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SSRQ ZH NF I/1/3 29-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 29-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Eid der Bürgergemeinde der Stadt Zürich

1489 Mai 25.

Die Bürger der Stadt Zürich sollen schwören, Bürgermeister, Kleinem Rat, Zunftmeistern und Grossem Rat gehorsam zu sein, Meldung zu erstatten über mögliche Gefahren für die Stadt und ihr Herrschaftsgebiet, Zerwürfnisse zu schlichten, ohne Erlaubnis der Herren von Zürich nicht in fremde Kriegsdienste zu ziehen und kein anderes Bürgerrecht, Landrecht noch Schirmverhältnis anzunehmen. Wer sein Bürgerrecht aufgeben will, hat dies persönlich vor Bürgermeister, Kleinem Rat und den Zunftmeistern zu tun, gemäss dem städtischen Recht. Weiter sollen sie schwören, niemanden vor fremde Gerichte zu ziehen, geistliche oder weltliche, ausser es sei ihnen durch die Herren von Zürich ausdrücklich erlaubt, sowie ausgenommen Ehesachen, die in die Zuständigkeit des geistlichen Gerichts fallen, und die Bestimmungen des Geschworenen Briefs einzuhalten.

  • Signatur: StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 21-22
  • Originaldatierung: 1489 Mai 25 (Datierung aufgrund der Schreiberhand)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Johannes Gross, Unterschreiber der Stadt Zürich
  • Edition

  • Signatur: StAZH A 42.3.1, S. 7-8
  • Originaldatierung: 1519 (Datierung aufgrund des vorangehenden Eintrags)
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.5 × 35.5
  • Sprache: Deutsch
  • Signatur: StAZH B III 4, fol. 18v
  • Originaldatierung: ca. 1539 – 1541
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 20.0 × 29.5
  • Sprache: Deutsch

Die halbjährlich stattfindende Eidleistung im GrossmünsterOrt: war verpflichtend für alle volljährigen Männer, die im Besitz des Bürgerrechtes waren. Der erste überlieferte Bürgereid datiert aus den 1430er Jahren (StAZH B II 4, Teil II, fol. 8v; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3/2, S. 150-151, Nr. 37). Gegenüber dieser frühen Fassung ist der vorliegende Eid deutlich überarbeitet und engmaschiger gestaltet. Neu hinzugekommen sind namentlich die Verbote des Reislaufs, der Annahme anderer Bürgerrechte und der Anrufung fremder Gerichte sowie die Bestimmung betreffend Aufgabe des Bürgerrechts. Die Neufassung des Eides entstand im Kontext der Verabschiedung des Vierten Geschworenen Briefes des Jahres 1489, in dessen Anhang sie auch verschriftlicht wurde (SSRQ ZH NF I/1/3 27-1). In der vorliegenden Form blieb der Eid die kommenden Jahrhunderte hindurch im Wesentlichen stabil, wobei das Reislaufverbot sowie der Vorbehalt der geistlichen Gerichtsbarkeit des Bischofs von KonstanzOrt: in Ehesachen wegfielen.

Der Bürgereid weist gemeinsame Elemente mit dem Eid auf, wie ihn die Bewohner der Landschaft zu leisten hatten (SSRQ ZH NF I/1/3 169-1). Zu diesen Gemeinsamkeiten zählen die Verpflichtungen, Schlaghändel zu schlichten sowie Straftaten und Gefährdungen der Stadt anzuzeigen (Stallungspflicht und Leidepflicht). Die Formulierung, wonach die Schwörenden zu Gehorsam «in allen sachen» verpflichtet waren, findet sich im Bürgereid der 1430er Jahre, fehlt jedoch in der vorliegenden Fassung. Diese Veränderung geht auf den Waldmannhandel des Jahres 1489 zurück, als sich die Bewohner der Landschaft erfolgreich gegen diese Formulierung aufgelehnt hatten. Im Folgenden wurde der Passus auch aus dem Bürgereid gestrichen.

Zu Entwicklung und Bedeutung des Bürgereids vgl. Sieber 2001, S. 20-26; zum Ablauf der Eidleistung vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 111-1; zu den im Anschluss verlesenen Verboten und Mandaten vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 168-1.

Editionstext


Der gantzen gemeindOrganisation: eyd, den sy
schweren soͤllend im Mu̍nsterOrt:


Ir, ein gantze gemeindOrganisation: , soͤllent schweren unsern herren burgermeistern,
raͤten, zunfftmeistern und dem groͤssen raͧt, der genempt wirt
die zweyhundert der stat Zu̍richOrt:
Organisation:
, gehorsamm zuͦsind und ob u̍wer
deheiner u̍tzit verneme, das den vorgenannten unsern Textvariante in StAZH A 42.3.1, S. 8: gnädigena herren,
dem burgermeister, den raͤten, den zunfftmeistern, dem grossen
raͧt
Organisation:
, unser statt Zu̍richOrt: oder gemeinem unserm land schaden
oder gebreͣsten bringen moͤcht, das fu̍r zuͦ bringen, zuͦ warnen
und zuͦ wenden, soverr u̍wer jeglicher das vermag.
Und ob
u̍wer dheiner by dheiner zerwuͤrffnu̍ss weͣre, die seͣhe oder
horte, ald dartzuͦ keme, die zuͦstellend untz an ein reͣcht. b–Und
ouch u̍wer deheiner in einichen krieg ze rytend, ze loͧffend
noch zuͦ gond, oͧne unser obgenannten herren wissen und erloͧben.
Auslassung in StAZH B III 2, S. 312; StAZH B III 6, fol. 22r; StAZH A 42.3.1, S. 8; StAZH B III 4, fol. 18v; StAZH B III 5, fol. 33r
–b1
Und u̍wer dheiner kein ander burgreͣcht, landtrecht noch schirm
an sich zuͦ nemmend, oͧne erloben der benanten unser herren.
Und ob u̍wer dheiner sin burgreͣcht uffgeben woͤlte, das sol
er tuͦn vor unsern herren, eym burgermeister, raͧt und den
zunftmeistern
Organisation:
, mit sin selbs lib und keynem brieff noch
potten, naͧch c–unser stat buͦch undAuslassung in StAZH B III 5, fol. 33r–c unser statt reͣcht.2
Und oͧch
u̍wer dheiner, arm noch rich, d–den andernAuslassung in StAZH A 42.3.1, S. 8–d mit dheinen
froͤmden gerichten, geistlichen noch weltlichen, fu̍rzuͦnemmen,
ze beku̍mbern noch umb ze triben, umb dheinerley sach, sunder
u̍wer jeglicher von dem andern reͣcht zuͦ nemmen vor raͧtOrganisation:
oder gericht oder daͧ hin unser herren burgermeister und raͤtOrganisation:
die sach wisend, es werde denn u̍wer deheinem von den
jetzgenannten unsern Textvariante in StAZH A 42.3.1, S. 8: gnadigene herren anders erloͧpt f–und in dem usgelaͧsen [S. 22]Seitenumbruch
elichTextvariante in StAZH B III 6, fol. 22r: ettlichg sachen, die mit dem geistlichen gericht moͤgen zebereͣchten.
Auslassung in StAZH B III 4, fol. 18v; StAZH B III 5, fol. 33r
–f3
Und disen gegenwirtigen brieff mit allen stucken und
artikeln waͧr und staͤt zuͦ haben und zuͦ halten, alles getru̍lich
und one geveͣrde.

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH A 42.3.1, S. 8: gnädigen.
  2. Auslassung in StAZH B III 2, S. 312; StAZH B III 6, fol. 22r; StAZH A 42.3.1, S. 8; StAZH B III 4, fol. 18v; StAZH B III 5, fol. 33r.
  3. Auslassung in StAZH B III 5, fol. 33r.
  4. Auslassung in StAZH A 42.3.1, S. 8.
  5. Textvariante in StAZH A 42.3.1, S. 8: gnadigen.
  6. Auslassung in StAZH B III 4, fol. 18v; StAZH B III 5, fol. 33r.
  7. Textvariante in StAZH B III 6, fol. 22r: ettlich.
  1. Für die verschiedentlich erneuerten Reislaufverbote vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 54-1; SSRQ ZH NF I/1/3 126-1.
  2. Für die Ordnung der Stadt ZürichOrt: betreffend Aufgabe des Bürgerrechts vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 25-1.
  3. Zur geistlichen Gerichtsbarkeit des Bischofs von KonstanzOrt: in Ehesachen vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 9-1. Der entsprechende Passus wurde in der Fassung des Eides von 1498 nachträglich gestrichen (StAZH B III 2, S. 321).