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SSRQ ZH NF I/1/3 123-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 123-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Geständnis der Verena Diener von Pfäffikon wegen Hexerei sowie Verurteilung zum Tod durch Verbrennen

1525.

Verena Diener von Pfäffikon hat gestanden, dass sie von einer unterdessen gestorbenen Frau in Pfäffikon zwei Umschläge mit Pulver entgegengenommen habe, von denen das erste einen Liebeszauber bewirken konnte, das zweite jedoch giftig gewesen sei. Das erste Pulver habe sie ihrem jetzigen Ehemann verabreicht, während sie das zweite mehrfach gegen ihre Stieftochter sowie verschiedene Tiere eingesetzt habe. Durch versehentliche Verabreichung des giftigen Pulvers habe zudem ihre Nichte ein totes Kind geboren. Weiter hat sie gestanden, dass sie dem Teufel die Treue geschworen und Gott, Maria und die Heiligen verleugnet habe, worauf ihr der Teufel ein Kraut gezeigt habe, welches den Menschen den Verstand raube. Dieses habe sie ihrem jetzigen Mann, seiner damaligen Ehefrau und deren Bediensteten verabreicht. Verena Diener hält jedoch fest, dass sie dem Teufel die Gefolgschaft unterdessen aufgekündigt habe, von ihm gebrachte giftige Salben weggeworfen und keine Diebstähle begangen habe. Im Fall einer Verurteilung zum Tod wünscht sie sich Kaspar vom Spital als Priester. Vermerk von derselben Hand: Verena Diener ist durch das Feuer hingerichtet worden.

Für das in diesem Fall ausgesprochene Todesurteil vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 129-1.

Editionstext

Verenen DienerinPerson: ponKorrigiert aus: vona PfeffikonOrt: hat verjehen, das ein froͧw zuͦ PfeffikonOrt: , BrosinPerson: genant, die jetz gestorben syg, irn zweyMenge: 2 briefflin voll pulvers geben und sy gelert hab, das das ein pulver die krafft hab, woͤlchem man sy es zeessenn gebe, so muͤsse er sy uss liebe allweg han und allein an irn hangen. Das ander pulver aber habe die krafft, woͤlchem mentschen es waͤrd zuͦ essen geben, so waͤrde er von stund an krank, kotze und gange von im durch den hindern allerley wuͤsts und kaͧtz. Dise zweyMenge: 2 pulver habe sy nun genomen und das ein irm jetzigen man, Clausen ToblerPerson: , zu ͦessen gëben, damit er sy lieben muͤßt. Das ander habe sy probiert vor eim jarZeitspanne: 1 Jahr on gvarlich an ir stiefftochter MagdalenenPerson: kuͦ, die von stund an der milch beroubet und ser krank ward.
Darnach, als des Stoffel SchellenbergsPerson: hund sy hassett und allweg sy angebullen, habe sy das selbig pulver, uff ein zyt disem hund, als er junge pracht hat, in einem gemuͤss zu ͦessen geben. Nit weyßt sy, ob die hu̍ndin und hu̍ndlinen darab gestorben sygint oder nit.
Wyter habe sy sollichs pulver harnach an irs b bruͦders suns hochzyt geprucht und irn stiefftochter MagdalenenPerson: an ein pruͤygen gesegt und lassen fu̍rtragen, damit sy krank wurde. Und als irs bruͤders tochter, die dan schwanger gesin, und glich am sambstagZeitspanne: Samstag harnach ein tod kindlin gepracht, mit der MagdalenenPerson: ouch der selbigen pruͤygen geessen, syge sy, die gedacht VerenenPerson: , hoͤn u̍ber sy gewësen, sy darab gestuͤbt, das sy nit mer essen soͤllte. Das selbig pulver habe sy ouch uff ein zyt der MagdalenenPerson: , irn stiefftochter, an ein milch gethan unnd irn gepracht zeessen.

[S. 2]Seitenumbruch

Zu andern hat sy verjehen und ist des bekantlich, als sy vor vierKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: ettlichenc jarnZeitspanne: 4 Jahre in grosser widerwerticheit gewësen, syge der boͤss geist, mit namen KempferPerson: , zenachtZeitspanne: nachts in Baschians LinsisPerson: hus zuͦ PfëffikonOrt: , zuͦ irn in die kamer kommen und gesprochen, warum sy so widertriessig syge. Sy soͤlle sych zuͦ im verpflichten, im volgen und gottes, der jungfroͧwen MariePerson: und der heilgen verluͤgnen. So woͤlte er sy mengerley ku̍nsten von kru̍tern leren, iro hëlffen und gnuͦg gen. Woͤlches nun sy angenomen habe, gottes und der heiligen verluͤgnet und im versprochen zewillfaren. Uff das habe er irn zuͦ gemuͦtet, das sy mit im sin willen vollbrechte. Das habe sy gthan und im hinderwegs still gehalten, bis er benuͤgig worden was. Und als er von irn scheiden wolt, habe er irn verheissen, einen guldinWährung: 1 Gulden an ein ort zeleggen, dasselbs wurde sy in finden. Ouch so soͤllte sy hinus fu̍r PfëffikonOrt: gegen Staͧgel Hu̍slyOrt: gan und umb die zu̍n ein gëlwe bluͦmen und sust ein krut, das mit breiten plettern uff dem herd wuͤchse, suͦchen und abgewu̍nnen. Und so sy es eim zeessen gebe, so wurde er glich toubig und unsinnig. So habe sy morndes den guldinWährung: 1 Gulden an dem ort gesuͤcht und nu̍t gefunden. Und syge demnach hinuss zum Stagel Hu̍slyOrt: gangen, die obgenanten kru̍ter zesuͤchen. Dassellbs keme der boͤss geist abermaln zuͦ irn, zeiget die kru̍ter und begert, das sy mit im sin willen vollbrechte, woͤlches sy im abgeschlagen und verseit. Aber die kru̍ter habe sy abgeprochen und uff ein [S. 3]Seitenumbruch zyt Clausen ToblerPerson: , jetzigem irm man, und siner eelichen froͧwen, ouch anderm sinem husvolk, in einem hafen zeessenn geben. Und als sy es aͤssent, wurdint sy von stund an toub und wuͤtend, luffent nakent hin und hër wie die unsinnigenn lu̍t.

Nach acht tagenZeitspanne: 8 Tage, als sy soͤlliche kru̍ter gewunnen hat, syge der boͤss geist abermaln zuͦ irn in das vorgenant hus kommen, habe sy angefochten und mit irn gehandelt, wie vor. Do habe sy gedacht, das sollichs ein betrug und faltsch waͤre, hab also ein ru̍wen gehept, got on underlass angerruͤfft und ettwan zuͦ zyten mëssen zelesen geben, damit sy von des tu̍ffels gwalts und von soͤllichen anfechtungen gelediget wurd. Das syg beschëhen und mit im nu̍ts meer zeschaffen gehept.

Zum dritten habe irn der boͤss geist salben in eim bu̍chsly gepracht, damit sy die lu̍t lemmen soͤllte. Aber sy habe die selbigen salbenn hinweg geworffen und nu̍ts darmit gehandlet.

Mer habe sy nu̍ts geprucht und wil darby bliben.

Des gelts halb, so sy Claußen DeblerPerson: soͤlte entreyt haben, wil sy nu̍dzit wu̍ßen, dann sy habe es im nidt genemmen.

Wenn man sy richten wil, begert sy, das man ireHinzufügung oberhalb der Zeiled her CasparPerson: im spittalOrt: welle zuͦgeben als ein priester.

e– Obgedachte Verena DienerinPerson: ward mit dem fu̍r gericht. Hinzufügung unterhalb der Zeile mit anderer Tinte–e

[S. 4]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:] Der Verena DienerinPerson: von PfäffickonOrt: veruͤbte laachsneryen.

Anmerkungen

  1. Korrigiert aus: von.
  2. Streichung: p.
  3. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: ettlichen.
  4. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  5. Hinzufügung unterhalb der Zeile mit anderer Tinte.