter herr von SaxPerson: als beschwehrter auf seiner seiten die edlen, ehrvesten, fürnemmen Hans GöldiPerson: , landvogt zu ReineggOrt: , und Jacob SteüssiPerson: , landvogt der herschafft WerdenbergOrt: , und die wolermelten herren graffen zu SultzOrganisation: zu irer gnaden theil den edlen, vesten Balthaßar von RambschwagPerson: , römisch königlicher meyestätIn der Vorlage: rho khn meyst landvogt zu GuetenbergOrt: , und Eytl Hannsen GienngerPerson: , seiner königlicher majestätIn der Vorlage: kh mt vogt der herschafft VeldkirchOrt: , zu zusetzen benembt und fürgenommen. Welche jetz bemamdten sich auch zu erhaltung guter fründschafft und nachpurschafft gut willig hierzu bewegen laßen und haben. Demnach jetz ermelter von beiden partheyen erkiesseneBegriff: gleicher zusatzBegriff: nach anhörung vorgerüerter spenn einen gütigen vertragBegriff: fürgenommen und denselben beiden herren partheyen eröffnet und zuerkennen geben, wie nachvolgt:
[1] Erstlich vo vil belangt die achzig guldinWährung: 80 Gulden jerlichs zinßBegriff: ist beredt, da die mehr wolgemelten hrAbkürzung graffen zu SultzOrganisation: , gebrüeder, den wolermelten freyherren zu SaxPerson: ihme fürterhin jehrlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr und jedes jahrsWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr besonders für jeden guldinWährung: 1 Gulden zinß sechzehen batzenWährung: 16 Batzen oder vier und sechzig Etsch kreützerWährung: 64 Etsch Kreuzer 3 geraitBegriff: zu verzinßen und zuverlegen schuldig seyn sollen. Ob sich aber über kurtz oder lange zeit begeben, daß die hAbkürzung graffen zu SulzOrganisation: ermelte achzig guldinWährung: 80 Gulden jerlichs zinß vor ermelten herren zu SaxPerson: oder desselben erben widerumben an sich lößen wolten, so soll solche ablößungBegriff: innhalt und vermög der alten haubtzinß verschreibungBegriff: nemblich mit Reinischen goldguldinBegriff: beschehen und erlegt werden. Und nachdem der herr zu SaxPerson: begehrt hat, dz ime der vest gemeltet zinß auf die fünfzehen patzenWährung: 15 Batzen geraitBegriff: , gegeben und bezalt worden, sol solcher vest hermit gentzlich aufgehebt und deßelben halben bed herren [fol. 3r]Seitenumbruch herrenAuffällige Schreibung partheyen fründtlich und veterlich entschaidigt seyn.
[2.1] Zum andern die hochBegriff: und nidere obrigkeitBegriff: auf dem ReinOrt: betreffent ist abermahls beredt, dz die hAbkürzung graffen zu SulzOrganisation: , gebrüder, nun fürterhin die herren des halben ReinsOrt: genandt seyn, heißen und bleiben sollen, dergestalt, wenne sich kleine freffelBegriff: auf halbem ReinOrt: gegen der graffen zu SulzOrganisation: seiten zutragen, solle wolgedacht hAbkürzung graffen zu SulzOrganisation: dieselben kleinen freffel mit dem herrn zu SaxPerson: zu theilenBegriff: schuldig seyn.
[2.2] Begebe sich aber, das malefizisch sachenBegriff: als todschlagBegriff: und dergleichen, so der hochen obrigkeitBegriff: anhengig sein möchten, auf halbem ReinOrt: gegen der heren graffen zu SultzOrganisation: seiten fürgehen wurde, sollen dieselben begangnen malefizischenBegriff: handlungen den herren graffen zu SulzOrganisation: allein zu straffen zugehören und die straffBegriff: darinn bleiben, unverhindert des herren von SaxPerson: .
[2.3] Dar gegen aber soll dem herren zu SaxPerson: die fischenenBegriff: auf gemeinem RheinOrt: in maß, wie er dieselb von altem bißher gebraucht, allein zuständig bleiben und darinne kein verhinderung beschehen.
[3] Zum driten, dz faarBegriff: zu ReggelOrt: berüerend, ist zu erhaltung gueter fründschafft für gut angesehen, dz diejhenigen, so dz far daselbs zu ReggelOrt: jederzeit imhabenAuffällige Schreibung und gebrauchen werden, sollen schuldig sein, den herren zu SaxPerson: , deßelben dienernBegriff: und was zun haußBegriff: vorsteet und deselben nohtdurfften zugehörig ist anleihenBegriff: 4 lan wie von altem her hin und wider zu füerenBegriff: und deßhalben unverhindert paßierenBegriff: zu lassen.
[4] Zum vierten und letsten des Lienhart AlbrechtsPerson: halber, dieweil sich bed herren partheyen selbs erbotten, sich von wegen deßelben selbs mit einandern güetiglich und veterlich zu vergleichen, so laßen es die herren zusatzBegriff: auch darby bleiben.
[fol. 3v]Seitenumbruch
Nach eröffnung vorgemelter artiklen haben vil wolgedachte beed herren partheyen, der herr zu SaxPerson: und die volgebohrnen herren graffen zu SultzOrganisation: , dieselben artiklen biß auf daß nechst künfftig new jagendAuffällige Schreibung sechß und fünfzigist jahrDatum: 1556, solche ein anderen zu b oder abzeschreiben, angenommen und den bedacht biß daselbst hin vorbehalten.
Deß zu urkundt sind dißer gütigen abred zwo gleich lauten verzeichnus gemacht und jedem theil eine under vorgemeldt herren zusätzBegriff: fürgetrukten pitschafften und underschribnenBegriff: eigen handschrifftenBegriff: verfertigt zugestelt worden, beschehen zu BembdernAusstellungsort: am xvj dtagAuffällige Schreibung septembris im xxvUnsichere Lesungc5 anno isAbkürzung jahrOriginaldatierung: 16.9.1555.
Locus sigilli Baltaßar von RambschwagPerson: , vogt zu GuetenbergOrt:
Locus sigilli Hans GöldiPerson: , landvogt in ReinthalOrt:
Locus sigilli Eytelhanß GieirchAuffällige SchreibungPerson: , vogt zu VeldkirchOrt:
Locus sigilli Jacob StüßiPerson: , jetz vogt zu WerdenbergOrt:

[Registraturvermerk unterhalb der Zeile:] No 1
[Vermerk unterhalb der Zeile von Hand des 17. Jh.:] 34. Vertrag zwüschendt SaxOrganisation: und SultzOrganisation: wegen des RheinsOrt: etcAbkürzung de dato 16ten 7bris ao 55Sprachwechsel: LateinDatum: 16.9.1555
[Registraturvermerk unterhalb der Zeile:] Trk 321 b 2 N 34
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 17. Jh.:] Extract vertrags zwischen den herrn grafen zue SulzOrganisation: und freyherrn zue SaxOrganisation: etcAbkürzung etlich nachbarlich spän betreffendIn der Vorlage: betr, 1555
[Registraturvermerk auf der Rückseite:] No 4; 4

Anmerkungen

  1. Streichung: anrüefft.
  2. Streichung: a.
  3. Unsichere Lesung.
  1. Auszug aus dem hier edierten Vertrag unter dem Datum 16. September 1555.
  2. Vgl. dazu SSRQ SG III/4 123-1.
  3. Der Zins beträgt von einem Gulden 16 Batzen oder 64 Etsch Kreuzer (UmrechnungskursBegriff: ).
  4. Hier ist das Lemma a(n)līhen 3,1242 wohl im Sinne von «zulassen, erlauben» zu verstehen.
  5. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Verschreiber. Das «v» ist zudem mit einem «l» oder «s» überschrieben. Aus dem Zusammenhang ist das Datum des Vertrags mit Sicherheit der 16. September 1555 (siehe das Datum beim Auszug sowie die Dorsualnotizen).