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SSRQ ZH NF I/1/3 132-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 132-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung des Betreibungsverfahrens der Stadt Zürich

1527.

Die Ordnung regelt das Verfahren bei Geldschulden mit den folgenden Verfahrensschritten: Eröffnung des Verfahrens durch den Gläubiger vor dem Ratsschreiber; Orientierung des Schuldners über das gegen ihn eröffnete Verfahren; Möglichkeit zur Einsprache des Schuldners gegen Entrichtung von einem Haller; Orientierung des Gläubigers über die Antwort des Schuldners; Möglichkeit, das Verfahren vor das Stadtgericht zu ziehen; Vorgehen bei Ausbleiben einer der beiden Parteien vor Gericht; Eintrag des Schuldners in das Verlustbuch; Einzug der Schulden durch die Eingewinner bei Nichtbegleichung durch den Schuldner; Senkung der geschuldeten Summe im Rahmen des Gerichtsverfahrens; Orientierung der Fürsprecher des Stadtgerichts durch den Ratsschreiber über die Höhe der durch den Gläubiger eingeklagten Summe; Vorgehen im Falle einer Teilabzahlung der Schuld durch den Schuldner; Definition der Bedingungen für die Einstellung des Betreibungsverfahrens: Betreibung um eine zu hohe Summe; zu früh eingeleiteter Einzug der Schulden; Nichtannahme geeigneter Pfänder durch den Gläubiger.

  • Signatur: StAZH B III 54, fol. 70r-72v
  • Originaldatierung: 1553 Januar 1 – 1561 Februar 12
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Johannes Escher vom Luchs, Stadtschreiber von Zürich (Grundtext)

Die vorliegende Ordnung ergänzt eine ausführlichere das Betreibungsverfahren bei Geldschulden betreffende Satzung aus dem Jahr 1493 (SSRQ ZH NF I/1/3 113-1). Die wesentlichste Neuerung gegenüber Letzterer stellt die Nennung der drei Bedingungen dar, unter denen die Einstellung des Verfahrens möglich war.

Zu den verschiedenen Formen des ZürcherOrt: Betreibungsverfahrens vgl. Malamud/Sutter 1999.

Editionstext

Actum anno etcAbkürzung xxviiOriginaldatierung: 1.1.1527 – 31.12.1527


a–Item wie hernach geschriben statt, sind die ordnungen unnd
satzungen der statt gerichtOrganisation: mitt dem fu̍rgebietten unnd
allen andren hanndlungen unnd besonnders, worumb ein
person der andern fu̍rgebietten moͤge oder nitt.
Textvariante in StAZH B III 54, fol. 70r: Wie man umb gëlt schulden
an rathOrganisation: schryben soll unnd
für gerichtOrganisation: gebieten mag
–a

b–c–Item des erstenAuslassung in StAZH B III 54, fol. 70r–cStreichung von späterer Hand–b umb all geltschulden sol der kleger den schuldner
an rattOrganisation: schriben. Unnd sol der rattschriber1 dem schuldner sagen,
von wes wegen unnd umb wie vil er in an raͧttOrganisation: schribe unnd
den schuldner daruff fragen, ob er dem kleger der schuld gichtig
sin woͤlle. Unnd so der schuldner nitt gichtig sin wil, sol er dem
rattschriber ein hallerWährung: 1 Haller geben der ungichtung (den selben hallerWährung: 1 Haller
der raͧttschriber erfordern sol). Gibt aber der schuldner
den hallerWährung: 1 Haller nitt, so belipt es by dem rattschriben, bys uff die
zitt der verlurst. Gipt aber der schuldner dem rattschriber
den hallerWährung: 1 Haller der ungichtigung, so soll dann der rattschriber
zuͦ dem cleger gan unnd im soͤllichs sagen, so mag dann
der kleger dem schuldner fu̍r gerichtOrganisation: bietten lassen. Kompt
dann der schuldner gegen dem kleger nitt uff den ersten
tag, so im fu̍rgebotten wirtt, so sol dann der schuldner nach
eroffnung der summ sollicher schuld verfeltt unnd uff das
verlurst buͦch erkenntt werden. Kompt aber der schuldner
gegen dem kleger unnd wirtt umb die summ mitt recht gichtig
gemacht, so sol er denn ouch uff das verlurst buͦch erkenntt werden.
Unnd sol der rattschriber d–e–zuͦ dem stattschriber gan unndAuslassung in StAZH B III 54, fol. 70r–eUnterstrichen von späterer Hand–d [fol. 1v]Seitenumbruch
den schuldner in das verlurst buͦch schriben lassen unnd so
die ingewu̍nner ingewu̍nnend, das im dann ouch
ingewunnen werde.
Wellich personen aber die summen, darumb sy an raͧttOrganisation: geschriben werdent, mitt dem rechten mindrent, die soͤllent
des sover geniessen, das inen nitt von stund an sol
ingewunnen werden, dann umb wie vil sy gichtig gemacht werdent, darumb mag man sy widerumb an rattOrganisation:
schriben und wenn sich die zitt verloufft, inen verlieren und
ingewu̍nnen.
Unnd damitt das die fu̍rsprechen der sumenn, darumb
die lu̍tt an rattOrganisation: geschriben sind, unnderwisd werdint,
das sy die lu̍tt dester fu̍rderlicher usgerichten moͤgind,
unnd darinn nitt des raͧttschribers wartten muͤssind,
so sol der rattschriber all tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag an dem gerichtOrganisation: wartten
und wer sin summen, darumb an den rattOrganisation: geschriben
ist, behept unnd bezu̍cht, die anschriben f–unnd die dem
stattschriber darnach angeben, als obstatt
Auslassung in StAZH B III 54, fol. 70v
–f. Unnd sollent
allwegen die summen offennlich vor den fu̍rsprechen erzeltt
unnd geoffnett werden.
Unnd so es sich begebe, das ein person der andern hett lassen
fu̍r bietten unnd der kleger nitt erschint, so sol dann das
gebott ab sin. g
[fol. 2r]Seitenumbruch
i–
Es ist ouch verschinerer jaren von einem burgermeister, raͧtt und
dem grossen raͧtt, genant die zweyhundertt der statt Zu̍richOrt:
Organisation:
, erkenntt,
wellicher den andern an rattOrganisation: schriben lassett unnd darnach
ettwas geltz vor der verlurst an sin schuld nimpt, der selb sol
dannathin sin recht von nu̍wem anfachen, so er daruff gegangen
ist.
Streichung von späterer Hand
–ij2


k–So sind dis die dru̍Menge: 3 stuck, darumb man sich nach
dem verlieren gerichtz entschlachen mag
Textvariante in StAZH B III 54, fol. 72r: Umd welliche drüMenge: 3 stuck man
sich gerichtsOrganisation: nach dem verlieren entschlahen mag
–k

Item, wer dem andern umb mer verlure, dann er in an den rattOrganisation:
geschriben hett, darumb mag sich der, dem es beschicht, gerichtz
entschlachen.
Item wellicher ouch dem andren zuͦ fruͤ verlure,3 darumb mag
man sich ouch dem gerichtz entschlachen.
Item wellicher ouch dem andren verlure unnd sich pfanden, die der
summ wertt werind, widrotte und die nitt nemen woͤltte,
darumb mag man sich ouch gerichtz entschlachen.
Item unnd wellicher dem andern in den drygMenge: 3 stucken einem
obgelitt mitt dem rechten, so sol der ander das verlurst geltt
und die zechen schillingWährung: 10 Schillinge gerichtz entschlachen geben unnd
denn den selben widerumb an den rattOrganisation: schriben, verlieren
unnd ingewu̍nnen, als vor statt.4

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 70r: Wie man umb gëlt schulden
    an rathOrganisation: schryben soll unnd
    für gerichtOrganisation: gebieten mag.
  2. Streichung von späterer Hand.
  3. Auslassung in StAZH B III 54, fol. 70r.
  4. Unterstrichen von späterer Hand.
  5. Auslassung in StAZH B III 54, fol. 70r.
  6. Auslassung in StAZH B III 54, fol. 70v.
  7. Hinzufügung auf Zeilenhöhe von späterer Hand: unnd nu̍tz, dem der [...]Unlesbar (6 cm)h.
  8. Streichung von späterer Hand.
  9. Hinzufügung unterhalb der Zeile von späterer Hand: Am 30 blat.
  10. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 72r: Umd welliche drüMenge: 3 stuck man
    sich gerichtsOrganisation: nach dem verlieren entschlahen mag.
  1. Ein detaillierter Bericht über die Aufgaben des Ratsschreibers ist von der Hand Hans AspersPerson: überliefert (SSRQ ZH NF I/1/3 104-1).
  2. An dieser Stelle wird von späterer Hand auf eine Rechtsauskunft des RatesOrganisation: gegenüber dem StadtgerichtOrganisation: verwiesen, welche die in der vorliegenden Aufzeichnung enthaltene Bestimmung modifiziert. Sie regelt den Fall, dass seitens des Schuldners eine Teilabzahlung seiner Verpflichtung geleistet wurde. In diesem Fall blieben gemäss der späteren Rechtsauskunft für den Rest der geschuldeten Summe die Ansprüche des Gläubigers unverändert bestehen und er musste kein neues Betreibungsverfahren eröffnen. Die Bestimmung wurde in der neuen Form auch in die zweite Rezension des Gerichtsbuchs übernommen (StAZH B III 53, fol. 30v; StAZH B III 54, fol. 71r).
  3. Der Zeitraum zwischen Eröffnung des Betreibungsverfahrens und Einleitung der Pfändung im Falle des Nichtbegleichens der Schulden wird in der Ordnung von 1493 auf einen bis drei Monate festgelegt (SSRQ ZH NF I/1/3 113-1).
  4. An dieser Stelle folgt in der zweiten Rezension des Gerichtsbuchs ein späterer Zusatz aus dem Jahr 1561 betreffend die unerlaubte Ausweitung der Einstellungsgründe auf andere Gerichtsverfahren als die Schuldbetreibung sowie das Vorgehen bei gegenseitigen Schuldforderungen zwischen Gläubiger und Schuldner (StAZH B III 54, fol. 72r-v).