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SSRQ ZH NF I/1/3 83-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 83-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich betreffend Ausstand im Kleinen und Grossen Rat der Stadt Zürich

ca. 1516 – 1518.

Bürgermeister, Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich beschliessen, dass in Verhandlungen vor dem Kleinen und dem Grossen Rat, wenn diese Personen innerhalb oder ausserhalb des Rates betreffen, alle diejenigen in Ausstand treten sollen, die direkt betroffen sind, oder mit den Betroffenen blutsverwandt und zur Blutrache berechtigt sind. Des Weiteren miteinander in den Ausstand treten sollen Schwager, Lehensherren und ihre Lehensleute sowie Wirte und ihre Gäste. Sofern ein Sohn in Bezug auf eine der vor dem Rat erschienenen Parteien zur Blutrache berechtigt ist, soll dessen Vater ebenfalls in den Ausstand treten.

Die vorliegende Aufzeichnung geht auf eine Ausstandsordnung zurück, die sich im Anhang zum Fünften Geschworenen Brief des Jahres 1498 findet (StAZH B III 2, S. 337). Von dort wurde sie in das Satzungsbuch von 1516-1518 übernommen, wo sie zusammen mit weiteren Bestimmungen die älteste ausführliche Ordnung für die Geschäfte des RatsOrganisation: der Stadt ZürichOrt: bildet (für weitere Bestandteile dieser Geschäftsordnung vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 84-1; SSRQ ZH NF I/1/3 85-1; SSRQ ZH NF I/1/3 86-1). Die im Jahr 1542 erlassene Geschäftsordnung des RatsOrganisation: enthält eine zusätzliche Ausstandsbestimmung, die sich auf die Besuche richtete, die vor dem RatsgerichtOrganisation: klagende Parteien im Vorfeld der Verhandlungen einzelnen Mitgliedern des RatsOrganisation: abzustatten pflegten (SSRQ ZH NF I/1/3 182-1).

Die vorliegende Ordnung wurde in die Satzungsbücher des 16. und 17. Jahrhundert übertragen und mehrfach ergänzt. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang namentlich der Zusatz des Jahres 1557 (StAZH B III 7, fol. 10r-v). Dieser befasste sich damit, dass im Zuge der Reformation die Blutsverwandtschaft neu definiert worden war, da nun im Gegensatz zum kanonischen Recht Personen im vierten Verwandtschaftsgrad heiratsfähig waren und somit nicht mehr als blutsverwandt galten. In diesem Zusammenhang schränkte der RatOrganisation: die Ausstandsverpflichtung auf den dritten Verwandtschaftsgrad ein, wobei die Malefizgerichtsbarkeit ausgenommen wurde. Im 18. Jahrhundert wurde schliesslich eine stark erweiterte, gedruckte Ausstandsordnung erlassen (SSRQ ZH NF I/1/11 48-1).

Zu den ZürcherOrt: Ausstandsordnungen vgl. Ruoff 1941, S. 42-49; allgemein zu den Geschäftsordnungen des RatsOrganisation: vgl. Sigg 1971, S. 121-123.

Editionstext

a–
b–Wie man undAuslassung in StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r–b wer mit dem
anndren c–sol uß stonTextvariante in StAZH B III 2, S. 337: us ston sol–c
Textvariante in StAZH B III 7, fol. 10r: Umb den usstand, die alt satzung
und erlütrung daruber
–a


Wir, d–der burgermeister, die raͤt unnd der großrat, so man
nempt die zweyhundert, der statt ZurichOrt:
Organisation:
Auslassung in StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10r
–d, habent unns erkennt,
was sachen fur unnsern kleinen ratAuslassung in StAZH A 43.1.5, Nr. 1, S. 34; StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10reOrganisation: , Textvariante in StAZH A 43.1.5, Nr. 1, S. 34; StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10r: oderf grossen ratOrganisation: komen,
sy berürn personen in- oder ußerhalb ratsOrganisation: , das da alweg [fol. 22v]Seitenumbruch
dieselben personen, so es beru̍rt, in handlung der sach sollen
uß ston, unnd mit inen alle die, so als nach gefrundt sind,
das sy niemanderKorrigiert: einanderg1 zuͦ rechen haben2 unnd die sipp wissen
zenemen3, deßglich ein schwager mit dem andern, so von
recht schwager sind, ouch ein lechenher mit sinem lehenman,
ein wirt mit sinem gast4 unnd ob eins vatters sün by
einicher parthy, Textvariante in StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 7, fol. 10r: stuͤnde als ein bystender
ald, dz der sun einiche ptyparty
h so also fu̍r ratOrganisation: komen, zuͦ rechten hett, so sol der
vatter ouch uß ston, ob joch glichwol der vatter dieselben
parthy nit hat zuͦ raͤchen.5

Anmerkungen

  1. Textvariante in StAZH B III 7, fol. 10r: Umb den usstand, die alt satzung
    und erlütrung daruber.
  2. Auslassung in StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r.
  3. Textvariante in StAZH B III 2, S. 337: us ston sol.
  4. Auslassung in StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10r.
  5. Auslassung in StAZH A 43.1.5, Nr. 1, S. 34; StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10r.
  6. Textvariante in StAZH A 43.1.5, Nr. 1, S. 34; StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 5, fol. 66r; StAZH B III 7, fol. 10r: oder.
  7. Korrigiert: einander.
  8. Textvariante in StAZH B III 2, S. 337; StAZH B III 4, fol. 30v; StAZH B III 7, fol. 10r: stuͤnde als ein bystender
    ald, dz der sun einiche ptyparty.
  1. Es handelt sich hier um einen Abschreibefehler, der beim Übertragen der Ausstandsordnung von 1498 unterlaufen ist. In allen anderen Fassungen wird diese Stelle als «einander» wiedergegeben.
  2. Eine Definition der zur Blutrache berechtigten Verwandtschaftsgrade findet sich in einer Satzung aus dem Jahr 1448: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3/2, S. 200, Nr. 106.
  3. Zur Formulierung «die sipp wissen zemen», die sich auf die Blutsverwandtschaft bezieht, vgl. Ruoff 1941, S. 47.
  4. Die Ausstandsverpflichtung von Lehensherr und Lehensmann sowie von Wirt und Gast findet sich bereits in den ältesten überlieferten Ausstandsordnungen der Stadt ZürichOrt: aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, vgl. Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/1, S. 92-93, Nr. 118; Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/1, S. 93, Nr. 120; QZZG, Bd. 1, S. 78-79, Nr. 81.
  5. In den Satzungsbüchern der zweiten Hälfte des 16. und des 17. Jahrhunderts folgen an dieser Stelle Zusätze aus den Jahren 1557, 1612 und 1615 (StAZH B III 5, fol. 66r-v; StAZH B III 7, fol. 10r-v).