SSRQ ZH NF I/2/1 266-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer
Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 266-1
Lizenz: CC BY-NC-SA
Steuerordnung der Stadt Winterthur
1534.
Stückbeschreibung
- Signatur: ZGA Elgg IV A 3a, fol. 93v-94v
- Originaldatierung: 1534 (Undatiert, Datierung aufgrund des Vermerks auf fol. 119r betreffend die Übermittlung von Winterthurer Satzungen im Jahr 1534) Überlieferung: Abschrift
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 22.0 × 29.0
- Sprache: Deutsch
Weitere Überlieferungen
- Signatur: winbib Ms. Fol. 27, S. 412-413
- Originaldatierung: Mitte 18. Jh. Überlieferung: Abschrift
- Beschreibstoff: Papier
- Format B × H (cm): 24.0 × 35.5
- Sprache: Deutsch
Kommentar
Die Steuerordnung der Stadt WinterthurOrt: ist im Satzungsbuch der Gemeinde ElggOrt: überliefert, vgl. den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/2/1 265-1. Sie wurde auch in das Kopial- und Satzungsbuch aufgenommen, das Stadtschreiber Gebhard HegnerPerson: anlegte und das nur mehr in der Abschrift Johann Jakob GoldschmidsPerson: aus dem 18. Jahrhundert vorliegt (winbib Ms. Fol. 27, S. 412-413). Beide Texte sind weitgehend identisch. Johann Conrad Troll gibt die Steuerordnung ohne Angabe der Quelle sprachlich überarbeitet wieder und datiert sie ins Jahr 1401 (Troll 1840-1850, Bd. 6, S. 67-69), ebenso Kaspar Hauser, der Herausgeber der Chronik des Laurenz BosshartPerson: (Bosshart, Chronik, S. 65, Anm. 1).
Der Bürger- und Hintersasseneid verpflichtete die Einwohner zur Steuerzahlung (Eidformel der Bürger: winbib Ms. Fol. 241, fol. 1r-v; STAW B 3a/10, S. 1-2; zur Stellung der Hintersassen vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 64-1). Ende der 1420er Jahre ordneten Schultheiss und beide RäteOrganisation: an, dass die Steuerpflichtigen über ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen Auskunft geben mussten (STAW B 2/1, fol. 74r). 1452 legte man für säumige Zahler Verzugsgebühren pro Tag in Höhe der Steuersumme fest (STAW B 2/1, fol. 118v). 10 Jahre später wurde die Ausweisung und Pfändung der Betroffenen bei Zahlungsverzug beschlossen (SSRQ ZH NF I/2/1 86-1). Bürger, die nicht in der Stadt wohnten, sogenannte Ausbürger, verloren ihr Bürgerrecht, wenn sie den Steuertermin nicht einhielten (STAW B 2/5, S. 326, zu 1488). Ein Fall von Steuerhinterziehung ist für das Jahr 1544 dokumentiert. Als sich Zweifel über die Angaben eines Steuerpflichtigen nach gründlicher Überprüfung bestätigten und dieser des Meineids überführt war, wurde ihm auf Bitten seiner Verwandten zwar die Todesstrafe erlassen, doch verlor er sein Bürgerrecht und musste die übliche Abzugsgebühr von 20 Prozent seines Vermögens bezahlen (SSRQ ZH NF I/2/1 289-1).
Eine Mitte der 1490er Jahre entstandene Aufzeichnung des Stadtschreibers Konrad LandenbergPerson: präzisiert die Vermögenssteuerpflicht (SSRQ ZH NF I/2/1 166-1, Artikel 1). 1469 wurden der Schultheiss, ein Mitglied des KleinenOrganisation: und zwei Mitglieder des Grossen RatsOrganisation: damit beauftragt, die Selbstdeklarationen über das Vermögen entgegenzunehmen. Strittige Fälle sollten sie dem Kleinen RatOrganisation: vorlegen (STAW B 2/2, fol. 17r; STAW B 2/3, S. 106). Bei erhöhtem Finanzbedarf erhob der RatOrganisation: ausserordentliche Kopfsteuern (SSRQ ZH NF I/2/1 78-1, zu 1448). Darüber hinaus wurden aber auch mit einzelnen Bürgern individuelle Absprachen getroffen, etwa eine pauschale Steuersumme vereinbart oder Steuerfreiheit gewährt, vgl. Niederhäuser 2014, S. 142. Zum städtischen Steuerwesen im Mittelalter allgemein vgl. Isenmann 2012, S. 526-542.
Editionstext
Satzung und ordnung zestüren, die soll volgender wyse geprucht werdenUnterstrichen
BedOrganisation: , kleinOrganisation: und groß raͤtOrganisation: , haben angesaͤchen, das alle burger zuͦ WinterthurOrt: ir guͦt, ligentz und varentz, soͤllen verstüren nach der march, und namlich alwaͤgen von hundert guldinWährung: 100 Gulden ein halben guldinWährung: 0.5 Gulden zuͦ stür gaͤben.1
Der lybtinger halb ist ouch von ernaͤmpten beden raͤthenOrganisation: entschlossenn, das das libting nach dem huͦptguͦt und nit nach den stücken, also alwaͤg von hundert guldinWährung: 100 Gulden ein halben guldinWährung: 0.5 Gulden gestürt werdenn.
Es mag ouch ein yeder burger, so nit under einliff schilingWährung: 11 Schillinge zestür gibt, selber stüren oder sich lassen tüncken. Was aber under einliff schillingWährung: 11 Schillinge stüret, mag sich saͤlb nit stüren, sonder der selb wirt düncket.
Anmerkungen
- 1491 wurde der Steuersatz von 1 Prozent oder 1 Pfund von 100 Pfund halbiert (STAW B 2/5, S. 456; vgl. auch Bosshart, Chronik, S. 65, zu 1490). Diesem Tarif entspricht ein Ratsbeschluss von 1527, dass gemäss bestehender Praxis bei einer Leibrente, die für 100 Gulden erworben worden war, 1 Pfund Haller Steuer bezahlt werden musste (STAW B 2/8, S. 104). 1536 wurde der Steuertarif nochmals gesenkt auf 10 Schilling pro 100 Gulden, weitere Reduktionen bis zu 1 Schilling folgten (winbib Ms. Fol. 27, S. 413).↩
- Steuerverzeichnisse liegen seit 1468 vor (STAW B 3f). Sie geben nicht nur einen Überblick über die Vermögensverhältnisse in der Stadt, sondern auch über die Sozialtopografie, vgl. Niederhäuser 2014, S. 143-147.↩
- Zu obrigkeitlichen Massnahmen gegen säumige Steuerzahler allgemein vgl. Isenmann 2012, S. 541-542.↩
Regest