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SSRQ ZH NF I/1/3 122-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 122-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Aufnahme von Katharina von Zimmern in den Schutz der Stadt Zürich und Zusprechung einer Rente

1524 Dezember 8.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat nehmen die ehemalige Äbtissin Katharina von Zimmern als Bürgerin der Stadt Zürich in ihren Schutz auf, aufgrund der durch sie vollzogenen, freiwillig erfolgten Übergabe des Fraumünsters mitsamt seinen Herrschaftsrechten und Besitzungen. Sie sichern ihr den Verbleib in ihrer jetzigen Behausung sowie den weiteren Besitz und die Nutzung ihrer Kraut- und Baumgärten zu und verpflichten sich ihr gegenüber zur Lieferung von Brennholz. Weiter wird ihr eine lebenslange Rente zugesprochen, die durch den Amtmann des Fraumünsters ausbezahlt wird. Diese besteht aus jährlich 100 Mütt Dinkel, 23 Malter Hafer, 65 Eimer Wein und 350 Pfund Zürcher Währung, wobei der Wein im Herbst, Dinkel und Hafer am Martinstag und das Geld am Johannestag fällig sind. Katharina von Zimmern erhält die Zusage, über das von ihr Ersparte letztwillige Verfügungen nach ihrem Ermessen zu treffen. Nach ihrem Tod soll diese Urkunde ungültig werden und Bürgermeister und Rat ihren Nachkommen nichts mehr schulden. Vorbehalten sind Ansprüche der Nachkommen aus unbezahlten Leibrenten. Die Aussteller siegeln mit dem kleineren Sekretsiegel der Stadt Zürich.

  • Signatur: StArZH I.A.502.
  • Originaldatierung: 1524 Dezember 8
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 45.5 × 25.0 (Plica: 5.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Pergamentstreifen, fehlt
  • Sprache: Deutsch
  • Edition

Die vorliegende Urkunde wurde an demselben Tag ausgestellt wie die von Äbtissin Katharina von ZimmernPerson: besiegelte Übertragung der Rechte und Besitzungen des FraumünstersOrganisation: an Bürgermeister und RatOrganisation: (SSRQ ZH NF I/1/3 121-1). Bereits am 5. Dezember 1524 hatte der RatOrganisation: die Anfertigung der Urkunden in Auftrag gegeben (StAZH B VI 249, fol. 144r-v). Katharina von ZimmernPerson: stammte aus süddeutschemOrt: Hochadel und übte seit 1496 das Amt der Äbtissin aus. Während ihrer Amtszeit realisierte sie im Bereich der Abteigebäude aufwändige Bauarbeiten, wozu besonders prominent der Neubau des sogenannten Äbtissinnenhofs gehört (Niederhäuser 2012, S. 132; KdS ZH NA II.I, S. 101-107; Abegg/Barraud Wiener 2000).

Nach dem Verzicht auf ihr Amt heiratete Katharina von ZimmernPerson: den in württembergischenOrt: Diensten stehenden Adligen Eberhard von ReischachPerson: , der in ZürichOrt: zwischenzeitlich wegen unerlaubter Soldwerbung zum Tod verurteilt worden war. Mit ihm lebte sie zunächst in SchaffhausenOrt: und DiessenhofenOrt: und zuletzt wieder in ZürichOrt: . Nachdem ihr Ehemann 1531 in der Schlacht von KappelOrt: gefallen war, blieb sie bis zu ihrem Tod als Witwe in ZürichOrt: und bezog die ihr vom RatOrganisation: zugesprochene Rente.

Über wie viele Schwestern das FraumünsterklosterOrganisation: neben der Äbtissin zuletzt noch verfügte, ist nicht überliefert; im Jahr 1522 sind noch vier Klosterfrauen belegt (Knecht 2016, S. 63). Bereits am 17. Juni 1523 stellte der RatOrganisation: die Schwestern des Klosters OetenbachOrt: , das über den mitgliederstärksten Frauenkonvent der Stadt verfügte, vor die Wahl, entweder das Kloster unter Rückerstattung ihres eingebrachten Gutes zu verlassen oder vor Ort zu verbleiben. Am 1. Februar 1525 wurde die Ordensregel aufgehoben, den Schwestern war das Zusammenleben jedoch weiterhin erlaubt (zur Aufhebung des Klosters OetenbachOrt: vgl. Egli, Actensammlung, Nr. 366; 630; Knecht 2016, S. 23-25; zur Nutzung als Blatternhaus vgl. die Almosenordnung der Stadt ZürichOrt: , SSRQ ZH NF I/1/3 125-1).

Zu Katharina von ZimmernsPerson: Biographie nach Aufgabe der Äbtissinnenwürde vgl. Christ-von Wedel 2019; Niederhäuser 2012, S. 136-138; Günter 2000; zur Situation ehemaliger ZürcherOrt: Nonnen nach den Klosteraufhebungen Knecht 2018; Knecht 2016; zum Umgang verschiedener Äbtissinnen mit der Reformation vgl. Gysel 2018, S. 163-164.

Editionstext


Wir, der burgermeister, raͧtt und der groß raͧt, so man nempt die tzweihundert der stat ZuͤrichOrt: Organisation: , bekennen offenlich mit disem brieff,
alß dann die wolgeporn frow Katerina, geporne fryn von ZymernPerson: und unsere geliepte burgerin, die wirde der abbtyeOrganisation: , alß dannzemal aͤbbtissin
des gotshuses Frowenmu̍nsterOrt: , in unser Mindern StatOrt: gelegen, zuͦ sampt dem selben gotzhuß mit guͤlten, lu̍ten und guͤttern, oͧch
aller fryheiten, herlikeiten, rechten und gerechtikeiten darzuͦ gehoͤrende, wie dann sy und ire vordern von der zyt der stifftung
bißhar soͤllichß alles inghept, geregiert, genützet und versehen habent, mit allen brieffen, urbarn, buͤchern, roͤdlen, registern und
aller gwarsami frylich, willenclich und wolbedachtlich ir conscientz hiemit zuͦ entladen, unß soͤllichß alles, in ander gottes gefelliger dienst zuͦ bewenden, zuͦ unser stat handen, alß fuͤr unser eigen uͤbergeben und zuͦ gfuͤgt hat, nach besag und inhalt einß uffgab
und verzyhung brieffs, den wir daruͤber von iro besigelt inhabent, daß wir fuͤr unß, all unser nachkomen und gmeine stat Zu̍rich
die benempten frowen Katerina von ZymernPerson: umb soͤllich ir gab und guͦttaͧt, alß unsere wolgeliepte burgerin in unsern schutz und schirm
genomen, sy mit allen eren halten und getruͤwlich versehen soͤllent und woͤllent.
Wir verschriben und bekennent unß vestenclich, in
krafft und mit urkund diß brieffs, die benempten unser burgerin inn und by der behusung, darin sy jetz ist, oͧch by den krut- und boumgarten,
mit iro aller zuͦ gehoͤrd, on zinß, wy sy daß sust alles bißhar besessen, genutzt und ingehept hat, blyben zelassen, und iro darzuͦ geben taͤnniß
und buͦchiß holtz, nach iro noturfft zuͦ brennen. Eß sol oͧch iro unser amptman darzuͦ jerlichWiederholte Zeitspanne: 1 Jahr on iren costen geben, oͧch on abgang, intrag,
on alles entweren, alhie in unser stat zuͦ iren sichern handen und gwalt anttwurten und bezalen, namlich hundert muͤtt kernenVolumenmass: 100 Mütt Dinkel,
twentzig und druͤ malter haberVolumenmass: 23 Malter Hafer, sechszig und fuͤnff eimer winVolumenmass: 65 Eimer Wein und druͤ hundert fuͤnfftzig und druͤ pfundWährung: 353 Zürcher Pfund unser stat muͤntz und werschafft, den win zuͦ herpstZeitspanne: Herbst, den kernen und haber alweg uff sant MartisPerson: tagDatum: 11. November und daß gelt uff sant Johann Baptisten tagDatum: 24. Juni, alles ir leben
lang uß zerichten.
Die benempt frow KaterinaPerson: , unser burgerin, hat oͧch vollen gewalt und macht, ob sich fuͦgte, daß sy ettwas, wie daß wery,
uff ein fuͤrsorg, daß sy kranck oder ein betryß wurde, ersparte, fuͤrschluͤge oder iro sust in erbß und andrer wyß zuͦ stuͤnde, daß sy soͤllichß alles
durch gott oder eere, by gsundem lyb oder im todbet hingeben, verordnen, verschaffen und vermachen sol und mag, welichem und wo
hin sy wil, von unß und menglichem unverhindert. Wenn und alß bald aber die vorbestimpt frow Katerina von ZymernPerson: todes
abgangen und nit mer in leben ist, alß dann und zuͦ stund sol diser brieff vernicht, krafftloß, tod und ab heissen und sin und weder
wir nach unser nachkomen niemant nuͤtz mer darby pflichtig sin, eß were dann, daß iro ettwas by gefalnem lybting on bezalt uß
stuͤnde, daß soͤllent wir iren erben, oder warhin sy daß selbig verordnet hat, geben und ußrichten.
Und diser dingen aller zuͦ warem,
vestem urkund habent wir unser stat secret minder insigel offenlich an disen brieff hencken lassen, der geben ist am abent
unser lieben frowen tag, alß sy entpfangen ward, do man von Crists gepurt gezelt hat fuͤnff zehen hundert tzwentzig und vier
jar.
Originaldatierung: 8.12.1524

[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:]
MariæPerson: empfängnuss abend,
1524
Originaldatierung: 8.12.1524
.
Cop. tom. IV, pag. 408, no 694.1
[Vermerk auf der Rückseite von späterer Hand:] 1524Originaldatierung: 1.1.1524 – 31.12.1524

Anmerkungen

    1. Diese Angabe bezieht sich auf die von Hans Heinrich WaserPerson: (1663-1735) angelegten Urkundenabschriften (StArZH III.B.5., S. 408-410, Nr. 694).