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SSRQ ZH NF I/1/3 59-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 59-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Verordnung der Stadt Zürich betreffend Bestrafung des Totschlags im Zusammenhang mit Ehebruch

1498.

Das auch andernorts belegte Recht des Ehemanns, den Liebhaber seiner Ehefrau und gegebenenfalls auch diese selbst zu töten, sofern er sie im Vollzug des Ehebruchs ertappte, wurde in Zürich im Jahr 1489 erstmals verschriftlicht (StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33). Die vorliegende Ordnung basiert auf dieser ersten Fassung, im Vergleich zu dieser erweitert sie jedoch das Tötungsrecht auch auf die der Untreue überführte Ehefrau und ist um zwei Abschnitte erweitert. In der vorliegenden Fassung wurde die Ordnung bis ins 17. Jahrhundert in verschiedene Satzungsbücher übernommen.

In der Praxis sind für die Stadt ZürichOrt: jedoch nur wenige Fälle bekannt, in denen es tatsächlich zu einer Tötung im Kontext einer Situation des Ehebruchs kam. Für das gesamte 15. Jahrhundert lassen sich nur drei derartige Fälle belegen, in einem einzigen davon kam es zur Tötung der Ehefrau (Matter-Bacon 2016, S. 287-288; vgl. dazu auch SSRQ SG II/2/1, Nr. 65c, S. 166, Bem. 1). Aus den entsprechenden Urteilen geht hervor, dass die jeweiligen Täter freigesprochen wurden und das RatsgerichtOrganisation: auf die in der Ordnung erwähnte Busse verzichtete. In den meisten Fällen wandten sich betrogene Ehemänner und Ehefrauen jedoch an den RatOrganisation: , der schlichtend einzugreifen suchte, indem er Vermittler beauftragte, gegebenenfalls Kontaktverbote aussprach sowie Konfliktparteien eidlich zur Bewahrung des Friedens verpflichtete sowie im Wiederholungsfall Bussen oder kurze Haftstrafen aussprach, in seltenen Fällen auch von Verbannungen Gebrauch machte. Von letzteren waren ledige Personen öfter als Verheiratete und Frauen häufiger als Männer betroffen (Matter-Bacon 2016, S. 285-286). Seit der Reformation war das EhegerichtOrganisation: für Fälle des Ehebruchs zuständig.

Zum Umgang mit Ehebruch im spätmittelalterlichen ZürichOrt: vgl. Matter-Bacon 2016, S. 277-292; Malamud 2003, S. 285-296; zum Ausschluss von Ehebrechern aus dem RatOrganisation: vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 62-1; zum EhegerichtOrganisation: vgl. SSRQ ZH NF I/1/11 1-1; SSRQ ZH NF I/1/3 141-1.

Editionstext

Federzeichnung
Wie die todschleg gebu̍sd soͤllen werden,
so einer den andern bi siner efrowen findt


Welcher den andern bi siner efrowen findt, an oder uff sinem
schand und laster, und der, des die efrow ist, a–die frowen libloß
tuͦt oder den, den er bi siner frowen an der taͧt funden haͧt
Textvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: den andern
liblos tuͦt
–a,
so sol der selb emanAuslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33b, so c–dero eins oder sy beydeTextvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: den–c libloß getaͧn haͧt,
achtzechen hallerWährung: 18 Haller uff den toͤdten lichnam leggen und damit
d–dem gericht und rechtenTextvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: oͧch–d gebuͤsd haben.
e–
Ob sich aber begebe, das der eman, deweders libloß taͤte uff der taͧt
und darnaͧch frid an sy erfordert wurde, so soͤllen sy alle, es sig der
eman, die frow oder hu̍pschman, schuldig sin, frid zegeben und
zehaltten mit wortten und wercken. Ob aber der emann sin efrowen
darnach aber dheinest funde, es were bi dem vorigen ald eim
andern, an oder uff schand und laster, och waͧrer taͧt, so soll inn
die vorgegeben stallung oder der friden nit binden, sonder
mag er aber, als vorstaͧt, handeln in obgenantem rechten.
Auslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33
–e
f–
Und ob sich einicher, der bi eins efrowen funden wurd, understuͤndi,
den eman zetratzen mit wortten, waͤrcken, gebaͤrden, ston, gon
oder anderm, das dann ein raͧtOrganisation: allweg mit dem selben zuͦ reden,
zuͦ handlen, zuͦ tuͦn und zuͦlassen habe, je naͧch gestalt und gelegenheit der sach oder naͧch sinem verschulden und verdienen, wie
dann das von alter ist harkommen.
Auslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33
–f

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: den andern
    liblos tuͦt.
  2. Auslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33.
  3. Textvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: den.
  4. Textvariante in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33: oͧch.
  5. Auslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33.
  6. Auslassung in StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 33.