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SSRQ ZH NF I/1/3 68-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 68-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich betreffend Besetzung des Stadtgerichts

1500.

Es wird verordnet, dass jeder neue Rat am Johannestag zu Weihnachten und zur Sonnenwende acht geeignete Fürsprecher wählen soll, die während des folgenden halben Jahrs die beiden Gerichte, nämlich das Vogtgericht und das Schultheissengericht, besetzen, und über die ihnen vorgelegten Sachen, soweit sie an das jeweilige Gericht gehören, urteilen. Will einer der Fürsprecher dies nicht tun, soll ihn der Rat dazu anhalten, das Amt noch bis zum Ablauf der halbjährigen Amtszeit auszuüben. Nach Ablauf des halben Jahres sollen vier Fürsprecher im Amt bleiben und vier neue Fürsprecher dazu gewählt werden, insgesamt aber nicht mehr als zwei junge, die die Gerichtspraxis erst erlernen.

  • Signatur: StAZH B III 54, fol. 1r
  • Originaldatierung: 1553
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Johannes Escher vom Luchs, Stadtschreiber von Zürich

Die vorliegende Aufzeichnung ist eine erweiterte Version der Ordnung zur Besetzung des StadtgerichtsOrganisation: , die im Anhang des 4. Geschworenen Briefes erstmals verschriftlicht worden ist (SSRQ ZH NF I/1/3 34-1). Die Entstehung der Erweiterung dürfte deshalb bereits im späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert anzusetzen sein, die vorliegende Aufzeichnung stellt deren früheste erhaltene Fassung dar (vgl. zur Datierung Bauhofer 1943a, S. 104). Sie wurde zudem als erster Eintrag in das Gerichtsbuch der Stadt ZürichOrt: von 1553 übertragen.

Aus den in den Rats- und Richtbüchern überlieferten Listen der gewählten Fürsprecher lässt sich ablesen, dass sich bereits während des 15. Jahrhunderts die Praxis einer periodischen Teilerneuerung der Fürsprecher herausbildete (StAZH B VI 190 - B VI 279 a). Danach wurden in den halbjährlich sich abwechselnden Gremien zwei bis drei Fürsprecher während längerer Zeit jeweils wiedergewählt, während die anderen Stellen teils an Personen gingen, die dieses Amt früher schon einmal bekleidet hatten, teils durch Neulinge in Anspruch genommen wurden. Die vorliegende Ordnung verschriftlicht somit eine bereits zuvor existierende Praxis.

Für den Eid der Fürsprecher vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 34-1; zu Anzahl und Wahlmodalitäten der Fürsprecher vgl. Bauhofer 1943a, S. 100-110.

Editionstext


Wie das gerichtOrganisation: sol
besetzt werdenn


Wir Textvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: der burgermeister, die räth unnd der groß
rath, so man nëmpt die zweyhundert der statt ZürichOrt:
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armer unnd rycher
b unns ouch c–erkennt, geordnet unnd gesetztTextvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: geordnet unnd wellent–c, d–umb nu̍tz,
nodturft willen der burger unnd gesten, armer unnd richer,
unnd wollend
Auslassung in StAZH B III 54, fol. 1r
–d, das ein jeglicher angeender unnd nu̍wer aKorrigiert: ratOrganisation: e ze
wienechtenDatum: 27. Dezember (Kirchenfest) unnd ze singichtenDatum: 24. Juni, das ist zuͦ beiden sanndt JohannsPerson:
tag, by iren eyden erwellint unnd nemint achtMenge: 8 man, die witz,
vernunft unnd bescheidenheit habint zuͦ fursprechen, die dasselb
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das ist, an das vogt grichtOrganisation: 1 unnd an des schu̍lteßen grichtOrganisation: unnd da
biderbenluten ir red thu̍yent, nitKorrigiert: mitf guͦten truͦwen unnd umb die sachen,
so fu̍r sy koment unnd an soliche grichtOrganisation: gehorrent, urteyl sprechent,
als sy ir ere und eyd wyßd. Unnd ob der achtenMenge: 8 einer das nit thuͦn
wollt, sol inn ein ratOrganisation: wyßen, das er es das halb jarZeitspanne: 6 Monate uß thuye.2
Unnd
sollent alweg, so das halb jarZeitspanne: 6 Monate harumb kompt unnd man die grichtOrganisation:
besitze, vierMenge: 4 der alten bliben unnd vierMenge: 4 nu̍w genomen werden
unnd doch under inen allen nit uber zwenMenge: 2 jung genomenTextvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: erweltg werden,
die da lernint, damit das grichtOrganisation: unnd biderblu̍t destbass mu̍gint
versorgt sin.

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: der burgermeister, die räth unnd der groß
    rath, so man nëmpt die zweyhundert der statt ZürichOrt:
    Organisation:
    .
  2. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: umb nutz unnd notturfft willen der burgeren und gesten,
    armer unnd rycher.
  3. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: geordnet unnd wellent.
  4. Auslassung in StAZH B III 54, fol. 1r.
  5. Korrigiert: ratOrganisation: .
  6. Korrigiert: mit.
  7. Textvariante in StAZH B III 54, fol. 1r: erwelt.
  1. Präsidierte nicht der Schultheiss, sondern einer der Obervögte das StadtgerichtOrganisation: , wurde es als VogtgerichtOrganisation: oder StangengerichtOrganisation: bezeichnet. Es übte die Niedergerichtsherrschaft über OerlikonOrt: , FlunternOrt: , SeebachOrt: und St. LeonhardOrt: aus, seit der RatOrganisation: im Zuge der Reformation die Gerichtsrechte an diesen Orten von GrossmünsterOrganisation: und FraumünsterOrganisation: übernommen hatte (Largiadèr 1932, S. 16).
  2. Aufgrund der Nebenberuflichkeit und der mit dem Amt verbundenen Arbeitsbelastung blieben offenbar Fürsprecher den Gerichtsverhandlungen verschiedentlich fern. Ein ähnlicher Passus findet sich bereits in einer Gerichtsordnung des 14. Jahrhunderts (Zürcher Stadtbücher, Bd. 1/2, S. 232, Nr. 24). Zudem waren Bussen für unerlaubtes Fernbleiben vorgesehen (StAZH B III 53, fol. 22r).