SSRQ ZH NF II/11 39-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, von Ariane Huber Hernández und Michael Nadig
Zitation: SSRQ ZH NF II/11 39-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Klage vor dem Gericht in Wiedikon wegen Körperverletzung aufgrund eines angeblichen Ehebruchs und Weisung an eine höhere Instanz
1491 Oktober 4 – 8.
Stückbeschreibung
- Signatur: StAZH A 154, Nr. 3
- Originaldatierung: 1491 Oktober 4 – 8 Überlieferung: Aufzeichnung, Heft (4 Blätter)
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 20.5 × 30.0
- Sprache: Deutsch
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Erwähnung
- Etter 1987, S. 174
Kommentar
Dem hier erwähnten Stadtbürger Simon ZieglerPerson: (oder möglicherweise seinem gleichnamigen Vater) war 1441 die Ziegelhütte von WiedikonOrt: verliehen worden (Etter 1977, S. 32, 149-150). Zur Ziegelei in WiedikonOrt: vgl. SSRQ ZH NF II/11 118-1; SSRQ ZH NF II/11 160-1; zu den Zürcher Zieglern vgl. Sutter 1999.
Der mutmassliche Ehebruch der Ehefrau Simon ZieglersPerson: mit dem Knecht GeorgPerson: ist zwar der Anlass des Streits zwischen den beiden Konfliktparteien, aber nicht eigentlich Gegenstand der Verhandlung; verurteilt werden sie für die gegenseitige Körperverletzung. Der Fall wird vom Gericht zu WiedikonOrt: am 4. Oktober 1491 an eine höhere Instanz verwiesen. Am 8. Oktober verlangt Simon ZieglerPerson: , weitere Aussagen aufzunehmen, während GeorgPerson: sich dagegen ausspricht. Wiederum wird der Fall an die höhere Instanz verwiesen und es dieser «ober hand» überlassen, den Fall wieder aufzurollen. Ein Nachtrag verweigert dies, allerdings wurde er danach wieder gestrichen. Ein Eintrag vom 12. November 1491 im Ratsmanual hält fest, dass die Sache vor dem ZürcherOrt: RatOrganisation: angehört werden solle (StAZH B II 20, S. 71). Kurz nach dem hier edierten Fall verkaufte Hans SchwendPerson: die Vogtei WiedikonOrt: an die Stadt ZürichOrt: (SSRQ ZH NF II/11 40-1).
Zur Verhandlung von Gewalt und Totschlag vor Gericht vgl. Burghartz 1990, S. 139-154; Pohl 1999.
Editionstext
Dawider lies der bemelt SimonPerson: fu̍rter reden glich wievor und des mer, das er gestendig were, das JergPerson: die hallenbarten bi im stend gehept hette, wie er fu̍r gebe, er hett sich aber nit verborgen, sonder stu̍nde er da, als er achtete, im zuͦ tratz.
Daruff JergPerson: och reden und antwurten lies glich wievor und des mer, das nūn wol verstanden wurde, als SimonPerson: im gestendig were, das er die hallenbarten also nebend im oder hinder der bigen gehept hette, das er im nit zuͦ tratz da were gestanden oder der meynung, das er im ichtzit zuͦ tuͦn begerte, dann wie er eins soͤlichen tratzlichen willens gegen SimonPerson: gewesen sin, so welt er sich der hallenbarten nit entzigen haben.
Und damit satztend beyd teil die sach zuͦ recht.
Uff dz ward rechtz gefraͧgt und mit urteil dis sach fu̍r die ober hand gewysen. Actum zinstag vor sant DionisiusPerson: tag anno etcAbkürzung lxxxxjOriginaldatierung: 4.10.1491.
Demnaͧch uff sambstag vor sant DionisiusPerson: tag anno etcAbkürzung lxxxxjOriginaldatierung: 8.10.1491 sind beid obgenant partyen abermaͧls fu̍r gericht komen und begert Simon ZieglerPerson: , im etlich kuntschaft zuͦverhoͤren.
f–iij marchWährung: 3 Mark Simon ZieglerPerson: | als sy einannderen gewundet haben, |
iij marchWährung: 3 Mark JorgPerson: , zieglerknecht | gytt JorgPerson: , zieglerknecht, ald halb bar und halb verwerchen |
Dawider der bemelt Jerg fu̍rwenden lies, das er verhofte, das witer kein kuntschaft verhoͤrt soͤlte werden, die wyle er sich dero vor nie erpotten hette und die sach zuͦ recht gesetzt und beschlosen, oͧch daru̍ber geurteilt weͣre.
Und als sy das mit me worten och zuͦ recht satzten, ward rechtz gefraͧgt und mit urteil erkendt, das soͤlichs och fu̍r die ober hand komen soͤlte, was dann daselbst zuͦ gelaͧsen wurde, die kuntschaft zuͦverhoͤren oder nit, das es dann dabi blibe.
g– h–Item so dan fu̍rr mich kumen und gewisen ist, so lass ich kein kunschaft nach zuͦ hoeren, sid mall und vor malls in keiner klag noch antwortt nie gemeldett ist worden und es zuͦ beiden zuͦ rechtt ist gesetz worden.Streichung durch gekreuzte Linien von späterer Hand–hHinzufügung am unteren Rand von anderer Hand–g
Anmerkungen
- Lücke in der Vorlage (4 cm).↩
- Streichung: da sy dann were.↩
- Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen.↩
- Hinzufügung zwischen zwei Zeilen.↩
- Streichung: hab.↩
- Hinzufügung am unteren Rand von anderer Hand.↩
- Hinzufügung am unteren Rand von anderer Hand.↩
- Streichung durch gekreuzte Linien von späterer Hand.↩
- Der Schreiber liess hier Platz für den Nachnamen des Zieglerknechts JörgPerson: , der aber im Text nirgends genannt wird.↩
- In ZürichOrt: hatte im Spätmittelalter ein betrogener Ehemann ausdrücklich das Recht, die Frau und deren Liebhaber auf der Stelle zu töten oder die Frau zu verstossen (SSRQ ZH NF I/1/3 59-1). Diese Rechtsauffassung fusst auf der alten germanischen Tradition, nach der es in erster Linie die Munt des Ehemannes und Haushaltsvorstehers über seine Ehefrau und nicht die eheliche Verbindung zu verteidigen galt (HRG (2. Aufl.), Art. Ehebruch, Bd. 1, Sp. 1213-1215). Vgl. dazu SSRQ SG II/2/1, Nr. 65c, S. 165.↩
- Diese Notiz stammt wohl von der höheren Instanz, dem Ratsgericht. Die Summe entspricht der üblichen Busse für Körperverletzungen (vgl. Zürcher Richtebrief SSRQ ZH NF I/1/1, S. 21), wobei in diesem Fall der Zieglerknecht, als Verursacher des Konflikts, die Busse zu begleichen hatte.↩
Regest