SSRQ SG III/4 204-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der
Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud
Zitation: SSRQ SG III/4 204-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Gemeindebeschluss der Ausbürger der Stadt Werdenberg, die in der Gemeinde Grabs
wohnen, über die Erhebung und Verteilung einer Sondersteuer zur Tilgung der
Schulden der Buchser Bürger (Werdenberger Ausbürger, die in der Gemeinde Buchs
wohnen)
1698 November 20.
Stückbeschreibung
- Signatur: Burgerarchiv Grabs, U 1698-1
- Originaldatierung: 1698 November 20 (20. tag wintermoneth 1698) Überlieferung: Original (Einzelblatt)
- Erhaltungszustand: an den Faltstellen z. T. gebrochen
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 20.0 × 31.5
- Sprache: Deutsch
Kommentar
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Auf Ansuchen der beiden Abgeordneten der in BuchsOrganisation: wohnhaften AusbürgerBegriff: der Stadt WerdenbergOrt: , Baumeister Christian RohrerPerson: und Mathias RohrerPerson: , und den beiden BürgermeisternBegriff: , MichaelPerson: und David HiltyPerson: , als Abgeordnete der Bürgerschaft von WerdenbergOrganisation: , bestätigt der Werdenberger Landvogt am 24. Februar 1697Datum: 24.2.1697 folgendes: «Daß wilen vor dißem die burgerBegriff: von BuchsOrt: bittlich an der burgerschafftBegriff: angehalten, weilen die gmeind BuchsOrganisation: ein zimlichen schuldenlastBegriff: gewachsen und die stürsgnoßenBegriff: aldorten ein zimliche summa uß ihrer stürBegriff: zu nemen ermeretBegriff: , daruff dan die burger gmeind uff dz rathhaußBegriff: berüöfft worden», um zu sehen, was die Bürgerschaft den AusbürgernBegriff: in BuchsOrt: daran geben kann. Nachdem man gerechnet hat, ist beschlossen worden, dass die Herren Bürgermeister den Ausbürgern in BuchsOrganisation: den Rodel geben sollen, damit sie die SchuldenBegriff: zurückzahlen und auf den GeorgstagDatum: 25. April (zur Datierung des Georgtages vgl. ausführlicher die Fussnote in SSRQ SG III/4 250-1) einziehen können. Die Anteile der Ausbürger in GrabsOrganisation: und SevelenOrganisation: sollen von dem Bürgermeister separat verwaltet werden, ausser sie wollen ihre Anteile selber durch ehrliche Personen verwalten lassen. Sollten einige Bürger diesen Spruch nicht annehmen wollen, sollen sie sich vor dem Georgstag beim Landvogt melden (Burgerarchiv Grabs U 1697-1). Aufgrund dieser Erkenntnis stimmen im folgenden Stück ihrerseits die Ausbürger in der Gemeinde GrabsOrganisation: auf Bestätigung des Landvogts ab, wie sie diese Sondersteuer einziehen wollen. Die Haushaltungen der Bürger und Ausbürger in Grabs, Buchs und Sevelen bringen die hohe Summe von 2472 GuldenWährung: 2472 Gulden auf (Hilty 1898, S. 33).
Laut der Bestätigung des Landvogts vom 24. Februar 1697Datum: 24.2.1697 handelt es sich um SchuldenBegriff: der Gemeinde BuchsOrganisation: , welche die Buchser aufgrund eines Beschlusses ihrer SteuergenossenBegriff: (der LandleuteBegriff: von Buchs) aus ihrer Steuerkasse tilgen wollen. Die Ausbürger in Buchs sind nicht Teil der SteuergenossenschaftBegriff: der Landleute, sondern der BürgerschaftBegriff: . Doch als Teil der Bewohnerschaft der Gemeinde BuchsOrganisation: müssen sie wohl zur Schuldentilgung beitragen, weshalb sie ihrerseits sowohl an die Ausbürger von SevelenOrganisation: und GrabsOrganisation: als auch an die StadtbürgerschaftBegriff: um einen Beitrag aus der Steuerkasse gelangen. Den beiden Urkunden nach zu urteilen, bildet jede Ausbürgerschaft und die Bürgerschaft der Stadt eine separate Steuergenossenschaft. Auch jede Gemeinde der Landleute hat eine eigene Steuergenossenschaft mit einer eigenen Steuerkasse (zu den Grabser SteuergenossenOrganisation: vgl. auch OGA Grabs Gruppe I./4; OGA Grabs Gruppe II./1; VI./A/03; VI./A/04; VI./A/08; VI./A/17; zu den Steuergenossen von SevelenOrganisation: siehe OGA Sevelen B 90.01; Hagmann 1984, Bd. 2, S. 129–131). Über die SteuergenossenschaftenBegriff: ist wenig bekannt: Aus der Steuerkasse («stürBegriff: ») werden nicht nur die Steuern an die Obrigkeit abgeliefert; vielmehr dient sie als Fonds, in den auch die Zinsen belehnter Liegenschaften der Genossenschaft oder der Abzug auf Güter einfliessen und aus dem auch Beträge an die SteuergenossenBegriff: ausbezahlt werden oder wie in diesem Beispiel gemeinsame Schulden getilgt werden, vgl. dazu die Ausführungen von Mathäus Lippuner zum Urbar der Steuergenossen von 1578Datum: 1578 im OGA Grabs Gruppe I./1).
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Warum die Gemeinde BuchsOrganisation: 1698Datum: 1698 so hoch verschuldet ist, ist schwierig zu beurteilen. Da die anderen Bürger und Ausbürger in der Lage sind, sie finanziell zu unterstützen, sind die SchuldenBegriff: kaum auf äussere Einflüsse wie Kriege, Krankheiten, Naturkatastrophen u. ä., die wohl alle gleichermassen betroffen hätten, zurückzuführen. Möglicherweise liegt die Ursache in einem langjährigen und teuren Gerichtsverfahren der Gemeinde BuchsOrganisation: mit MüllermeisterBegriff: Thomas SennPerson: von AltendorfOrt: um das WasserBegriff: , das der Müller unterhalb Altendorf widerrechtlich für seine neue MühleBegriff: ableitet: 1693Datum: 1693 erwirken mehrere Abgeordnete von Buchs in GlarusOrt: ein Urteil (PGA Buchs U 10), das jedoch den Streit nicht beendet, da 1695Datum: 1695 in der gleichen Sache eine Besichtigung der Streitsache durch den Landvogt und mehrere Amtleute durchgeführt wird (LAGL AG III.2409:106). Der Streit endet schliesslich 1696Datum: 1696 durch einen Schiedsspruch des Landvogts mit seinen Amtleuten, der in einen Kauf der Mühlen und der SägereiBegriff: für 6500 Gulden durch die Gemeinde Buchs von Müllermeister SennPerson: mündet: «Erstlichen daß haußBegriff: sammt den zwei darin stehenden mülli hüffenBegriff: und der darzu gehörigen rächtsammen, so an der CreuzgaßOrt: stehen thuth, zum anderen daß hauß sambt drey darin begreiffenen meülli heüffenBegriff: zu AltendorffOrt: , zum driten daß alte und obere hauß sambt dem darnebendt stehenden alten meülleBegriff: recht sambt stallBegriff: und gärthenBegriff: , [...]Editorisch irrelevant zum vierthen die sagenBegriff: mit ihrem gebeüw, fünfftens die werkreibeBegriff: wie auch zwey stämpfBegriff: mit allen und jeden derselben rechtsammenen» (PGA Buchs U 11 A-1; zu den Zahlungsmodalitäten siehe PGA Buchs U 12 A-1). Es ist gut möglich, dass die teueren Verfahrenskosten zusammen mit dem hohen Preis der Mühlen und der Sägerei die finanziellen Mittel der Gemeinde deutlich überstieg.
Editionstext
Durch mich verzeichnet, Davidt HiltiPerson: .
Regest
Mit Erlaubnis von Landvogt Samuel Blumer beschliessen die Ausbürger der Stadt Werdenberg in Grabs durch einen Mehrheitsbeschluss, eine Sondersteuer einzuführen. Grund ist die hohe Schuldenlast der in Buchs wohnhaften Werdenberger Ausbürger, an deren Tilgung sich die Ausbürger in Grabs beteiligen. Folgender Steuereinzug auf St. Georg (25.4.) wird festgelegt:
1. Jede Haushaltung, ob Männer oder Witwen: 2 Dukaten.
2. Jeder junge Mann, der sich verheiratet: 2 Dukaten.
3. Verheiratete Bürger, die im Ausland gelebt haben, ihr Bürgerrecht jedoch nicht aufgegeben und wieder in die Gemeinde ziehen: 2 Dukaten.
4. Ledige Frauen und Männer: 1 Louistaler.
Diese Sondersteuer soll für 24 Jahre bis 1723 gelten. Wenn der Amtsbürgermeister seine Rechnung ablegt, soll derjenige, der für das Kapital verantwortlich ist, auch Rechnung geben.