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SSRQ ZH NF I/1/3 173-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 173-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Regelung des Klageverfahrens bei Straftaten innerhalb der Stadt Zürich

1539 Januar 1 – 1567 September 15.

Um Verzögerungen bei der Behandlung schriftlicher Klagen zu vermeiden, wird verordnet, dass bei Straftaten, die in der Stadt Zürich geschehen, innert zwei Monaten Anklage zu erheben ist und Bürgen gestellt werden müssen. Wer angeklagt ist und keinen Bürgen zu stellen vermag, hat sich eidlich zu verpflichten, vor Gericht zu erscheinen. Bürgermeister und die amtierende Hälfte des Kleinen Rats sollen jeweils am Donnerstag über alle hängigen Fälle richten, Kläger und Angeklagte befragen sowie die Zeugenaussagen anhören. Sofern keine Anklage erhoben wird, muss dennoch durch den Rat ein Untersuchungsverfahren (Nachgang) eingeleitet werden. Es bleibt dem Kleinen Rat überlassen, ob er die Zeugenaussagen mündlich während der Verhandlung anhören oder Ratsmitglieder abordnen will, die die Aussagen vorgängig aufnehmen und verschriftlichen lassen. Fremde Handwerksgesellen, die ein Delikt begangen haben, müssen einen Bürger als Bürgen stellen oder sie werden bis zur Gerichtsverhandlung inhaftiert. Späterer Zusatz von anderer Hand: Die Ratsmitglieder, welche Zeugenaussagen entgegennehmen, haben zuvor zu ermitteln, ob die Zeugen mit einer der Konfliktparteien verwandt oder aus einem anderen Grund parteiisch sein könnten. Wer als Geschädigter wegen einer Straftat innert zweier Monate nicht Klage erhebt, die Tat aber durch Zeugenaussagen erwiesen ist, hat die entsprechende Busse selber zu bezahlen.

Beim vorliegenden Eintrag handelt es sich um die erneuerte Fassung einer Ordnung des Jahres 1489 (SSRQ ZH NF I/1/3 37-1). Während der Grundtext im Wesentlichen mit der Vorlage übereinstimmt, stellt der spätere Zusatz betreffend Befangenheit von Zeugen eine wichtige inhaltliche Erweiterung dar.

Editionstext

Wie eyner sin clag umb fräfel, so inn
der statt beschechend, gen dem
andern thuͦn soll
Unterstrichen


Als bißhar biderblüth mit clagen, so sy yezuͦzyten
inn schrifft umb fräfel gethan haben, durch sümnüss
der zügen unnd sunst verkürtzt sygen, ouch bisshar
die clagen nit als fürderlich gericht mochten werden,
als biderblüth dess nottu̍rfftig gewësen weren unnd
zuͦdem der statt ir buͦssen damit ouch verschinen,
also, das die von tode abgegangen sind, so zuͦ zyten
gebuͤsst sölten sin worden.
Söllichs zuͦverkommende
haben wir unns erkennth, was fräfel inn unnser
statt beschechen unnd verfallen, das söllichs innert
zweyer monatenZeitspanne: 2 Monate frist clagt unnd mit bürgschafft vertröst werden sölle. Unnd wellicher nit bürgschafft
haben mag, das derselb dem rechten gehorsam zuͦsind
unnd dess zuͦerwarten söllichs an eyds statt loben
oder zuͦ gott schweeren sölle. Unnd also ein burgermeyster unnd der nüw rathOrganisation: , so dann gewalt hat umb
söllich sachen all dornstagWiederholte Zeitspanne: 1 Woche richten unnd uff wellichen dornstagZeitspanne: Donnerstag ein fyrtag ist oder eynich clagen zuͦrichtende überpliben, so soll über unnd umb söllichs
gericht werden am anndern dornnstagZeitspanne: Donnerstag darnach.
Unnd zuͦ söllichem richten also dem cleger unnd
dem anntwurter verkündt unnd sy mit irer kuntschafft gegen unnd wider einandren mundtlich verhört werden unnd alss dann ein burgermeyster und der nüw rathOrganisation: darinn handlen und urteylen, als sy bedücht recht sin.
Unnd ob ein sach, darumb dann fräfel
beschëchen, nit clagt wurde, so soll doch nütdestmynder
von eym rathOrganisation: dem nachgeganngen werdenn unnd [fol. 25v]Seitenumbruch
also ein burgermeysterUnterstrichen unnd rathOrganisation: , so denn
gewalt hat, darüber richtenn umb der statt buͦss.
Es soll ouch ye zuͦ zyten am rathOrganisation: stan, ob sy die kuntschafft mundtlich vor rathOrganisation: hören oder ob sy vom rathOrganisation:
darzuͦ schyben wellen, die inzuͦnemmen. Unnd doch,
so die kuntschafft usserhalb rathsOrganisation: verhört wirt, soll
der zügen sag inn geschrifft gestelt unnd demnach
fürderlich unnd one verziechen für den rathOrganisation: gelegt
werdenn.

Unnd wann bisshar die frömbden, es sygen hanndtwërchsknëcht oder annder, zuͦ zydten vil uffruͦr und
zerwürffnüssen beganngen unnd so sy daruff
dess rechten zuͦerwarten gelopt haben, sy demmnach
söllichs übersëchen unnd sind darüber flüchtig
unnd dem rechten abschweyff worden. Söllichs
zuͦverkommen haben wir angesechen unnd geordnet,
wo ein frömbder also eynich fraͤfel oder unzucht
begaat, das der zestund mit eynem ingesëssnen
burger vertrösten soll, dess rechten zuͦerwartenn
unnd dem gnuͦg zethuͦn. Unnd wo er das nit thuͦt,
so soll er angenommen unnd inn fënngknüss behalten werden, bis der rathOrganisation: , so darüber zuͦrichten
hat, sich darumb erkennen mag.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung unterhalb der Zeile von späterer Hand:
    Es söllen ouch die, so von räthenOrganisation: obvermelter gestalt
    kuntschafft intzuͦnemen jeder zyt verordnet werden,
    inn allen unnd besonders aber inn den sachen, so einem
    sin läben oder eer antrëffen möchte, zuͦ vor eigentliche
    nachfrag haben, ob die, so darumb kuntschafft sagen söllen,
    nit gefründt oder inn der sach parthygisch sigen. Unnd
    welliche sy darinn gefründt oder parthygisch sin erachten,
    die söllen sy one vorwüssen und geheyß eines geseßnen
    raͧthsOrganisation: nit verhören, ouch hinfüro one bevelch eines
    bürgermeysters oder erkanntnus eines rathsOrganisation: umb
    soͤllich sachen dhein nachgang gehalten oder kuntschafft
    ingenomen werden.
    Und welliche begangnen fräffel
    inndert zweyen monatenZeitspanne: 2 Monate nit klagt unnd darüber (als
    obstat) kuntschafft ingenommen wirt, da soll ein jeder
    alßdann sin verfallne buͦß, nachdem er gehandlet unnd
    man inn der kuntschafft findt, nach altem bruch und harkommen selbs abzetragen schuldig sin.
    Actum montags, den
    15 septseptember anno 1567
    Originaldatierung: 15.9.1567
    , pntpresentibus her burgermeister von ChamPerson:
    unnd beyd räthOrganisation: .