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SSRQ ZH NF I/2/1 285-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, von Bettina Fürderer

Zitation: SSRQ ZH NF I/2/1 285-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Urteil in einem güterrechtlichen Konflikt zwischen Gallus Schenkli von Winterthur und seiner Frau

1540 Februar 23.

Schultheiss und Rat von Winterthur urteilen im Konflikt zwischen der Frau des Gallus Schenkli mit ihrem Vogt sowie ihrem Sohn und ihrer Verwandtschaft einerseits und Gallus Schenkli, Bürger von Winterthur, mit Beistand seines Vaters und Bruders andererseits: Beide sollen wieder als Ehepaar zusammen wirtschaften und einander unterstützen. Um das Gut, das in der Stadt ausgegeben wurde, etwa für Schenklis Bürgerrecht, seinen Eintritt in die Stubengesellschaft oder für Fahrhabe, oder das seine Frau weggeschafft hat und worüber er nicht abrechnen muss, lässt man es bewenden. Das von der Frau eingebrachte Vermögen soll er ihr versichern. Wenn sie zusammen einen Haushalt führen, sollen beide Seiten gemäss den Bestimmungen des Stadtrechts für Schulden haften. Gallus Schenkli bleibt die Nutzung der Zinseinkünfte vorbehalten.

  • Signatur: STAW B 2/8, S. 220 (Eintrag 2)
  • Originaldatierung: 1540 Februar 23
  • Überlieferung: Eintrag
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 31.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Christoph Hegner

Vor der Reformation beanspruchten die geistlichen Gerichte die Zuständigkeit in Eheangelegenheiten wie die Feststellung der Gültigkeit einer Ehe oder eines Eheversprechens oder die Bestrafung des Ehebruchs, da die Ehe als Sakrament galt, vgl. Albert 1998, S. 40-43, 45-46, 121-125. Um Bürgerinnen und Bürger vor einem kostspieligen Rechtsstreit vor einem auswärtigen Gericht zu bewahren, wurden von städtischer Seite gewisse Hürden für eherechtliche Verfahren errichtet. So beschlossen Schultheiss und Rat von WinterthurOrt: Organisation: 1477, ein Bussgeld in Höhe von 10 Pfund gegen alle Kläger zu verhängen, die den Prozess verloren (STAW B 2/3, S. 351). Diese Massnahme wurde auch in ZürichOrt: praktiziert, vgl. Bauhofer 1936, S. 20-29. Ehestreitigkeiten wurden jedoch auch schon damals vor dem RatOrganisation: verhandelt, vgl. Bauhofer 1936, S. 20 (am Beispiel ZürichsOrt: ).

1525 zogen Bürgermeister und Rat von ZürichOrt: Organisation: die Ehegerichtsbarkeit an sich, setzten Pfarrer und Ratsmitglieder als Richter ein, die zweimal wöchentlich tagen sollten, und erliessen eine Eheordnung (SSRQ ZH NF I/1/11 1-1). In den Gemeinden auf der Landschaft wurde das Gremium der Ehegaumer eingerichtet, die Verstösse gegen die Eheordnung verfolgten, Verwarnungen aussprachen und Zuwiderhandelnde den Obervögten oder als letzte Instanz dem Bürgermeister und Rat von ZürichOrt: Organisation: zur Bestrafung meldeten (Egli, Actensammlung, Nr. 990). In den WinterthurerOrt: Amtslisten werden seit 1534 «erichter» aufgeführt (STAW B 2/7, S. 474). Busswürdige Fälle wiesen sie an den WinterthurerOrt: RatOrganisation: . Seitens ZürichsOrt: wurde diese Praxis gebilligt, wie aus einem Schreiben des Jahres 1581 hervorgeht (STAW AG 88/1/23; StAZH B V 28, fol. 18r-v). Ehescheidungen konnten jedoch nur vor den Eherichtern in ZürichOrt: vollzogen werden, vgl. Leonhard 2014, S. 206-207, 242; Ganz 1958, S. 275-277; Schmid 1934, S. 48-51.

Auch in HettlingenOrt: waren Ehegaumer die erste Instanz in eherechtlichen Fragen. Schwerere Fälle hatten sie an das Ehegericht in WinterthurOrt: zu weisen. Die letztinstanzliche Entscheidung fiel wiederum in ZürichOrt: , vgl. Häberle 1985, S. 241-242.

Editionstext

Coram sschultheis und raͤtOrganisation: , actum mentag
nach reminiscere, anno 1540
Originaldatierung: 23.2.1540

Zwischend Galy SchencklysPerson: husfrowenn sampt
irem vogt, a–sün und früntschafftHinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen–a eins- unnd Galy SchenklyPerson: ,
unserm burger, mit bystand sins vaters unnd
bruͦders andertheils ist erkennt:

Erstlich das sy widerumb als elüt zuͦsamen keren
und einander das best und wegst zethuͦnd, wie dan
elüthen gepürt. b c–Am anderenKorrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: Zem driten–c des guͦtzHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichend, so hie verthan, sig
das, so er umb das burgraͤcht1, stuben2, gschiff und
gschir3, ouch anderes geben, sy dargegen e ouch
hinzogen und gefloͤchnet, umb das GalyPerson: nit schuldig
sin solle, rechnung zegeben, sonder jetz hinglegt,
tod und ab f, ouch also verthan sin solle. Doch
so sy, die frow, also oͤthwas guͦtz mer herin geb
und legte, das dan GalyPerson: sy umb das selbig versicheren
und versorgen. Unnd so sy also miteinander huß
halten, soͤlind sy g, es sige dan ir guͦt
gsetzt oder nit, nach lut unser statraͤcht, was
schulden sy dan machten, einander helffenHinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichenh schuldig sin, zebezallen byß uff das hembd etcAbkürzung. Doch i mag GalyPerson: ,
so sy also miteinander hußhalten, den zins vonn
dem hoptguͦtt nutzen und bruchen.

Anmerkungen

  1. Hinzufügung am linken Rand mit Einfügungszeichen.
  2. Streichung: Am anderen des guͦtz halb,
    wie sy anzogen da obnen mit keren und anderem
    iren verthan, beladent sich min heren nütz, dan
    solichs alles, oͤb sy in in bürgschafft gnommen, vergangen sig.
  3. Korrektur oberhalb der Zeile, ersetzt: Zem driten.
  4. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  5. Streichung durch gekreuzte Linien: im.
  6. Streichung: f.
  7. Streichung: ein nach lut.
  8. Hinzufügung oberhalb der Zeile mit Einfügungszeichen.
  9. Streichung: so.
  1. Am 22. September 1539 war Gallus SchenkliPerson: von WilOrt: gegen eine Gebühr von 10 Gulden in das Bürgerrecht aufgenommen worden (STAW B 2/8, S. 218).
  2. Die Ausübung eines Handwerks war mit der Auflage verbunden, gegen eine Gebühr einer Trinkstubengesellschaft beizutreten, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 107-1.
  3. Redewendung für Fahrhabe, vgl. Idiotikon, Bd. 8, Sp. 356.