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SSRQ ZH NF I/1/3 48-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 48-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Zunftbrief der Zunft zur Meisen

1490 Dezember 11.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich bestätigen kraft der ihnen verliehenen Freiheiten und des Geschworenen Briefes der Zunft zur Meisen ihre hergebrachten Rechte. Zur Zunft zur Meisen gehören die Weinschenken, Weinhändler, Sattler und Maler. Der Zunft steht es frei, vor den Stadtkreuzen ansässige Personen aufzunehmen, sie ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Mitgliedern der Zunft ist es nicht erlaubt, sich in gewerblichen Angelegenheiten mit Teilhabern ausserhalb der Zunft zu verbinden. Witwen behalten das Zunftrecht, solange sie sich nicht wieder neu verheiraten, bei Wiederverheiratung verfügt der neue Ehemann nicht über einen Anspruch auf das Zunftrecht der Ehefrau. Das öffentliche Bewirten von Gästen mit dem Verkauf von gekochten Speisen sowie Getränken ist den Mitgliedern der Zunft zur Meisen vorbehalten, ausgenommen davon sind einzig kleine Gastmähler unter Bekannten. Dies gilt für Laien ebenso wie für Geistliche, von der Regelung ausgenommen sind jedoch die Fischverkäufer, sofern sie Kunden bewirten, die Metzger, die Sulz verkaufen dürfen, sowie die Stubenknechte der Zünfte, welche zum Verkauf der übrig gebliebenen Speisen befugt sind. Nicht der Zunft angehörige Personen, die mit Wein handeln, dürfen diesen nur durch ein Zunftmitglied ausschenken lassen. Wer gegen die in dieser Urkunde enthaltenen Bestimmungen verstösst, soll gegenüber der Stadt mit dem Betrag von einem Pfund und fünf Schilling gebüsst werden sowie zusätzlich der Zunft dieselbe Summe entrichten. Konstaffel und Zünfte sollen sich im Falle von Streitigkeiten an Bürgermeister und Rat wenden, ohne deren Zustimmung sie nicht berechtigt sind, an den ihnen bestätigten Rechten etwas zu ändern. Die Aussteller siegeln mit dem Stadtsiegel.

  • Signatur: StAZH W I 11.1
  • Originaldatierung: 1490 Dezember 11
  • Überlieferung: Original
  • Beschreibstoff: Pergament
  • Format B × H (cm): 44.5 × 31.5 (Plica: 6.5 cm)
  • 1 Siegel:
    1. Stadt ZürichPerson: , Wachs, rund, angehängt an Schnur, beschädigt
  • Sprache: Deutsch
  • Teiledition
    • QZZG, Bd. 1, Nr. 169/II

Bürgermeister und RatOrganisation: stellten die vorliegende Urkunde gemeinsam mit denjenigen für die anderen zwölf ZünfteOrganisation: sowie die KonstaffelOrganisation: aus. Es handelt sich dabei um die Bestätigung von Bestimmungen, die im Wesentlichen in den Jahren 1336 und 1431 erlassen worden waren (QZZG, Bd. 1, Nr. 3/i.3; Nr. 119/IX). Zur weiteren Überlieferung der Zunftbriefe und dem Zusammenhang mit dem kurz zuvor erlassenen Vierten Geschworenen Brief vgl. die Urkunde für die KonstaffelOrganisation: (SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 49).

Den Weinhandel betreffende Regelungen finden sich auch in den jährlichen Abrechnungen über das Weinungeld (für die Rechnung des Jahres 1519 vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 108). Basierend auf den Bestimmungen ihrer Zunfturkunde erhoben die Meister der Zunft zur MeisenOrganisation: verschiedentlich Klage wegen des Verkaufs von Speisen und Getränken durch dazu nicht befugte Personen, wobei namentlich die in der vorliegenden Urkunde erwähnten Stubenknechte in Konflikt mit der Zunft gerieten (für eine Auswahl derartiger Fälle vgl.: StAZH B VI 294 b, fol. 3v; Regest: QZZG, Bd. 1, Nr. 195; StAZH B VI 294 b, fol. 14r; StAZH A 77.8, Nr. 4.99; Teiledition: QZZG, Bd. 1, Nr. 213).

Im Jahr 1449 kaufte die Zunft das in unmittelbarer Nachbarschaft des RathausesOrt: gelegene Haus zur MeisenOrt: , von 1752 bis 1757 liess sie dann das noch heute bestehende Zunfthaus zwischen MünsterhofOrt: und LimmatOrt: erbauen (Brühlmeier/Frei 2005, Bd. 1, S. 175-179; KdS ZH NA II.II, S. 62-86). Allgemein zur Geschichte der Zunft zur MeisenOrganisation: vgl. Usteri 1946.

Editionstext


Wir, der burgermeister, der raͧtt und der groß raͧtt, so man nempt die zweyhundert der statt Zu̍richOrt: Organisation: , tuͦnd kundt und bekennen offenlich mit disem brieff, als dann wir uß
krafft der loblichen fryheyten, daͧmit wir von dem heilgen RoͤmschenOrt: richOrganisation: , keisern und ku̍ngen erlich begaͧbet sind, unnser statt regimennt und ordnungen angesechen und gesetzt,
ouch die ganntzen gemeindOrganisation: unnser statt, rich unnd arm, durch gemeines nutzes, friden und ruͦwen willen, in Constaͧffel und zu̍nfftOrganisation: gesundert und geteilt und in soͤlichem geordnet haben, wie und wohin ein yeder burger und hindersaͧß Zu̍richOrt: mit sinem lib und guͦt dienen und gehoͤren sol, innhallt unnsers geswornen brieffs, ouch daͧby angesechen
und erkennt haben, das wir die ConstaͧffelOrganisation: , all zu̍nfftOrganisation: und yede in sunnders by iren gerechtikeiten, guͦten gewonheiten unnd harkommen getru̍wlich schirmen und hanndthaben
und sy daͧby blyben laͧssen und des mit unnsern brieffen und sygelnn besorgen und versichernn soͤllen.
Also, demnach und so wir winschennckenOrganisation: , winkoͤifferOrganisation: , sattlerOrganisation: und
maͧlerOrganisation: in ein zunfft geordnet, so haben wir unns ouch erkennt und gesetzt, erkennen, setzen und wellen in krafft diß brieffs, das soͤlich ir zunfft by allen und yeden ir gerechtikeiten, fryheyten, guͦten gewonheiten und haͧrkommen bliben, sich deren gebruchen, niessen und befroͤwen solle und mit sunderheit haben wir den zu̍nffternOrganisation: der
obgemelten zunfft uff ir anbringen und bit zuͦgelaͧssen, das sy nit schuldig sin soͤllen, yemans ir zunfft zuͦlichen oder darin zuͦ empfaͧchen, der usserthalb den krutzen vor
unnser statt wonhafft und gesessen ist, sy tuͤgen es dann gernn.
Ouch das ir dheiner in soͤlicher zunfft keinen gemeinder usserthalb der zunfft haben noch nemen sol
in dem, das ir zunfft und gewaͤrb antrifft.
Ouch das ein wittwe, die einen zu̍nffter eelich gehebt haͧtt, ir zunfft behallten und die bruchen mag, so lanng sie in wittwen staͧtt blibt. Ob sy aber einen anndernn man neme, der nit ir zu̍nffter were, das dann der selb sich ir zunfft nit gebruchen noch die haben sol, er empfaͧche sy
dann von inen als ein annder zu̍nffter.
Es sol ouch nieman offne gastung hallten oder gest empfaͧchen und denen essen und trincken umb gellt geben, er habe dann
ir zunfft. Ob aber ein priester den anndernn oder einer zuͦ ziten ein guͦten fru̍nd und gsellen empfennge, aͧn gevaͧrlichen uffsatz und mißbruch, das sol ungevaͧrlich sin und deren nit gefaͧret werden. Ob aber priester oder leygen darinn gevaͤrd bruchen und das u̍bersetzen woͤltent, das sol ye naͧch gelegenheit der sach, ob das zuͦ clag
kumpt, versechen und abgestellt werden. Doch ist hierinn den fischverkoͤiffernnOrganisation: naͧchgelaͧssen, das sy ir kunden, die inen fisch zuͦ verkouffen bringen, hallten und denen essen
und trincken geben mogen, ungevaͧrlich, als bißhaͧr gebrucht und harkommen ist. Ouch sol niemans gekochte spyß veil haben denn der ir zunfft haͧtt, doch ist hierinn den
metzgernnOrganisation: vorbehallten, das die sultzen veil haben und verkouffen, desglich die knecht uff den offnen trinckstubenn die spyß, so inen zuͦ ziten u̍berblibt, verkouffen mogen,
als das von alltem harkommen ist. Und was wins einer, der nit ir zunfft haͧtt, uff pfraͧgnye und gewin koufft und den widerumb vom zapfen schenncken wil, den sol er
durch einen schenncken, der ir zunfft haͧtt.
Und daͧmit soͤlich unnser ordnung und ansechen uffrecht und redlich gehallten und dem also naͧchgangen werde, so haben wir
geordnet und gesetzt, were, das yeman fu̍rbaß solichs u̍bersechen und dem anndern daͧwider in sin hanndtwerch oder gewaͤrb langen und das kuntlich wurde, der
sol von yecklicher getaͧt zebuͦß geben unnser gemeinen statt ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge und der zunfft, darin er gelannget hette, ouch ein pfundWährung: 1 Pfund fu̍nff schillingWährung: 5 Schillinge , als
dick das ze schulden kumpt, und sol man ouch soͤlich buͦß aͧn alle gnad inziechen und deren nieman nu̍tz schencken.
Doch haben wir unns hieby eygentlich erkennt
und gesetzt, das Constaͧffel und zu̍nfftOrganisation: dheine uff die anndernn noch fu̍r sich selbs dheinen uffsatz tuͦn soͤllen noch moͤgen, aͧn unnser gunst, wu̍ssen und willen, und
ob durch ConstaͧffelOrganisation: oder dheine der zu̍nfften eynicher uffsatz beschechen were oder hinfu̍r getaͧn wurde, zuͦ abbruch und schaden gemeiner statt und des gemeinen nutzes
oder anndrer zu̍nfften, das soͤlichs fu̍r unns kommen und wir, naͧch innhallt unnsers geswornen brieffs, alzit macht und gewallt haben soͤllen, unns daru̍ber
zuͦerkennen und wes wir unns dann gemeinlich oder der merteil uff unnser eyd ye darumb erkennen, das dann die ConstaͧffelOrganisation: oder zunfft, so es beruͤrt, genntzlich,
aͧn alle fu̍rwort und widerred, daͧby blyben und dem uffrecht und erberlich nach kommen.
Es sol ouch weder ConstaͧffelOrganisation: noch kein zunfft der anndernn keinen
ingriff noch abbruch tuͦn an irem gewaͤrb und hanndtwerch, wider ir gerechtikeit, guͦt gewonheit und haͤrkommen. Ob aber deshalb zwu̍schen der ConstaͧffelOrganisation: und einicher
zunfft oder einer zunfft gegen der anndern spenn und irrung ufferwachsen wurden, das dann die ouch mit irnn spennen fu̍r unns kommen und wes wir unns,
gemeinlich oder der merteil, darumb erkennen, das sy dann ouch daͧby bliben und dem naͧch kommen sollen. Wo aber ein sundrige person einicher zunfft in irn
gewaͤrb und hanndtwerch lanngen und wider ir gerechtikeit, guͦt gewonheit und harkommen darin gryffen wurde, das dann die zunfft, deren soͤlicher ingriff
bescheche, die selben person darumb pfenden und ir das verbieten mogen, als das von alltem harkommen ist. Und ob dann die selb person meinen woͤllte, das sy zuͦ
soͤlichem irem fu̍rnemen und bruch fuͦg hette und man sy deshalb nit pffenden noch verbieten soͤllte, das dann beydteil ouch darumb fu̍r unns zuͦ erlu̍trung kommen und
wes wir unns daͧru̍ber erkennen gemeinlich oder der merteil, das sy dem beydersyt leben und statt tuͦn sollen, aͧn alle widerred.
Und zuͦ besluͤß aller obgeschribner dingen, haben wir unns luter harinn uß krafft unnser loblichen fryheyten und des geswornen brieffs vorbehallten, das wir und unnser naͧchkommen
soͤlich unnser erkanntnu̍ß, ordnung und ansechen alzit bessernn, meren, mindern und enndern mogen, durch nutz und notdurfft unnser gemeinen statt
und des gemeinen nutzes, ye naͧch gelegenheit der loͤiffen und gestallt der sach, ob wir unns des gemeinlich oder der merteil uff unnser eyd erkennen,
all gevaͤrd und arglist genntzlich vermitten.
Und des zuͦ waͧrem und vesten urkund, so haben wir unnser gemeinen statt sigel offenlich tuͦn henncken an
disen brieff, der geben ist an sambstag naͧch sannct NiclausPerson: , des heilgen bischoffs, tag, als man zallt von der geburt Cristi, unnsers lieben herren, tusennt
vierhundert und nu̍ntzig jaͧre
Originaldatierung: 11.12.1490
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[fol. v]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite:]
Winlu̍tOrganisation:
[Vermerk auf der Rückseite:]
1490Originaldatierung: 1.1.1490 – 31.12.1490