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SSRQ ZH NF I/1/3 23-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 23-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Verordnung der Stadt Zürich betreffend Neuordnung der niederen Gerichtsbarkeit in ihrem Herrschaftsgebiet

1487 Februar 12.

Bürgermeister Hans Waldmann und beide Räte der Stadt Zürich ordnen an, dass sämtliche Inhaber niederer Gerichtsbarkeit auf der Zürcher Landschaft ihre Rechte innert Jahresfrist gegenüber einem zu diesem Zweck geschaffenen Ratsausschuss zu belegen haben. Der Ausschuss, bestehend aus Bürgermeister Hans Waldmann, Johannes Escher vom Luchs, Ulrich Widmer und Lienhart Öchein, wird über die Anerkennung der Gerichtsrechte entscheiden und diese in einem neuen, durch das Sekretsiegel der Stadt Zürich beglaubigten Verzeichnis festhalten. Alle übrigen, nicht in dieser Weise dokumentierten Gerichtsrechte sollen in Zukunft nicht mehr anerkannt werden.

Die Aufzeichnung entstand im Rahmen der Bemühungen der ZürcherOrt: Obrigkeit, die Rechtsverhältnisse auf der Landschaft zu verschriftlichen und die städtische Herrschaft zu intensivieren. Wurde im Mandat von 1474 (SSRQ ZH NF I/1/3 10-1) die Vergabe der Lehen näher geregelt, widmete sich der Erlass von 1487 den Gerichtsherren auf der Zürcher LandschaftOrt: , also den Inhabern der Niederen Gerichtsbarkeit, bei denen es sich in den meisten Fällen um Adlige, geistliche Körperschaften sowie wohlhabende ZürcherOrt: Bürger handelte.

Während die vorliegende Ordnung diese stärker an die Obrigkeit zu binden suchte, indem sie die obligatorische Bestätigung ihrer Rechte durch einen Ratsausschuss verlangte, sollten gemäss einem kurz darauf gefassten Beschluss die adligen Gerichtsherren, die nicht Mitglied des RatesOrganisation: waren, zusätzlich einen Eid auf die Stadt schwören (SSRQ ZH NF I/1/3 22-1). Nach dem Sturz Hans WaldmannsPerson: lehnten sich die Adligen der Grafschaft KyburgOrt: jedoch dagegen auf und forderten wiederum ihre Entbindung von diesem Eid.

Die nur teilweise erfolgreich verlaufenen Versuche einer Einschränkung der Unabhängigkeit der Gerichtsherren zugunsten der städtischen Herrschaft entsprechen einer allgemeinen Tendenz des späten 15. Jahrhunderts, wie sie etwa auch in BernOrt: (HLS, Twingherrenstreit) zu beobachten ist. In ZürichOrt: blieb das Gleichgewicht zwischen Dorfgemeinden, Gerichtsherren und Stadtherrschaft labil, wobei erst die Reformation mit der Säkularisierung der Kirchengüter eine deutliche Stärkung der Stadt herbeiführte. Dennoch existierten noch am Ende des Ancien Régime rund 30 Gerichtsherrschaften, von denen einige, wie die Herrschaft HegiOrt: , im 16. Jahrhundert sogar noch beträchtlich wuchsen.

Für die Bedeutung der Quelle im Kontext der Territorialisierung und Intensivierung von Herrschaft auf der ZürcherOrt: Landschaft vgl. Eugster 1995b, S. 317-322; Largiadèr 1932, S. 42. Spezifisch zu den ZürcherOrt: Gerichtsherrschaften vgl. Frey 2017, S. 35-39; Niederhäuser 2003; Weibel 1996, S. 34-37.

Editionstext


Uff mentag vor ValentiniPerson: Originaldatierung: 12.2.1487, presentibus her WaldmannPerson: ,
burgermeister, und beyd raͤtOrganisation:

Unser herren burgermeister und raͤt der stat
Zu̍richOrt:
Organisation:
habent einhellig angesehen und
geordnot, das alle die, welich die sind,
so die kleinen oder nydren gericht in
der selben unser herren hohen gerichten und
herlikeiten zuͦ haben vermeynend, ir
rechtung, es syen roͤdel oder anders,
umb soͤliche kleinen oder nidren gericht
wisende, indert jarsZeitspanne: 1 Jahr frist dem nechsten
fu̍r etlich des raͧtsOrganisation: dartzuͦ verordnot legen
und die dz hoͤren und besehen laͧsen sol[len]Beschädigung durch Beschneidung (am Blattrand), sinngemäss ergänzta,
wz unsern herren in dem zuͦ vergu̍nsten
und b den
hohen gerichten unabnemlich sy, und
wie och die hohen und nidren gericht
gegen ein andern gehalten und gebrucht
werden soͤllen. Und wie och denn dz
von inen abgeredt und beschlosen wirtHinzufügung oberhalb der Zeilec, also
sol es dem nach von unsern herren
burgermeister und raͤtenOrganisation: bestaͤtigt, och
deshalb ein nu̍wer rodel gemacht
und mit der stat secret besigelt und dz
hinfu̍r unablaͤslich gehalten werden.
Dann die selben unser herren jetz noch
hienoch uf die roͤdel, so von inen
nit bestaͤtigt noch mit der stat secret
sigel besigelt sind, gentzlich nichtz
halten wellen und och die gantz
kraftloß achten und erkennen.

Und darzuͦ sind geordnot:
her burgermeister WaldWaldmannPerson: ,
her AͤscherPerson: ,
meister WidmerPerson: ,
meister OͤheinPerson: .

Sy soͤllen och gwalthaben, ander und mer,
es sy die oKorrektur überschrieben, ersetzt: voͤgtdber oder underfoͤgt ald die
eltisten in der vogti, so dann jeder rodel
beruͤrt, zuͦ inen zuͦ nemmen oder nit, oder
die gericht zuͦ der stat hand zuͦ koffen.

Anmerkungen

  1. Beschädigung durch Beschneidung (am Blattrand), sinngemäss ergänzt.
  2. Streichung durch einfache Durchstreichung, unsichere Lesung: naͧch ze lassen sye oder nit.
  3. Hinzufügung oberhalb der Zeile.
  4. Korrektur überschrieben, ersetzt: voͤgt.