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SSRQ ZH NF I/1/3 94-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), von Michael Schaffner

Zitation: SSRQ ZH NF I/1/3 94-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Eid der Nachtwächter auf dem Rathaus der Stadt Zürich

ca. 1516 – 1518.

Die Wächter auf dem Rathaus sollen schwören, Bürgermeister, Kleinem und Grossem Rat Treu und Wahrheit zu halten, ihren Nutzen zu fördern und Schaden abzuwenden. Während der Sommerzeit haben sich die Wächter vor neun Uhr abends auf dem Rathaus zu versammeln. Diejenigen, die zur Vorwache eingeteilt werden, sollen von zehn Uhr bis nach Mitternacht in der Stadt umgehen, die Stunden ausrufen und Ausschau halten nach Gefahren wie Feuersbrünsten und Unruhen. Sofern ihnen etwas verdächtig erscheint, haben sie dies dem Bürgermeister oder dem obersten Stadtknecht auf dem Rathaus mitzuteilen. Die zur Nachwache Verordneten sind für den zweiten Teil der Nacht von ein bis drei Uhr zuständig. Nach drei Uhr haben sie zum Rathaus zurückzukehren und sollen dort verbleiben, bis im Grossmünster zur Frühmesse geläutet wird. Während der Winterzeit haben sich die Wächter vor acht Uhr abends auf dem Rathaus einzufinden. Die Vorwache dauert von neun bis nach Mitternacht und die Nachwache von ein bis vier Uhr. Anschliessend haben die Wächter zum Rathaus zurückzukehren und dort zu verbleiben, bis im Grossmünster zur Frühmesse geläutet wird.

Es handelt sich bei der vorliegenden Aufzeichnung um die leicht gekürzte Version einer auf das Jahr 1500 entstandenen Eidformel (StAZH B II 4, Teil II, fol. 49v-50r; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3/2, S. 246-247, Nr. 175). Sie lässt sich dem Schreiber des Satzungsbuches der Stadt ZürichOrt: von 1516-1518 zuordnen, woraus sich auch die Datierung ergibt. Im Unterschied zur älteren Fassung fehlt in der vorliegenden das Verbot, sich ohne vorgängige Erlaubnis bei der Wacht vertreten zu lassen oder sich davon zu entfernen. Zudem fehlt der Hinweis auf die Gehorsamspflicht gegenüber dem Ratshausknecht. In der vorliegenden Form wurde der Eid auch in das Weisse Buch von 1604 übernommen (StAZH B III 5, fol. 363r-v).

Die Nachtwache gehörte zu den Pflichten sämtlicher erwachsener Stadtbürger und war über die ZünfteOrganisation: organisiert. Der Titel des vorliegenden Eids ergibt sich daraus, dass die durch die Wächter während der Nacht abzuschreitenden Routen jeweils beim RathausOrt: begannen und auch dort ihr Ende fanden.

Zur Nachtwache vgl. Casanova 2007, S. 144-154; zur Einteilung der Stadt in Wachten SSRQ ZH NF I/1/3 146-1; zum Vorgehen im Brandfall SSRQ ZH NF I/1/3 43-1.

Editionstext


Der wachter eydt uff
dem RatthussOrt:


Es sollent unnser wachter uff dem RathussOrt: schwerren, einem
burgermeister, rat unnd dem grossen rat, genant die zweyhundertOrganisation: ,
truw unnd warheit zuͦhalten, unnsern nutz zefu̍rdren unnd schaden
zewenden unnd besonnder summersZeitspanne: Sommer zit, namlich von dem a
b–donstagZeitspanne: Donnerstag in der karwuchenDatum: beweglicher Feiertag als Termin/FristStreichung von späterer Hand–b bis zuͦ unnser heren sannt FelixPerson: unnd
RegulaPerson: tag
Datum: 11. September (Termin/Frist)
, all abentZeitspanne: abends uff das RathussOrt: zegond, ee die glogg viiijNicht nach: 21:00 schlecht,
unnd das ouch die, wellich dann under inen an die vorwacht
bescheiden werden, an die wacht uff die gassen ganngint, so die
glogg derselben zit zechneZeit: 22:00 schlecht, unnd also an den xZeit: 22:00 anfachen
zerueffen unnd darnach von derselben stund hin all stunden zeruͤffen
unnd inn der statt harumb zegonnd biss nach der zwelfften stundZeit: 0:00,
ouch getruwlich unnd wol zewachen, ouch sorg unnd acht zehaben,
ob u̍dzit furgieng oder furgon wollte, davon schad oder gebresten
komen mocht, es were glouff, bru̍nsten, gschrey oder anders derglich, [fol. 89v]Seitenumbruch
das zewarnen unnd zewenden, nach irem vermogen. Und bsonders,
ob sy u̍dzit argkwonigs fundint oder unzimliche geschrey horind,
das einem burgermeister oder obersten knecht uff dem RathußOrt:
furzebringen unnd zeleiden, getruwlich und on all gefard, unnd
unndAuffällige Schreibung erst, so sy die xijZeit: 0:00 in der nachtZeitspanne: nachts geruffent, ab der wacht uff
das RathussOrt: zegonnd unnd davor nit.

Unnd so der hußknecht die anndern, so die nacht wacht hand,
uff die gassen unnd die wacht bescheident, sollent dieselben ouch
obberu̍rter mass harumb gon, sumbersZeitspanne: Sommer zit von dem jZeit: 1:00 biß
nach iijZeit: 3:00 an dem morgenZeitspanne: morgens unnd die stunden all von dem jZeit: 1:00 hin biß
nach iijZeit: 3:00 ruffen. Unnd so sy die dryMenge: 3 ruff hand, dann sollent
dieselben uff das RathußOrt: gon unnd uff dem RathusOrt: bliben, biss c–
man
das erst zeichen zur fru̍mess zum Grossen Mu̍nsterOrt: verlu̍t hat
Korrektur von späterer Hand unterhalb der Zeile: es die vierZeit: 4:00 geschlagenn hatt
–c.

Unnd winterssZeitspanne: Winter zit, namlich wider unnser herren tagDatum: 11. September all abentWiederholte Zeitspanne: 1 Tag
uff das RathussOrt: zugond, ee die glogg viijNicht nach: 20:00 geschlagen hat, biß wider
uff d–donstag in der karwuchenDatum: beweglicher Feiertag als Termin/FristKorrektur von späterer Hand am linken Rand: den letstenn tag
mertzens
Datum: 31. März
–d unnd die, so also winterszitZeitspanne: Winter an
der wacht sind, sollent die viiijZeit: 21:00 rufen unnd darnach all stunden,
biss uff das einZeit: 1:00, getruwlich und wol wachen, wie vorstat.

Die, so winters zitZeitspanne: Winter uff die nach wacht gond, sollent ruffen das
jZeit: 1:00, ijZeit: 2:00, iijZeit: 3:00 und iiijZeit: 4:00 unnd am morgenZeitspanne: morgens nit wider uff das RathußOrt:
gon, bis sy die iiijZeit: 4:00 gerufft hand. Und dann sond sy uff dem
RathussOrt: bliben, biss e–man das erst zeichen zum Grossen Mu̍nsterOrt:
zur fru̍mess verlu̍t hat, wie vorstat
Korrektur von späterer Hand unterhalb der Zeile: die glogg fu̍nffeZeit: 5:00
geschlagenn hatt
–e.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung am rechten Rand von späterer Hand: letsten tag mertzensDatum: 31. März.
  2. Streichung von späterer Hand.
  3. Korrektur von späterer Hand unterhalb der Zeile: es die vierZeit: 4:00 geschlagenn hatt.
  4. Korrektur von späterer Hand am linken Rand: den letstenn tag
    mertzens
    Datum: 31. März
    .
  5. Korrektur von späterer Hand unterhalb der Zeile: die glogg fu̍nffeZeit: 5:00
    geschlagenn hatt
    .